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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: (4) 1 Ss 356/03 (189/03)
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 151
StPO § 155
StPO § 155 Abs. 1
StPO § 206 a
StPO § 264
StPO § 264 Abs. 1
StPO § 265 Abs. 1
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 354 Abs. 1 Satz 2
StPO § 467 Abs. 1
StPO § 473 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: (4) 1 Ss 356/03 (189/03)

In der Strafsache gegen

wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 23. März 2005 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. Mai 2003 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen verurteilt worden ist.

2. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen (Taten zu 2 bis 4 der Urteilsgründe) schuldig gesprochen worden ist.

Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sowie die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse Berlin zur Last.

3. Die Sache wird hinsichtlich der Tat zu 1 der Urteilsgründe zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die verbleibenden Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Jugendschöffengericht Tiergarten hat den Angeklagten vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern in elf Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Auf die dagegen eingelegten Berufungen der Nebenkläger hat die Jugendkammer den Angeklagten des sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Berufungen verworfen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.

1. a) Gegenstand der unverändert zugelassenen Anklage vom 22. März 2002 waren, soweit der Angeklagte nicht rechtskräftig freigesprochen worden ist (Fälle 2. bis 7. und 9. der Anklage), folgende Tatvorwürfe zum Nachteil des am 20. Januar 1993 geborenen Ma. und seiner am 28. Dezember 1989 geborenen Schwester Je., die sich jeweils besuchsweise in der Wohnung des Angeklagten aufhielten: An einem nicht näher bestimmbaren Tag zwischen Juli 2000 und dem 31. Dezember 2000 soll der Angeklagte im Badezimmer für etwa vier bis fünf Minuten am Geschlechtsteil des sich waschenden Jungen manipuliert haben (Anklagepunkt 1). Im selben Zeitraum an einem nicht näher bestimmbaren Tag soll der Angeklagte während der Mittagszeit im Schlafzimmer unter die Bekleidung Je. gefasst und mit seiner Hand über ihren gesamten Körper, insbesondere den Schambereich, gestrichen haben (Anklagepunkt 8). Am 31. Dezember 2000 soll er sich mit beiden Kindern gemeinsam im Schlafzimmer seiner Wohnung aufgehalten, dort in ihre Hosen gefasst, sie intensiv durch greifende und streichende Bewegungen im Genitalbereich berührt und dem Mädchen darüber hinaus unter der Kleidung mit der Hand über den gesamten Körper gestrichen haben (Anklagepunkte 10 und 11).

b) Die Strafkammer hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen (UA S. 8 bis 10): An einem nicht genau feststellbaren Tag - von insgesamt sieben in Betracht kommenden, dem Datum nach bezeichneten Tagen - zwischen Anfang Juli und dem 15. August 2000 streichelte der Angeklagte "zwischen 18.30 Uhr bzw. 18.45 Uhr und 20.00 Uhr" im Schlafzimmer seiner Wohnung in sexueller Absicht Je. unter der Kleidung am gesamten Körper und berührte ihre unbedeckte Scheide (Tat zu 1/Anklagepunkt 8). Nach einem gemeinsamen Frühstück am 1. Januar 2001 berührte der Angeklagte das Mädchen wiederum im Schlafzimmer seiner Wohnung in sexueller Absicht unter dessen Bekleidung und streichelte es an der unbedeckten Scheide (Tat zu 2/Anklagepunkt 10). Ebenfalls am 1. Januar 2001 berührte der Angeklagte Ma. im Schlafzimmer in sexueller Absicht unter dessen Kleidung und manipulierte an dem unbedeckten Geschlechtsteil des Jungen (Tat zu 3/Anklagepunkt 11). An einem nicht näher bestimmbaren Tag zwischen dem 20. Januar und Ende Dezember 2000 fasste der Angeklagte im Badezimmer seiner Wohnung Ma. während des Waschens in sexueller Absicht an das unbedeckte Geschlechtsteil und schob die Vorhaut eine geraume Zeit vor und zurück (Tat zu 4/Anklagepunkt 1).

2. Die auf die Sachrüge von Amts wegen gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass hinsichtlich der vom Landgericht abgeurteilten Taten zu 2 bis 4 ein Prozesshindernis besteht, weil diese Taten nicht Gegenstand der zugelassenen Anklage waren und eine Nachtragsanklage nicht erhoben worden ist.

a) Die Anklage stellt, wie die Bestimmungen der §§ 151, 155 Abs. 1, 264 Abs. 1 StPO zeigen, die Grundlage und unabdingbare Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren insgesamt dar (vgl. BGHSt 46, 130, 137). Ihr Inhalt bestimmt zusammen mit dem Eröffnungsbeschluss den Gegenstand der Hauptverhandlung. Aus ihr müssen die Verfahrensbeteiligten, namentlich der Angeklagte zum Zwecke seiner Verteidigung, zweifelsfrei entnehmen können, innerhalb welcher tatsächlichen Grenzen sich die Hauptverhandlung und die Urteilsfindung gemäß den §§ 155, 264 StPO zu bewegen haben. Davon hängt auch ab, welche tatsächlichen Vorgänge von der Rechtskraft einer Verurteilung oder eines Freispruches erfasst werden (vgl. BGH aaO 134). Vorliegend hat die Strafkammer den Angeklagten hinsichtlich der Taten zu 2 bis 4 wegen anderer als der angeklagten Geschehnisse verurteilt. Dies ergibt sich für die Taten zu 2 und 3 aus dem abweichend von der Anklage angenommenen Tatzeitpunkt und für die Tat zu 4 aus dem erheblich erweiterten Tatzeitraum.

Die Tat als Prozessgegenstand umfasst zwar über den in der Anklage umschriebenen und dem Angeklagten zur Last gelegten Geschehensablauf hinaus auch das sonstige Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet (vgl. BGHSt 45, 211, 212 f m.w.Nachw.). Ein solcher Zusammenhang scheidet hinsichtlich der Tat zu 4 (Anklagepunkt 1) aber offensichtlich aus. Er ist gleichfalls hinsichtlich der Taten zu 2 und 3 (Anklagepunkte 10 und 11) nicht gegeben, auch wenn die Lebensvorgänge, die der Anklage und der Verurteilung zugrunde liegen, bezüglich der Tatopfer, der zu ihrem Nachteil begangenen konkreten Handlungen und des Tatortes übereinstimmen. Sie unterscheiden sich jedoch wesentlich hinsichtlich der Tatzeit und des Ablaufs der Taten. Während diese nach der Anklage - zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt - am 31. Dezember 2000 in Gegenwart des jeweils anderen Kindes begangen worden sein sollen, hat das Landgericht ausdrücklich ausgeschlossen (UA S. 9), dass der Angeklagte die für den 1. Januar 2001 festgestellten Handlungen während eines gleichzeitigen Aufenthaltes der Kinder im Schlafzimmer begangen hat.

Eine Fallgestaltung, bei der die Veränderung des Tatzeitraumes oder des Tatzeitpunkts die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat im Einzelfall nicht aufhebt (vgl. BGHSt 46, 130, 133 m.w.Nachw.), liegt nicht vor. Erforderlich ist insoweit, dass die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen individualisiert ist (vgl. BGH aaO m.w.Nachw.). So ist es hier aber nicht. Der Angeklagte soll sämtliche ihm zur Last gelegten Taten in seiner Wohnung zum Nachteil derselben Tatopfer begangen haben. Hinsichtlich der Taten zu 2 und 3 ist insoweit von Bedeutung, dass er (Anklagepunkte 10 und 11) an beiden Kindern - d. h. in Gegenwart beider - auf dem im Schlafzimmer aufgestellten Hochbett in identischer Weise sexuell manipuliert haben soll. Bezüglich der Tat zu 4 mangelt es an einer Individualisierung bereits deshalb, weil der Angeklagte im angeklagten Tatzeitraum vier weitere solcher Taten begangen haben soll (Anklagepunkte 2 bis 5), die nach Tatort, Geschädigtem, Begehungsweise und der Dauer der sexuellen Handlungen vollständig übereinstimmten.

b) Die erforderliche Identität der Tat im Sinne des § 264 StPO ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die Strafkammer, wie in den Urteilsgründen dargelegt (UA S. 21), in der Berufungshauptverhandlung rechtliche Hinweise "entsprechend § 265 Abs. 1 StPO" auf den geänderten Tatzeitpunkt für die Taten zu 2 und 3 sowie den geänderten Tatzeitraum für die Tat zu 4 erteilt hat. Eine solche "Korrektur" der zugelassenen Anklage war vorliegend rechtlich unzulässig und konnte daher den durch die Anklage vorgegebenen Verfahrensgegenstand nicht nachträglich ändern.

Funktionelle Mängel der Anklageschrift, die durch eine entsprechende Klarstellung noch in der Hauptverhandlung in zulässiger Weise hätten behoben werden können (vgl. BGHSt 46, 130, 133), sind hier nicht gegeben. Die Anklage vom 22. März 2002 erfüllt die Anforderungen, die an die Tatkonkretisierung in Fällen einer Mehrzahl von sexuellen Übergriffen zum Nachteil von Kindern zu stellen sind (vgl. BGHSt 44, 153, 154 f m.w.Nachw.), hinsichtlich der verbliebenen verfahrensgegenständlichen Taten in noch ausreichendem Maße. Wie sich aus dem in den Urteilsgründen wiedergegebenen Inhalt der rechtlichen Hinweise ergibt, dienten diese auch nicht einer näheren Tatkonkretisierung. Mit ihnen sollte vielmehr der in der Anklageschrift bezeichnete Tatzeitpunkt (Taten zu 2 und 3) durch einen vollkommen anderen ersetzt bzw. der Tatzeitraum (Tat zu 4) wesentlich erweitert werden.

c) Nach alldem war das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und das Verfahren in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang gemäß § 206 a StPO einzustellen. Ein Freispruch des Angeklagten kam nicht in Betracht. In Fällen, in denen es - wie hier - an einer Anklage der abgeurteilten Taten fehlt, ist für einen Freispruch kein Raum. Über eine Sache, die beim Tatgericht nicht anhängig geworden ist, kann und darf auch das Rechtsmittelgericht nicht in der Sache selbst entscheiden (vgl. BGHSt 46, 130, 137).

d) Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht, soweit das Verfahren eingestellt worden ist, auf § 467 Abs. 1 StPO. Der Senat hat nicht von der Überbürdung der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten auf die Landeskasse abgesehen. Denn der Angeklagte wäre bei Hinwegdenken des Verfahrenshindernisses nicht verurteilt worden (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO). Insoweit ist nicht die hypothetische Fallgestaltung zugrunde zu legen, dass die von der Strafkammer festgestellten Taten zu 2 bis 4 Gegenstand einer zugelassenen Anklage gewesen wären. Es kommt vielmehr auch hier auf die tatsächlich erhobene Anklage an, die die Grundlage des gesamten Verfahrens bildet. Da die Strafkammer die in dieser Anklageschrift als Fälle 1, 10 und 11 geschilderten Geschehnisse gerade nicht festgestellt hat, hätte es die Berufungen der Nebenkläger gegen das den Angeklagten auch von diesen Tatvorwürfen freisprechende Urteil des Jugendschöffengerichts Tiergarten - mit der Auslagenentscheidung nach § 473 Abs. 1 Satz 3 StPO - verwerfen müssen.

e) Die Nebenkläger haben die ihnen erwachsenen notwendigen Auslagen selbst zu tragen, soweit das Verfahren gemäß § 206 a StPO eingestellt worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl., § 472 Rdn. 2).

3. Das angefochtene Urteil war auch bezüglich des Schuldspruches des Angeklagten wegen der Tat zu 1 aufzuheben. Insoweit dringt die Revision mit ihrer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge durch, das Landgericht habe seiner Hinweispflicht, dass es seinen Feststellungen eine gegenüber der Anklage veränderte Tatzeit zugrunde legen werde, nicht entsprochen und den Anklagten dadurch in unzulässiger Weise in seiner Verteidigung beschränkt.

Der Tatrichter darf den Angeklagten nicht darüber im Unklaren lassen, dass er die Verurteilung auf tatsächliche Umstände stützen will, die so in der zugelassenen Anklage nicht enthalten sind. Für die Zulässigkeit der Verwertung kann es allerdings ausreichen, dass der Angeklagte aus dem Gang der Hauptverhandlung die veränderten tatsächlichen Umstände entnehmen, sich dazu äußern und seine Verteidigung darauf einstellen kann. Es genügt aber nicht, wenn der neue tatsächliche Gesichtspunkt, auf den das Gericht die Verurteilung stützt, nur von Beweispersonen im Rahmen ihrer Vernehmung angesprochen worden ist. Es muss vielmehr deutlich geworden sein, dass das Gericht selbst ihn aufgenommen und in die Erwägungen einbezogen hat, die für die Entscheidung bedeutsam sind (vgl. BGH NStZ 1998, 27 bei Kusch m.w.Nachw.). Hat der Angeklagte für den in der Anklage bezeichneten Tatzeitpunkt ein Alibi, so darf das Gericht keine andere Tatzeit feststellen, ohne den Angeklagten vorher auf diese Möglichkeit hinzuweisen (vgl. BGH StV 1995, 116 m.w.Nachw.). Ob für den speziellen Fall der Tatzeitveränderung - abweichend von sonstigen tatsächlichen Veränderungen - ein förmlicher, sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergebender Hinweis erforderlich ist, kann offen bleiben; denn auch, wenn möglicherweise je nach Sachlage darauf verzichtet werden kann, ist jedenfalls eine umfassende und unmissverständliche Unterrichtung über wesentliche tatsächliche Abweichungen geboten (vgl. BGH StV 1995, 116; 1996, 302; jeweils m.w.Nachw.). Diese Grundsätze hat die Strafkammer vorliegend nicht berücksichtigt.

Der Angeklagte hat für den in der zugelassenen Anklage genannten Tatzeitpunkt "während der Mittagszeit" ein Alibi. Nach den Urteilsfeststellungen (UA S. 6, 8, 22 f) ging er an den als Tattage in Betracht kommenden Sonnabenden oder Sonntagen jeweils zwischen 6.15 Uhr und 18.15 Uhr seinem Dienst als Wachmann nach, ohne sich vorzeitig von seiner Arbeitsstelle entfernen zu können. Das Landgericht begründet seine Überzeugung, der Angeklagte habe die Tat "zwischen 18.30 Uhr bzw. 18.45 Uhr und 20.00 Uhr" begangen, im Wesentlichen damit, dass die Kindesmutter bezüglich des von dem Angeklagten gewünschten Mittagsschlafes der Kinder, in dessen Rahmen sich die Tat nach den Feststellungen ereignete, glaubhaft angegeben habe, "dass dieser Mittagsschlaf (...) nicht mittags, sondern erst sehr viel später am Tag stattgefunden habe". Die Strafkammer "geht dementsprechend davon aus", dass die Geschädigte "mit Mittagsschlaf eine Situation hat beschreiben wollen, zu der sie sich außerhalb der nächtlichen Zeit bei Tageslicht auf Aufforderung des Angeklagten hin zum Ausruhen hat auf das Hochbett begeben sollen, wobei im insoweit festgestellten sommerlichen Tatzeitraum zwischen 18.45 Uhr und 20.00 Uhr derartiges Tageslicht stets besteht" (UA S. 23). Anhaltspunkte dafür, dass die vom Angeklagten in Abrede gestellte Unterrichtung über diese wesentliche tatsächliche Abweichung erfolgt ist, lassen sich weder der Niederschrift über die Hauptverhandlung noch dem Urteil, das die förmlich erteilten rechtlichen Hinweise wiedergibt (UA S. 21), entnehmen. Gegen eine solche Unterrichtung spricht zudem, dass die Verteidigung des Angeklagten noch kurz vor Schließung der Beweisaufnahme einen Beweisantrag auf Vernehmung zweier Zeugen gestellt hat, mit deren Bekundungen das Alibi des Angeklagten für die angeklagte mittägliche Tatzeit bewiesen werden sollte. Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung, die in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen seien bereits erwiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO), abgelehnt.

Auf dem Rechtsfehler kann das angefochtene Urteil auch beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte bzw. sein Verteidiger im Fall der Unterrichtung über den veränderten Tatzeitraum weitere Beweisanträge, etwa zu einem Alibi auch insoweit oder auf ergänzende Befragung bereits gehörter Zeugen, insbesondere der kindlichen Zeugin Je., vor allem zur tatsächlichen Stunde des "Mittagsschlafes" gestellt und diese Anträge ein für den Angeklagten günstiges Ergebnis im Sinne des von ihm erstrebten Freispruches gehabt hätten.

4. Das angefochtene Urteil war daher auch bezüglich der Verurteilung des Angeklagten wegen der Tat zu 1 der Urteilsgründe aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 1 Satz 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Berlin zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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