Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.10.2005
Aktenzeichen: (5) 1 Ss 261/05 (41/05)
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 345 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 113
StGB § 241
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
(5) 1 Ss 261/05 (41/05)

In der Strafsache gegen

wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 6. Oktober 2005 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. März 2005 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Auf Grund der Sachrüge des Angeklagten, die er ausreichend begründet hat durch das Schreiben seiner Verteidigerin vom 9. Mai 2005, hat der Senat geprüft, ob das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 21. März 2005 auf den darin festgestellten Sachverhalt das materielle Recht richtig angewendet hat. Da eine ordnungsgemäß erhobene Sachrüge eine umfassende Überprüfung veranlaßt, hat der Senat von sich aus auch diejenigen Gesichtspunkte materiellrechtlicher Art bedacht, die der Angeklagte in seinem Schreiben vom 8. Mai 2005 anspricht, das seine Verteidigerin mit einem Begleitschreiben vom 19. Mai 2005 nachgereicht hat.

Eine eigenständige Bedeutung kommt diesem Schreiben des Angeklagten dagegen nicht zu, so daß auch die darin enthaltenen Angriffe unbeachtlich sind, die nicht lediglich die sachlichrechtliche Richtigkeit der Entscheidung betreffen. Denn es genügt nicht den Anforderungen an eine wirksame Revisionsbegründung nach § 345 Abs. 2 StPO. Danach bedarf es einer anwaltlich unterzeichneten Schrift. Das bedeutet, daß ein Rechtsanwalt oder Verteidiger an der inhaltlichen Gestaltung zumindest mitgewirkt haben muß und daß er die volle Verantwortung für den Inhalt übernimmt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 345 Rdnr. 14 ff. m. w. N.). Daran fehlt es hier. Das Schreiben wurde von der Verteidigerin lediglich übermittelt. Auch gibt ihre Mitteilung, daß sie das Schreiben "auf ausdrücklichen Wunsch des Mandanten" weiterleite, zu erkennen, daß sie es ablehnt, die Verantwortung für den Inhalt zu übernehmen.

Die Überprüfung des Urteils in sachlichrechtlicher Hinsicht hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Seine Verurteilung wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB ist nicht zu beanstanden, auch wenn der Vollstreckungshandlung, gegen die er sich zur Wehr gesetzt hat, ein Vorführungsbefehl zugrunde lag, der auf einem teilweise rechtsfehlerhaften Ordnungsgeldbeschluß beruhte. Dieser Beschluß sah eine Anzahl von 50 Ersatzhafttagen vor und überschritt damit das gesetzliche Höchstmaß gemäß Art. 6 Abs. 2 EGStGB um acht Tage. Die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung bleibt davon jedoch unberührt. Denn sie wird nach ständiger Rechtsprechung unabhängig von der materiellen Richtigkeit der Grundlage der Vollstreckungshandlung bestimmt. Maßgeblich ist allein, ob der Vollstreckungsbeamte örtlich und sachlich zuständig war, die wesentlichen Förmlichkeiten bei der Vornahme der Handlung eingehalten hat und ein ihm etwa zustehendes Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat (vgl. BGHSt 4, 161, 163 f.; 5, 93, 94; 21, 334, 363; 24, 125, 132; BayObLG NJW 1989, 1815, 1816; OLG Celle NJW 1971, 154; KG NJW 1972, 781, 782 und NJW 1975, 887, 888, sowie Küper, Strafrecht Besonderer Teil, 6. Aufl., S. 412 m. w. N.). Diesen Voraussetzungen entsprach im vorliegenden Fall das Verhalten der Polizeibeamten bei der Vollstreckung des Vorführungsbefehls gegen den Angeklagten.

Ein Verbotsirrtum kommt dem Angeklagten nicht zugute. Da er nach den Urteilsfeststellungen bewußt davon abgesehen hat, sich mit Rechtsbehelfen gegen den Ordnungsgeldbeschluß zur Wehr zu setzen, war ihm klar, daß es zu rechtmäßigen Vollstreckungshandlungen kommen würde.

Ferner hat das Landgericht zutreffend angenommen, daß sich der Angeklagte wegen Bedrohung gemäß § 241 StGB strafbar gemacht hat. Zwar könnten seine Worte gegenüber den beiden Polizeibeamten - "So etwas wie euch muß man erledigen und hierfür ist mir jedes Mittel recht!" - bei isolierter Betrachtung als eine allgemein gehaltene Drohung interpretiert werden, die zur Erfüllung des Tatbestandes nicht ausreichen würde, weil dafür das In-Aussicht-Stellen eines konkreten, den Tatbestand eines Verbrechens verwirklichenden Verhaltens erforderlich ist (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 45, Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 241 Rdnr. 4). Damit würde jedoch der eigentliche Sinn der Äußerung verfehlt. Dieser ergibt sich aus dem Zusammenhang mit dem vorangegangenen Geschehen. Bei der Festnahme durch die beiden Polizeibeamten in seiner Wohnung hatte der Angeklagte sich heftig zur Wehr gesetzt und mit den Worten "Ich hole mir deine Waffe!" versucht, in den Besitz der Pistole der Polizeibeamtin Lippert zu gelangen. Dieser Vorfall lag zum Zeitpunkt der Äußerung nur eineinhalb Stunden zurück. (Der im Urteil angegebene Zeitpunkt der Festnahme - 0.30 Uhr - beruht offensichtlich auf einem Schreibversehen. Es muß statt dessen 9.30 Uhr heißen.) Wer im Anschluß an ein solches Verhalten denselben Personen gegenüber ankündigt, sie zu "erledigen" und dafür "jedes Mittel" einzusetzen, der stößt nicht lediglich eine allgemeine Drohung aus, sondern stellt hinreichend konkret ein Tötungsverbrechen in Aussicht. Die beiden Polizeibeamten waren auch Adressaten der Drohung; denn die Formulierung "so etwas wie euch" bezeichnet nach üblichem Sprachgebrauch die Angesprochenen herabsetzend oder schließt sie jedenfalls mit ein.

Auch der Umstand, daß das Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung die Äußerung des Angeklagten gegenüber den Polizeibeamten in leicht veränderter Form wiedergibt, begründet keinen sachlichrechtlichen Mangel. Ein Widerspruch, der den Bestand des Urteils in Frage stellen würde, ist darin nicht zu finden, daß nach Angaben der Zeugin L der Angeklagte gesagt hat: "So etwas wie euch müßte man kalt machen". In dem oben dargelegten Zusammenhang haben die Worte "kalt machen" und "erledigen" die gleiche Bedeutung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück