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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: 1 AR 139/05 - 5 Ws 67/05
Rechtsgebiete: StrEG, StGB


Vorschriften:

StrEG § 1
StrEG § 1 Abs. 2
StrEG § 2
StrEG § 2 Abs. 2 Nr. 1
StrEG § 4
StrEG § 4 Abs. 1
StrEG § 4 Abs. 1 Nr. 1
StrEG § 4 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 63
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1 AR 139/05 - 5 Ws 67/05

In der Unterbringungssache

wegen schwerer Brandstiftung

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 25. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des ehemals Untergebrachten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 10. Januar 2005 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht Berlin hat im Sicherungsverfahren mit Urteil vom 27. März 2002, rechtskräftig seit dem 4. April 2002, die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. Die Dauer der Führungsaufsicht hat die Kammer auf die Mindestdauer von zwei Jahren festgesetzt, den Beschwerdeführer für diese Zeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihn angewiesen, über seinen Betreuer dem Bewährungshelfer die Fortsetzung der ambulanten psychiatrischen Behandlung und die Medikamenteneinnahme monatlich nachzuweisen.

Wegen gröblicher beharrlicher Weisungsverstöße und anderen Fehlverhaltens infolge akuter Schübe der schizoaffektiven Psychose hat das Landgericht am 4. Juni 2004 einen Sicherungshaftbefehl (richtig: Sicherungsunterbringungsbefehl nach §§ 463 Abs. 1, 453 c StPO) erlassen, aufgrund dessen der Beschwerdeführer am 17. Juni 2004, also drei Tage nach dem Ablauf der Dauer der Führungsaufsicht, festgenommen und in das Krankenhaus des Maßregelvollzuges verlegt worden ist. Mit Beschluß vom 5. Juli 2004 hat das Landgericht die Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung widerrufen.

Auf das Rechtsmittel des Beschwerdeführers hin hat der Senat mit seinem Beschluß vom 24. September 2004 - 5 Ws 477/04 -, auf dessen Gründe wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, den Widerrufsbeschluß und den Sicherungsunterbringungsbefehl aufgehoben und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt. Am selben Tage wurde der Beschwerdeführer aus dem Krankenhaus des Maßregelvollzuges entlassen.

Mit Antrag vom 27. Oktober 2004 hat der Beschwerdeführer für die Dauer der zu Unrecht erlittenen Unterbringung (vom 17. Juni 2004 bis 24. September 2004) Entschädigung gemäß §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 4 Abs. 1 StrEG beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 10. Januar 2005 hat das Landgericht den Antrag unter Hinweis darauf zurückgewiesen, daß es sich bei der Unterbringung aufgrund des Sicherungsunterbringungsbefehls nicht um eine Strafverfolgungsmaßnahme im Sinne von § 2 StrEG handele. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde (§ 8 Abs. 3 StrEG, § 311 StPO) hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat einen Anspruch auf Entschädigung nach dem StrEG im Ergebnis zu Recht verneint. Nach dessen Regelungen kann Entschädigung für Maßnahmen im Rahmen der Strafvollstreckung nicht verlangt werden (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1982, 958; KG JR 1981, 87; D. Meyer, StrEG 5. Aufl., § 1 Rdn. 42, § 2 Rdn. 1; Schätzler/Kunz, StrEG 3. Aufl., § 1 Rdn. 26-29, § 2 Rdn. 13). Das kommt schon in dem Namen des StrEG "Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen" zum Ausdruck und wird in den §§ 1, 2 und 4 StrEG konkretisiert.

§ 1 StrEG setzt voraus, daß eine rechtskräftige Verurteilung (§ 1 Abs. 1) oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 1 Abs. 2) später fortfällt oder gemildert wird. Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die hier zugrunde liegende Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB im Sicherungsverfahren hat in dem genannten Sinne keine Korrektur erfahren. Maßnahmen der Vollstreckung unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 StrEG (vgl. OLG Düsseldorf aaO; KG aaO; D. Meyer § 1 StrEG Rdn. 42; Schätzler/Kunz § 1 StrEG Rdn. 26-29).

§ 2 StrEG zielt auf Fälle, in denen es nach dort genannten Strafverfolgungsmaßnahmen nicht zu einer Verurteilung (oder der Anordnung der Unterbringung im Sicherungsverfahren) gekommen ist, weil das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, den Angeklagten freigesprochen oder den Antrag im Sicherungsverfahren abgelehnt hat oder das Verfahren eingestellt worden ist. Auch diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Sicherungsverfahren ist rechtskräftig mit der Anordnung der Unterbringung des Beschwerdeführers abgeschlossen worden. Dessen zeitweiliger Freiheitsentzug aufgrund des Sicherungsunterbringungsbefehls ist eine Maßnahme im Vollstreckungsverfahren und folglich unter den in § 2 StrEG abschließend aufgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen nicht genannt. Auf ihn ist § 2 StrEG deshalb nicht anwendbar (vgl. OLG Düsseldorf aaO; KG aaO; D. Meyer § 2 StrEG Rdn. 8, 11; Schätzler/Kunz § 2 StrEG Rdn. 13; jeweils mit weit. Nachw.).

Entsprechendes gilt für § 4 StrEG, weil dieser eine Entschädigung nach Billigkeit nur für die in § 2 StrEG genannten Strafverfolgungsmaßnahmen vorsieht. Abgesehen davon sind hier die weiteren Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StrEG nicht gegeben.

Auch für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften ist wegen ihres klaren Regelungsgehaltes kein Raum. Das gilt auch angesichts der Tatsache, daß hier (anders als in dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf aaO zugrunde liegenden Fall) eine Anrechnung der Dauer der nach der Erledigung der Maßregel vollzogenen zeitweiligen Unterbringung nicht möglich ist. Dies veranlaßt auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Beschwerde zwar anspricht, aber nicht weiter ausführt. Denn der Beschwerdeführer ist durch die Ablehnung einer Entschädigung nach dem StrEG nicht rechtlos gestellt. Er hat die Möglichkeit auf andere Anspruchsgrundlagen (etwa Art. 5 Abs. 5 EMRK oder Amtshaftung) zurückzugreifen, sofern deren Voraussetzungen vorliegen. Über solche Ansprüche ist aber nicht im Rahmen des Strafverfahrens, sondern von dem Zivilgericht zu entscheiden (vgl. KG aaO und D. Meyer § 2 StrEG Rdn. 17).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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