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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 1 VA 7/06
Rechtsgebiete: HinterlO, BGB, ZPO


Vorschriften:

GBBerG § 10
HinterlO § 19
BGB § 891
BGB § 1117
BGB § 1154
BGB § 1162
BGB § 1170
BGB § 382
ZPO § 982
Der Gläubiger einer nach § 10 GBBerG abgelösten Briefhypothek hat gegenüber der Hinterlegungsstelle seine Empfangsberechtigung an dem hinterlegten Betrag in der Regel durch Vorlage der - kraftlos gewordenen - Hypothekenbriefe nachzuweisen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 VA 7/06

20.05.2008

in dem Verfahren nach § 23 EGGVG

betreffend die Hinterlegungssachen des Amtsgerichts Tiergarten zu den Geschäftszeichen ... und ... - Hinterlegung gemäß § 10 Grundbuchbereinigungsgesetz -

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf den gegen den Beschluss des Präsidenten des Amtsgerichts Tiergarten vom 31. März 2006 gerichteten Antrag der Antragsteller auf gerichtliche Entscheidung am 20. Mai 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 5.538,99 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren nach § 23 EGGVG gegen die Verfügung der Hinterlegungsstelle des AG Tiergarten vom 8. Dezember 2005, wonach sie die Grundpfand-rechtsbriefe vorzulegen haben, um ihre Empfangsberechtigung an den Beträgen nachzuweisen, die sie gemäß § 10 Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) für die jeweiligen Gläubiger der in Abteilung III Nr. 1 und 2 des Grundbuchs von P B Bl. 1 N eingetragenen Briefhypotheken hinterlegt haben.

Die Antragsteller wurden am 3. Juni 2004 aufgrund Erbfolge als Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg von P B , Grundblatt 1 N (A 1 ) geführten Grundstücks eingetragen. Am 27. September 2004 beantragten sie unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme die Hinterlegung von 4.686,84 Euro und von 852,15 Euro gemäß § 10 GBBerG. Der Hinterlegungsbetrag von 4.686,84 Euro betraf die in Abteilung III des vorbezeichneten Grundstücks unter Nr. 1 eingetragene Briefhypothek von 13.750 Goldmark Darlehen mit 4,5 % jährlichen Zinsen seit dem 1. April 1942 für H W , geb. L . Der Hinterlegungsbetrag von 852,15 Euro betraf die in Abteilung III desselben Grundstücks unter Nr. 2 eingetragene Briefhypothek von 2.500 Goldmark Kaufgeld mit 4,5 % Zinsen seit dem 1. April 1942 für H W , geb. L . Beide Beträge wurden zur Hinterlegung angenommen und am 11. Oktober 2004 eingezahlt. Das Grundbuch von P B , Grundblatt 1 N wurde entsprechend berichtigt.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 haben die Antragsteller die Hinterlegungsstelle um Herausgabe der hinterlegten Geldbeträge ersucht. Die im Verfahrensverlauf überreichten Erbscheinsausfertigungen weisen die Antragsteller als Rechtsnachfolger nach H W , geb. L aus. Mit Verfügung vom 8. Dezember 2005 hat die Rechtspflegerin in beiden Hinterlegungsverfahren die Vorlage der Grundpfandrechtsbriefe zum Nachweis des Herausgabeanspruchs verlangt. Die gegen diese Mitteilung eingelegte Beschwerde hat der Präsident des Amtsgerichts T mit Beschluss vom 31. März 2006 zurückgewiesen.

B.

I. Der nach § 3 Abs. 2 HinterlO i.V.m. § 23 EGGVG gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, soweit die Antragsteller beantragen, die Verfügungen der Hinterlegungsstelle des AG T vom 8. Dezember 2006, AZ ... und ... sowie den Beschluss des Präsidenten des AG T vom 31. März 2006, AZ ... AG aufzuheben.

Dem Antrag nach § 23 EGGVG, der rechtzeitig innerhalb der Antragsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG von einem Monat gestellt worden ist, steht § 3 Abs. 3 HinterlO nicht entgegen. Zwar ist nach dieser Vorschrift nur die Klage auf Herausgabe gegen das Land im ordentlichen Rechtsweg gegeben, wenn durch die Entscheidung des Amtsgerichtspräsidenten ein Antrag auf Herausgabe der Hinterlegungsmasse abgelehnt worden ist. Erfasst wird damit aber nur eine endgültige Ablehnung des Herausgabeantrages (Senat, Beschluss vom 22. April 2008 -1 VA 16/06, zur Veröffentlichung vorgesehen; KG, 25. ZS, NJW-RR 1999, 863; OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1974, 358, 359; Bülow/Schmidt, Hinterlegungsordnung, 4. Aufl., § 3 Rn. 24). Hat der Präsident des Amtsgerichts dagegen nur über den Bestand einer Zwischenverfügung der Hinterlegungsstelle entschieden, ist das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 EGGVG eröffnet (KG, 25. ZS, NJW-RR 1999, 863; OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1974, 358, 359). Die daraus folgende Verteilung der gerichtlichen Überprüfungskompetenz zwischen den ordentlichen Gerichten und dem nach § 23 EGGVG berufenen Oberlandesgericht entspricht dem Willen des Gesetzgebers, Maßnahmen der Justizverwaltung in einem möglichst gestrafften Verfahren zu überprüfen, ohne die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zu verletzen (KG, 25. ZS, NJW-RR 1999, 863).

Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Präsidenten des AG T ist vorliegend auch eine bloße Zwischenverfügung. Die Hinterlegungsstelle hat in ihrem Schreiben vom 8. Dezember 2005 den Antrag der Antragsteller auf Herausgabe der hinterlegten Beträge nicht abgelehnt, sondern die Antragsteller lediglich aufgefordert, zur Nachweisführung hinsichtlich des geltend gemachten Herausgabeanspruchs die Grundpfandrechtsbriefe vorzulegen. Auch der Präsident des Amtsgerichts hat den Antrag der Antragsteller nur insoweit endgültig abgelehnt, als diese den Anspruch auf Herausgabe auf ihre angeblich im Wege der Rechtsnachfolge erlangte Stellung als Gläubiger der beiden Briefhypotheken gestützt haben, ohne diese Rechtsstellung durch die Vorlage der beiden Hypothekenbriefe belegen zu können, was ihnen allerdings weder jetzt noch in absehbarer Zeit möglich ist. Doch lässt der Amtsgerichtspräsident in dem angefochtenen Beschluss vom 31. März 2006 ausdrücklich dahin stehen, ob die Antragsteller den geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe der Hinterlegungsmasse in anderer Weise begründen können, insbesondere nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens gemäß §§ 1170 ff. BGB. Damit hat er offen gelassen, ob die Antragsteller aufgrund ihrer Position als (ehemalige) Eigentümer des (ehemals) belasteten Grundstücks die rechtliche Möglichkeit haben, die Freigabe des von ihnen hinterlegten Geldes zu erwirken.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg, weil die Antragsteller durch die Entscheidung des Präsidenten des Amtsgerichts T nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 28 EGGVG). Die Hinterlegungsstelle durfte von den Antragstellern die Vorlage der Hypothekenbriefe fordern, um den Nachweis ihrer Empfangsberechtigung an den für die jeweiligen Gläubiger der in Abteilung III Nr. 1 und 2 des Grundbuchs von P B Bl. 1 N eingetragenen Briefhypotheken hinterlegten Beträgen zu führen.

1. Nach § 13 Abs. 1 HinterlO hat derjenige, der die Herausgabe eines hinterlegten Betrages fordert, seine Berechtigung zum Empfang nachzuweisen. Dies ist eine Frage des materiellen Rechts und nach dem Rechtsverhältnis zu beurteilen, das der Hinterlegung zugrunde liegt (Bülow/Schmidt, a. a. O., § 13 Rn. 15). Vorliegend wurden die herausverlangten Beträge von 4.686,84 Euro und von 852,15 Euro gemäß § 10 GBBerG hinterlegt. Nach dieser Vorschrift erlischt eine vor dem 1. Juli 1990 an einem Grundstück im Beitrittsgebiet bestellte Hypothek oder Grundschuld mit einem umgerechneten Nennbetrag von nicht mehr als 6.000 Euro, wenn der Eigentümer des Grundstücks eine dem in Euro umgerechneten und um ein Drittel erhöhten Nennbetrag entsprechende Geldsumme zugunsten des jeweiligen Gläubigers unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt hat (§ 10 Abs. 1 GBBerG). Die zugunsten der jeweiligen Gläubiger bewirkte Hinterlegung führt zum Erlöschen des Grundpfandrechts, das Grundbuch wird unrichtig und ist nach §§ 22, 29 GBO zu berichtigen (Böhringer in Eickmann, Sachenrechtsbereinigungs-gesetz, RWS-Kommentar, § 10 GBBerG, Rn. 44 und 46; Baur/von Oefele/Maaß, GBO, 2. Aufl., § 10 GBBerG. Rn. 25; BT-Drucks. 12/5553 S. 95). Mit der Ablösung des Grundpfandrechts (d.h. der wirksamen Hinterlegung nach § 10 GBBerG) wird die dingliche Sicherheit durch den hinterlegten Geldbetrag "ersetzt" und der Gläubiger erhält anstelle des unverjährbaren dinglichen Anspruchs (§ 902 BGB) einen Anspruch auf Herausgabe der Hinterlegungsmasse (Böhringer, a.a.O., § 10 GBBerG Rn.1 und Rn. 184).

2. Dementsprechend haben die Antragsteller nachzuweisen, dass sie im Zeitpunkt der Hinterlegung Gläubiger der abgelösten Grundpfandrechte waren. Entgegen der Auffassung der Antragsteller reicht es hierfür jedoch nicht aus, dass sie Erbeserben der eingetragenen Grund-pfandrechtsgläubigerin H W , geb. L geworden sind. Die Antragsteller können sich nicht darauf berufen, dass H W , geb. L zum Zeitpunkt der Hinterlegung in Abteilung III des Grundbuchs von P B , Bl. 1 N als Berechtigte der beiden Hypotheken eingetragen war und sie als Erben deren Rechtsnachfolger sind. Ist im Grundbuch für jemanden ein Recht eingetragen, so wird nach § 891 BGB zwar vermutet, dass ihm das Recht zusteht. Zutreffend weist der Präsident des Amtsgerichts jedoch darauf hin, dass diese gesetzliche Vermutung für die Briefhypothek nicht gilt (Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 891 Rn. 5) und die hier in Rede stehenden Hypotheken Briefhypotheken waren, weil für sie die Erteilung des Briefes nicht ausgeschlossen war (§ 1116 Abs. 2 BGB). Die Briefhypothek nach § 1116 Abs. 1 BGB ermöglicht die Übertragung außerhalb des Grundbuchs, denn zur Abtretung des dinglichen Rechts ist nur die Erteilung der Abtretungserklärung in schriftlichen Form und Übergabe des Hypothekenbriefes erforderlich (§ 1154 Abs. 1 Satz 1, 1117 BGB). Aus diesem Grund muss der eingetragene Gläubiger eines Briefrechts zusätzlich den Grundpfandrechtsbrief mindestens mittelbar besitzen, um seine Berechtigung nachzuweisen (Palandt/Bassenge, a. a. O., § 891 Rn. 5; BayObLG NJW-RR 91, 1398). Demnach ist die Forderung der Hinterlegungsstelle, die Antragsteller mögen zum Nachweis ihrer Stellung als Gläubiger der beiden abgelösten Hypotheken die Hypothekenbriefe vorlegen, berechtigt. Der Besitz der beiden Grundpfandbriefe würde belegen, dass die nach dem - durch Abtretungsurkunde vom 21. Mai 1942 belegten - Erwerb der beiden Hypotheken gemäß § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB im Grundbuch als Gläubigerin dieser Hypotheken eingetragene H W und ihre Erben Hypothekengläubiger geblieben sind. Die Antragsteller können sich nicht darauf berufen, dass H W , geb. L nach dem Erwerb der beiden Hypotheken selbst Eigentümerin des belasteten Grundstücks A 1 geworden ist. Zum einen ist nicht ausgeschlossen, dass sie bereits vor dem Erwerb des Grundstücks die Grundpfandrechte wirksam an einen Dritten abgetreten hat, ohne dass dies aus dem Grundbuch hervorgeht. Zum anderen hätte die Vereinigung von Hypothek und Eigentum in einer Person nach § 1177 Abs. 1 BGB nur die Umwandlung der Hypothek zu einer Eigentümergrundschuld bzw. nach § 1177 Abs. 2 BGB zu einer Eigentümerhypothek zur Folge, über die der Eigentümer ohne Voreintragung im Grundbuch ebenfalls durch Abtretung verfügen kann (Palandt/Bassenge, a. a. O., § 1177 Rn. 2 und 4).

Dass die Hypothekenbriefe mit dem Erlöschen des dinglichen Rechts (d.h. der Hinterlegung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 GBBerG) am 11. Oktober 2004 nach § 10 Abs. 4 Satz 1 GBBerG kraftlos geworden sind, schränkt ihre Beweiskraft für diesen Zeitpunkt nicht ein. Erst mit der Kraftlosigkeit verliert der Brief seine Bedeutung als Rechtsträger und Rechtsausweis, bis dahin gilt die Urkunde als vorhanden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Bassenge, ZPO, 67. Aufl., § 1018, Rn. 1). Zwar schließt die Kraftlosigkeit der Briefe einen gutgläubigen Erwerb des erloschenen Grundpfand-rechts für die Zukunft aus, ein bis zu diesem Zeitpunkt erfolgter Rechtserwerb wird davon aber nicht berührt. Für die Berechtigung an der hinterlegten Ablösesumme kommt es jedoch auf die Stellung als Gläubiger der Hypotheken im Zeitpunkt der Hinterlegung an. Zu Recht hat sich der Präsident des Amtsgerichts daher auf den Standpunkt gestellt, dass sich das verbriefte Recht der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt feststellen ließe, wenn die - inzwischen kraftlos gewordenen - Hypothekenbriefe vorgelegt werden könnten.

3. Allerdings machen die Antragsteller geltend, dass sie niemals im Besitz der Hypothekenbriefe waren und deren Verbleib ihnen gänzlich unbekannt ist. Gleichwohl ist die Bestätigung der ergangenen Zwischenverfügung durch den Präsidenten des AG T im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar soll eine Zwischenverfügung - im Gegensatz zur endgültigen Ablehnung der Herausgabe, gegen die gemäß § 3 Abs. 3 HinterlO mit der Klage vorgegangen werden muss - einen für den Antragsteller gangbaren Weg aufzeigen, um dem Antrag auf Herausgabe nach §§ 12 ff. HinterlO zum Erfolg zu verhelfen (Senat, Beschluss vom 22. April 2008 -1 VA 16/06, zur Veröffentlichung vorgesehen; KG, 25. ZS, NJW-RR 1999, 863; OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1974, 358, 359). Solche Wege stehen den Antragstellern aber vorliegend offen, was der Präsident des Amtsgerichts in dem angefochtenen Bescheid lediglich hat dahin stehen lassen.

a) Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller hat ihr Unvermögen, die Hypothekenbriefe vorzulegen, keineswegs zur Folge, dass die von ihnen nach § 10 GBBerG hinterlegten Beträge für sie verloren sind und endgültig in das Vermögen des Landes Berlin übergehen. Als Hinterleger sind die Antragsteller vielmehr nach §§ 382 BGB, 19 HinterlO berechtigt, nach Ablauf von 30 Jahren innerhalb der Frist von § 19 HinterlO, d. h. innerhalb eines weiteren Jahres, die hinterlegten Beträge herauszuverlangen.

Nach § 382 BGB erlischt das Recht eines Gläubigers auf den hinterlegten Betrag mit Ablauf von 30 Jahren nach dem Empfang der Anzeige von der Hinterlegung oder, wenn - wie hier - die Anzeige untunlich war, nach der Hinterlegung (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 382 Rn. 1); der Schuldner ist zur Rücknahme des hinterlegten Betrages berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat. Diese Regelung wird ergänzt durch § 19 HinterlO, wonach in den Fällen des § 382 BGB der Anspruch auf Herausgabe mit dem Ablauf von 31 Jahren erlischt, wenn nicht zu diesem Zeitpunkt ein begründeter Antrag auf Herausgabe vorliegt. § 19 HinterlO betrifft das nach Erlöschen des Gläubigerrechts gemäß § 382 BGB allein noch bestehende Rücknahme-recht des Hinterlegers (Bülow/Schmidt, a. a. O., § 19 Rn. 4). Um dem Hinterleger die Möglichkeit zu geben, sein Recht zur Rücknahme auszuüben, sieht § 19 HinterlO vor, dass der Anspruch auf Herausgabe nicht in der regelmäßigen Frist des § 21 HinterlO nach 30 Jahren, sondern erst ein Jahr später - also nach Ablauf von 31 Jahren - erlischt (Bülow/Schmidt, a. a. O., § 19 Rn. 4).

Diese Regelungen gelten auch für die Hinterlegung nach § 10 GBBerG. Denn die Hinterlegung nach § 10 GBBerG, die es dem Eigentümer eines Grundstücks ermöglicht, alte Grundpfandrechte zum Erlöschen zu bringen, ist materiell-rechtlich eine Hinterlegung als Erfüllungsersatz (Bülow/Schmidt, a.a.O., Vorbem. zu § 1, Rn. 8). Mithin kommen die §§ 372 ff BGB zur Anwendung, sofern sie nicht durch die spezielle Regelung nach § 10 GBBerG verdrängt werden (vgl. Bauer/von Oefele/Maaß, a.a.O., § 10 GBBerG, Rn. 23, dort zu § 374 BGB). Das ist bei der Frage, wann und mit welchen Folgen das Gläubigerrecht an dem für ihn hinterlegten Betrag erlischt, nicht der Fall; § 10 GBBerG enthält hierzu keine Aussage. Das Ergebnis ist auch sachgerecht; für den rechtsähnlichen Fall des § 1171 Abs. 3 BGB (Ausschluss durch Hinterlegung) gilt eine entsprechende Regelung. b) Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Hinterlegungsstelle von den Antragstellern zum Nachweis ihrer Stellung als Gläubiger anstelle der Hypothekenbriefe die Vorlage eines von ihnen erwirkten Ausschlussurteils (§ 1017 ZPO) verlangen könnte, welches nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens gemäß § 1162 BGB i.V.m. §§ 1003ff. ZPO die abhanden gekommenen Briefe (erneut) für kraftlos erklärt. Zwar ersetzt ein solches, gemäß § 1018 Abs. 1 ZPO an die Stelle des Grundpfandrechtsbriefes tretendes Ausschlussurteil für den Antragsteller dessen Briefbesitz (BGH, NJW- RR 1990, 166, 168; BayObLGZ, 1987, 97ff., 100 = Rpfleger 1987, 363; BayObLG , NJW- RR 1988, 84; Baumbach/Lauterbach/Bassenge, a. a. O., § 1018, Rn. 1) und könnte deshalb im vorliegenden Fall das fortbestehende Gläubigerrecht der Erblasserin und demnach auch der Antragsteller belegen (vgl. oben zu Punkt 2). Im Hinblick auf diese Rechtswirkung des Ausschlussurteils gemäß § 1017 ZPO, die sich aus der bloßen Kraftloserklärung der Briefe nach § 10 Abs. 4 GBBerG nicht ableiten lässt, dürfte ein Rechtsschutzbedürfnis für das Aufgebotsverfahren der Antragsteller nach § 1162 BGB i.V.m. §§ 1003ff. ZPO nicht fehlen. Indes zeigen die eidesstattlichen Versicherungen der Antragsteller in dem - fälschlicherweise vom jetzigen Eigentümer des Grundstücks beantragten - Aufgebotsverfahren vor dem AG Mitte (70 C 13/05), dass die Antragsteller offenbar nicht in der Lage sind, anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen das Abhandenkommen oder die Vernichtung der Hypothekenbriefe als Voraussetzungen eines Aufgebots der Briefe nach § 1162 BGB glaubhaft zu machen. c) Jedenfalls haben die Antragsteller als frühere Eigentümer des belasteten Grundstücks die rechtliche Möglichkeit, bereits vor Ablauf von 31 Jahren eine Freigabe der hinterlegten Beträge zu erwirken, indem sie im Wege des Aufgebotsverfahren nach § 982 ZPO die Ausschließung der unbekannten Hypothekengläubiger auf Grund des § 1170 BGB beantragen. In der Literatur zum GBBerG wird einhellig die Auffassung vertreten, dass der Eigentümer auch nach Ablösung eines Rechts nach § 10 GBBerG noch ein Aufgebotsverfahren gemäß § 1170 BGB durchführen kann (Böhringer, a.a.O., § 10 GBBerG Rn. 55; Maaß, a. a. O., § 10 GBBerG. Rn. 32, mit Hinweis auf einen nicht veröffentlichten Beschluss des LG Erfurt vom 26.5.1995 - 2 T 38/95). Auch wenn das Grundpfandrecht durch die Ablösung bereits erloschen ist, fehlt es nicht an einem Rechtsschutz-bedürfnis für ein Aufgebotsverfahren, mit dem der Eigentümer die unbekannten Hypotheken-gläubiger nach Hinterlegung der Geldsumme von der Empfangsberechtigung ausschließen kann. § 10 GBBerG will den Grundstückseigentümer keinesfalls benachteiligen, sondern schafft nur ein Verfahren, um kurzfristig eine Lastenfreistellung des Grundstücks herbeiführen zu können, und zwar auch dann, wenn der Gläubiger bekannt ist (Maaß, a. a. O., § 10 GBBerG. Rn. 10; Senat, DNotZ 1996, 561). Das Recht, unter den Voraussetzungen des § 1170 BGB den Ausschluss unbekannter Gläubiger zu betreiben, behält daneben Bedeutung (Maaß, a. a. O., § 10 GBBerG Rn. 32 unter Hinweis auf § 6 Abs. 1a GBBerG). Wird dann im Aufgebotsverfahren der Gläubiger mit seinem Recht ausgeschlossen, kann der Eigentümer in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 3 GBBerG die hinterlegte Summe zurückverlangen (Maaß, a. a. O., § 10 GBBerG. Rn. 32). Dem stimmt Böhringer (a.a.O., § 10 GBBerG Rn. 55) auch für den früheren Eigentümer zu: Wolle ein Eigentümer sein Grundstück verkaufen, müsse er nicht das zeitaufwendige Aufgebotsverfahren abwarten. Vielmehr könne er nach § 10 GBBerG vorgehen und dann das Aufgebotsverfahren beantragen. Das Antragsrecht zum Aufgebot der unbekannten Gläubiger nach § 894 Abs. 1 ZPO steht ihm dann als Eigentümer zum Zeitpunkt der Hinterlegung zu, dem die Ausschlusswirkung nach § 1170 Abs. 2 BGB zugute kommen soll. Ob die Voraussetzungen des § 1170 Abs. 1 BGB in zeitlicher Hinsicht erfüllt sind, hatte die Hinterlegungsstelle nicht zu prüfen und bedarf auch hier keiner Entscheidung.

III. Die Zulässigkeit des weiteren Antrags, das Amtsgericht Tiergarten - Hinterlegungsstelle- anzuweisen, die hinterlegten Beträge an die Antragsteller herauszugeben, erscheint im Hinblick auf § 3 Abs. 3 HinterlO zweifelhaft, kann jedoch dahinstehen, da nach vorstehenden Ausführungen unter II. der Antrag auf Herausgabe des hinterlegten Betrages jedenfalls zur Zeit unbegründet ist.

IV.

Eine Kostenerstattungsanordnung nach § 30 Abs. 2 EGGVG ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 30 Abs. 3 EGGVG i. V. m. § 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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