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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.04.2006
Aktenzeichen: 1 W 108/06
Rechtsgebiete: VV RVG, WEG


Vorschriften:

VV RVG Nr. 1008
WEG § 43
Keine Erhöhung der Verfahrensgebühr für den Verfahrensbevollmächtigten einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 108/06

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts am 13. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Amtsgericht Müller und die Richterin am Kammergericht Dr. Rasch beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des Landgerichts Berlin vom 13. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 373,52 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit auch in Wohnungseigentumssachen (§ 43 Abs. 1 WEG) findet die sofortige weitere Beschwerde gemäß §§ 27, 29 Abs. 2 FGG dann gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts im Kostenfestsetzungsverfahren statt, wenn das Beschwerdegericht sie entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen hat. Für das Kostenfestsetzungsverfahren gelten nach § 13a Abs. 3 FGG die Vorschriften der §§ 103 ff. ZPO entsprechend. Dabei verweist § 13a Abs. 3 FGG auch auf die Regelungen zur Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen gerichtliche Entscheidungen, so dass das Zulassungserfordernis nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu beachten ist (BGH, NJW 2004, 3412; BayObLG NJW-RR 2002, 1726; BayObLG, NJW-RR 2004, 72).

Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Verfahrensgebühr für den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht nach Nr. 1008 VV RVG erhöht hat.

Das Landgericht hat ausgeführt, dass der Verfahrensbevollmächtigte nicht - wie von Nr. 1008 VV RVG vorausgesetzt - mehrere Auftraggeber gehabt habe. Antragstellerin sei die Wohnungseigen-tümergemeinschaft gewesen, die nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061 als teilrechtsfähig anzusehen sei. Der Bundesgerichtshof habe ausdrücklich die Teilrechtsfähigkeit bejaht, wenn - wie hier - die Wohnungseigentümer-gemeinschaft im Innenverhältnis gemeinschaftliche Beitragsansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer verfolge. Die Anwendung dieser Entscheidung scheitere auch nicht in zeitlicher Hinsicht, weil die Entscheidung des Bundesgerichtshofs allgemein spätestens im Monat August 2005 bekannt geworden sei und der Antrag der Antragstellerin vom 1. September 2005 datiere.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen § 43 Abs. 4 WEG, worauf die Begründung der weiteren Beschwerde abhebt. Wenn § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG bestimmt, dass in allen Fällen von Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander sämtliche Wohnungseigentümer Beteiligte am Verfahren sind, so ist dem zwar zu entnehmen, dass alle Wohnungseigentümer zwecks Wahrung ihrer Rechte von sich aus am Verfahren teilnehmen können oder vom Gericht hinzugezogen werden (Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., Vor §§ 43 ff, Rdnr. 65; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 6 Rdnr. 5). Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass die Miteigentümer nur als Einzelpersonen am Wohnungseigentumsverfahren beteiligt werden können und eine Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft als solche von Gesetzes wegen ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist die Partei- und Beteiligungsfähigkeit der Wohnungseigen-tümergemeinschaft hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten die verfahrensrechtliche Konsequenz der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungs-eigentümergemeinschaft (BGH, NJW 2005, 2061, 2065; OLG München, NJW-RR 2005, 1326). Denn die Beteiligtenfähigkeit, die der Parteifähigkeit im Zivilprozess entspricht (Niedenführ/ Schulze, a. a. O., Vor §§ 43 Rdnr. 72; Jansen, a. a. O., § 13, Rdnr. 2), folgt aus der Rechtsfähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO). Tritt aber die Wohnungseigentümergemeinschaft in einem Verfahren zur Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen zum gemeinschaftlichen Vermögen als Antragstellerin auf, ist § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG Genüge getan. Denn mit der Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragstellerin und dem in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer als Antragsgegner sind alle Mitglieder der Gemeinschaft, mithin sämtliche Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt und in der Lage, ihre Rechte zu wahren.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auch den vorliegenden Fall nach diesen Grundsätzen beurteilt und nur die Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragstellerin und mithin alleinige Auftraggeberin ihres Verfahrensbevollmächtigten angesehen hat. Der Beschluss des Bundesgerichtshof vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05 - ist im 29. Heft der NJW, d. h. in der 29. Woche (18. bis 24. Juli 2005) des Jahres 2005, erschienen und konnte daher bei der Einleitung des Verfahrens gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG am 1. September 2005 als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Der bisherigen Rechtspraxis folgend benennt die Antragsschrift zwar noch die einzelnen Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners als Antragsteller. Das Amtsgericht hat jedoch in seinem Beschluss vom 26. Oktober 2006 die Parteibezeichnung berichtigt und im Tenor und in der Begründung ausgesprochen, dass die Leistungsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber der "Antragstellerin", also gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft in eigener Rechtspersönlichkeit, besteht. Dass im Rubrum der Entscheidung die Wohnungseigentümergemeinschaft (mit allen Mitgliedern) als "Antragsteller" bezeichnet ist, ist ersichtlich ein Versehen und wäre als offenbare Unrichtigkeit entsprechend § 319 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.

Die Entscheidung betreffend die Gerichtskosten beruht auf billigem Ermessen gemäß § 47 WEG, da die Antragstellerin im Verfahren der weiteren Beschwerde unterlegen ist. Eine Anordnung zur Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht veranlasst, weil der Antragsgegner im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Erscheinung getreten und am Verfahren der weiteren Beschwerde auch nicht beteiligt worden ist.



Ende der Entscheidung

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