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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.07.2004
Aktenzeichen: 1 W 174/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 20
FGG § 126
FGG § 129
FGG § 141a
FGG § 142
Eine wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG im Handelsregister gelöschte GmbH kann im Beschwerdeverfahren nicht durch einen nach der Eintragung der Löschung durch die Gesellschafterversammlung gewählten Geschäftsführer/Liquidator vertreten werden.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 174/04

In dem Verfahren betreffend

In der Handelsregistersache betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Gesellschaft gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin vom 20. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, die Richterin am Kammergericht Dr. Rasch und den Richter am Kammergericht Dr. Müther in der Sitzung vom 6. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird bei einem Verfahrenswert von 3.000 EUR als unzulässig verworfen. Kostenschuldner ist Herr U Sch.

Gründe:

I. Die weitere Beschwerde ist unzulässig.

1. Die weitere Beschwerde ist im vorliegenden Fall, in dem die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit angegriffen wird, nicht fristgebunden. Auch die weiteren Formerfordernisse sind erfüllt. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit ergeben sich auch nicht daraus, dass die Gesellschaft, in deren ausdrücklichem Namen das Verfahren betrieben worden ist und auch die weitere Beschwerde eingelegt worden ist, durch die Löschung ihre Beteiligtenfähigkeit verloren hätte. Denn dies wäre nur dann der Fall, wenn neben die Löschung aus dem Handelsregister eine völlige Vermögenslosigkeit getreten wäre, weil nur dann die für den rechtlichen Wegfall des Rechtsträgers notwendigen Voraussetzungen gegeben wären (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 74 Rn. 13f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 74 Rn. 6; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 65 Rn. 16). Dies ist hier nicht der Fall, weil im Verfahren gerade geltend gemacht wird, dass die Gesellschaft noch über Vermögen verfügt, nämlich Eigentümerin eines Grundstücks und darüber hinaus Gesellschafterin einer anderen GmbH sei.

Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt weiter nicht daraus, dass der Gesellschaft vertretungsberechtigte Personen fehlten. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister die Vertretungsbefugnis der bisherigen Vertretungsorgane endet (vgl. BGH NJW-RR 1994, 542; BayObLG NJW-RR 1988, 1333; NJW-RR 1998, 613). Im Rahmen der Löschung nach § 74 Absatz 1 Satz 2 GmbHG ist dies daraus zu schließen, dass mit der Anmeldung der Vollbeendigung die Niederlegung der Organstellung stillschweigend verbunden ist. Im Rahmen einer Löschung von Amts wegen, wie sie hier vorliegt, ergibt sich dies daraus, dass nach der Löschung für eine notwendige Vertretung der Gesellschaft durch das Gericht Nachtragsliquidatoren zu bestellen sind und somit keine gesetzliche Vertretungsbefugnis der früheren Organe besteht. Insoweit wird aber die Auffassung vertreten, dass die Gesellschaft in einem Verfahren, in dem ihre Löschung angegriffen wird, ausnahmsweise nach den zivilprozessualen Grundsätzen bei Streitigkeiten über die Prozessfähigkeit einer Partei durch ihre alten Organe vertreten wird (vgl. BayObLG NJW-RR 1998, 613; Keidel/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 141a Rn. 15).

Die Unzulässigkeit der weiteren Beschwerde ergibt sich aber daraus, dass der Verfahrensbevollmächtigte über keine ausreichende Vollmacht für die Einlegung der weiteren Beschwerde im Namen der Gesellschaft verfügt. Mit dem Schreiben vom 10. November 2003 ist lediglich eine auf den Notar lautende Vollmacht für die Gesellschaft vorgelegt worden, die von einem Herrn U Sch unterschrieben worden ist. Dieser war aber zum Zeitpunkt der Löschung der Gesellschaft vom 31. Juli 2002 nicht Vertretungsorgan der Gesellschaft, denn er war nach den vorgelegten Unterlagen erst mit einem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2003 zum Vertretungsorgan bestellt worden. Dieser Beschluss ging aber ins Leere, weil die Gesellschafterversammlung zur Bestellung von Vertretungsorganen der gelöschten Gesellschaft nicht befugt war (vgl. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 60 Rn. 65 mwN). Dies ergibt sich aus § 66 Absatz 5 GmbHG, nach dem bei notwendigen Maßnahmen für die Gesellschaft durch das Gericht ein Nachtragsliquidator zu bestellen ist.

Entgegen der Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten kann sich dieser auch nicht auf § 129 FGG berufen. Diese Vorschrift, aus der sich lediglich die Vermutung der Bevollmächtigung eines beurkundenden Notars ergibt, kann im vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Dabei kann offen bleiben, ob die Vermutungswirkung nicht schon deshalb entfällt, weil im vorliegenden Verfahren eine Vollmacht vorgelegt wurde, die nicht von dem früheren Vertreter unterschrieben worden und die damit aus den oben genannten Gründen unwirksam ist. Entscheidend ist, dass das vorliegende Verfahren nicht auf eine Eintragung aufgrund einer Anmeldung gerichtet ist. Hier wird vielmehr die Weigerung des Amtsgerichts angegriffen, eine beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen von Amts wegen vorzunehmende Löschung einer Eintragung zu vollziehen. Dies ist aber gerade kein von § 129 FGG erfasster Fall, weil es auf etwa beurkundete, zu einer Eintragung erforderliche Erklärungen nicht ankommt.

Auf die Beurkundung der der Anmeldung vom 23. Februar 2004 zugrunde liegenden Erklärungen kann die Bevollmächtigung nicht gestützt werden, weil diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Denn dieses betrifft nicht die Wiedereintragung der Gesellschaft aufgrund eines Fortsetzungsbeschlusses, sondern die Frage, ob ein Amtslöschungsverfahren nach § 142 FGG einzuleiten ist. Insoweit handelt es sich um verschiedene Verfahrensgegenstände (vgl. OLG Düsseldorf DNotZ 1980, 171), worauf der Vorsitzende in dem Schreiben vom 7. Juni 2004 hingewiesen hat.

Aus den eingereichten Urkunden ergibt sich schließlich auch keine Bevollmächtigung durch den früheren Geschäftsführer Rudloff. In der notariellen Verhandlung vom 23. Februar 2004 hat Herr Rudloff zwar Erklärungen abgegeben. Diese Erklärungen hat er aber als Alleingesellschafter in eigenem Namen abgegeben. Soweit er Erklärungen für die Gesellschaft abgegeben hat, bezogen sich diese nicht auf das Amtslöschungsverfahren. Die Sache ist auch entscheidungsreif. Auf die vorgenannten Umstände ist der Verfahrensbevollmächtigte mit den Schreiben des Vorsitzenden vom 7. Juni und 16. Juni 2004 hingewiesen worden, so dass auch ausreichende Gelegenheit zur Nachreichung einer Vollmacht des früheren Geschäftsführers bestand.

2. In der Sache selbst weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass eine Löschung der Eintragung der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 142 FGG nicht allein deshalb erfolgen muss, weil die Löschungsvoraussetzungen im Sinne des § 141a FGG nicht vorgelegen haben. Denn allein das Vorhandensein von Vermögen führt bei einer nach § 141a FGG gelöschten Gesellschaft nach § 66 Absatz 5 GmbHG nur zu der Notwendigkeit für das Gericht auf entsprechenden Antrag einen Nachtragsliquidator zu bestellen (vgl. KG JFG 15, 88, 91; BayObLG NJW-RR 1998, 613; OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 612; OLG Zweibrücken GmbHR 2002, 591; Keidel/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 141a Rn. 15). Die Löschung nach § 142 Absatz 1 FGG erfordert demgegenüber nach dem Wortlaut der Norm, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Löschung gefehlt hat.

Das Fehlen einer solchen wesentlichen Voraussetzung, das im Falle des § 141a FGG insbesondere in der fehlenden, aber eben möglichen Anhörung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft zu sehen ist (vgl. BayObLG NJW-RR 1998, 613; OLG Hamm NJW-RR 1993, 547), haben die Vorinstanzen zu Recht verneint, weil der Aufenthalt des Geschäftsführers unbekannt war.

Die Löschungsanregung des Finanzamtes für Körperschaften II vom 28. Juni 2001 wurde am 24. Juli 2001 der Gesellschaft an die angegebene Geschäftsadresse in Hauptstraße 13A, 13127 Berlin zur Stellungnahme übersandt. Das Schreiben ist nicht zurückgekommen, eine Reaktion der Gesellschaft ist nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 24. August 2001, gefertigt am 7. September 2001, verfügte das Amtsgericht die Mitteilung der Löschungsabsicht an den Geschäftsführer Rudloff gemäß § 141a Absatz 2 Satz 1 FGG. Dieses Schreiben konnte nicht zugestellt werden. Es war an die in der notariellen Verhandlung vom 19. Juni 2000 - UR-Nr. 577/00 der Notarin Brigitte Franck-Cramer in Stuttgart - angegebene Wohnanschrift Mühlrain 68 in 70178 Stuttgart gerichtet und wurde postalisch an die Anschrift Marienstraße 32, 70178 Stuttgart umgeleitet. Laut Postvermerk vom 10. September 2001 konnte die Zustellung nicht erfolgen, weil "während des Zustellgangs Geschäftslokal geschlossen. Privatadresse unbekannt". Die vom Amtsgericht eingeholte Auskunft des Einwohnermeldeamtes Stuttgart (Amt für öffentliche Ordnung, Bürgerbüro Möhringen) zu Rainer Rudloff, letzte bekannte Anschrift Marienstraße 32, 70178 Stuttgart, ergab laut Schreiben vom 13. Dezember 2001: "Verzogen ohne Angabe des neuen Aufenthaltsortes".

Soweit die weitere Beschwerde diesen Feststellungen mit der Erwägung entgegen getreten ist, dass die Anschrift Marienstraße 32, 70178 Stuttgart "wohl die richtige gewesen" ist, und die Auffassung vertritt dort hätten weitere Zustellungsversuche unternommen werden müssen, übersieht sie, dass das Amtsgericht aufgrund der erteilten Auskunft des Einwohnermeldeamtes davon ausgehen musste, dass dort weitere Zustellungen erfolglos bleiben mussten. Im Übrigen trägt auch die weitere Beschwerde nicht vor, dass die Wohnanschrift des damaligen Geschäftsführers tatsächlich - der Post oder dem Meldeamt - bekannt war. Nach den damals geltenden Zustellungsvorschriften (§ 183 ZPO a.F.) hätte eine wirksame Zustellung im Geschäftslokal ohnehin nur dann erfolgen können, wenn der damalige Geschäftsführer dort persönlich anzutreffen gewesen wäre.

Die bei unbekanntem Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters mögliche öffentliche Bekanntmachung der Löschungsabsicht nach § 141a Absatz 2 Satz 2 FGG ist am 5. März 2002 im Tagesspiegel, dem vom Registergericht nach § 11 Absatz 1 HGB bestimmten Bekanntmachungsblatt, und am 6. März 2002 im Bundesanzeiger erfolgt. Erst nach Ablauf der dort bekannt gemachten Widerspruchsfrist ist die Eintragung der Löschung verfügt und am 31. Juli 2002 eingetragen worden.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Löschung fehlt auch nicht deshalb, weil die Industrie- und Handelskammer Berlin nicht vor einer Löschung angehört wurde, wie dies nach § 141a Absatz 1 Satz 3 FGG vorgeschrieben ist. Insoweit fehlt es an Anhaltspunkten, dass aufgrund dieser Anhörung Feststellungen getroffen worden wären, die gegen eine Löschung der Gesellschaft gesprochen hat. Allein die Anhörung als wesentliche Voraussetzung im Sinne des § 142 FGG anzusehen, verbietet sich deshalb, weil ein etwaiger Mangel des Verfahrens auch ursächlich für die Unzulässigkeit der Eintragung sein, diese also auf ihm beruhen muss (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 142 Rn. 16). Bei der Anhörung der Organe nach § 126 FGG ist das nur zu bejahen, wenn gerade sie dem Registergericht Kenntnis von der Unrichtigkeit der beabsichtigten Löschung verschafft hätten. Dafür ist nichts vorgetragen.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil sich die Kostentragungspflicht aus dem Gesetz ergibt. Da hier allerdings die Kosten von demjenigen zu tragen sind, der sich auf eine tatsächlich nicht bestehende Vertretungsbefugnis beruft (vgl. Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 13 Rn. 15 mwN), war ein entsprechender Hinweis im Tenor erforderlich.

Ende der Entscheidung

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