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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 1 W 182/03
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1896 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1906 Abs. 1
FGG § 70 i
Eine Vollmacht im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Erforderlichkeit einer Betreuerbestellung nicht entgegen, wenn die Vollmacht eine Heilbehandlung mit Psychopharmaka ausschließt, die medizinisch indiziert ist, um eine Verschlimmerung der Krankheit des Betroffenen zu verhindern. Die probeweise Verlegung des Untergebrachten aus der geschlossenen auf eine offene Station führt dann nicht zur Wirkungslosigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen weiter bestehen und die Verlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums steht. Das kann bei einer probeweisen Verlegung zehn Tage vor Entlassung des Untergebrachten der Fall sein.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 170/03 1 W 182/03

In dem Betreuungs- und Unterbringungsverfahren betreffend

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die weitere Beschwerde der Betroffenen vom 31. März 2003 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. März 2003 - 83 T 39/03 - und auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen vom 4. April 2003 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. April 2003 - 83 T 153/03 - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, die Richterin am Kammergericht Dr. Rasch und den Richter am Amtsgericht Müller am 20. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde und die sofortige weitere Beschwerde werden zurückgewiesen

Gründe:

A. Betreuerbestellung vom 27. September 2002

Die weitere Beschwerde der Betroffenen ist zulässig, §§ 27, 29 Abs. 1 FGG. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I. Gemäß § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht für einen Betroffenen einen Betreuer, wenn dieser auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Ein Betreuer darf nur für die Angelegenheiten bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, d.h. in denen der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen (BayObLG, FamRZ 2001, 1244 f.). Die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, also ohne Antrag des Betroffenen und ohne oder gegen seinen Willen, setzt weiter voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (Senat, Beschluss vom 26. April 2005 - 1 W 414/04, KGR Berlin 05, 709; BayObLG, FamRZ 2001, 1244f; 2001, 1245f.; jetzt: § 1896 Abs. 1a BGB). Das Landgericht ist in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler und damit für den Senat bindend, vgl. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG in Verbindung mit § 559 ZPO, vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen.

Das Landgericht hat ausgeführt: Die Betroffene leide an einer paranoid halluzinatorischen Psychose, einer Krankheit aus dem schizophrenen Formenkreis. Dies stehe fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Innn und der übrigen vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen. Die Krankheit, die mit völliger Krankheits- und damit auch Behandlungsuneinsichtigkeit verbunden sei, könne ausschließlich durch regelmäßige Einnahme entsprechender Medikamente bekämpft werden. Krankheitsbedingt sei die Betroffene aber nicht in der Lage, dies zu erkennen. Die von der Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht stehe wegen der in ihr enthaltenen wesentlichen Beschränkungen und Weisungen der Bestellung eines Betreuers nicht entgegen.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

1. Verfahrensrechtlich ist die angefochtene Entscheidung fehlerfrei ergangen. Das Vormundschaftsgericht hat das Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung einzuholen, § 68b Abs. 1 S. 1 FGG, und den Betroffenen persönlich anzuhören, § 68 FGG. Hier hat das Vormundschaftsgericht das Gutachten des Sachverständigen Innn eingeholt und die Betroffene am 27. September 2002 persönlich angehört. Das Landgericht konnte seine Entscheidung auf diese Verfahrenshandlungen stützen, § 69g Abs. 5 S. 3 und 4 FGG, insbesondere von der erneuten Anhörung der Betroffenen absehen, weil diese Anhörung ausführlich und nachvollziehbar in den Akten niedergelegt worden war und deshalb von einer erneuten Anhörung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären. Zudem war die Betroffene im Rahmen der Unterbringungsverfahren mehrfach angehört worden. Aus den in den Akten befindlichen Protokollen konnte das Landgericht einen ausreichenden Eindruck von ihr gewinnen.

2. Auch materiell-rechtlich bestehen gegen die angegriffene Entscheidung keine Bedenken.

a) Die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen hat das Landgericht fehlerfrei aus dem Gutachten des Sachverständigen Innn hergeleitet. Das Gutachten genügt den gesetzlichen Anforderungen. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen, § 68b Abs. 1 S. 4 FGG. Dies ist vorliegend geschehen. Der Sachverständige hat angegeben, die Betroffene am 24. Juni 2002 in deren Wohnung und erneut am 8. Juli 2002 in seiner Praxis untersucht zu haben. Kommt nach Auffassung des Sachverständigen die Bestellung eines Betreuers in Betracht, so hat sich das Gutachten auch auf den Umfang des Aufgabenkreises und die voraussichtliche Dauer der Betreuungsbedürftigkeit zu erstrecken, § 68b Abs. 1 S. 5 FGG. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, die Betroffene könne ihre Angelegenheiten in Fragen der Zustimmung zur Heilbehandlung und Pflege sowie des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Zwecke der Heilbehandlung nicht selbst besorgen; er hat eine Dauer der Betreuung von zunächst zwei Jahren empfohlen.

Die Würdigung der Gutachten eines Sachverständigen ist Sache des Tatrichters und vom Senat als Gericht der weiteren Beschwerde lediglich auf Rechtsfehler zu überprüfen, das heißt dahin, ob der Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung aufgeklärt worden ist und der Tatrichter bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (Senat, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 W 91/05 -, OLGReport 2005, 621, 623). Solche Fehler vermag der Senat hier nicht festzustellen.

Die Feststellungen des Landgerichts zur Erkrankung der Betroffenen lassen sich ohne weiteres mit den Ausführungen des Sachverständigen Innn in Übereinstimmung bringen. Sie finden ihre Bestätigung in der ärztlichen Stellungnahme der Kliniken im Tnnnnnnnnn vom 12. Juni 2006, mit der die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene angeregt wurde. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht daraus die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen hergeleitet hat.

b) Gemäß § 1896 Abs. 2 S. 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenbereiche bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Das Landgericht hat auch dies für die von dem Vormundschaftsgericht bestimmten Aufgabenbereiche "Aufenthaltsbestimmung zur Heilbehandlung" und "Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung" zutreffend bejaht. Der Sachverständige Innn hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es dringend erforderlich sei, einer vorzeitigen Chronifizierung der Psychose der Betroffenen entgegenzuwirken. Hierzu sei die Betroffene nicht in der Lage, weil sie hinsichtlich ihrer Erkrankung keine Einsicht zeige und jede Behandlung mit Psychopharmaka grundsätzlich ablehne. Der Senat sieht auch keine Bedenken hinsichtlich des Umfangs der genannten Aufgabenkreise. Zwar ist der allgemeine Aufgabenkreis Gesundheitssorge ohne Beschränkung auf den psychiatrischen bzw. nervenärztlichen Bereich bei Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes, § 1896 Abs. 2 S. 1 BGB, fehlerhaft, wenn nicht die tatsächlichen Feststellungen die weite Fassung des Aufgabenkreises rechtfertigen (Senat, Beschluss vom 1. November 2005 - 1 W 389 und 390/05; OLG Oldenburg, Beschluss vom 23. Juli 2003 - 5 W 107/03 -, JURIS, Rdn. 3; BayObLG, BtPrax 2001, 37f.). Vorliegend musste der Aufgabenkreis "Heilbehandlung" nicht eingeschränkt werden. Die fehlende Einsicht der Betroffenen ist nicht nur auf ihre psychische Krankheit beschränkt. Aufgrund ihrer Erkrankung ist die Betroffene der unzutreffenden Ansicht, an tödlichen internistischen bzw. gynäkologischen Krankheiten zu leiden. Das zeigt, dass sie insgesamt nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten in Bezug auf eine Heilbehandlung eigenständig zu regeln.

Der Erforderlichkeit der Betreuerbestellung stand auch nicht die von der Betroffenen am 12. Juni 2002 erstellte Vollmacht entgegen. Allerdings ist die Betreuung nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können, § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorlagen. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Umfang der erteilten Vollmacht als nicht gleichwertig mit den Handlungsbefugnissen eines Betreuers angesehen hat. Der Sachverständige hat die kontinuierliche Behandlung mit Psychopharmaka für geeignet gehalten, um dem Auftreten eines schizophrenen Residuums und akuten Exazerbationen der Psychose entgegenzuwirken. Die für eine entsprechende medikamentöse ärztliche Behandlung erforderliche Einwilligung kann aufgrund der Vollmacht durch die Bevollmächtigten jedoch nicht erteilt werden. Die Betroffene hat ausdrücklich die Verabreichung von Medikamenten als Depot, insbesondere von Neuroleptika und anderen Medikamenten, die schwere Nebenwirkungen haben, verboten. Damit ist die Vertretungsmacht insofern eingeschränkt, denn nur Willenserklärungen, die der Vertreter innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen erteilt hat, wirken unmittelbar für und gegen den Vertretenen, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB. Im Gegensatz hierzu umfasst die Betreuung alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen, § 1901 Abs. 1 BGB. Zwar hat auch der Betreuer den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, jedoch nur, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, § 1901 Abs. 3 S. 1 BGB. Der Betreuer kann danach zum Wohl der Betroffenen grundsätzlich auch in eine medikamentöse Behandlung einwilligen, wenn sie das krankheitsbedingt ablehnt.

Vor diesem Hintergrund konnte es das Landgericht offen lassen, ob die Betroffene zum Zeitpunkt der Erstellung der Vollmacht überhaupt in der Lage war, einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen wirksam zu bilden, §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 1 BGB, woran im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen Innn, der die Betroffene nur wenige Tage danach untersucht hat, allerdings erhebliche Zweifel bestehen. Auch kam es nicht darauf an, ob die von der Betroffenen bestimmte Ersatzbevollmächtigte überhaupt Willens und in der Lage war, von der Vollmacht Gebrauch zu machen, nachdem sich die Eltern der Betroffenen hierzu nicht mehr in der Lage sahen, wie sich aus deren Schreiben vom 3. Februar 2003 entnehmen lässt.

c) Einwände gegen die Person des bestellten Betreuers sind von der Betroffenen nicht erhoben worden. Es handelt sich um den von ihr selbst zum Betreuer vorgeschlagenen Rechtsanwalt, vgl. § 1897 Abs. 4 BGB.

B. Unterbringungsverfahren gemäß § 1906 BGB

I. Ohne Erfolg begehrt die Betroffene mit ihrem Hauptantrag in der Fassung vom 9. April 2003 die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Genehmigung der Unterbringung.

1. Die sofortige Beschwerde der Betroffenen ist zulässig, §§ 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 1b), 70g Abs. 3, 70m Abs. 1 S. 1, 22, 27, 29 FGG. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Das Rechtsschutzinteresse der Betroffenen ist weder durch ihre am 28. März 2003 erfolgte Verlegung auf die offene Station noch durch die mit Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 4. April 2003 erfolgte Aufhebung des Beschlusses vom 10. März 2003 entfallen. Die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Unterbringungsmaßnahme ist möglich. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet die Annahme eines Rechtsschutzinteresses in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe, in denen sich eine direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Eine Unterbringungsmaßnahme ist ein solcher Eingriff (BVerfG, NJW 1998, 2432 ff; BVerfGE 104, 220 ff). Aufgrund der nur auf vier Wochen beschränkten Genehmigung der Unterbringung konnte die Betroffene auch keine Entscheidung in den von der Verfahrensordnung vorgegebenen Instanzen erreichen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Mai 2000 - 1 W 2749/00, FGPrax 2000, 213f.).

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen rechtswidrig war, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

a) Nach § 1906 Abs. 2 S. 1 BGB bedarf die mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Unterbringung zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist, weil eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann, § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Feststellung des Vorliegens dieser Voraussetzungen erfordert vorwiegend die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse und kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob sie von irrigen rechtlichen Grundlagen ausgeht, gegen Denkgesetze oder gegen Verfahrensvorschriften verstößt oder ob Schlüsse gezogen werden, die mit feststehenden Beweisregeln oder mit der allgemeinen Lebenserfahrung unvereinbar sind oder ob solche Anforderungen an eine Überzeugungsbildung sonst überspannt oder vernachlässigt werden (Senat, FGPrax 2000, 213f.). Derartige Fehler vermag der Senat nicht festzustellen.

Das Landgericht hat ausgeführt: Die Betroffene sei schwer psychisch krank, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 27. Februar 2003 ergebe, das sich mit früheren ärztlichen Stellungnahmen decke. Die Betroffene bedürfe der medikamentösen Heilbehandlung, weil die Krankheit bereits zu chronifizieren drohe und eine andere Behandlung infolge krankheitsbedingter Uneinsichtigkeit ausschließlich stationär erfolgen könne. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass die Betroffene eine medikamentöse Behandlung ausschließlich in der Klinik akzeptiere und die Medikamente sofort nach Entlassung wieder absetze, wodurch es zu erneuten Exazerbationen gekommen sei. Die Unterbringungsvoraussetzungen lägen auch nach Verlegung der Betroffenen auf eine offene Station weiterhin vor, weil die Verlegung ausdrücklich zur Erprobung einer möglichen Freiwilligkeit hinsichtlich der stationären Behandlung erfolgt sei. Allein die im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans erfolgte Erprobung der Freiwilligkeit gegen Ende des Unterbringungszeitraums mache die Genehmigung nicht entbehrlich oder gar gegenstandslos.

b) Auch diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

aa) Verfahrensrechtliche Bedenken ergeben sich nicht. Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, der den Betroffenen persönlich zu untersuchen oder zu befragen hat. Der Sachverständige soll in der Regel Arzt für Psychiatrie sein, § 70e Abs. 1 S. 1 und 2 FGG. Das Vormundschaftsgericht hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Innn eingeholt, der die Betroffene am 26. Februar 2003 in der Klinik untersucht und befragt hat. Die gemäß § 70c FGG erforderliche Anhörung der Betroffenen hat das Vormundschaftsgericht am 10. März 2003 durchgeführt und hierüber ein ausführliches Protokoll erstellt. Der Betreuungsbehörde hat das Vormundschaftsgericht Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, § 70d Abs. 1 S. 1 Nr. 6 FGG. Der Beschluss vom 10. März 2003 entspricht den Anforderungen von § 70f Abs. 1 Nr. 1 bis 4 FGG; er enthält Angaben zur Betroffenen, Nr. 1, stellt klar, dass die Unterbringung durch den Betreuer genehmigt wird, Nr. 2, bestimmt den Zeitpunkt der Beendigung der Unterbringung, die sich mit vier Wochen im zeitlichen Rahmen bewegt, Nr. 3, und enthält eine Rechtsmittelbelehrung, Nr. 4.

bb) Die Genehmigung der Unterbringung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die psychische Erkrankung der Betroffenen ergibt sich ohne weiteres aus dem Gutachten des Sachverständigen Innn. Auch die Notwendigkeit der Unterbringung der Betroffenen lässt sich aus dessen Ausführungen folgern. Unter Anwendung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerfG, NJW 1998, 1774, 1775) setzt die Heilbehandlung voraus, dass sich die Gefahr für den Betreuten nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abwenden lässt (BT-Drs. 11/4528, S. 147, re. Sp.). Zudem muss die Heilbehandlung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten (Senat, OLG-Report 2005, 621, 623). Hiervon konnte aufgrund des vorliegenden Gutachtens ausgegangen werden. Danach habe sich die Betroffene zum Zeitpunkt der Untersuchung in einem dringend behandlungsbedürftigen Zustand befunden, um einer drohenden Chronifizierung entgegenzuwirken. Wegen ihrer fehlenden Krankheits- und Behandlungseinsicht könne die notwendige Behandlung nur im Rahmen der Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik erfolgen. Der Sachverständige hielt eine Dauer von vier weiteren Wochen für erforderlich. Im Rahmen der auf Rechtsfehler beschränkten Prüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde (vgl. Senat, OLG-Report 2005, 621, 623) ergeben sich keine Bedenken dagegen, dass die Genehmigung der Unterbringung maßgeblich auf diesen Feststellungen beruhte. Daran konnte auch der Einwand der Betroffenen, sie sei nicht ernst genommen worden, der Sachverständige sei dem von ihr vermuteten Krebsleiden nicht nachgegangen, nichts ändern. Eine internistische Untersuchung war nicht erforderlich. Die krankheitsbedingte Fehleinschätzung der Betroffenen, an einer todbringenden Krankheit zu leiden, ergibt sich nicht nur aus dem im Zusammenhang mit der Unterbringung erstellten Gutachten. Aus den Akten ergeben sich Stellungnahmen mehrerer anderer, die Betroffene in der Vergangenheit behandelnder Ärzte, die zu demselben Ergebnis gelangten. So hatten bereits die behandelnden Ärzte der Kliniken im Tnnnnnnnnn, in denen sich die Betroffene über längere Zeit aufgehalten hatte, in ihrer Anregung an das Vormundschaftsgericht, einen Betreuer zu bestellen, darauf hingewiesen, im Rahmen des psychotischen Wahns sei die Betroffene davon überzeugt, an den verschiedensten todbringenden Krankheiten zu leiden. Entsprechendes ergibt sich aus dem Schreiben der behandelnden Ärzte der Beteiligten zu 5 vom 5. Februar 2003 an das Amtsgericht Charlottenburg und den Beteiligten zu 1.

III. Schließlich war auf den Hilfsantrag auch nicht die Rechtswidrigkeit einer Unterbringung ab dem 28. März 2003 festzustellen. Eine solche Feststellung konnte nicht getroffen werden, weil die Betroffene auf der offenen Station nicht mehr im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB untergebracht war. Der Antrag ist jedoch ausweislich der Begründung im Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen vom 9. April 2003 dahin auszulegen, dass sich die Betroffene unmittelbar gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet soweit dieses die Genehmigung der Unterbringung wegen der zwischenzeitlichen Verlegung auf die offene Station nicht aufgehoben hat.

Der Hilfsantrag ist unbegründet. Die probeweise Verlegung der Betroffenen hat nicht zum Verbrauch der Genehmigung vom 18. März 2003 geführt.

Allerdings hat die Verlegung des Betreuten von der geschlossenen auf die offene Station einer psychiatrischen Klinik in der Regel zur Folge, dass die erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der geschlossenen Unterbringung wirkungslos wird (BayObLG, FamRZ 1995, 1296f.; Schwab, in: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 1906, Rdn. 92), so dass eine Sachentscheidung über den Fortbestand der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung nicht mehr erfolgen kann (OLG Hamm, NJW-RR 2000, 669, 670; BayObLG, Beschluss vom 11. März 2004, 3Z BR 3/04, JURIS, Rdn. 8). Ergeht in einem solchen Fall dennoch eine Sachentscheidung des Beschwerdegerichts in der Hauptsache, ist diese verfahrensrechtswidrig getroffen worden und wäre damit aufzuheben (BayObLG, EzFamR aktuell 2003, 254f.; BtPrax 2003, 268).

Umstritten ist jedoch, ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung auch dann in jedem Fall wirkungslos wird, wenn der Betroffene nur probeweise von der geschlossenen auf die offene Station verlegt wird. Die Befürworter dieser Auffassung begründen dies mit dem Fehlen einer § 70k FGG entsprechenden Vorschrift für die zivilrechtliche Unterbringung (Marschner, in: Jürgens: Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1906 BGB, Rdn. 29; ders., in: Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein, Das neue Betreuungsrecht, 3. Aufl., Rdn. 577; Rink, in: HK-BUR, § 1906, Rdn. 39; Hoffmann, in: Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1906, Rdn. 193; Kayser, in: Keidel/Kayser/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 70g, Rdn. 14). Andere halten die Wiedereinweisung aufgrund derselben vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach probeweiser Entlassung in engem zeitlichen Rahmen für möglich (Schwab, in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 1906, Rdn. 92; Müller, in: Bamberger/Roth, BGB, § 1906, Rdn. 14; Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1906, Rdn. 12; Zimmermann, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 1906, Rdn. 100; Dodegge, in: Dodegge/Roth, Betreuungsrecht, 2. Aufl., Abschnitt G, Rdn. 47; Knittel, Betreuungsrecht, § 1906 BGB, Rdn. 29).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Meinung an. Der vorliegende Fall zeigt, dass es Fälle gibt, in denen ein Bedürfnis besteht, einen Untergebrachten probeweise auf eine offene Station zu verlegen, um ihn bei ungünstigem Verlauf der Erprobung alsbald wieder unterzubringen (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 11. März 2004, 3Z BR 3/04, JURIS, Rdn. 9). Insbesondere besteht ein solches Bedürfnis, wenn die probeweise Verlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des genehmigten Unterbringungszeitraums erfolgt, um dem Betroffenen den ansonsten abrupten Übergang von der geschlossenen Unterbringung zur Entlassung aus der Klinik zu erleichtern. Der Betreuer kann sich in dieser Zeit ein Bild davon machen, ob eventuell die Verlängerung der Genehmigung zu beantragen ist. Auch der Gesetzgeber hat erkannt, dass ein Bedürfnis einer probeweisen Herausnahme des Betroffenen aus der geschlossenen Unterbringung bestehen kann. Er hielt eine gesetzliche Regelung für nicht erforderlich, weil in der Praxis Schwierigkeiten nicht aufgetreten seien. Allerdings könne zur Vermeidung der Umgehung der gesetzlichen Regelung ein Fortbestand der Genehmigung allenfalls in sehr engen Grenzen anerkannt werden (BT-Drs. 11/4528, S. 148, re. Sp.). Diese Grenzen sind vorliegend nicht überschritten worden. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts befand sich die Betroffene erst seit einer Woche auf der offenen Station. Da die Genehmigung am 7. April 2003 ihre Wirkung verloren hätte, war die Erprobung von vornherein auf die letzten 10 Tage ihres stationären Aufenthalts beschränkt. Ihre Verlängerung hatte der Betreuer nicht beantragt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht auf der Grundlage der schriftlichen und mündlichen Erklärungen des behandelnden Arztes davon ausgegangen ist, dass sich die grundlegende Situation bei der Betroffenen noch nicht geändert hatte. Der Arzt hatte insbesondere angegeben, die Betroffene bedürfe auf jeden Fall noch der stationären Behandlung bis zum Ablauf der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung am 7. April 2003, bei einer Entlassung werde sie die Medikamente wieder absetzen. Es solle geprüft werden, ob eine freiwillige Fortsetzung der stationären Behandlung möglich wäre. Die Voraussetzungen, die zur Genehmigung der Unterbringung durch den Betreuer geführt hatten, lagen danach weiterhin vor, so dass die Betroffene weiterhin auch auf der geschlossenen Abteilung hätte untergebracht bleiben können. Wegen der ohnehin zeitnah anstehenden Entlassung der Betroffenen ging es vorliegend ersichtlich auch nicht darum, mit Hilfe der Aufrechterhaltung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Druck auf sie auszuüben, um ihre Bereitschaft zu fördern, sich der ärztlichen Behandlung zu unterziehen (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2000, 669, 671).

Diese Beurteilung steht nicht im Gegensatz zu den Entscheidungen des OLG Hamm (NJW-RR 2000, 669) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 11. März 2004, 3Z BR 3/04). Dort wurde die Frage, ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zur Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer auch bereits bei einer kurzfristigen Entlassung des Betreuten wirkungslos wird, ausdrücklich offen gelassen.

C. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, §§ 128 b, 131 Abs. 3 KostO. Auslagen waren wegen der Erfolglosigkeit der Rechtsmittel nicht zu erstatten.

Ende der Entscheidung

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