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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 04.08.2005
Aktenzeichen: 1 W 291/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 321 a
ZPO § 699 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 702 Abs. 2
Im Verfahren der Beschwerde des Gläubigers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Festsetzung weiterer Kosten im llstreckungsbescheid (§§ 699 Abs. 3, 104 Abs. 3 ZPO) ist der Schuldner nicht zu beteiligen (§ 702 Abs. 2 ZPO). Erfolgt die Festsetzung durch unanfechtbaren Beschluss des Beschwerdegerichts, so ist die unterbliebene Beteiligung ggf. auf Rüge nach § 321 a Abs. 1 Nr. 1 ZPO nachzuholen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 291/05

In dem Kostenfestsetzungsverfahren zur Mahnsache

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts - Einzelrichter - hat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg - Zentrales Mahngericht - vom 28.2.2005 - 04-3642547-04- N - am 4.8.2005 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Vollstreckungsbescheid vom 28.2.2005 auf der Grundlage des Mahnbescheides des Amtsgerichts Schöneberg - Zentrales Mahngericht - vom 24.9.2004 - 04-3642547-04-N - wird dahin geändert, dass er über die bereits festgesetzten Beträge hinaus wegen weiterer Rechtsanwaltskosten der Antragstellerin in Höhe von 217,00 EUR nebst den festgesetzten Zinsen ab 28.2.2005 ergeht.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat mit Mahnbescheid vom 24.9.2004 eine Forderung aus einem fällig gestellten Darlehen in Höhe von 3.194,80 EUR nebst Verzugszinsen und Inkassokosten geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat Widerspruch erhoben und diesen am 11.11.2004 zurückgenommen. Im Antrag vom 29.11.2004 hat die Gläubigerin - unter Rücknahme des Antrages in Höhe von 150,00 EUR - beantragt, in dem zu erlassenden Vollstreckungsbescheid "sonstige Kosten" in Höhe von 217,00 EUR für "Einigungsgebühr" festzusetzen. Sie hat hierzu Kopie der vom Antragsgegner unterschriebenen Teilzahlungsvereinbarung vom 27.10.2004 vorgelegt. In dieser Vereinbarung erkennt der Schuldner an, der Gläubigerin einen Betrag von 3.728,70 EUR zuzüglich Zinsen ab 28.10.2004 zu schulden, und verpflichtet sich, diesen Betrag zuzüglich Zinsen "sowie die Kosten dieser Vereinbarung, die sich aus nachstehender Abrechnung ergeben", in monatlichen Raten von 150,00 EUR zu zahlen, wobei die Zahlungen bestimmungsgemäß zuerst auf die "Kosten dieser Vereinbarung" zu verrechnen sind. Diese Kosten sind anschließend als 1.0 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV RVG mit 217,00 EUR berechnet.

Die Rechtspflegerin des Zentralen Mahngerichts hat es mit Beschluss vom 28.2.2005 abgelehnt, in dem zugleich erlassenen Vollstreckungsbescheid, wie beantragt, eine Einigungsgebühr in Höhe von 217,00 EUR festzusetzen. Der hiergegen rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde vom 28.4.2005 hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Nach § 699 Abs. 3 ZPO sind in den Vollstreckungsbescheid "die bisher entstandenen Kosten des Verfahrens aufzunehmen". Den hierauf gerichteten Antrag vom 29.11.2004 hat das Zentrale Mahngericht hinsichtlich des Ansatzes der geltend gemachten Kosten in Höhe von 217,00 EUR zurückgewiesen. Es ist anerkannt, dass dem Antragsteller gegen einen solchen teilweisen, die Kostenfestsetzung betreffenden Zurückweisungsbeschluss die sofortige Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO zusteht, sofern der Beschwerdewert nach § 567 Abs. 2 ZPO erreicht ist (Zöller/Vollkommer, ZPO § 699 Rn. 19; Senat, KGReport 01, 69).

2. Für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG das Kammergericht zuständig, da die Antragstellerin ihren Sitz in der Schweiz hat.

3. Die geltend gemachte 1,0 Einigungsgebühr (VV 1000, 1003) ist entstanden und im Vollstreckungsbescheid festsetzbar.

a) Die Einigungsgebühr tritt als Erfolgsgebühr neben die festgesetzten Verfahrensgebühren VV 3305 und 3308 (Vorbem. 1 vor Nr. 1000 VV), allerdings nur in ermäßigter Höhe gemäß Nr. 1003. Der Erfolg besteht in der Einigung selbst und der damit in der Regel verbundenen Entlastung des Gerichts und Herstellung des Rechtsfriedens (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG VV 1000 Rn. 5). Der vom Amtsgericht vermisste Entlastungseffekt ist aufgrund der Einigung auch eingetreten. Denn die Antragsgegnerin hat daraufhin ihren Widerspruch zurückgenommen. Ein Nachgeben der Antragstellerin war für das Entstehen der Einigungsgebühr hingegen nicht erforderlich. Bei der Einigungsgebühr nach VV 1000, die an die Stelle der Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO getreten ist, ist die Bezugnahme auf § 779 BGB weggefallen (von Eicken a.a.O. Rn. 3, 4). Im Übrigen liegt aber auch ein Vergleich im Sinne des § 779 BGB vor, wenn der Gläubiger dem Schuldner Ratenzahlung bewilligt und dafür einen sicheren Vollstreckungstitel erhält (vgl. BGH Rpfleger 2005, 330). Das war hier aufgrund der Rücknahme des Widerspruchs und der in der Teilzahlungsvereinbarung erklärten Abtretung des pfändbaren Arbeitseinkommens der Schuldnerin der Fall.

Der Einwand des Amtsgerichts, der Vertrag beschränke sich auf ein Anerkenntnis der Schuldnerin ohne Entgegenkommen der Gläubigerin, wodurch eine Einigungsgebühr nach VV 1000 Abs. 1 Satz 1 nicht ausgelöst werde, geht fehl. Die Antragsgegnerin hat, um die Bedingung der Antragstellerin für Bewilligung von Ratenzahlung zu erfüllen, ihren Widerspruch zurückgenommen und die Abtretung ihres Arbeitseinkommens erklärt. Das geht über ein Anerkenntnis hinaus (vgl. von Eicken a.a.O. Rn. 63, 71; s. a. BGH a.a.O.).

b) Es handelt sich um Kosten des bisherigen Verfahrens, die nach § 699 Abs. 3 ZPO festsetzbar sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Teilzahlungsvereinbarung nur für den Fall der Rücknahme des Widerspruchs gelten sollte, es in der Sache also um die Beitreibung der unstreitig gestellten Forderung ging. Denn zur Vermeidung des streitigen Verfahrens war die Rücknahme des Widerspruchs erforderlich. Zu den Kosten des Verfahrens gehören auch solche, die zu seiner Beendigung aufgewendet werden.

Die Antragstellerin handelt nicht - wie das Amtsgericht meint - widersprüchlich, indem sie die Festsetzung der Einigungsgebühr verlangt und zugleich angeblich unter Verstoß gegen die getroffene Einigung den Erlass des Vollstreckungsbescheids beantragt. Damit verkennt das Amtsgericht den Inhalt der Vereinbarungen:

Die Antragstellerin war berechtigt, zur Absicherung ihrer Forderung nach Rücknahme des Widerspruchs den Vollstreckungsbescheid zu beantragen, lediglich von Vollstreckungsmaßnahmen und der Offenlegung der Abtretung sollte sie bei pünktlicher Einhaltung der gewährten Raten absehen. Es war ausdrücklich vorgesehen, dass die Ratenzahlungen der Schuldnerin auf die von ihr anerkannten "Kosten dieser Vereinbarung" zuerst verrechnet wurden. Damit hat die Antragsgegnerin die Kosten der Einigung in Abweichung von der Regel des § 98 Satz 1 ZPO übernommen, so dass sie gegen diese festsetzbar sind (vgl. Senat JurBüro 1981, 1359).

c) Die Berechnung der 1,0 Gebühr nach einem Wert bis 3.500,00 EUR begegnet keinen Bedenken. Gegenstand der Einigung war die Rücknahme des Widerspruchs, der sich gegen die Hauptforderung insgesamt richtete.

III.

Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen. Gerichtskosten fallen für die erfolgreiche Beschwerde nicht an.

Da der Antragsgegner am Verfahren der sofortigen Beschwerde nicht beteiligt wurde, können die der Antragstellerin in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten ihm nicht auferlegt werden, denn § 91 ZPO setzt ein "Unterliegen" voraus. Die Beteiligung des Antragsgegners, die in dem der Ergänzung des Vollstreckungsbescheids dienenden Verfahren unterbleiben konnte, § 702 Abs. 2 ZPO, ist auf Rüge nach § 321 a Abs. 1 Nr. 1 ZPO nachzuholen.



Ende der Entscheidung

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