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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: 1 W 295/04
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 21
BGB § 22
BGB § 57
HGB § 18 Absatz 2
1. Ist nach der Satzung eine wirtschaftliche Betätigung des zur Eintragung beim Vereinsregister angemeldeten Vereins nicht auszuschließen, verfolgt der Verein aber nach der Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke und ist dies vom Finanzamt bestätigt worden, spricht dies dafür, dass die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nur Nebenzweck ist und damit der Eintragung nicht entgegen steht.

2. Der Begriff Akademie in einem Vereinsnamen kann jedenfalls nicht deshalb entsprechend § 18 Absatz 2 HGB beanstandet werden, weil der Verein keine akademische, d.h. hochschulähnliche Strukturen aufweist und nicht staatlich gefördert oder kontrolliert ist.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 295/04

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts in der Sitzung am 26. Oktober 2004 auf die weitere Beschwerde der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Dr. Müther beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss der Zivilkammer 81 des Landgerichts Berlin vom 28. Juli 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 7. Januar 2004 werden aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Amtsgericht wird angewiesen, über die Anmeldung des Vereins unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Gründe:

I. Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 28. August 2003 ist die Gründung des oben genannten Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet worden. Auf die Zwischenverfügungen vom 11. September und 10. Dezember 2003 die durch den Verein teilweise erledigt worden sind, hat das Amtsgericht die Anmeldung mit Beschluss vom 7. Januar 2004 zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde darauf gestützt, dass die Vertretungsberechtigung eines Vorstandsmitgliedes durch die Regelung in § 8 der Satzung ausgeschlossen sei, die eingereichte Bestätigung über den Direktor der Nnn Annnn keine Bestätigung über die Funktion des Herrn Ünnn als Direktor sei, nicht klargestellt sei, was die Nn Annnn sei und nicht geregelt sei, wer den Direktor wählt oder bestimmt. Darüber hinaus ergebe sich aus der Satzung nicht zweifelsfrei, dass der Verein nicht einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben solle. Darüber hinaus bestünden Bedenken gegen die Verwendung des Begriffs Akademie im Namen. Gegen diesen dem Notar und den Vorstandsmitgliedern am 20. Januar 2004 zugestellten Beschluss ist mit einem am 22. Januar 2004 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt worden, die das Landgericht mit einem Beschluss vom 28. Juli 2004 zurückgewiesen hat. Das Landgericht hat die Zurückweisung der Beschwerde darauf gestützt, dass nicht auszuschließen sei, dass der Hauptzweck des Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei. Die Fragen des Ausschlusses des Schatzmeisters von der Vertretung und der ungeklärten Position der Nn Annnn hat das Landgericht ausdrücklich offen gelassen. Gegen diesen formlos bekannt gegebenen Beschluss ist mit einem am 17. August 2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt worden.

II. Das eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde anzusehen, vgl. § 160a Absatz 1 FGG in Verbindung mit §§ 29 Absatz 2, 22 Absatz 1 Satz 1 FGG, und als solche zulässig, insbesondere wegen der fehlenden förmlichen Zustellung fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg.

1) Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie gehen zu Unrecht davon aus, dass der Verein als wirtschaftlicher Verein anzusehen ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen muss durch die Formulierungen des Satzungszweckes die Annahme, dass der Zweck des Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, nicht in jeder Hinsicht ausgeschlossen sein. Entscheidend ist der tatsächlich verfolgte Zweck, der sich aus einer beabsichtigten oder bereits ausgeübten Tätigkeit ergeben kann (vgl. BayObLG Rpfleger 1977, 19, 20; Palandt/Heinrichts, BGB, 63. Aufl., § 21 Rn. 6). Ist der Zweck danach auch auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, was das Landgericht aufgrund der nach § 2 Nr. 1 und 2 der Satzung von der Akademie geplanten Maßnahmen annimmt, schließt dies eine Anwendung des § 21 BGB gleichwohl nicht aus. Denn nach allgemeiner Meinung kann auch ein Idealverein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, wenn dieser als Hilfsmittel zur Erreichung des nichtwirtschaftlichen Vereinszweckes dient (Nebenzweckprivileg; vgl. BGHZ 85, 84, 88/89 = NJW 1983, 569, 571/572; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 21 Rn. 5). Dass dieses Nebenzweckprivileg überschritten werden soll, wird von dem Verein glaubhaft in Abrede gestellt. Im Hinblick auf die eingereichte Stellungnahme des Finanzamtes erscheint es als fern liegend, dass der Verein durch Aufnahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes über das Nebenzweckprivileg hinaus die nach Überprüfung der Satzung in Aussicht gestellte Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt aufs Spiel setzen will. Denn nach § 3 Nr. 1 der Satzung verfolgt der Verein ausschließlich gemeinnützige Zwecke i.S. d. Abgabenordnung. Dies reicht für die Annahme aus, dass hier nach der Satzung kein wirtschaftlicher Hauptzweck verfolgt wird (vgl. KGJ 36 A 146; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., Rn. 56; vgl. auch KG OLGZ 1979, 279, 282). Dass der Verein trotz dieser Regelungen einen wirtschaftlichen Hauptzweck verfolgen wird, ist nicht ersichtlich.

2) Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die vom Amtsgericht erhobenen Bedenken gegen die Anmeldung sind auch im Übrigen nicht begründet.

a) Die Frage, ob die Verwendung der Bezeichnung Akademie im Namen des Vereins irreführend im Sinne des entsprechend anzuwendenden § 18 Absatz 2 HGB ist (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 19. August 2004, 1 W 190/01; OLG Frankfurt OLGR 2001, 54; OLG Hamm OLGR 1999, 344), ist zu verneinen. Welche Bedeutung dem Begriff Akademie durch die beteiligten Verkehrskreise beigemessen werden, ist nicht mehr ganz klar. Soweit darunter eine nicht auf Gewinnerzielung gerichtete Institution, sondern aus Selbstzweck handelnde Bildungseinrichtung verstanden wird, erfüllt der Verein diese Anforderungen. Soweit darüber hinaus angenommen wird, eine Akademie müsse akademische, d.h. hochschulähnliche Strukturen aufweisen und eine staatlich geförderte oder kontrollierte Einrichtung sein, steht der Annahme einer Irreführung im Sinne des § 18 Absatz 2 HGB die wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung entgegen. Denn dort wird diese Frage jedenfalls nicht eindeutig bejaht (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 262; LG Frankfurt, NJWE-WettbR 1998, 244: keine Irreführung; a.A. OLG Bremen, NJW 1972, 164; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rn. 59; offen OLG München, WRP 1985, 446, 447), so dass hier keine Feststellungen zu einer Irreführung getroffen werden können, weil im Registerverfahren nur offensichtlich irreführende Bezeichnungen beanstandet werden dürfen, § 18 Absatz 2 Satz 2 HGB.

b) Es liegt auch kein Ausschluss der Vertretungsmacht eines Vorstandsmitgliedes vor, der eine Zurückweisung der Anmeldung allerdings rechtfertigen könnte (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 26 Rn. 5; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 26 Rn. 7 mwN). Die Satzung sieht einen solchen Ausschluss nicht vor. Der Verfahrensbevollmächtigte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass für den Schatzmeister mangels abweichender Regelung die allgemeine Vertretungsregelung gilt. Danach vertritt dieser nach dem Mehrheitsprinzip, also mit einem weiteren Mitglied (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 26 Rn. 6).

c) Was die Frage der Stellung und Bedeutung der Akademie betrifft, ist ein Eintragungshindernis ebenfalls nicht zu erkennen. Soweit das Amtsgericht meint, es sei offen, wer den Direktor als Vorstandsmitglied bestellt, so ist dies mangels abweichender Regelung aus den Vorschriften des BGB zu ermitteln. Danach ist insoweit die Mitgliederversammlung zuständig, vgl. § 27 Absatz 1 BGB. Dass der jetzige Direktor seine Stellung auf Lebenszeit innehaben soll, steht einer Eintragung ebenfalls nicht entgegen Denn damit wird die nicht durch Satzung aufhebbare Widerruflichkeit seiner Stellung gemäß § 27 Absatz 2 Satz 1 BGB durch das zuständige Gremium nicht ausgeschlossen. Denn die Satzung muss dahin verstanden werden, dass das eingeräumte Sonderrecht (§ 35 BGB) jedenfalls aus wichtigem Grund widerrufen werden kann (Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 27 Rn. 18; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rn. 269; zum vergleichbaren § 38 GmbHG: Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 38 Rn. 23).

d) Die Zurückweisung der Anmeldung erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil die Bestellung des Direktors der Akademie nicht ausreichend nachgewiesen ist. Die zum Nachweis der Bestellung eingereichte und von den Gründungsmitgliedern des Vereins unterzeichnete Urkunde stammt zwar vom 2. August 2003 während der Verein erst am 26. August 2003 gegründet worden ist. Diese möglicher Weise unwirksame Bestellung ist aber dadurch als geheilt anzusehen, dass die Besetzung der Person des Direktors in der Gründungssatzung vom 26. August 2003 noch einmal ausdrücklich bestätigt wird.



Ende der Entscheidung

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