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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.04.2002
Aktenzeichen: 1 W 41/02
Rechtsgebiete: ZPO, UrhG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 103f
UrhG § 98
Die im Falle der Erstattungsfähigkeit von Testkaufaufwendungen in den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzunehmende Maßgabe, dass die Zahlung Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe der erwobenen Testkaufsache zu leisten ist, gilt auch dann, wenn der Erstattungsgläubiger geltend macht, ihm stehe im Fall der Rückgabe der Sache ein urheberrechtlicher Vernichtungsanspruch zu.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 41/02 (früher: 29 W 262/01)

in Sachen

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 27. August 2001 in der Sitzung vom 9. April 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin nach einem Wert bis 1.200 DM zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin hat nach Durchführung eines Testkaufs eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Antragsgegnerin untersagt wurde, Schmuckstücke mit bestimmten Gestaltungsmerkmalen anzukündigen, feilzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, und durch die ihr u.a. ferner aufgegeben wurde, alle in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Schmuckstücke der bezeichneten Art an einen Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben. Die Kosten des Verfahrens, die die Antragsgegnerin zu tragen hat, sind auf Antrag der Antragstellerin einschließlich der Testkaufkosten festgesetzt worden, wegen des für den Erwerb der Testkaufsache, eines goldenen Armreifs aufgewendeten Kaufpreises von 2.990,-- DM jedoch mit der Maßgabe, dass die Festsetzung - gemeint ist offensichtlich: Zahlung - Zug um Zug gegen Rückgabe des Testkaufarmreifs erfolgt. Mit ihrer hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde will die Antragstellerin erreichen, dass als von ihr Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung die Rückgabe des nach Zerstörung verbleibenen Materials des Armreifs bezeichnet wird. Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1 RpflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Erstattungsfähigkeit der Testkaufkosten selbst ist nicht Gegenstand des Rechtsmittels. Die Einschränkung, dass die Testkaufkosten nur Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe der gekauften Sache zu erstatten sind, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. JurBüro 1976, 668 und 1991, 86; ebenso OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 978), an der festgehalten wird. Entgegen der an dieser Rechtsprechung teilweise geübten Kritik (vgl. etwa Mümmler in Anm. zu OLG Koblenz 1985, 1865) beruht diese Einschränkung nicht auf der Prüfung und Bejahung eines sachlichrechtlichen Anspruchs aus unrechtfertigter Bereicherung, sondern bezweckt sie im Interesse einer möglichst endgültigen und richtigen Umsetzung des Kostentitels, eine durch den Kostentitel nicht gedeckte Bereicherung auf Seiten des Erstattungsgläubigers zu vermeiden (vgl. Senat NJW 1972, 2045 und JurBüro 1976, 668).

Die Antragstellerin ist, wie ihrem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist, weiterhin im Besitz des unzerstörten Schmuckstücks. Deshalb hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss die Erstattung der Testkaufkosten mit Recht von der Rückgabe des Schmuckstücks abhängig gemacht. Die Antragsgegnerin stützt ihr Begehren, die Zug-um-Zug-Leistung auf das nach Zerstörung des Armreifs verbleibende Material zu beschränken, auf die Erwägung, ihr stünde nach einer Herausgabe des Schmuckstücks an die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Vernichtung gemäß § 98 UrhG zu, den sie außerdem durch eine erneute einstweilige Verfügung sichern und sodann im Wege der Klage durchsetzen müsste, was keine praktikable Problemlösung wäre. Der Weg, die von der Antragstellerin erstrebte Problemlösung in das Kostenfestsetzungsverfahren zu verlegen, ist jedoch nicht gangbar. Die Zahlung des Testkaufpreises von der Rückgabe des Materials des zerstörten Schmuckstücks abhängig zu machen, obwohl die Antragstellerin noch im Besitz des unversehrten Schmuckstücks ist, ließe sich nur rechtfertigen, wenn der Antragstellerin im Falle der Rückgabe des Armreifs an die Antragsgegnerin ein Vernichtungsanspruch zustünde. Dabei handelt es sich um einen sachlichrechtlichen Anspruch, dessen Prüfung nicht Sache der Instanzen des Kostenfestsetzungsverfahrens ist. Er könnte deshalb wie auch andere sachlichrechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren nur ausnahmsweise dann berücksichtigt werden, wenn die Parteien über das Bestehen des Anspruchs einig wären. Dies ist hier nicht der Fall.

Durch die beanstandete Anordnung über die Zug-um-Zug-Leistung wird der Antragstellerin auch nicht angesonnen, zur Realisierung ihres Kostenerstattungsanspruchs an der Herstellung eines Verbots- oder sonst rechtswidrigen Zustandes mitzuwirken. Der bloße Besitz des Armreifs, in den die Antragsgegnerin im Falle der Rückgabe gelangte, ist der Antragsgegnerin weder von Gesetzes wegen noch aufgrund der einstweiligen Verfügung untersagt. Soweit in Betracht kommt, dass die Antragsgegnerin den Armreif nach Rückgabe ihrerseits sogleich gemäß Nr. II der einstweiligen Verfügung an den Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben hätte - sofern sich diese Anordnung überhaupt auch auf erst künftig erworbene Schmuckstücke bezieht -, rechtfertigte auch das keine Änderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass als Zug-um-Zug-Leistung der Antragstellerin nicht die Rückgabe an die Antragsgegnerin, sondern die Herausgabe an den Gerichtsvollzieher zu bestimmen wäre. Abgesehen davon, dass dies nicht dem Beschwerdebegehren der Antragstellerin entspräche, obliegt es den Instanzen des Kostenfestsetzungsverfahrens auch nicht, zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung tätig zu werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung erfolgt in DM, weil die Gebühren noch nach der bis 31.12.2001 geltenden DM-Tabelle zu berechnen sein werden.

Ende der Entscheidung

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