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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.10.2002
Aktenzeichen: 1 W 420/01
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1836a
BVormVG § 1 Abs. 1
FGG § 56g Abs. 5
Im Verfahren auf Festsetzung der Betreuervergütung darf das Beschwerdegericht die Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß § 56g Abs.5 Satz 2 FGG auf die Höhe des Stundensatzes beschränken, der einem Berufsbetreuer nach § 1836a BGB in Verbindung mit § 1 Abs.1 BVormVG zusteht.
KAMMERGERICHT Beschluss

1 W 420/01 1 W 421/01

in der Betreuervergütungssache

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 11. Juni 2001 in der Sitzung vom 29. Oktober 2002 beschlossen:

Tenor:

1. Unter teilweiser Änderung des angefochtenen Beschlusses und des Beschlusses des Amtsgerichts Wedding vom 21. Februar 2000 wird dem Beteiligten zu 1. für die Führung der Betreuung in der Zeit bis zum 30. Juni 1999 eine weitere Vergütung von 573,22 EUR aus der Landeskasse Berlin bewilligt.

Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 21. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

2. Unter teilweiser Änderung des angefochtenen Beschlusses und des Beschlusses des Amtsgerichts Wedding vom 1. März 2001 wird dem Beteiligten zu 1. für die Führung der Betreuung in der Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2000 eine weitere Vergütung von 642,77 EUR aus der Landeskasse Berlin bewilligt.

Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Amtgerichts Wedding vom 1. März 2001 wird zurückgewiesen.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 6. Juni 2001 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Kammergerichts eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den ihm am 26. Mai 2001 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 4. Mai 2001 ist gemäß den §§ 56 g Abs. 5, 69e und 29 Abs. 2 FGG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere hat das Landgericht die weitere Beschwerde nach § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG zugelassen, soweit es den Stundensatz für ab dem 01. Januar 1999 erbrachte Betreuerleistungen betrifft.

Aufgrund der beschränkten Zulassung des Rechtsmittels hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts nur darauf zu überprüfen, ob die Vergütung des Beteiligten zu 1. für seine Betreuertätigkeit vom 1. Januar 1999 an rechtsfehlerfrei nach einem Stundensatz von 35 DM gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG festgesetzt worden ist oder ob sie stattdessen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG nach einem höheren Stundensatz bemessen werden muss. Die vom Landgericht insoweit vorgenommene Beschränkung der Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde ist wirksam.

Der Senat hat bislang die Frage offen gelassen, ob eine Zulassungsbeschränkung der weiteren Beschwerde auf die Höhe des Stundensatzes nach den zur Revision (§ 546 ZPO n. F.) entwickelten Grundsätzen rechtlich zulässig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13.3.2001, KG-Report 2001, 298). Diese Frage ist jedenfalls für den Stundensatz einer nach § 1836a BGB in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG) aus der Staatskasse zu bewilligenden Vergütung eines Berufsbetreuers zu bejahen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision rechtswirksam auf einen rechtlich und tatsächlich selbständigen Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils nach § 301 ZPO oder eines Grundurteils nach § 304 ZPO sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276; BGH FamRZ 1995,1405, jeweils m. w. Nachw.; Zölfer/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rn. 18 ff.). Dementsprechend ist es rechtlich möglich, auch die Zulassung einer weiteren Beschwerde auf einen rechtlich und tatsächlich selbständigen Teil des Verfahrensgegenstandes zu begrenzen, sofern über ihn gesondert entschieden werden kann (vgl. BayObLGZ 2002,121; Keidel/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 56 Rn. 34 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt hier vor. Die Frage, welchen Stundensatz der Beteiligte zu 1. nach § 1 Abs. 1 BVormVG für seine Betreuertätigkeit vom 1. Januar 1999 an verlangen kann, verschließt sich keiner isolierten Entscheidung. Denn der Stundensatz des Beteiligten zu 1. richtet sich nach § 1 Abs. 1 BVormVG allein nach der beruflichen Qualifikation des Betreuers, die unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nach § 1836a BGB besteht und zu ermitteln ist. Es kommt nicht einmal darauf an, ob die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG maßgeblichen besonderen, für eine Betreuung nutzbaren Fähigkeiten im konkreten Betreuungsfall tatsächlich nutzbar waren, um eine Erhöhung des Vergütungssatzes zu bewirken (OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 551). Ferner wird dieser Stundensatz lediglich mit dem nach der Entscheidung des Landgerichts festgestellten Zeitaufwand vervielfältigt, um den dem Grunde nach ebenso bereits festgestellten Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers eines mittellosen Betreuten gegen die Staatskasse zu errechnen. Als Multiplikator hängt die Höhe des Stundensatzes nach § 1 Abs. 1 BVormVG mithin weder rechtlich noch denkgesetzlich mit anderen Teilen der landgerichtlichen Entscheidung zusammen (vgl. auch SchlHOLG, BtPrax 2001, 259; zustimmend Zimmermann, FamRZ 2002, 1382). Es erscheint deshalb unschädlich, dass die Höhe des Stundensatzes nur einer von zwei die Vergütungshöhe bestimmenden Faktoren ist. Auch begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass bei bindender Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auf die Höhe des Stundensatzes das Rechtsbeschwerdegericht bei entsprechender Fallgestaltung genötigt sein kann, die von den Vorinstanzen gewährte Vergütung noch zu erhöhen, obwohl es deren Entscheidung dem Grunde nach - etwa wegen fehlerhafter Bejahung der Mittellosigkeit des Betroffenen - für rechtsfehlerhaft hält. Denn die entsprechende Problematik besteht auch bei der Aufspaltung eines Zivilprozesses in Grund- und Betragsverfahren und wird mit der Regelung des § 304 ZPO vom Gesetzgeber in Kauf genommen.

Es ist auch unschädlich, dass der Beteiligte zu 1. die weitere Beschwerde nicht begründet hat. Was den Stundensatz für die in den Jahren 1999 und 2000 erbrachten Betreuerleistungen angeht, ergibt sich das Ziel seines Rechtmittels eindeutig aus seinem Vorbringen in der Vorinstanz, wonach er hierfür einen Vergütungssatz von 60 DM je Stunde erstrebt (vgl. Jansen, FGG, 2. Aufl., § 21 Rn.7). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 1. die vorinstanzliche Entscheidung nur in dem Umfang anfechten will, in dem das Rechtsmittel zugelassen worden ist.

In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde in vollem Umfang Erfolg. Dem Beteiligten zu 1. sind seine vom 1. Januar 1999 an erbrachten Leistungen als Berufsbetreuer mit einem Stundensatz von 60,-- DM gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG a. F. zu vergüten. Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Januar 2002 - 1 W 246/01 - (= BtPrax 2002,167) entschieden, dass der Beteiligte zu 1. die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt und durch das nach seiner Ausbildung zum Dipl.-Ing. für Elektrotechnik absolvierte Aufbaustudium zum Patentingenieur über besondere, für die Führung einer Betreuung nutzbare juristische Kenntnisse verfügt, die durch eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung erworben sind. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Senatsbeschluss, der beiden Beteiligten bekannt ist, verwiesen.

Dementsprechend ist der angefochtene Beschluss zu ändern und unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2. die weitere Vergütung des Beteiligten zu 1. nach §§ 1908i Abs.1, 1836 Abs.1 Satz 2 und Abs.2, 1836a BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG wie folgt festzusetzen:

1. Beschwerdeverfahren 87 T 126/00 gegen den Beschluss des AG Wedding vom 21.2.2000

Vergütung für den Zeitraum 23.6.98 - 31.12.98 (48,16 Stunden x 62,50 DM =) 3010,00 DM Vergütung für den Zeitraum 1.1.99 - 30.6.99 (38,66 Stunden x 60 DM =) 2.319,60 DM Auslagen 284,80 DM 16 % Mehrwertsteuer 898,30 DM insgesamt 6.512,70 DM abzgl. vom AG Wedding bereits festgesetzter 5.153,30 DM abzgl. vom Landgericht weiter festgesetzter 238,27 DM verbleibt 1.121,13 DM entspricht 573,22 EUR.

2. Beschwerdeverfahren 87 T 160/01 gegen Beschluss des AG Wedding vom 1.3.2001

Vergütung für den Zeitraum 1.7.99-30.6.00 (72,25 Stunden x 60 DM=) 4.335,00 DM Auslagen 222,57 DM 16 % Mehrwertsteuer 693,60 DM insgesamt 5.251,17 DM abzgl. vom AG Wedding bereits festgesetzter 3.994,02 DM verbleibt 1.257,15 DM entspricht 642,77 EUR.

Für eine Kostenerstattungsanordnung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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