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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.12.2005
Aktenzeichen: 1 W 454/05
Rechtsgebiete: RVG-VV, ZPO


Vorschriften:

RVG-VV Nr. 3104
RVG-VV Nr. 3105
ZPO § 344
Sind in einem Termin beide Parteien anwaltlich vertreten, entsteht eine Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104. Daran ändert sich grundsätzlich nichts, wenn eine Partei in dem Termin keinen Antrag stellt und gegen sie ein Versäumnisurteil ergeht. Werden dieser Partei in einem nachfolgenden Urteil die Kosten ihrer Säumnis auferlegt, so fällt die einmal entstandene Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3104 nicht darunter.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 454/05

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 29. August 2005 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 8. August 2005 - 24 O 559/04 - durch den Richter am Amtsgericht Müller am 13. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

In Abänderung des angefochtenen Beschlusses werden die von den Beklagten als Gesamtschuldner an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.690,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juli 2005 festgesetzt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen nach einem Beschwerdewert in Höhe von 267,26 EUR die Beklagten.

Gründe:

I.

Im Termin vom 1. Februar 2005 erklärte der Rechtsanwalt der Klägerin auf den Hinweis des Gerichts, dass Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage bestünden, keinen Antrag stellen zu wollen. Auf Antrag des Rechtsanwalts der Beklagten wurde die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Durch das am 6. Juli 2005 verkündete Urteil wurde der Klageforderung der Klägerin unter Aufhebung des Versäumnisurteils überwiegend stattgegeben. Die Kosten der Säumnis wurden der Klägerin auferlegt.

Mit Kostenausgleichungsantrag vom 25. Juli 2005 beantragten die Beklagten neben der Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr eine weitere 0,5 Terminsgebühr in Höhe von netto 230,40 EUR nach RVG-VV Nr. 3105. Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 8. August 2005 die von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Dabei hat sie die geltend gemachte 0,5 Terminsgebühr in Höhe von brutto 267,26 EUR mit der Begründung, dies seien Kosten der Säumnis, abgezogen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel vom 29. August 2005.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 Abs. 1 und 2 ZPO.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin von den der Klägerin zu erstattenden Kosten einen Abzug wegen entstandener Säumniskosten vorgenommen. Die von den Beklagten geltend gemachte 0,5 Terminsgebühr gemäß RVG-VV 3105 ist entgegen der Ansicht der Parteien nicht entstanden.

Nach § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit RVG-VV Nr. 3105 entsteht eine 0,5 Terminsgebühr für die Wahrnehmung eines Termins, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Diese Voraussetzungen wurden im Termin vom 1. Februar 2005 nicht erfüllt. Beide Parteien waren in dem von dem Landgericht gemäß § 272 Abs. 1 ZPO bestimmten Termin ordnungsgemäß durch ihre Rechtsanwälte vertreten. Darauf, dass der Rechtsanwalt der Klägerin keinen Antrag gestellt hat, kam es nicht an. Zwar ist die Partei als nicht erschienen anzusehen, die in dem Termin erscheint, aber nicht verhandelt, § 333 ZPO. Diese Vorschrift ist aber im Rahmen von RVG-VV 3105 gerade nicht anwendbar, RVG-VV 3105 Abs. 3. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass in Terminen, in denen trotz Erlass eines Versäumnisurteils verhandelt bzw. erörtert werden kann, weil die Parteien erschienen oder ordnungsgemäß vertreten sind, nicht nur die verminderte Terminsgebühr anfällt (BT-Drs. 15/1971, S. 212f.; Gerold/Schmidt/v.Eicken/Ma-dert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., VV 3105, Rdn. 8; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl., VV Teil 3 Abschnitt 3, Rdn. 61; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 330, Rdn. 10).

Durch die anwaltliche Vertretung im Termin vom 1. Februar 2005 ist somit eine 1,2 Terminsgebühr nach RVG-VV 3104 entstanden, vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 3 HS 1 zu RVG-VV Teil 3 (OLG Koblenz, MDR 2005, 897, 898). Diese Gebühr ist auch von der Rechtspflegerin festgesetzt worden. Um Kosten der Säumnis im Sinne des § 344 ZPO handelte es sich dabei allerdings nicht, weil nach den obigen Erläuterungen die Terminsgebühr unabhängig von dem nachfolgend erlassenen Versäumnisurteil bereits entstanden war. Der nachfolgende Einspruchstermin änderte hieran nichts, weil es sich insoweit um dieselbe Angelegenheit handelte. Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in diesem Fall nur einmal fordern, § 15 Abs. 2 S. 1 RVG (vgl. Riedel/Sußbauer, a.a.O., § 15, Rdn. 4; zur von der Klägerin angesprochenen Frage der Anrechnung einer tatsächlich entstandenen Terminsgebühr nach RVG-VV Nr. 3105 auf die im nachfolgenden Einspruchsverfahren entstandene Gebühr nach RVG-VV Nr. 3104 vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 344, Rdn. 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

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