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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 1 W 718/03
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
BRAGO § 52
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Verkehrsanwalts in der Berufungsinstanz kann nicht mit der Erwägung begründet werden, der Verkehrsanwalt sei in der ersten Instanz als Prozessbevollmächtigter der (auswärtigen) Partei tätig gewesen, und dies sei wegen der örtlichen Nähe zum Streitobjekt geboten gewesen. Das gilt auch dann, wenn der - inzwischen vor dem Berufungsgericht postulationsfähig gewordene - Verkehrsanwalt in der Berufungsinstanz mit eigenem Schriftsatz hervorgetreten ist, ohne sich als weiterer Prozessbevollmächtigter zu bestellen.

2. Die Verkehrsanwaltskosten für das Berufungsverfahren sind jedoch bis zur Höhe der ersparten Kosten einer Informationsreise der auswärtigen Partei zu ihrem Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig, soweit deren Notwendigkeit bejaht wird. In Fortentwicklung der Rechtsprechung des Senats (JurBüro 1983, 1401, bestätigt durch Beschluss vom 2.9.2003 - 1 W 443/02 -) ist dies jedenfalls dann zu bejahen, wenn die tatsächliche Grundlage des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz streitig bleibt und es geboten erscheint, zur Vorbereitung der Berufungserwiderung den gesamten Sachverhalt und Verfahrensablauf in einem persönlichen mündlichen Gespräch mit dem Anwalt zu erörtern. Es bleibt offen, ob für Neufälle nach dem 1.8.2002 (Postulationsfähigkeit des auswärtigen Anwalts vor dem Berufungsgericht) an dem Grundsatz festgehalten wird, dass ein persönliches Mandantengespräch zu Beginn der zweiten Instanz nur in Ausnahmefällen notwendig ist.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 718/03

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat - Einzelrichter - des Kammergerichts in Berlin auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 11.9.2003 am 17.3.2004 beschlossen:

Tenor:

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem inzwischen rechtskräftigen Urteil des Kammergerichts vom 30.6.2003 - 12 U 8/02 - von den Beklagten als Gesamtschuldnern an die Klägerin zu erstattenden Kosten über den bereits festgesetzten Betrag hinaus auf weitere 386,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.7.2003 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde nach einem Wert von 101,50 EUR zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 487,50 EUR haben die Klägerin zu 21 % und die Beklagten zu 79 % zu tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 16.6.1997 von den Beklagten deren in Bergheim bei Köln belegenes Einfamilienhausgrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für die Beseitigung von Mängeln geltend gemacht, die die Beklagten ihr beim Verkauf arglistig verschwiegen hätten. Nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Köln wurde die Klage gegen die inzwischen nach Berlin verzogenen Beklagten vor dem Landgericht Berlin erhoben. Die Klägerin ließ sich durch ihre Kölner Prozessbevollmächtigten vertreten, die der Berliner Sozietät ... und ... Untervollmacht erteilten. Im Termin vor dem Landgericht am 9.11.2001 waren Rechtsanwalt ... aus Berlin für die Kölner Rechtsanwälte Dr. ... u. a. und der Geschäftsführer der Klägerin anwesend.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Beklagten legten hiergegen unter dem 7.1.2002 Berufung ein und begründeten das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 7.2.2002 der den Klägervertretern am 7.3.2002 unter Fristsetzung zur Erwiderung binnen vier Monaten zugestellt wurde. Für die Klägerin und Berufungsbeklagte meldeten sich Rechtsanwälte ... und ... mit Schriftsatz vom 5.2.2002 und erwiderten mit Schriftsatz vom 17.6.2002 auf die Berufungsbegründung. Auf einen weiteren Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 21.5.2003 nahm die Klägerin mit einem Schriftsatz der Rechtsanwälte Dr. ... u.a. vom 11.6.2003 Stellung, zugleich zeigte Rechtsanwalt ... mit Schriftsatz vom 11.6.2003 an dass er das Verfahren "in hiesiger Kanzlei" fortführe. Im Termin am 30.6.2003, bei dem die Beklagten und der Geschäftsführer der Klägerin persönlich anwesend waren, vertrat Rechtsanwalt "für Rechtsanwälte Dr. ... u.a." die Klägerin. Die Berufung wurde auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 14.7.2003 hat die Klägerin beantragt, die durch ihre anwaltliche Vertretung in zweiter Instanz entstandenen Kosten gegen die Beklagten festzusetzen, darunter eine 13/10-Gebühr für die "Tätigkeit als Verkehrsanwalt §§ 52, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO", in Höhe von 487,50 EUR; die Klägerin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Das Landgericht hat die Verkehrsanwaltskosten abgesetzt, da diese Kosten in der Berufungsinstanz nur dann erstattungsfähig seien, wenn sich der Tatsachenvortrag gegenüber der ersten Instanz grundlegend geändert habe, was nicht der Fall sei. Hiergegen wendet sich das zulässige Rechtsmittel der Klägerin, das in erster Linie darauf gestützt wird, ihr sei ein Anwaltswechsel in zweiter Instanz nicht zuzumuten gewesen, nachdem sie sich in der ersten Instanz durch ihre Kölner Prozessbevollmächtigten habe vertreten lassen und es auch im Berufungsverfahren um die tatsächlichen Umstände anlässlich des Verkaufs des im Landgerichtsbezirk Köln belegenen Streitobjekts gegangen sei.

II.

Das Rechtsmittel ist nur zum Teil begründet. Zu Recht hat das Landgericht von den der Klägerin gemäß § 91 ZPO zu erstattenden notwendigen Kosten die geltend gemachte Gebühr für die Tätigkeit eines Verkehrsanwalts abgesetzt (1.). Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts war im Berufungsverfahren nicht notwendig (a.), diese Kosten sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der ersparten Kosten der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten oder Terminsvertreters zu erstatten (b.). Der Klägerin sind die für ihren Verkehrsanwalt in zweiter Instanz entstandenen Kosten jedoch unter dem Gesichtspunkt der ersparten eigenen Kosten einer Informationsreise ihres Geschäftsführers zur Kanzlei des Berliner Prozessbevollmächtigten zu erstatten (2. a.), die jedoch nicht nach § 28 BRAGO sondern gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 9, 10 ZSEG zu berechnen sind (2. b.).

1. Die Klägerin konnte sich vor der am 1.8.2002 eingetretenen Rechtsänderung im Berufungsverfahren vor dem Kammergericht durch ihre Prozessbevollmächtigten erster Instanz, die Kölner Rechtsanwälte Dr. ... u.a., nicht vertreten lassen. Dementsprechend bestellten sich die Unterbevollmächtigten erster Instanz, die Berliner-Anwaltssozietät ... und ... der auch Rechtsanwalt ... angehörte, nunmehr als Prozessbevollmächtigte für das zweitinstanzliche Verfahren und die bisherigen Prozessbevollmächtigten wurden als Verkehrsanwälte tätig. Die Gebühr, die ihnen hierfür nach § 52 BRAGO erwachsen sei, machen die Rechtsanwälte Dr. ... u.a., insoweit als Verfahrensbevollmächtigte im Kostenfestsetzungsverfahren, für die Klägerin als Erstattungsforderung geltend.

Allerdings sind die inzwischen vor dem Kammergericht postulationsfähigen Rechtsanwälte Dr. ... u.a. mit dem Schriftsatz vom 11.6.2003 unmittelbar gegenüber dem Berufungsgericht in Erscheinung getreten und hat Rechtsanwalt ... im Berufungstermin zu Protokoll nehmen lassen, dass er als Unterbevollmächtigter für die Kölner Rechtsanwälte auftrete. Rechtsanwalt ... und damit aber keine Gebühren als Verkehrsanwalt erwachsen. Seine Gebühr als Unterbevollmächtigter oder Terminsvertreter gemäß § 53 BRAGO wird nicht ausdrücklich geltend gemacht. Die geltend gemachte 13/10-Verhandlungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO wäre allerdings gemäß § 53 BRAGO in der Person des Unterbevollmächtigten entstanden, während der übertragende Prozessbevollmächtigte daneben noch nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BRAGO eine 13/20-Verhandlungsgebühr erhielte. Eine solche Gebühr wird jedoch nicht zur Kostenfestsetzung geltend gemacht, woraus zu schließen ist, dass Rechtsanwalt ... entgegen dem Protokoll vom 30.6.2003 - alleiniger - Prozessbevollmächtigter im Berufungsverfahren blieb und die Kölner Rechtsanwälte entgegen ihrem Schriftsatz vom 11.6.2003 in der zweiten Instanz nicht als - weitere - Prozessbevollmächtigte tätig geworden sind. Dementsprechend ist das Rubrum des Berufungsurteils vom 30.6.2003, in dem lediglich Rechtsanwalt ... als Prozessbevollmächtigter aufgeführt wird, auch nicht berichtigt worden.

Auf die Frage, inwieweit bei einem durch den Erwerb der Postulationsfähigkeit bedingten Anwaltswechsel in zweiter Instanz Mehrkosten gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO zu erstatten sind, kommt es nicht an, da solche Kosten - wie dargelegt - nicht geltend gemacht werden.

a. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind die Kosten eines Verkehrsanwalts gemäß § 52 BRAGO, die zusätzlich zu den nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu erstattenden Kosten des Prozessbevollmächtigten entstehen, nur zu erstatten, wenn die Einschaltung des Verkehrsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (JurBüro 1983, 1401; unveröffentlichter Beschluss vom 2.3.2004 - 1 W 5918/98 -; siehe auch OLG München, JurBüro 1991, 554 f.) ist das nur der Fall, wenn die Informationserteilung an den Prozessbevollmächtigten nicht unmittelbar durch die Partei erfolgen kann, weil dies der Partei nicht zumutbar ist oder sie zur sachgemäßen Informationserteilung - anders als der Verkehrsanwalt - nicht in der Lage ist. Eine solche Fallgestaltung ist hier ersichtlich nicht gegeben. Die Klägerin beruft sich für die Notwendigkeit der Einschaltunq ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten als Verkehrsanwälte in der zweiten Instanz darauf, dass diese mit dem gesamten Sachverhalt einschließlich der im selbständigen Beweisverfahren im Landgerichtsbezirk Köln getroffenen Feststellungen sowie dem von ihnen geführten erstinstanzlichen Verfahren vertraut gewesen seien, so dass sich die aufwendige Information des Berliner Kollegen zwecks Fertigung der Berufungserwiderung erübrigt habe. Das trifft zwar zu, begründet aber nicht die Notwendigkeit der Beauftragung als Verkehrsanwälte. Die von der Klägerin herausgestellten Umstände rechtfertigten es ohne Weiteres, die am Sitz der Klägerin ebenfalls kanzleiansässigen Rechtsanwälte Dr. ... u.a. als Prozessbevollmächtigte für den in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin zu führenden Rechtsstreit zu beauftragen mit der Folge, dass die Kosten einer Terminswahrnehmung durch den auswärtigen Anwalt (§ 28 BRAGO), und demgemäß in Höhe dieser ersparten Kosten auch die Mehrkosten der Beauftragung eines Unterbevollmächtigten oder Terminsvertreters (§ 53 BRAGO unter Berücksichtigung der Gebührenminderung des Hauptbevollmächtigten nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BRAGO) nach § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz ZPO erstattungsfähig sind (vgl. im Einzelnen BGH NJW 2003, 898). In der zweiten Instanz kam dies nach der damaligen Rechtslage allerdings nicht in Betracht, da die Kölner Rechtsanwälte vor dem Berufungsgericht in Berlin nicht postulationsfähig waren. Die Berliner Rechtsanwälte waren über den in erster Instanz verhandelten Sachverhalt aber schon deswegen vollumfänglich informiert, weil sie im Termin vor dem Landgericht als Unterbevollmächtigte aufgetreten waren. Die Tätigkeit des Verkehrsanwalts konnte in der zweiten Instanz also nur in dem Umfange notwendig werden, wie auf neuen Vortrag der Gegenseite auf der Grundlage neuer oder ergänzender Informationen der Mandantschaft erwidert werden musste.

Diese Informationen konnte die Klägerin aber auch dem Berliner Prozessbevollmächtigten unmittelbar erteilen, so dass es der Einschaltung eines Verkehrsanwalts hierzu nicht bedurfte.

b. Allerdings waren die Kölner Rechtsanwälte ausweislich ihres Briefkopfes im Schriftsatz vom 11.6.2003 an allen Oberlandesgerichten postulationsfähig und konnten dies nach der geänderten Rechtslage ab 1.8.2002 auch sein. Mit Rücksicht auf diese neue Rechtslage folgt der Senat der - vorstehend zu a. für die Beauftragung des Wohnsitzanwaltes der auswärtigen Partei in erster Instanz wiedergegebenen Rechtsprechung auch für den Fall, dass die auswärtige Partei ihren Anwalt in der zweiten Instanz als Prozessbevollmächtigten behält. Im vorliegenden Verfahren konnten die Rechtsanwälte Dr. ... u.a. demnach in der Berufungsverhandlung am 30.6.2003 als Prozessbevollmächtigte auftreten oder Rechtsanwalt ... mit der Wahrnehmung des Termins in Untervollmacht beauftragen mit der Folge, dass die dadurch entstandenen Mehrkosten in Höhe der ersparten Kosten der Terminswahrnehmung durch einen Kölner Anwalt zu erstatten wären.

Das führt nach Auffassung des Senats aber nicht dazu, dass auch die Kosten des Verkehrsanwalts in Höhe dieser Kostenersparnis zu erstatten sind. Dafür spricht zwar, dass die beteiligten Rechtsanwälte funktional in einer Weise tätig geworden sind, die die Erstattung rechtfertigen würde. Dies kann aber aus folgendem Grunde nicht ausschlaggebend sein: Wie oben ausgeführt, werden die Kosten einer Tätigkeit des Rechtsanwalts ... als Unterbevollmächtigter in zweiter Instanz nicht geltend gemacht. Die Frage der Erstattungsfähigkeit von durch diese Tätigkeit ersparten Kosten stellt sich daher nicht. Zwar kann - wie unter 2. ausgeführt wird - der Gesichtspunkt ersparter Reisekosten auch die (teilweise) Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Verkehrsanwalts begründen, dessen Einschaltung an sich nicht notwendig war. Dabei handelt es sich um Kosten der Partei zur Führung eines Informationsgesprächs, die mit denen des Anwalts zur Wahrnehmung des Termins nicht austauschbar sind. Denn die Notwendigkeit dieser Kosten richtet sich nach unterschiedlichen Zeitpunkten und Grundsätzen: Die Wahrnehmung eines Termins durch den Anwalt ist für jeden Termin notwendig, der vom Gericht anberaumt wird. Die Informationserteilung durch die Partei und dementsprechend eine dazu erforderliche Reise können jeweils dann geboten sein, wenn nach dem Prozessverlauf eine anwaltliche Stellungnahme auf Grund neu einzuholender Informationen der Partei erforderlich wird, im vorliegenden Fall also vor Ablauf der Frist zur Berufungserwiderung und jedenfalls vor Anberaumung des gerichtlichen Termins. Auch für die Höhe der Erstattungsfähigkeit gelten unterschiedliche Grundsätze, im einen Fall nach § 28 BRAGO, im anderen Fall nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. mit dem ZSEG.

2. Wie bereits erwähnt, sind die Kosten der - nicht notwendigen - Einschaltung eines Verkehrsanwalts nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Höhe der durch sie ersparten, notwendigen und nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO erstattungsfähigen Reisekosten der Partei erstattungsfähig (ständige Rspr. des Senats, a.a.O.). Notwendig sind diese Reisekosten, soweit ein persönliches Informationsgespräch der Partei mit ihrem Prozessbevollmächtigten zur Vorbereitung dessen anwaltlicher Stellungnahme geboten erscheint.

Für das Berufungsverfahren gilt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz, dass ein solches Informationsgespräch nur dann erforderlich ist, wenn sich die tatsächliche Grundlage des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz gegenüber der ersten Instanz wesentlich geändert hat (s. die vom Landgericht zitierten Entscheidungen). Es kann dahingestellt bleiben, ob an dem in diesem Grundsatz formulierten Regel-Ausnahmeverhältnis festgehalten werden kann, was zweifelhaft erscheint. Denn wenn es im Regelfall als sachgerecht und damit notwendig anerkannt wird, dass die auswärtige Partei sich in zweiter Instanz von demselben (Wohnsitz-) Anwalt vertreten lässt, der sie in der ersten Instanz vertreten hat, muss es auch als Regelfall gelten können, dass die Partei zu Beginn der zweiten Instanz erneut ein persönliches Gespräch mit ihrem Anwalt führt, und zwar unabhängig davon, ob sich die tatsächliche Grundlage des Rechtsstreits wesentlich geändert hat. Hinzu kommt, dass das seit dem 1.1.2002 geltende ZPO-Reformgesetz es nur noch in äußerst eingeschränktem Umfang zulässt, den Rechtsstreit in der zweiten Instanz auf eine neue tatsächliche Grundlage zu stellen (§ 529 Abs. 1 ZPO n. F. im Gegensatz zu § 525 ZPO a.F.). Der Berufungsführer muss dazu darlegen, dass das angefochtene Urteil auf einer fehlerhaften tatsächlichen Grundlage beruht (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, 531 Abs. 2 ZPO n. F.). Würde man an den bisherigen Anforderungen an die Notwendigkeit eines erneuten Mandantengesprächs festhalten, obläge dem Rechtspfleger vielfach die dem Kostenfestsetzungsverfahren fremde Prüfung, ob die Berufung - zulässigerweise - auf neues Vorbringen gestützt wurde oder sich in der Erörterung des bisherigen Streitstoffs und Verfahrensrügen erschöpfte. Der Senat neigt daher zu der Auffassung, die Notwendigkeit eines erneuten Mandantengesprächs zu Beginn der zweiten Instanz im Regelfall zu bejahen und etwa für den Fall eine Ausnahme zu machen, dass bei unveränderter tatsächlicher Grundlage lediglich über die Rechtsanwendung oder Beweiswürdigung des Landgerichts gestritten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 2.9.2003 -1 W 443/02 -, veröffentlicht in Juris).

Im vorliegenden Verfahren galt für die Berufung gegen das am 30.11.2001 verkündete Urteil des Landgerichts zwar noch das alte Berufungsrecht (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Die Berufung der Beklagten war aber in ähnlicher Weise, wie das für die Berufung nach neuem Recht die Regel ist, auf Verfahrensverstöße des Landgerichts bei der Feststellung des Sachverhalts, insbesondere die Nichtberücksichtigung streitigen Vortrags der Beklagten bei der Beweiswürdigung, gestützt. In einem solchen Fall war es sachgerecht, zur Vorbereitung der Berufungserwiderung den gesamten Sachverhalt und Verfahrensablauf nochmals in einem persönlichen Gespräch der Partei mit dem Anwalt zu erörtern. Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht das persönliche Erscheinen der Beklagten angeordnet hatte. Hauptangriffspunkt der Berufung war in tatsächlicher Hinsicht, dass die Beklagten eine arglistige Täuschung der Klägerin in Abrede stellten, da sie den Geschäftsführer der Klägerin umfassend auf die vorhandenen Schäden hingewiesen hätten. Für den Geschäftsführer der Klägerin musste es daher geboten erscheinen, den Termin vor dem Kammergericht ebenfalls wahrzunehmen und im Hinblick auf die zu erwartende persönliche Anhörung durch das Gericht den Sachverhalt und die gegnerische Sachdarstellung vor der Erwiderung nochmals mit dem Anwalt durchzusprechen.

Da für die Notwendigkeit des Informationsgesprächs auf den Zeitpunkt der Berufungserwiderung abzustellen ist, kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass ihr Geschäftsführer zum Termin am 30.6.2003 nach Berlin angereist ist. Die Kosten dieser Reise werden nicht geltend gemacht und haben außer Betracht zu bleiben.

b. Für die Schätzung der Höhe der Informationsreisekosten des Geschäftsführers der Klägerin ist zunächst von der im Schriftsatz vom 5.2.2004 vorgelegten Berechnung auszugehen. Danach wäre die Anreise mit dem Pkw bei einer Fahrstrecke von ca. 600 km erfolgt. Da die Partei in § 91 Abs. 2, Satz 2, 2. Halbsatz ZPO dem Zeugen gleichgestellt wird, kommt nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 ZSEG nur der dem Zeugen zustehende geringere km-Satz von 0,21 EUR zur Anwendung. Die Aufwandsentschädigung nach § 10 Abs. 1 ZSEG umfasst nach der Rechtsprechung des Senats das Tagegeld (§ 10 Abs. 2 Satz 1 ZSEG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 b EStG) und ggf. Übernachtungskosten (§ 10 Abs. 3 Satz 2 ZSEG), nicht jedoch die Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 2 Abs. 2 ZSEG (s. Senat, JurBüro 1984, 760). Nicht zu entschädigen sind Zehrkosten nach § 10 Abs. 3 ZSEG, da dies einen Termin am Aufenthaltsort voraussetzt.

Bei der Anreise mit dem Pkw und geschätzter Fahrzeit von 6 Stunden ergeben sich fiktive Kosten wie folgt:

2 x 600 km à 0,21 EUR/km 252,00 EUR Tagegeld 2 x 12,00 EUR 24,00 EUR Übernachtungskosten 110,00 EUR insgesamt 386,00 EUR.

Im Rahmen der Schätzung der fiktiven Reisekosten kann die Klägerin nicht - wie die Beklagten geltend machen - gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 ZSEG auf die Benutzung des preisgünstigeren ICE verwiesen werden. Im Hinblick auf die Abhängigkeit vom Fahrplan des ICE kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Benutzung des zeitlich ungebundenen Pkw "wegen besonderer Umstände" (§ 9 Abs. 1 Satz 2 ZSEG) notwendig geworden wäre, um einen mit dem Berliner Anwalt zu vereinbarenden Besprechungstermin wahrzunehmen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

2. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO - nach Übertragung auf den Senat, § 568 Satz 2 ZPO - kam nicht in Betracht, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die vorliegende Fallgestaltung auch keine Fortbildung des Rechts erfordert.

Ende der Entscheidung

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