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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.06.2009
Aktenzeichen: 1 W 77/09
Rechtsgebiete: RVG, RVG-VV


Vorschriften:

RVG § 7 Abs. 1
RVG § 15 Abs. 2
RVG-VV Nr. 1008
1. Die Kosten eines Beteiligten im selbstständigen Beweisverfahren sind aufgrund der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens als Kosten des Rechtsstreits auch dann festzusetzen, wenn im Rechtsstreit auf Seiten des Beteiligten weitere Streitgenossen hinzugetreten sind.

2. Werden die Streitgenossen im Rechtsstreit von demselben Anwalt vertreten, so ist die im selbstständigen Beweisverfahren für nur einen Streitgenossen entstandene Verfahrensgebühr gleichwohl auf die für die gemeinsame Vertretung entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen; diese wird im Umfang der Gleichheit des Gegenstandes nach RVG-VV Nr. 1008 erhöht.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 77/09

In dem Rechtsstreit

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts - Einzelrichter - hat auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 21. Januar 2009 - 20 O 459/07 - am 5. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als nach dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 23.9.2008 von den Klägern an die Beklagte zu 1) zu erstattende Kosten weitere 2.006,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 293,34 EUR seit dem 24.10.2008 und aus 1.713,60 EUR seit dem 11.12.2008 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 1) als Antragsgegnerin ein selbstständiges Beweisverfahren (im folgenden: OH-Verfahren) betrieben und alsdann die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner auf Zahlung in Anspruch genommen. Die Klage wurde abgewiesen, die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die von einem gemeinsamen Anwalt vertretenen Beklagten zu 1) und 3) haben die Festsetzung der im Hauptsacheverfahren entstandenen, die Beklagte zu 1) der ihr im OH-Verfahren entstandenen Kosten beantragt. Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung der Kosten des OH-Verfahrens abgelehnt. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1). Sie ist der Auffassung, die Festsetzung der im OH-Verfahren entstandenen Verfahrensgebühr habe zur Folge, dass die im Hauptsacheverfahren entstandene Verfahrensgebühr lediglich zu Gunsten der Beklagten zu 3) - ohne Erhöhung nach RVG VV 1008 - festzusetzen sei.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat zum größeren Teil Erfolg. Zu Recht wendet sich die Beklagte zu 1) gegen die Absetzung der ihr im OH-Verfahren entstandenen Kosten. Die Verfahrensgebühr ist für die Beklagten zu 1) und 3) jedoch zutreffend nur einmal mit der Erhöhung nach RVG VV 1008 festgesetzt worden.

1. Zu den nach der Kostenentscheidung zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits gehören auch die Kosten des denselben Gegenstand betreffenden OH-Verfahrens. Das entspricht allgemeiner Meinung und folgt aus der Regelung des § 494 a ZPO (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hart-mann, ZPO 67. Aufl., § 91 Rn. 15; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 18. Aufl., Anh. III Rn. 64, 66). Dass die Beklagte zu 3) am OH-Verfahren nicht beteiligt war, ändert nichts an der Identität des Gegenstandes mit demjenigen des Hauptsacheverfahrens, soweit es die Beklagte zu 1) betraf. Dieser sind daher die im OH-Verfahren entstandenen Kosten - unter Beachtung der Anrechnung nach Vorbem. 3 (5) VV RVG - zu erstatten. Da es sich bei der Vertretung in beiden Verfahren um zwei Angelegenheiten handelt (Müller-Rabe a.a.O. Rn. 1, 21), gilt im Übrigen § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG. Für die Beklagte zu 1) sind daher noch die - nicht anzurechnende - Terminsgebühr VV 3104, Vorbem. 3 (3), die Postpauschale VV 7002 sowie Gerichtskosten des OH-Verfahrens in unstreitiger Höhe von 269,54 EUR festzusetzen.

2. Die Festsetzung des Landgerichts erweist sich jedoch insoweit als zutreffend, als lediglich eine Verfahrensgebühr VV 3100 mit Erhöhung nach VV 1008 zu Gunsten beider Beklagten festzusetzen war. Dies folgt aus § 7 Abs. 1 RVG. Die Beklagte zu 1) kann aus der Anrechnung nach Vorbem. 3 (5) VV nicht herleiten, die im OH-Verfahren entstandene Gebühr sei an Stelle der im Hauptsacheverfahren entstandenen Verfahrensgebühr festzusetzen. Denn für die Festsetzung der Verfahrensgebühr gilt die Kostenregelung für das Streitverfahren (Müller-Rabe a.a.O. Rn. 110), aus der Anrechnung folgt lediglich, dass der Beklagte zu 1) insoweit aus der anwaltlichen Vertretung im OH-Verfahren keine zusätzlichen, von den Klägern zu erstattenden Kosten entstanden sind.

Die Voraussetzungen der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach VV 1008 liegen vor, da die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verklagt wurden. Da die Beklagte zu 3) nicht Antragsgegnerin im OH-Verfahren war, bleibt die Erhöhung trotz Anrechnung auf die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren bestehen (vgl. Müller-Rabe a.a.O., VV 1008 Rn. 261 Beispiel 1).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

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