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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.05.2005
Aktenzeichen: 1 W 88/05
Rechtsgebiete: PStG, BGB


Vorschriften:

PStG § 20
PStG § 29
BGB § 1598
1. Für die Wirksamkeit des in öffentlicher Urkunde abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses ist es ohne Bedeutung, ob sich der Erklärende durch gültiges Personaldokument ausweisen konnte.

2. Hat der Standesbeamte die Identität des als Vater Einzutragenden im Rahmen der ihm obliegenden Identitätsprüfung festgestellt, so kann er die Eintragung nicht mit der Begründung verweigern, dass bei Abgabe der vom Jugendamt beurkundeten Vaterschaftsanerkennung ein gültiges Personaldokument als Identitätsnachweis des Anerkennenden nicht vorgelegen habe.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 88/05

In dem Personenstandsverfahren

betreffend die Ablehnung einer Amtshandlung durch den Standesbeamten des Standesamts Spandau von Berlin zum Geburteneintrag Nr. XXX/2002

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4) vom 4. März 2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. Februar 2005 am 24. Mai 2005 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000,- EUR zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Der Beteiligte zu 1) hat durch Erklärungen vom 21. Februar 2002 gegenüber dem Bezirksamt nnnnnnnnn und vom 20. Januar 2003 gegenüber dem Landratsamt nnnn nnnnnn anerkannt, Vater des Beteiligten zu 3) zu sein. Er verlangt die Beischreibung eines entsprechenden Randvermerks im Geburtenbuch des Standesamtes nnnn von Berlin.

Der Standesbeamte hat dies mit der Begründung abgelehnt, die Identität des Beteiligten zu 1) sei nicht hinreichend nachgewiesen. Auf Antrag des Beteiligten zu 1) hat das Amtsgericht nnnnnn den Standesbeamten mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 zur Eintragung angewiesen. Das Landgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4) mit Beschluss vom 17. Februar 2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4).

B.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 45 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 2 PStG i.V.m. §§ 22, 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG zulässig. Sie ist jedoch erfolglos, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 FGG.

I. Das Landgericht hat unter anderem zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Das Amtsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1) am 21. Februar 2002 wirksam anerkannt habe, Vater des Beteiligten zu 3) zu sein. An der Identität des Beteiligten zu 1) sowie daran, dass er die Vaterschaftserklärung vom 21. Februar 2002 abgegeben habe, gebe es keine Zweifel. Er habe nunmehr einen gültigen Reisepass vorgelegt. Die zuvor vorgelegte Geburtsurkunde Nr. nnnnnn sei zwar nicht durch die deutsche Botschaft in nnn verifiziert worden; die darin enthaltenen Personalien würden jedoch durch das in Kopie und Übersetzung vorgelegte Familienbuch Nr. nn bestätigt. Die von der Botschaft aufgezeigten Unstimmigkeiten reichten nicht aus, um die so gewonnene Gewissheit über die Identität in Zweifel zu ziehen. Ein Bedürfnis, auf die Vaterschaftsanerkennung vom 20. Januar 2003 abzustellen, bestehe nicht, da bei dieser Erklärungen keine anderen Urkunden vorgelegt oder nachgereicht worden seien als bei der Erklärung vom 21. Februar 2002.

II. Dies hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

1) Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen (Darlegungen auf Seite 5f. des angefochtenen Beschlusses).

Nach § 20 PStG ist der Standesbeamte gehalten, die Angaben über eine zu beurkundende Geburt nachzuprüfen, wenn Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit bestehen. Dies gilt auch im Fall eines nach § 29 Abs. 1 PStG bei Anerkennung der Vaterschaft nach Geburt beizuschreibenden Randvermerkes. § 25 Satz 1 Nr. 2 PStV konkretisiert diese Prüfungspflicht: Der Standesbeamte soll - bei wirksamer Vaterschaftsanerkennung - verlangen, dass ihm die Geburtsurkunde des Vaters vorgelegt wird. Nach Satz 3 kann er die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, soweit dies zum Nachweis von Angaben erforderlich ist (vgl. BayObLG, StAZ 2004, 110; StAZ 2005, 45).

2) Diese Grundsätze hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angewendet.

Die Identitätsprüfung stellt eine im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur auf Rechtsfehler überprüfbare Tatsachenwürdigung dar (vgl. BayObLG, StAZ 2004, 111). Solche Rechtsfehler (etwa unzureichende Erforschung des Sachverhalts, Verletzung von Vorschriften über die Beweisaufnahme oder sonstiger Verfahrensvorschriften oder fehlerhafte Tatsachenwürdigung) liegen hier nicht vor; die Beteiligte zu 4) hat in der Beschwerdebegründung denn auch davon Abstand genommen, solche Fehler zu rügen.

3) Der Einwand der Beteiligten zu 4), das Vaterschaftsanerkenntnis vom 21. Februar 2002 sei im Hinblick auf die Grundsätze aus dem Beschluss des Landgerichts vom 1. Oktober 2003 - 84 T 371/03 - (StAZ 2004, 202) formunwirksam, weil der Beteiligte zu 1) sich vor dem Bezirksamt nnnnnnnnn - anders als bei dem späteren Anerkenntnis vor dem Landratsamt nnn - nicht mittels eines Identitätspapieres habe ausweisen können, verhilft der weiteren Beschwerde nicht zum Erfolg.

a) Die Prüfungspflicht des Standesbeamten nach § 20 PStG bezieht sich bei einer Vaterschaftsanerkennung - wie dargestellt - zunächst auf die Identität der Person, die die Vaterschaft anerkannt hat. Bezüglich der Anerkennungserklärung selbst, die gegenüber einer anderen Behörde abgegeben worden ist, ist die Nachprüfung nach dem Gesetz beschränkt. Nach §§ 1592 Nr. 2, 1594, 1595, 1597 und 1598 Abs. 1 BGB genügt für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung eine entsprechende Erklärung des Mannes, eine Zustimmungserklärung der Mutter und die öffentliche Beurkundung beider Erklärungen. Fehlen diese Voraussetzungen, ist die Erklärung ohne weiteres unwirksam (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearb. 2004, § 1598 BGB, Rn. 5 ff.). Liegen sie jedoch vor, ist die Anerkennung wirksam und nur in einem besonderen gerichtlichen Anfechtungsverfahren angreifbar. Die rechtspolitisch erwünschte Klarstellung des Status soll dadurch erreicht werden, dass die Vaterschaftsanerkennung den allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen entzogen wird (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Auflage 2005, § 1598 BGB, Rn. 1). Außerhalb einer Anfechtungsklage sind daher andere Mängel der Vaterschaftsanerkennung nicht zu berücksichtigen, auch nicht im Personenstandsverfahren vor dem Standesamt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 11. Dezember 2001 - 1 W 193/01 - , Seite 5). Dies gilt auch für die Identitätsfeststellung bei Abgabe der Anerkennungserklärung. Unvollständigkeiten insoweit führen nicht zur Unwirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung (vgl. Staudinger/Rauscher, a.a.O., § 1597 BGB, Rn. 14).

Insbesondere ist auch die Formwirksamkeit der öffentlichen Beurkundung nicht davon abhängig, dass der Erklärende seine Identität durch Vorlage eines gültigen Personaldokuments nachweist. Nach § 1 Abs. 2 BeurkG gelten die Vorschriften des BeurkG für die vom Jugendamt innerhalb seiner Zuständigkeit gemäß § 59 SGB VIII vorgenommenen Beurkundungen entsprechend. Die Art der Identitätsfeststellung ist nach § 10 BeurkG dem Ermessen der Urkundsbehörden überlassen; die Beweiskraft der öffentlichen Urkunde gemäß § 415 ZPO bezieht sich dann auf die in der Urkunde angegebene Identitätsfeststellung (vgl. Jansen, FGG, 3. Band, BeurkG § 10, Rn. 6 und 9).

b) Der entgegenstehenden Auffassung der Beteiligten zu 4), die sich auf den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 1. Oktober 2003 - 84 T 371/03 (StAZ 2004, 202) beruft, kann nicht gefolgt werden. Das Landgericht hat in diesem Beschluss, der in einem Prozesskostenhilfeverfahren ergangen ist, unter anderem ausgeführt, eine am 14. März 2002 vor dem Jugendamt mit Zustimmung der Mutter abgegebene Vaterschaftsanerkennung sei unwirksam, weil der in diesem Zusammenhang vorgelegte Pass des Mannes - anders als vom Jugendamt vermerkt - schon am 31. Dezember 2001 abgelaufen sei; die Ausstellung eines gültigen Reisepasses am 16. Mai 2003 legitimiere den Mann erst ab diesem Zeitpunkt und heile den Mangel der Erklärung vom 14. März 2002 nicht. Soweit diesen Ausführungen die Auffassung zugrunde liegt, der Standesbeamte sei - über die Identitätsprüfung hinaus - auch zu einer eigenständigen und über die dargestellten Wirksamkeitsvoraussetzungen hinausgehenden Prüfung der Vaterschaftsanerkennung befugt, wird verkannt, dass § 1598 Abs. 1 BGB eine solche Prüfung nicht zulässt.

c) Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht allerdings - den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts folgend (dort Seite 2) - die Vaterschaftsanerkennung vom 21. Februar 2002 zu Recht als formwirksam angesehen. Auf die mit der weiteren Beschwerde beanstandete Erwägung des Landgerichts, bei der erneuten Anerkennung vom 20. Januar 2003 habe der Beteiligte zu 1) keine anderen Urkunden vorgelegt (was für den erst am 28. März 2002 ausgestellten Pass nicht zutrifft), kommt es für die Entscheidung nicht an.

III. Eine Entscheidung im Kostenpunkt ist nicht veranlasst. Der Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.



Ende der Entscheidung

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