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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.04.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 309/07
Rechtsgebiete: RVG, VV RVG


Vorschriften:

RVG § 2 Abs. 2 Anl. 1
VV RVG Nr. 4142
Tätigkeiten des Verteidigers, die sich gegen vermögenssichernde Maßnahmen im Rahmen einer Rückgewinnungshilfe wenden, lösen keinen Gebührenanspruch nach Nr. 4142 VV RVG aus.
KAMMERGERICHT Beschluss

1 Ws 309/07 1 Ws 310/07

In der Strafsache

wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 15. April 2008 beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerden der Verteidiger, Rechtsanwalt xxx, und Rechtsanwalt xxx, gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 2007 werden verworfen.

2. Das Verfahren über die Beschwerden ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Das Landgericht Berlin hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht auf Festsetzung des für die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG maßgeblichen Gegenstandswerts als unzulässig zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Verteidiger des teilweise rechtskräftig freigesprochenen Angeklagten haben keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine gerichtliche Festsetzung des Gegenstandswerts nicht vorliegen, weil eine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG nicht entstanden ist.

Ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 13. Mai 2005 diente der dingliche Arrest der Rückgewinnungshilfe zugunsten des Steuerfiskus. Dasselbe gilt für die in seiner Vollziehung getroffenen Pfändungen.

Soweit ein Angeklagter Vorteile aus der von ihm begangenen Steuerhinterziehung erlangt hat, ist der Steuerfiskus Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und der Verfall ausgeschlossen (vgl. BGH Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - 5 StR 87/97 -, vom 5. Mai 2004 - 5 StR 139/03 - und vom 15. Januar 2003 - 5 StR 362/02 -; Fischer, StGB 55. Aufl., § 73 Rdn. 22).

Der sachliche Anwendungsbereich des Gebührentatbestands der Nr. 4142 VV RVG umfasst lediglich die Tätigkeit des Verteidigers, die sich auf die Einziehung, dieser in § 442 StPO gleichgestellten Rechtsfolgen (Verfall, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustands), der Abführung des Mehrerlöses oder eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht. Da das RVG die zu vergütenden Tätigkeiten enumerativ aufzählt, kommt eine entsprechende Anwendung nicht in Betracht. Dies ist auch sachgerecht, weil entscheidend für die Anwendung der Nr. 4142 VV RVG ist, ob es sich um eine Maßnahme handelt, die darauf gerichtet ist, dem Betroffenen den Gegenstand endgültig zu entziehen und dadurch einen endgültigen Vermögensverlust bewirken soll (vgl. OLG Köln Beschluss vom 22. November 2006 - 2 Ws 614/06 -; LG Chemnitz, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 310 Js 844/07 -). Nur eine auf diese Maßnahmen bezogene Tätigkeit des Verteidigers verdient eine gesonderte Honorierung. Strafgerichtliche Entscheidungen, welche der Rückgewinnungshilfe dienen, führen hingegen bei dem Beschuldigten noch nicht zu einem Vermögensverlust. Darüber ist vielmehr außerhalb des Strafverfahrens nach Maßgabe des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses und des dafür vorgesehenen Verfahrensrechts zu befinden. Deshalb bedarf es insoweit auch keiner Vergütung im Strafverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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