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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.12.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 358/08
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 11 Abs. 1 Satz 2
JVEG § 11 Abs. 1
Zum Zeilensatz gemäß § 11 Abs. 1 JVEG für die Übersetzung einer Anklage:

Der Zeilensatz von 1,85 EUR gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG kommt nicht schon dann in Betracht, wenn in dem Text überhaupt Fachbegriffe benutzt werden oder nur gebräuchliche und häufig verwendete juristische Begriffe zu übersetzen sind, die dem durchschnittlich erfahrenen Übersetzer, der beide Sprachen professionell beherrscht, keine erheblichen Schwierigkeiten bereiten. Die Anwendung des Erhöhungstatbestands setzt voraus, daß die Übersetzung des schriftlichen Textes in dessen Gesamtheit nach Art und Umfang der verwendeten Fachterminologie zu einer erheblichen Erschwerung geführt hat.


KAMMERGERICHT Beschluss

1 AR 1428/08 - 1 Ws 358/08

In der Strafsache gegen

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 19. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. August 2008 dahingehend abgeändert, dass die Vergütung des Übersetzers A. auf 2.368,10 EUR festgesetzt wird.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Das Landgericht Berlin hat mit Beschluss vom 21. August 2008 das Honorar des Übersetzers A. für die Fertigung der Übersetzung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 15. Mai 2008 auf insgesamt 3.504,79 EUR festgesetzt, wobei die Kammer gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG von einem Honoraranspruch von 1,85 EUR für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes ausgegangen ist. Die gegen den Beschluss des Landgerichts eingelegte Beschwerde der Bezirksrevisorin, mit der sie die Festsetzung eines Honorars von 1,25 EUR für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes (§ 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG) erreichen will, hat Erfolg.

Die Übersetzung der Anklageschrift kann nicht als "erheblich erschwert" im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 JVEG bewertet werden. Die Verwendung von juristischen Fachausdrücken kann zwar den Erhöhungstatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG auslösen, die gebotene Auslegung der Vorschrift ergibt jedoch, dass eine Erhöhung des Honorarsatzes nicht bereits gewollt ist, wenn solche überhaupt benutzt werden (vgl. OLG München in DS 2005, 275). Erforderlich ist vielmehr, dass die Verwendung dieser Begriffe zu einer erheblichen Erschwerung der Übersetzung führen. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn eine richtige Übersetzung dem durchschnittlichen Übersetzer ohne Beherrschung der Fachterminologie nicht mehr möglich ist (vgl. Schneider und Rödel JVEG 2007, § 11 Rdn. 10). Somit reicht es für eine "erhebliche Erschwerung" nicht aus, wenn nur gebräuchliche und häufig verwendete juristische Begriffe wie etwa Anklageschrift, Staatsanwalt, Haftbefehl, Angeschuldigter Registerauszug und Betäubungsmittel benutzt werden (vgl. Schneider und Rödel a.a.O. Rdn. 11; OLG München in JurBüro 2005, 377)und kompliziertere Fachbegriffe wie etwa Vollstreckungsverjährung oder Differenzgeschäfte nur vereinzelt auftauchen (vgl. OLG München in DS 2005, 275). Umstände, die nach diesen Kriterien den Ansatz von 1,85 EUR für jeweils angefangene 55 Anschläge rechtfertigen würden, sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Die Anklageschrift umfasst insgesamt 60 Seiten, die sich aus 7 Seiten Abstraktum, 4 Seiten Konkretum, 7 Seiten Beweismittel und 42 Seiten Wesentlichem Ermittlungsergebnis, wovon nochmals fast 12 Seiten hauptsächlich aus der Auflistung von Tonbandprotokollen bestehen, zusammensetzen. Zusammenfassungen von Gutachten etwa zur chemischen Zusammensetzung der verkauften Drogen oder der Schuldfähigkeit eines der Angeklagten enthält das Wesentliche Ermittlungsergebnis nicht. Die verwendeten juristischen Begriffe sind gebräuchlich.

Soweit zur Begründung des erhöhten Honorarsatzes aufgeführt wurde, dass es sich um eine Haftsache gehandelt habe und die Übersetzung deshalb binnen von gut zwei Wochen unter Ausnutzung der Wochenenden gefertigt worden sei, rechtfertigt dies den erhöhten Satz von 1,85 EUR nicht. Zwar kann ein besonderer Zeitdruck eine erhebliche Erschwerung im Sinne des Gesetzes darstellen (vgl. Binz in Binz / Dörndorfer / Petzold / Zimmermann, GKG und JVEG 2007, § 11 JVEG Rdn. 10 m.w.N.). Ein solcher liegt jedoch nicht vor, wenn für die Übersetzung eines durchschnittlich schwierigen Textes von 60 Seiten 2 Wochen zur Verfügung stehen und daher die Arbeit am Wochenende nur mit anderen Übersetzungstätigkeiten in der Arbeitswoche zu erklären ist.

Dem Übersetzer steht demnach ein Honorar in Höhe von insgesamt 2.368,10 EUR (1.592 Zeilen á 55 Anschläge x 1,25 EUR = 1.990,00 EUR + 378,10 EUR (19 % USt)) zu. Den aufgrund der Anordnung vom 19. Juni 2008 überschießend ausbezahlten Betrag in Höhe von 1.136,69 EUR (3.504,79 EUR - 2.368,10 EUR) hat er der Landeskasse zurückzuerstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 7 JVEG.

Ende der Entscheidung

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