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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 1 Ws 359/08
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 11 Abs. 1
JVEG § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4
1. Zum Zeilensatz gemäß § 11 Abs. 1 JVEG für die Übersetzung einer Anklage.

2. Der Kostenbeamte ist nicht zu einer allgemeinen Vereinbarung mit den Übersetzern befugt.

3. Schreibauslagen des Übersetzers sind mit dem Honorar nach § 11 Abs. 1 JVEG abgegolten.

4. Die auf Portoauslagen entfallende Umsatzsteuer ist gesondert zu ersetzen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG).


KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 1 Ws 359/08

In der Strafsache gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 14. Januar 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Übersetzerin B. gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 6. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe verworfen, daß ihre Vergütung auf 4.972,94 EUR festgesetzt wird.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Berechnungsstelle des Amtsgerichts Tiergarten hat der Beschwerdeführerin für die Übersetzung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 8. Mai 2008 (68 Js 1/08) in die italienische Sprache insgesamt 7.359,12 EUR erstattet. Auf Antrag der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Berlin hat das Landgericht (in der Besetzung mit drei Richtern) durch Beschluß vom 6. Oktober 2008 die Entschädigung auf 4.972,67 EUR herabgesetzt, wobei es den durch die Berechnungsstelle nach dem Antrag der Beschwerdeführerin zugrunde gelegten Zeilensatz von 1,85 EUR auf 1,25 EUR reduziert und für die Portoauslagen keine Umsatzsteuer berechnet hat. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Übersetzerin, mit der sie auch die bereits durch die Berechnungsstelle versagten Schreibauslagen geltend macht, bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.

1. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 JVEG beträgt das Honorar 1,25 EUR für jeweils angefangene 55 Anschläge des schriftlichen Textes. Der geltend gemachte Zeilensatz von 1,85 EUR kommt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG nur dann in Betracht, wenn die Übersetzung "erheblich erschwert" ist. Das ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin noch nicht dann der Fall, wenn in dem Text überhaupt Fachbegriffe benutzt werden (vgl. OLG München DS 2005, 275) oder nur gebräuchliche und häufig verwendete juristische Begriffe zu übersetzen sind (vgl. Senat, Beschluß vom 19. Dezember 2008 - 1 Ws 358/08 -), die dem durchschnittlich erfahrenen Übersetzer, der beide Sprachen professionell beherrscht, keine erheblichen Schwierigkeiten bereiten. Die Anwendung des Erhöhungstatbestandes setzt voraus, daß die Übersetzung des schriftlichen Textes in dessen Gesamtheit (vgl. OLG Nürnberg DS 2005, 274) nach Art und Umfang der verwendeten Fachterminologie zu einer erheblichen Erschwerung geführt hat. Davon kann hier keine Rede sein.

Die insgesamt 115 Seiten umfassende Anklageschrift, die allein 17 Seiten Auflistung der Beweismittel und nur vereinzelt und fast ausschließlich gebräuchliche strafrechtliche Fachbegriffe (z.B. Staatsanwaltschaft, Anklageschrift, Haft u.ä.) enthält, besteht überwiegend aus der Schilderung einfacher Lebenssachverhalte zu den insgesamt 45 Tatvorwürfen.

Daß die von TKÜ-Maßnahmen gefertigten Gesprächsprotokolle infolge von teilweise unvollständigen und sprachlich fehlerhaften Sätzen einen erhöhten Arbeitsaufwand bei der Übersetzung erforderten, wirkt sich im Ergebnis ebenfalls nicht honorarerhöhend aus. Denn die in der Anklageschrift wiedergegebenen Gesprächsmitschriften umfassen nicht mehr als etwa zweieinhalb Seiten und fallen daher nicht erheblich ins Gewicht. Aus der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidung des OLG Hamm (JB 1999, 427) kann sie nichts für eine Honorarerhöhung herleiten. Die noch zu § 17 Abs. 3 Satz 2 ZSEG ergangene Entscheidung betraf einen anderen Sachverhalt, bei dem ausschließlich Telefonüberwachungsprotokolle aus dem "lateinamerikanischen" Spanisch zu übersetzen waren.

Der von der Beschwerdeführerin angeführte Zeitdruck war bei einer Bearbeitungszeit von knapp drei Wochen noch nicht so groß, daß dadurch eine erhebliche Erschwerung der Übersetzung eingetreten sein konnte.

Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht darauf berufen, daß mit den Kostenbeamten des Kriminalgerichts für sämtliche Übersetzungen ein Vergütungssatz von 1,85 EUR "fest vereinbart" worden sei. Denn zu einer derartigen Vereinbarung waren die Kostenbeamten, wie die Beschwerdeführerin unschwer aus § 14 JVEG ersehen konnte, nicht befugt. Daß möglicherweise bei Übersetzungen von Anklageschriften in der Vergangenheit ohne die vom Gesetz vorgeschriebene Einzelbewertung regelmäßig ein Satz von 1,85 EUR gezahlt worden ist, vermag ein Vertrauen der Beschwerdeführerin in die Rechtmäßigkeit und den Bestand derartiger Festsetzungen nicht zu begründen.

2. Einen Anspruch auf Erstattung von Schreibgebühren für "Kopien 80" (Rechnung vom 13. Juni 2008) in Höhe von 80,00 EUR hat die Übersetzerin ebenfalls nicht. Ihre Schreibauslagen sind mit dem Honorar nach § 11 Abs. 1 JVEG abgegolten.

Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, ist - anders als noch § 8 Abs. 1 Nr. 3 ZSEG - auf Übersetzer (Dolmetscher) nicht anwendbar (vgl. KG DS 2005, 276). Diese Bestimmung erfaßt nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur Gutachten und keine Übersetzungen. Das JVEG enthält keine mit § 17 Abs. 1 ZSEG vergleichbare Regelung, wonach die Vorschriften des ZSEG für Übersetzer und Dolmetscher sinngemäß galten. Vielmehr sind Art und Umfang der jeweilige Vergütung für die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG aufgeführten Anspruchsberechtigen nach dem neuen Recht des JVEG nunmehr in der Weise geregelt, daß - abgesehen von den gemeinsamen Vorschriften (§§ 5 bis 7 JVEG) - die einzelnen Entschädigungstatbestände jeweils den berechtigten Personenkreis konkret bezeichnen. Das hat zur Folge, daß die in der jeweiligen Bestimmung nicht genannten Berufsgruppen von einer Vergütung ausgeschlossen sind.

Die Schreibauslagen werden auch nicht von § 7 Abs. 2 JVEG erfaßt, der die (pauschale) Kostenerstattung für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten regelt. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift für Schreibaufwendungen des Übersetzers kommt nicht in Betracht (vgl. KG aaO).

3. Hingegen hat das Landgericht die in Höhe von 0,27 EUR geltend gemachte Umsatzsteuer für Portoauslagen (1,44 EUR) zu Unrecht nicht festgesetzt. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG ist dem Übersetzer die auf seine Vergütung entfallende Umsatzsteuer zu ersetzen. Bemessungsgrundlage dafür ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das (gezahlte) Entgelt, zu dem alle Beträge gehören, die der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dazu zählen hier auch die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG zu erstattenden Portokosten für die Versendung der Übersetzung als unselbständige Nebenleistung (vgl. Jakob, Umsatzsteuer 3. Aufl., Rdn. 359). Die dafür der Landeskasse in Rechnung gestellten Auslagen sind nicht lediglich durchlaufende Posten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG (vgl. OFD Frankfurt/Main DB 1997, 404; Bunjes/ Geist, UStG 8. Aufl., Rdn. 9, 12). Der Portoersatz ist deshalb für den Übersetzer umsatzsteuerpflichtig (vgl. LG Göttingen Rpfl 2002, 520). Da in den für amtliche Wertzeichen von der Beschwerdeführerin verauslagten 1,44 EUR keine Umsatzsteuer enthalten ist (§ 4 Nr. 8 Buchst. i UStG), muß dieser Betrag in voller Höhe bei der Berechnung der zu erstattenden Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden.

4. Der Beschwerdeführerin steht somit für 3342 Zeilen ein Honorar in Höhe von 4.177,50 EUR zuzüglich Portoauslagen von 1,44 EUR und 19 % USt zu, insgesamt also 4.972,94 EUR.

Die Überzahlung von 2.386,18 EUR hat sie zurückzuerstatten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.

Ende der Entscheidung

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