Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 16.10.2006
Aktenzeichen: 10 U 286/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 293
ZPO § 418 Abs. 1
ZPO § 935
ZPO § 940
ZPO § 415
ZPO § 417
ZPO § 418
ZPO § 418 Abs. 1
ZPO § 438 Abs. 1
BGB § 861 Abs. 1
BGB § 985
BGB § 1007 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 10 U 286/05

verkündet am : 16.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Neuhaus, die Richterin am Amtsgericht Beckstett und den Richter am Kammergericht Frey

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 15. November 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 9 O 511/05 - geändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(Ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 ZPO).

I.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Beklagte ein im Wege der einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO zu sichernder Herausgabeanspruch aus § 985 BGB oder nach den Vorschriften über den Besitzschutz (§§ 861 Abs. 1, 1007 Abs. 1 BGB) zusteht. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, Eigentümerin oder (frühere) Besitzerin der Antiquitäten zu sein.

1. Nach der Situs-Regel des Art. 43 Abs. 1 BGB ist auf den Herausgabeanspruch deutsches Sachrecht anzuwenden. Da der Gesetzgeber auf eine eigene Regelung für Kulturgüter ausdrücklich verzichtet hat, kommt eine generelle Abweichung von der Situs-Regel nicht in Betracht (Wendehorst in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Art. 43 EGBGB, RNr. 192 m.w.N.). Eine wesentliche engere Verbindung mit dem Recht eines anderen Staates (Art. 46 EGBGB) besteht nicht.

2. Staatsvertragliche Regelungen zum internationalen Kulturgüterschutz sind nicht anzuwenden. Das UNIDROIT-Übereinkommen von Rom über gestohlene oder rechtswidrig ausgeführte Kulturgüter vom 24. Juni 1975 sowie das UNESCO-Abkommen über Maßnahmen zur Verhinderung der verbotenen Einfuhr, Ausfuhr und Eigentumsübertragung von Kulturgütern vom 14. November 1970 hat die Bundesrepublik Deutschland nicht gezeichnet. Das zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG des Rates über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern ergangene Kulturgüterrückgabegesetz vom 15. Oktober 1998 ist nicht anzuwenden, da die Klägerin nicht Mitgliedsstaat ist.

3. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie Eigentümerin der Antiquitäten ist. Der Nachweis eines Erwerbsgrundes ist ihr nicht gelungen. Ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ist daher nicht glaubhaft gemacht.

a) Das Eigentum der Klägerin könnte sich aus Artikel 6 des ägyptischen Gesetzes Nr. 117/1983 für den Schutz von archäologischen Gegenständen ergeben. Nach dieser Vorschrift sind alle archäologischen Gegenstände als öffentliches Eigentum zu betrachten, mit Ausnahme von "Awqaf" (Anwesen religiöser Stiftungen). Zugunsten der Klägerin unterstellt der Senat, dass diese Eigentumszuordnung aus deutscher Sicht beachtlich ist und ein etwa enteignender Charakter der Vorschrift nicht dem deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) widerspricht (vgl. Armbrüster, NJW 2001, 3581, 3583). Die Anwendung der Vorschriften des Antiquitätengesetzes setzt nach dem Territorialitätsprinzip voraus, dass die Antiquitäten sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch auf dem Staatsgebiet der Klägerin befunden haben. Dies ist nicht glaubhaft gemacht.

Wurden die Antiquitäten, wie die Beklagte behauptet, bereits vor 1973 aus Ägypten ausgeführt, sind nach dem Vortrag der Klägerin die Vorschriften des Gesetzes Nr. 66 aus dem Jahr 1963 anzuwenden. Dass dessen Vorschriften einen Erwerbstatbestand zugunsten der Klägerin begründen, kann der Senat nicht feststellen. Die Klägerin macht nur geltend, dass der Export der Gegenstände nach den Regelungen des Gesetzes Nr. 66/1963 strafbar gewesen sei, benennt aber keine Erwerbstatbestände, die ihr Eigentum begründen könnten, wie etwa die Anordnung eines Verfalls wegen verbotswidriger Ausfuhr (vgl. Armbrüster, NJW 2001, 3583). Weitere Ermittlungen zum Inhalt des Gesetzes Nr. 66/1963 sind im Rahmen des Verfügungsverfahrens nicht möglich und nicht geboten. Für die Ermittlung ausländischen Rechts gilt § 293 ZPO. Bei der Ermessensprüfung, welche Ermittlungen zum ausländischen Recht in Betracht kommen, ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die besondere Eilbedürftigkeit der Entscheidung zu berücksichtigen. Das Gericht muss sich daher auf die präsenten und kurzfristig erreichbaren Erkenntnisquellen beschränken und beurteilen, ob nach dem so ermittelten ausländischen Recht das Bestehen des Arrest- oder Verfügungsanspruchs überwiegend wahrscheinlich ist (Musielak, ZPO, 4. Auflage, § 293 ZPO, RNr. 12). Hier sind weitere Ermittlungen nicht geboten, da die Klägerin das von ihr selbst gesetzte Recht am besten kennt. Der Argumentation des Landgerichts auf Seite 10 des angefochtenen Urteils folgt der Senat nicht. Zugunsten der Klägerin kann insoweit unterstellt werden, dass die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, die Antiquitäten legal aus dem Staatsgebiet der Klägerin ausgeführt zu haben. Allein dieser Umstand ließe den Schluss auf das Eigentum der Klägerin nicht zu.

b) Die Ausfuhr der Sarkophage sowie der Grabbeigaben nach dem Inkrafttreten des Antiquitätengesetzes ist nicht glaubhaft gemacht. Eine Behauptung ist glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO), sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, NJW 1994, 2898). Davon kann - jedenfalls im Hinblick auf die von der Beklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen - nicht ausgegangen werden. Auf Grundlage der vorgelegten Beweismittel bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt die Gegenstände ausgeführt worden sind. Dies geht nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, dass die beiden Sarkophage, die Kartonage-Maske der Dame Meretites sowie 243 Shawabtifiguren in dem nach Art. 26 Satz 1 Antiquitätengesetz von der Behörde für bewegliche Monumente zu führenden Register enthalten seien. Die offiziellen Registrierungslisten seien bei Hausdurchsuchungen in Läden der Brüder Mnnn und Fnnn An -Snn aufgefunden worden. Daraus sei zu schließen, dass der Export nach 1983 stattgefunden habe. Zur Glaubhaftmachung hat die Klägerin im Wesentlichen amtlich beglaubigte Kopien aus dem Registrierungskataster (Anlage GA 12), der Anlage 2 zum Rechtshilfebegehren des ägyptischen Generalstaatsanwalts vom Oktober 2005 (Anlage GA 13), des Protokolls über die Untersuchung durch Spezialisten der ägyptischen Altertümerverwaltung vom 25. November 2005 (Anlage GA 14) sowie der Bescheinigung des Direktors der Direktion archäologische Sicherstellung Snn Onnn Hnnn (Anlage GA 15) vorgelegt. Durch diese Unterlagen ist ein Export nach 1983 nicht glaubhaft gemacht.

Im Einzelnen:

Die hölzerne Statue des Com-Osiris der Dame Meretites (Buchstabe e) des Verfügungsantrags) sowie 65 der unter Buchstabe i) aufgeführten Fayencen sind unstreitig nicht in den Registern enthalten. Insoweit könnte für die Entscheidung nur dann vom Eigentum der Klägerin ausgegangen werden, wenn ihr Eigentum an den weiteren Antiquitäten glaubhaft gemacht wäre und außerdem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest stünde, dass die Gegenstände nach 1983 als Ensemble exportiert worden sind. Beides ist nicht der Fall.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt den vorgelegten Unterlagen nicht die materielle Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO zu. Diese gesetzliche Beweisregel gilt im vorliegenden Fall nicht, so dass die Beweismittel gemäß § 286 ZPO frei zu würdigen sind. Das folgt zwar nicht daraus, dass die Klägerin nur von ihrer Botschaft amtlich beglaubigte Kopien von (beglaubigten) Übersetzungen der Urkunden vorgelegt hat. Denn vorgelegte Schriftstücke, auch Kopien, deren Echtheit nicht bestritten ist, werden Teil des unstreitigen Sachverhalts. Eine förmliche Beweiserhebung wird dadurch überflüssig (Musielak, a.a.O., § 415 RNr. 6). Da die Beklagte die Echtheit der Anlagen GA 13 bis GA 15 nicht rügt, geht der Senat davon aus, dass die Amtsträger der Klägerin die dort niedergelegten Erklärungen tatsächlich abgegeben haben.

Nach Auffassung des Senats ist die Beweisregel des § 418 ZPO jedoch dann nicht anzuwenden, wenn der Rechtsträger der Behörde selbst Partei des Rechtsstreits ist. Nach § 418 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in §§ 415, 417 ZPO bezeichneten Inhalt haben, vollen Beweis der darin begründeten Tatsachen. Dies gilt - wie die in § 438 Abs. 1 ZPO vorgesehene Echtheitsprüfung zeigt - mit Ausnahme der Echtheitsvermutung (§ 437 Abs. 1 ZPO) auch für ausländische öffentliche Urkunden (vgl. BGH, LM § 418 Nr. 3). Die Anwendung des § 418 Abs. 1 ZPO ist im vorliegenden Fall jedoch unangemessen, weil die Regelungen über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden im System des zivilprozessualen Beweisrechtes davon ausgehen, dass der Aussteller der Urkunde nicht gleichzeitig Partei des zivilprozessualen Rechtsstreites ist. In diesem Sinne ist die öffentliche Urkunde das Schriftzeugnis eines neutralen Zeugen. Dies rechtfertigt es, von einem gesetzlich normierten Beweiswert auszugehen und insoweit den Grundsatz der freien Beweiswürdigung einzuschränken. Dieser Grund entfällt in aller Regel dann, wenn die ausstellende Behörde als Teil der Staatsorganisation gleichsam selbst Partei ist (vgl. BVerwG, 1984, 2962). Die Anwendung der Beweisregel würde nach Ansicht des Senats hier gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen.

Bei den Anlagen GA 14 und GA 15 kommt hinzu, dass die enthaltenen Erklärungen - was den streitigen Zeitpunkt der Ausfuhr der Antiquitäten aus Ägypten angeht - keine Tatsachen bezeugen, die auf eigenen Wahrnehmungen der Urkundspersonen beruhen. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Anwendung des § 418 ZPO (Geimer im Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 418 RNr. 3). In dem Protokoll der Inspizierung vom 25. November 2005 (GA 14) heißt es, dass die für echt befundenen Antiquitäten unter das Denkmalschutzgesetz Nr. 117 von 1983 fielen. Damit bringt die Erklärung der Amtsträger nur die Beurteilung zum Ausdruck, dass die besichtigten Gegenstände als Antiquitäten im Sinne von Artikel 1 des Antiquitätengesetzes anzusehen seien. Dass der Export nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt sei - was den Gegenständen nicht anzusehen ist - wird nicht bezeugt. Zu der für die Beurteilung des Zeitpunkts maßgeblichen Registrierung nach Art. 26 Satz 1 des Gesetzes enthält die Erklärung keine Angaben. Eine Erklärung entsprechenden Inhalts hat - auf Grundlage einer Überprüfung von Lichtbildern der streitbefangenen Gegenstände mit Registrierungslisten - zwar der Zeuge Snn Onnn Hnnn abgegeben (Anlage GA 15). Diese Erklärung bezeugt jedoch nur, dass Lichtbilder und Listen verglichen worden sind. Bei der Aussage, die Lichtbilder stimmten mit den Besitzregistern der Gebrüder An -Snn überein, handelt es nicht um die Wiedergabe einer Tatsache, sondern um eine Beurteilung, die im Zweifelsfall vom Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen vorzunehmen wäre. Die Beweisregel des § 418 ZPO ist in einem solchen Fall nicht anzuwenden (vgl. BVerwG, NJW 1987, 1159).

Durch Vorlage der Kopien aus dem Registrierungskataster (Anlage GA 12) sowie der Anlage 2 zum Rechtshilfebegehren des ägyptischen Generalstaatsanwalts vom Oktober 2005 (Anlage GA 13) ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Ausfuhr nach Inkrafttreten des Antiquitätengesetzes stattgefunden hat. Diesen Unterlagen bezeugen nicht im Sinne von § 418 ZPO den Zeitpunkt des Exports. Unabhängig davon, dass die Echtheit der Anlage GA 12 bestritten ist, kann der Senat anhand dieser Unterlage nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, wann die Listen gefertigt worden sind, dass sie bei den inhaftierten Händlern aufgefunden worden sind und dass sie die im Streit befindlichen Antiquitäten betreffen. Die Beklagte bestreitet die von der Klägerin hierzu vorgetragenen Umstände. Gleiches gilt für die vom Generalstaatsanwalt zum Rechtshilfeersuchen gefertigte Anlage 2, von deren Echtheit allerdings auszugehen ist.

Nach alledem sind die von der Klägerin dargelegten Umstände und Beweismittel nach § 286 ZPO frei zu würdigen. Im Hinblick auf die von der Beklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen verbleiben Zweifel an der Behauptung, der Export habe nach 1983 stattgefunden. Die Anlagen GA 12 und GA 13 belegen dies - wie dargelegt - für sich betrachtet nicht. Es müsste überwiegend wahrscheinlich sein, dass echte Registrierungslisten bei den inhaftierten Antiquitätenhändlern gefunden wurden und die streitbefangenen Antiquitäten in den Listen enthalten sind. Im Hauptsacheverfahren wäre hierüber ggf. Beweis zu erheben durch Vorlage der Originallisten, durch sachverständige Feststellung ihrer Echtheit, durch Vernehmung von Zeugen zum Ort der Auffindung sowie durch Einnahme eines Augenscheins oder Einholung eines Gutachtens zur Identität der Gegenstände. Die Bescheinigung GA 15 genügt dem Senat - auch in Verbindung mit dem weiteren Prozessstoff - als Mittel der Glaubhaftmachung nicht. Welche Fotografien dem Zeugen vorlagen und woher er seine Kenntnis über die Herkunft der ihm vorliegenden Listen bezogen hat, kann der Senat nicht feststellen.

Die Beklagte hat zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags, die Antiquitäten seien Bestandteil der Khashaba-Sammlung gewesen, vom Zeugen Snnnn im Auftrag der Erben verkauft und vor 1973 in die Schweiz ausgeführt worden, eidesstattliche Versicherungen der Zeugen Hnn Onn Snnnn , Dr. Snn Snnnn , Hnnnn Wnnn , Nnn Snnnn -Rnn , Pnn Ennnn , Hnn Wnnnn und Mnnnn Bnn sowie Kopien verschiedener Dokumente vorgelegt. Der Senat kann nicht feststellen, dass diesen Beweismitteln ein geringerer Beweiswert zukommt als den von der Klägerin vorgelegten Beweisstücken.

Die Bedenken des Landgerichts im Hinblick auf die Formalien der eidesstattlichen Versicherungen teilt der Senat nicht. Für eine eidesstattliche Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung in einem Zivilverfahren ist vom Gesetz eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Sie ist keine rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern eine Wissensbekundung über tatsächliche Umstände. Das notwendig hinzukommende Element ist der erkennbare Wille, die tatsächliche Bekundung in Hinsicht auf ihre Richtigkeit "an Eides Statt" abzugeben (BayObLG, NJW 1996, 406). Dem genügen die von der Beklagten in erster Instanz vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Die Erklärungen sind mit "Eidesstattliche Versicherung" überschrieben, enthalten den Hinweis der Aufklärung über die Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung und nehmen im Text Bezug auf das bei dem Landgericht Berlin geführte Verfahren mit dem Aktenzeichen 9 O 511/05. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Erklärungen ohne Wissen und Wollen der Zeugen in das Verfahren eingeführt hat, sind nicht erkennbar. Schließlich enthalten die in der Berufungsinstanz vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen Hnn Onn Snnnn und Snn Snnnn den vom Landgericht vermissten Zusatz "zur Vorlage bei Gericht".

Die Zeugen Ennnn und Bnn haben erklärt, die Gegenstände Ende der 1970er Jahre bzw. vor 1982 in Basel gesehen zu haben. Herr Ennnn hat angegeben, er habe die Fayencen einer kurzen Reinigung unterzogen. Herr Bnn hat erklärt, die beiden Sarkophage schrittweise bis 1982 restauriert zu haben. Der Zeuge Wnnnn hat angegeben, bereits vor 1980 den Auftrag zur Restaurierung der Kartonage Maske, der Kartonage Mumiendekoration sowie der hölzernen Statuen erhalten und ausgeführt zu haben. Dass die Angaben dieser Zeugen unzutreffend sein müssen und sie zugunsten der Beklagten falsche eidesstattliche Versicherungen abgeben haben, ist nicht festzustellen. Anhaltspunkte für ein Zeugenkomplott oder gar eine Beteiligung der Zeugen am illegalen Handel mit Antiquitäten sind weder vorgetragen, noch erkennbar. Zwar kann der sich Senat keinen persönlichen Eindruck von den Zeugen verschaffen und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Zeugen sich über die Identität der von ihnen gesehenen Antiquitäten mit den streitbefangenen Gegenständen irren. Gleiches gilt jedoch auch für den Zeugen Hnnn , wobei zu berücksichtigen ist, dass die von der Beklagten benannten Zeugen - unterstellt man die Durchführung von Restaurierungsarbeiten - die Antiquitäten nicht nur auf Fotos gesehen und an ihnen gearbeitet haben.

Die eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen Hnn Onn Snnnn , Dr. Snnn Snnnn und Nnn Snnnn -Rnn sind vor dem Hintergrund der von der Klägerin vorgetragenen Verurteilungen des Zeugen Hnn Onn Snnnn wegen Antiquitätenschmuggels (Anlagen 29 a und 29 b) besonders kritisch zu würdigen. Dass die Verurteilungen durch die Gerichte der Distrikte Elnozha und Elwaily mit den Antiquitäten des hiesigen Verfahrens in einem Zusammenhang stehen, trägt die Klägerin nicht vor. Hat der Zeuge Hnn Onn Snnnn sich nach dem Antiquitätengesetz strafbar gemacht, ließe dies jedoch den Schluss auf eine bei ihm generell vorhandene Bereitschaft zu, den Vorschriften über den Schutz der Kulturgüter zuwiderzuhandeln. Seine eidesstattliche Versicherung könnte falsch ein, weil der Zeuge sie in dem Bestreben abgegeben haben könnte, eine weitere Straftat zu verdecken. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Ein Zivilgericht hat sich seine Überzeugung grundsätzlich selbst zu bilden und ist nicht an die Feststellungen in anderen Urteilen gebunden, auch nicht an die eines vorausgegangen Strafverfahrens in der gleichen Sache (BGH, NJW 1983, 230). Die Strafregisterauszüge lassen nicht erkennen, welche Taten die Staatsanwaltschaft dem Zeugen zur Last gelegt hat, wann er die Straftaten begangen haben soll und aufgrund welcher Beweismittel die Verurteilungen erfolgt sind. Auf dieser Grundlage kann der Senat nicht feststellen, dass der Zeuge Snnnn von vorneherein unglaubwürdig ist.

Zu dem bei der Obersten Staatsanwaltschaft geführten Fall 315/2004 trägt die Klägerin Einzelheiten nicht vor. Dieses Strafverfahren ist unstreitig nicht rechtskräftig abgeschlossen, so dass zugunsten der Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. Unabhängig davon legt die Klägerin nicht dar, in welcher Weise Zeugen dieses Verfahrens in die dort angeklagten Straftaten verwickelt sind.

Zweifel an der Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherungen wären begründet, wenn durch Urkunden deren inhaltliche Unrichtigkeit belegt wäre. Dass die von der Beklagten vorgelegten Ausfuhrgenehmigungen (Anlagen GA 5 f. und AG 33 ff.) gefälscht sind, kann jedoch nicht festgestellt werden. Aus den Bescheinigungen des Generaldirektors der Abteilung für Eigentum vom 18. Oktober 2005 (Anlage GA 10) und 14. Juni 2006 (Anlage GA 28) ergibt sich dies nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit. Die materielle Beweiskraft des § 418 ZPO kommt diesen Unterlagen nicht zu. Unabhängig davon lässt die Erklärung Anlage GA 10 nicht erkennen, über welchen Zeitraum Akten und Karteien aufbewahrt werden und welche Dokumente von welchen Beamten geprüft worden sind. Es wird nur bescheinigt, dass in den Unterlagen kein Eigentumseintrag für eine Person mit dem Namen "Knnnn " gefunden worden sei und Gegenstücke der vorgelegten Exportbescheinigungen nicht vorhanden seien. Ohne näheren Vortrag zu den Registrierungsvorgängen im Allgemeinen, zur Aufbewahrung der Unterlagen sowie zur Prüfung des konkreten Sachverhalts durch die ägyptischen Behörden kann nicht beurteilt werden, ob die Genehmigungen gefälscht sind. Eine sachverständige Begutachtung ihrer Echtheit ist im Verfügungsverfahren nicht möglich.

Entsprechendes gilt für die Bescheinigung Anlage GA 28. Die dort getroffene Aussage, die Register-Abschrift stünde in keinem Zusammenhang mit den Besitz-Registern, ist nicht aussagekräftig. Es bleibt unklar, was damit gemeint ist. Ob die vorgelegten Exportbescheinigungen aus dem Jahr 1976 datieren, ist zwischen den Parteien streitig und ohne sachverständige Hilfe nicht festzustellen. Die Beklagte behauptet, dass die Ausstellung bereits 1972 erfolgt sei. Die unter Ziffern 3. und 4. getroffenen Aussagen beziehen sich auf die Identität der Antiquitäten mit den Exportgenehmigungen, nicht aber auf die Echtheit der Genehmigungen. Den auf Seite 2 der deutschen Übersetzung gezogenen Schlussfolgerungen fehlt damit die tatsächliche Grundlage. Es muss daher offen bleiben, ob die Ausfuhrgenehmigungen echt sind.

Nach alledem besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antiquitäten erst nach Inkrafttreten des Antiquitätengesetzes ausgeführt worden sind und die Klägerin deren Eigentümerin ist. Gestützt wird dieses Ergebnis - ohne dass für die Entscheidung darauf ankommt - durch die Stellungnahme von Frau Prof. Dr. Rnnn -Knnn vom 14. Oktober 2005 (Anlage AG 4) sowie den Umstand, dass die Klägerin vorträgt, es gebe keine amtlichen Nachweise über die Existenz eines Khashaba-Museums in Assiut. In dem "Handbuch für Reisende" von Knn Bnnnn aus dem Jahr 1928 werden das Museum und seine Exponate beschrieben. Dies weckt Zweifel an der Verlässlichkeit amtlicher Nachweise.

Da die Klägerin schon nicht glaubhaft gemacht hat, Eigentümerin zu sein, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte das Eigentum erworben hat. Auch Besitzschutzansprüche aus §§ 861 Abs. 1, 1007 Abs. 1 BGB sind nicht glaubhaft gemacht, da sich eine Besitzposition der Klägerin nur aus den Vorschriften des Antiquitätengesetzes ergeben kann.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war daher zurückzuweisen. Eine Aussetzung des Verfahrens, wie von der Klägerin beantragt, kommt im Verfügungsverfahren nicht in Betracht (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 148 RNr. 32).

II.

Die Kostenentscheidung folgt §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück