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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 11 U 35/08
Rechtsgebiete: TreuhG


Vorschriften:

TreuhG § 11 Abs. 2 S. 2
1. Ein Vermögenszuordnungsbescheid wirkt nur für und gegen alle am Vermögenszuordnungsverfahren Beteiligten (wie BGH, Urteil vom 23. Februar 2001, V ZR 463/99, WM 2001, 1002, 1004).

2. Die Fondsinhaberschaft im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 2 TreuhG kann sich aus einer Vielzahl von Umständen ergeben, die auf die wirtschaftliche Zuordnung des Objekts zu der Wirtschaftseinheit schließen lassen.

3. Steht die alleinige Fondsinhaberschaft der das aufstehende Gebäude nutzenden Wirtschaftseinheit zur Überzeugung des Gerichts fest, ist das bebaute Grundstück in das Eigentum des Rechtsnachfolgers des Fondsinhabers über gegangen (wie BGH, Urteil vom 9. Januar 1998, V ZR 263/96, VIZ 1998, 259, 262; BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1994, 7 C 48/93, BVerwGE 97, 31, 36).


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 11 U 35/08

verkündet am: 25.02.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2009 durch die Präsidentin des Kammergerichts Nöhre als Vorsitzende, die Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst und die Richterin am Verwaltungsgericht Bähr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin, Zivilkammer 1, vom 09. Juli 2008 - 1 O 118/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs.

Mit Bescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 12. Mai 2004 wurde das Eigentum an dem streitgegenständlichen Flurstück, postalische Anschrift C-Platz, dem Beklagten "vorbehaltlich der Rechte Dritter" als Restitutionsvermögen gemäß Art. 22 Abs. 1, 21 Abs. 3 des Einigungsvertrages (EV) zugeordnet, weil es vor der Überführung in Volkseigentum im Eigentum der Stadtgemeinde gestanden habe. An dem Zuordnungsverfahren war die Klägerin, die Rechtsnachfolgerin des VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen Berlin (im Folgenden: V R) ist, nicht beteiligt. Im Juni 2006 wurde der Beklagte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Auf diese und die weiteren tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Klägerin sei aufgrund der Fondsinhaberschaft ihres Rechtsvorgängers Eigentümerin des Grundstücks geworden. Der Zuordnungsbescheid sei für die Klägerin nicht bindend. Die Fondsinhaberschaft des V R ergebe sich aus den vorgelegten DDR-Planungsunterlagen sowie aus der Kopie des Abnahmeprotokolls vom 31. März 1986, das eine Übergabe an den V R sogar als Rechtsträger ausweise. Zudem stehe aufgrund der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen L zur Überzeugung der Kammer fest, dass der V R im Jahr 1987 den Betrag von 636.800 Mark der DDR an den Magistrat von Berlin zur Übernahme des Objektes bezahlt habe. Durch weitere Unterlagen sei belegt, dass dem V R das Gebäude auch in der Folgezeit wirtschaftlich zugeordnet war.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Das Landgericht verkenne grundlegend die an den Erwerb der Fondsinhaberschaft zu stellenden Anforderungen. Die Fondsinhaberschaft sei nachzuweisen. Auf die Vorlage eines Investitionsleistungsvertrages und den Nachweis in den Bilanzen und Grundmittelrechnungen des Rechtsvorgängers könne deshalb nicht verzichtet werden. Die Ablichtung des Übergabeprotokolls vom 31. März 1986 belege die wirtschaftliche Zuordnung des Gebäudes C????? Platz an den V R schon deshalb nicht, weil es sich auch auf den im "Dienstleistungswürfel" errichteten Jugendclub beziehe. Dass der V R einen Kaufpreis von 636.800 Mark der DDR für das Objekt bezahlt habe, sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Aus dem Überweisungsbeleg, den die Klägerin nicht im Original vorlegen könne, sei weder der Auftraggeber noch der Zahlungszweck ersichtlich. Auch habe die Klägerin insoweit weder eine Rechnung noch eine Preiskalkulation oder eine sonstige Vereinbarung vorgelegt. Die Aussage des Zeugen L, der an dem über zwanzig Jahre zurückliegenden Zahlungsvorgang nicht beteiligt war, sei als Nachweis untauglich. Einen unbefristeten Nutzungsvertrag habe die Klägerin ebenfalls nicht vorlegen können. Schließlich sei ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verjährt bzw. verwirkt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. Juli 2008 - 1 O 118/07 - abzuändern, und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch den Beklagten bejaht.

1. Gemäß § 894 BGB kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig im Grundbuch eingetragen ist, die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird. Die Klägerin fordert von dem Beklagten als Buchberechtigten die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung dahingehend, dass statt dem Beklagten die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen wird. Dieser Anspruch besteht, weil nicht der Beklagte, sondern die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks ist.

a) Die Vorinstanz hat zutreffend erkannt, dass der bestandskräftige Vermögenszuordnungsbescheid vom 12. Mai 2004 das Eigentum des Beklagten im Verhältnis zu der am Vermögenszuordnungsverfahren unstreitig nicht beteiligten Klägerin nicht verbindlich feststellt. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG), wonach der Bescheid nur für und gegen alle am Verfahren Beteiligten wirkt. Der Bescheid, der zudem gemäß § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG vorbehaltlich des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechte Dritter ergeht, berührt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass ihr für eine Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis bzw. die Klagebefugnis gefehlt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 - V ZR 463/99 -, WM 2001, 1002 <1004>; KG, Urteil vom 29. November 2004 - 12 U 303/03 -, KGR 2005, 401; OLG Naumburg, Urteil vom 30. November 1999 - 11 U 111/99 - OLG-NL 2000, 270 <271 f.>). Es liegt hier kein Verwaltungsakt mit Drittwirkung - wie beispielsweise im öffentlichen Baunachbarrecht - zu Lasten der Klägerin vor, gegen den sie binnen eines Jahres nach Kenntnisnahme (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO) einen Rechtsbehelf hätte einlegen müssen, um den Eintritt der Bestandskraft ihr gegenüber zu verhindern.

b) Das Landgericht legt auch zu Recht § 11 Abs. 2 des Treuhandgesetzes (TreuhG) als Maßstab der rechtlichen Beurteilung zugrunde. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG bewirkt die Umwandlung einer der im Gesetz bezeichneten volkseigenen Wirtschaftseinheiten (§ 1 Abs. 4 TreuhG) in Kapitalgesellschaften "gleichzeitig den Übergang des Vermögens aus der Fondsinhaberschaft der bisherigen Wirtschaftseinheit sowie des in Rechtsträgerschaft befindlichen Grund und Bodens in das Eigentum der Kapitalgesellschaft". Der V R wurde zwar erst mit Eintragung in das Handelsregister vom 7. September 1990 nach den Vorschriften der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl. DDR I Nr. 14 S. 107) in die zu diesem Zweck gegründete R-R und Te Handels und Service GmbH (R GmbH) umgewandelt. § 23 TreuhG erklärt aber die Regelung des § 11 Abs. 2 TreuhG insoweit für entsprechend anwendbar.

Die Vorschrift des § 2 der Fünften Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz vom 12. September 1990 (5. DVO z. TreuhG, GBl. DDR I S. 1466) ist hier hingegen als möglicher gesetzlicher Erwerbstatbestand nicht einschlägig. Nach dieser Regelung werden Wirtschaftseinheiten, die am 30. Juni 1990 auf der Grundlage von Nutzungsverträgen betriebsnotwendige Grundstücke überwiegend und nicht vorübergehend genutzt haben, Rechtsträgern im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG gleichgestellt. Der V R hat das Grundstück nicht aufgrund eines unbefristeten Nutzungsvertrages bewirtschaftet, so dass - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Vorlage einer solchen schriftlichen Vereinbarung auch nicht verlangt werden kann.

aa) Zutreffend wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass dahin stehen kann, ob der V R auch Rechtsträger des streitgegenständlichen Grundstücks geworden ist oder (nur) Fondsinhaber des auf dem Grundstück errichteten Gebäudes war.

(1) Das Recht der früheren DDR war darauf ausgerichtet, dass der Fondsinhaber als betriebswirtschaftlicher Nutzer eines Objektes, in dessen Fondsinhaberschaft sich eben zu diesem Zweck volkseigene Gebäude und bauliche Anlagen befanden, auch Rechtsträger des dazugehörenden volkseigenen Grundstücks war. Die Rechte am volkseigenen Grund und Boden hatten denen am volkseigenen Gebäude zu folgen. Denn den in der Fondsinhaberschaft befindlichen ausgewiesenen Teilen des Volkseigentums kam eine dominierende Rolle zu. Sie waren für volkseigene Wirtschaftseinheiten entscheidend, weil sie deren betriebliches Vermögen darstellten. Bei der Fondsinhaberschaft handelte es sich um ein das Betriebsvermögen betreffendes gesetzlich ausgestaltetes Bewirtschaftungsrecht volkseigener Wirtschaftseinheiten und damit ein dem Eigentumsrecht ähnliches Rechtsinstitut. Der Fondsinhaber war regelmäßig der wirtschaftliche Betreiber auch des Grundstücks (vgl. Teige, Der Übergang ehemals volkseigenen Grund und Bodens in das Eigentum von Treuhandkapitalgesellschaften, VIZ 1994, 58 <59 f.>). Demgegenüber war mit der Rechtsträgerschaft an Grund und Boden keine wirtschaftliche Verfügungsbefugnis oder Produktionsaufgabe verbunden. Sie sollte in erster Linie sicherstellen, dass Grund und Boden effektiv und zweckmäßig genutzt wurden, diente also im Wesentlichen raumordnerischen, bauplanerischen und siedlungspolitischen Aufgaben sowie volkswirtschaftlichen Zielen (so die Feststellungen im Urteil des BVerwG vom 13. Oktober 1994 - 7 C 48/93 - BVerwGE 97, 31 <36>). Die Rechtsträgerschaft war eine bloße Verwaltungsbefugnis (BGH, Urteil vom 3. Juni 2005 - V ZR 196/04 - ZOV 2005, 279 <281>).

(2) Fallen Fondsinhaberschaft der die aufstehenden Gebäude nutzenden Wirtschaftseinheit und Rechtsträgerschaft am Grund und Boden ausnahmsweise auseinander, ist in der Rechtsprechung geklärt, dass das gesamte bebaute Grundstück grundsätzlich in das Eigentum des Rechtsnachfolgers des Fondsinhabers übergegangen ist (BGH, Urteil vom 9. Januar 1998 - V ZR 263/96 - VIZ 1998, 259 <262>; BVerwG, a.a.O., 35 ff.; KG, a.a.O., 402 f.).

(3) Der nach § 286 ZPO gewonnenen Überzeugung des Landgerichts, wonach der V R jedenfalls Fondsinhaber des auf dem Flurstück 334 befindlichen Gebäudes geworden ist, schließt sich der erkennende Senat an. Die Fondsinhaberschaft des V R ergibt sich aus den von der Klägerin vorlegten Urkunden und sonstigen Unterlagen, die den Zeitraum seit 1984 bis zur Deutschen Einheit betreffen, sowie aus den Bekundungen des Zeugen L. konkrete Anhaltspunkte, die i. S. d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen durch die Vorinstanz begründen könnten, sind weder dargelegt noch ersichtlich.

(a) Die angefochtene Entscheidung wertet die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 20. Februar 2008 von der Klägerin überreichten DDR-Planungsunterlagen zutreffend als Beleg, dass bereits bei der Planung des Objekts eine Nutzung durch den V R beabsichtigt war und das Objekt nach den Erfordernissen des Nutzers gestaltet wurde ("Raumprogramm R-Werkstatt" des V Wohnungskombinat C vom 25. März 1985; Planungszeichnung "R-Werkstatt" des VB Innenprojekt H Betriebsteil C von 7/1985). Aus dem Protokoll des Magistrats von Berlin vom 5. September 1984, in dem die Beratung zur Bebauung des Wohnkomplexes K-Hf am 30. August 1984 wiedergegeben wird, ergibt sich, dass im Wohngebiet 2 eine Serviceeinrichtung R mit 200 m2 vorgesehen war. Nach dem Schreiben des V Wohnungskombinats C an den V R vom 25. März 1985 stammte die Aufgabenstellung für die Bebauung auch vom V R. Diese Umstände lassen auf eine wirtschaftliche Zuordnung des Objekts zum V R schließen. Die Benennung des V R als Rechtsträger in der Kopie des Abnahmeprotokolls vom 31. März 1986 (Anlage K 1) ist ein weiteres wesentliches Indiz für dessen Fondsinhaberschaft am Objekt. In der Anlage 5, Ziffer 6, zu diesem Abnahmeprotokoll wurde als besondere Vereinbarung festgehalten, dass die Finanzierung des endgültigen Preises "durch Rechtsträger R" erfolgt.

Dass die Vorinstanz die Zahlung des in der Kopie des Zahlungsbeleges genannten Betrages von 636.800 Mark der DDR durch den V R zur Übernahme des Objektes im Jahr 1987 an den Magistrat von Berlin nach Würdigung der Aussage des Zeugen L als erwiesen angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen, der im fraglichen Zeitpunkt Betriebsdirektor beim V R war, zutreffend als glaubhaft gewürdigt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Der Zeuge war zwar an dem eigentlichen Zahlungsvorgang nicht beteiligt. Er hat aber ausweislich des erstinstanzlichen Terminsprotokolls die Verpflichtung des V R zu einer finanziellen Beteiligung in einer Größenordnung von 600.000 Mark der DDR bereits vor Ausführung der Bauarbeiten bekundet, die durch einen Vertrag zwischen dem V R und dem VEB Hauptauftraggeber K Wohnungsbau Berlin (V H) begründet worden sei. Dies sei Voraussetzung dafür gewesen, dass der V R ein Dienstleistungsobjekt bekommen sollte. Auf den Vorhalt seines Schreibens vom 23. Juli 1991 (Anlage K 19, Bl. 73 d. A.) konnte der Zeuge sich an den zugrunde liegenden Vorgang erinnern und auch den in dem Schreiben angeführten Zahlungsvorgang bestätigen. Allein der Einwand der Berufung, dass die festzustellende Tatsache zeitlich weit zurück liegt, macht die Aussage des Zeugen L nicht beweisuntauglich.

Weitere von der Klägerin eingereichte Unterlagen sieht das Landgericht zutreffend als Beleg dafür an, dass der V R das Gebäude noch im Jahr 1990 wie ein eigenes Objekt genutzt und verwaltet hat. So finden sich z. B. ein Antrag vom 24. Januar 1989 auf Baubilanzierung für das Planjahr 1990 sowie weitere Schreiben, die für die eigenverantwortliche Instandhaltung durch den V R sprechen (Anlagen K 13-16).

(b) Dass die Klägerin die von der Berufung geforderte Vorlage bestimmter Unterlagen im Original nicht erbringen kann, ist danach im Ergebnis unschädlich. Höhere Nachweisanforderungen können hier nicht gestellt werden. Hinsichtlich des Investitionsleistungsvertrages, der im Abnahmeprotokoll vom 31. März 1986 genannt wird, hat die Klägerin zudem nachvollziehbar dargelegt, dass es sich dabei nicht um eine privatrechtliche Urkunde, sondern um ein DDR-Planungsinstrument handelte, mithin um einen mehrseitigen Vertrag, der vom Magistrat von Berlin verwahrt wurde. Diesem Vorbringen ist der Beklagte nicht substanziiert entgegen getreten. An der wirtschaftlichen Zuordnung des Objekts an den V R bestehen auch nicht deshalb durchgreifende Zweifel, weil dessen Buchung in den dortigen Bilanzen und Grundmittelrechnungen nicht nachgewiesen ist. Dem steht die Vielzahl der zuvor genannten Indizien gegenüber, die geeignet sind, die wirtschaftliche Zuweisung an den Rechtsvorgänger über einen längeren Zeitraum zu belegen. Das Landgericht hat diesen zahlreichen Anhaltspunkten zu Recht ein stärkeres Gewicht beigemessen als dem formalen Nachweis der Fondsinhaberschaft. Damit wird letztlich auch den Umständen sachgerecht begegnet, dass "individuelles" Eigentum an Produktionsmitteln in der ehemaligen DDR keine Rolle spielte und die Klägerin selbst als Rechtsnachfolgerin an diesen Vorgängen nicht beteiligt war.

(c) Schließlich wertet die Vorinstanz es zu Recht als kein Indiz für das Fehlen der Fondsinhaberschaft, dass das streitgegenständliche Grundstück gemäß § 3 Abs. 6 des notariellen Anteilskaufvertrages vom 23. Juli 1991 zwischen der Treuhandanstalt und der Firma A GmbH ausdrücklich bei der Kaufpreisermittlung ausgenommen wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt des gesetzlichen Eigentumserwerbs ist hier derjenige der Umwandlung des V R in die R GmbH mit Eintragung in das Handelsregister am 7. September 1990 (vgl. oben 1 b). Das Landgericht erkennt zutreffend, dass spätere Vereinbarungen zwischen der Treuhandanstalt, als zunächst alleiniger Gesellschafterin der R GmbH, und dem Käufer der Gesellschaftsanteile den einmal eingetretenen gesetzlichen Eigentumserwerb nicht mehr rückgängig zu machen vermögen.

bb) Die alleinige Fondsinhaberschaft des V R an dem streitgegenständlichen Flurstück 334 (vgl. zu dieser Voraussetzung: BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 - V ZR 463/99 - WM 2001, 1002 <1003 f.>) ist nicht deshalb zweifelhaft, weil sich die von der Klägerin eingereichten Alt-Unterlagen teilweise auch auf andere Nutzer des "Dienstleistungswürfels" beziehen. Zwischen den Parteien ist, nachdem im erstinstanzlichen Verfahren die Flurkarte (Bl. 110 d. A.) vorgelegt wurde, unstreitig, dass sich auf dem von der Klägerin begehrten Flurstück 334, das erst nach der Einheit durch Teilung entstanden ist, als Bebauung nur das Gebäude befindet, das seinerzeit vom V R genutzt wurde (vgl. die Protokollerklärung der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18. Juni 2008, Bl. 123 d.A.). Dass auf den unbebauten Flächen des Flurstücks eine Nutzung entweder durch einen anderen Rechtsträger, in Betracht käme hier nur der VH, oder eine zur Nutzung berechtigte Wirtschaftseinheit i. S. d. § 2 Abs. der 5. DVO z. TreuhG im Zeitpunkt der Umwandlung des V R stattgefunden haben könnte, ist nicht dargelegt und bei einer Grundstücksfläche von nur 736 m2 auch nicht wahrscheinlich.

Der V R hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin in dem Objekt ein Verkaufsgeschäft nebst Reparaturwerkstatt für Güter der Konsumelektronik, insbesondere Fernseher, Radiogeräte und Stereoanlagen, betrieben. Demnach ist es nachvollziehbar, dass, wie die Klägerin in der Berufungserwiderung erläutert, auch der rückwärtige, nicht bebaute Abschnitt des Flurstücks 334 mitgenutzt wurde, indem dort täglich Be- und Entladevorgänge durchgeführt wurden.

c) Der Grundbuchberichtigungsanspruch ist auch nicht wegen des Einwands einer unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Das streitgegenständliche Grundstück ist nicht mit einem Restitutionsanspruch des Beklagten als Alteigentümer gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 VZOG i. V. m. Art. 22 Abs. 1 Satz 7, 21 Abs. 3 EV behaftet.

Ein Restitutionsanspruch des Beklagten ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG ausgeschlossen. Nach dieser Regelung wird zwar die Rückübertragung eines Vermögenswertes nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass dieser gemäß § 11 Abs. 2 TreuhG (hier: i. V. m. § 23 TreuhG) in das Eigentum einer Kapitalgesellschaft übergegangen ist, deren sämtliche Aktien oder Geschäftsanteile sich noch in der Hand der Treuhandanstalt befinden. Dies ist hier aber bereits aufgrund des Anteilskaufvertrages vom 23. Juli 1991 (sog. share deal) zwischen der Treuhandanstalt und der Firma A GmbH nicht mehr der Fall. Der Restitutionsausschlussgrund der Anteilsveräußerung könnte nur dann durch ein Wiederaufleben des Rückgabeanspruchs des Alteigentümers verdrängt werden, wenn die Voraussetzungen des § 1 c VZOG (bis 24. April 2006: § 6 des Vermögenszuordnungsergänzungsgesetzes - VZOEG) vorlägen. Das verneint das Landgericht im Ergebnis zutreffend bereits deswegen, weil der Beklagte einen entsprechenden Rückabwicklungsantrag bis zum 30. Juni 1995 hätte stellen müssen (§ 1 c Abs. 1 Satz 1 VZOG). Abgesehen von dieser formalen Präklusion fehlt im Anteilskaufvertrag auch ein Vorbehalt in Gestalt einer Klausel, die dahin zu interpretieren wäre, dass das streitgegenständliche Grundstück der Restitution unterliegen sollte (§ 1 c Abs. 2 VZOG). Deshalb wäre eine Zuordnung an den Beklagten auch materiell nur dann vorzunehmen, wenn der Vermögenswert nicht zur Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen in Anspruch genommen worden wäre (§ 1 c Abs. 3 Nr. 2 VZOG). Dies ist aber der Fall. Das Gebäude wurde unstreitig bis 1993 zum Betrieb einer R-Servicestelle genutzt. Die A GmbH hatte sich nach § 5 des Anteilskaufvertrages zur Übernahme von Arbeitnehmern der Treuhandgesellschaft verpflichtet.

d) Ob die erstmals in der Berufungsinstanz von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung zuzulassen ist, kann hier dahin stehen, weil der Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 898 BGB nicht der Verjährung unterliegt.

Eine Verwirkung des Anspruchs hat das Landgericht zu Recht abgelehnt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat sich gegenüber dem Beklagten bereits 1991 auf das Eigentum an dem Objekt berufen. Eine Aufgabe dieses Anspruchs ist zu keinem Zeitpunkt erkennbar geworden. Zudem ist die Grundbucheintragung des Beklagten erst im Jahre 2006 erfolgt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Überprüfung durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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