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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 11 U 6883/97
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO, BGB, StPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 5 Satz 1
ZPO § 78 Abs. 1 a. F.
ZPO § 81 Halbs. 2 a. F.
ZPO § 83 a. F.
ZPO § 83 Abs. 1 a. F.
ZPO § 83 Abs. 2 a. F.
ZPO § 227 Abs. 1 a. F.
ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
BGB § 195 a. F.
BGB § 222 Abs. 1 a. F.
BGB § 346 a. F.
BGB § 348 a. F.
BGB § 459 a. F.
BGB § 459 Abs. 1 a. F.
BGB § 462 a. F.
BGB § 465 a. F.
BGB § 467 a. F.
BGB § 477 Abs. 1 Satz 1 a. F.
StPO § 359
Ein strafgerichtliches Urteil entfaltet für den Zivilprozess keine Bindungswirkung. Die in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen können im Zivilprozess aber als Beweismittel verwendet werden. In der Regel wird den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht von den Parteien gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 11 U 6883/97

verkündet am : 25. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2006 durch die Präsidentin des Kammergerichts Nöhre als Vorsitzende, die Richterin am Kammergericht Dr. Emmrich und den Richter am Amtsgericht Dr. Elzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das am 8. August 1997 verkündete Teilurteil des Landgerichts Berlin - 35 O 684/96 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Tatbestand:

Der Kläger und der Beklagte zu 1) schlossen zwischen Februar und Juli 1994 insgesamt vier Kaufverträge. Geschuldeter Kaufgegenstand waren jeweils Originalgemälde. Übersicht:

 Kaufdatumangegebener Künstlerverkauftes Bildangeblich gezahlter Preis
    
Februar 1994Carl JutzHühnerhof mit Pfau32.000,00 DM
Februar 1994Lesser UryPferdekutsche im Tiergarten45.000,00 DM
März 1994Walter Leistikow Schlachtensee 90.000,00 DM
Juli 1994Walter LeistikowLandschaft (Aquarell) 22.000,00 DM
   189.000,00 DM

Im Sommer 1995 stellte die Polizei unter dem Verdacht der Fälschung sämtliche verkauften Bilder sicher.

Der Kläger hat behauptet:

Es handele sich - wie der Beklagte zu 1) auch gewusst habe - bei allen vier Bildern jeweils um keine Originale. Er habe für das im Juli 1994 gekaufte Bild 22.000,00 DM bezahlt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 189.000,00 DM nebst 6,6 % Zinsen von 77.000,00 DM seit dem 18. Februar 1994, von 90.000,00 DM seit dem 18. März 1994, von 17.400,00 DM seit dem 8. Juli 1994 und von 4.500,00 DM seit dem 1. August 1994 zu verurteilen.

Der Beklagte zu 1) hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der vom Kläger genannten Bilder hat er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Er hat sich ferner darauf berufen, dass jedenfalls vertragliche Ansprüche verjährt seien. Außerdem hat er behauptet:

Neben dem im März 1994 verkauften Bild habe er dem Kläger auch 30 Karat Saphire im Wert von 200,00 DM - 250,00 DM/Karat (= 6.000,00 DM - 7.500,00 DM), eine Zeichnung des Malers B. Liebig und einen Bilderrahmen verkauft. Für das im Juli 1994 gekaufte Bild habe er nur 13.500,00 DM oder 15.500,00 DM erhalten. Er habe für dieses Entgelt auch eine Zeichnung des Malers B. Liebig verkauft.

Das Landgericht Berlin hat der Klage durch ein am 8. August 1997 verkündetes Teilurteil bis auf 2.000,00 DM stattgegeben. Der Kläger selbst habe nicht behauptet, mehr als 20.000,00 DM für das im Juli 1994 verkaufte Aquarell bezahlt zu haben. Die Klage habe im Übrigen Erfolg, weil der Kläger wandeln könne. Der Fehler der Bilder bestehe bereits darin, dass die Beklagten dem Kläger der Wahrheit zuwider unstreitig vorgespiegelt haben, die verkauften Bilder stammten aus dem Familienbesitz des Beklagten zu 1). Auf das Urteil wird zur näheren Sachdarstellung im Übrigen Bezug genommen.

Gegen das ihm am 19. August 1994 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 1) mit bei Gericht am 16. September 1994 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er bestreitet weiterhin, dass die Bilder gefälscht sind. Der Kläger legt nochmals im Einzelnen dar, für das im Juli 1994 gekaufte Aquarell insgesamt 22.000,00 DM bezahlt zu haben.

Nach einer Anklage der Staatsanwaltschaft vom 7. Mai 1996 hat das Landgericht Berlin ([510] 5 Wi Js 158/96 Kls [26/96]) die Beklagten am 12. April 2002 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Wegen des Inhalts des Strafurteils und seines Gegenstandes wird auf die Urteilsabschrift, Bl. 110 Band III, verwiesen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. August 1997 8. August 1997 - 35 O 684/96 - abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. August 1997 - 35 O 684/96 - aufzuheben und zu erneuter Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Berufung an das Landgericht Berlin zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat gem. Beweisbeschluss vom 16. Dezember 1999 Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten. Für das Ergebnis wird auf das Gutachten, Bl. 80 Band II, verwiesen.

Der Beklagte zu 1) hat am 10. Januar 2006 per Fax um Verlegung des Termins am 11. Januar 2006 gebeten. Im Termin hat er sich durch die für seinen Bevollmächtigten auftretende Terminsvertreterin nicht angemessen vertreten gefühlt und diese zur Wahrnehmung seiner Interessen als nicht geeignet angesehen. Er hat insoweit die Meinung vertreten, dass sein Prozessbevollmächtigter nicht berechtigt gewesen sei, eine Vertreterin zu benennen. Er - der Beklagte zu 1) - habe seinem Anwalt die Erteilung einer Untervollmacht nicht gestattet.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

1) Auf das Berufungsverfahren ist nach § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO das am 31. Dezember 2001 geltende Zivilprozessrecht anzuwenden. Die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht ist vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden.

3) Ein Mangel der Postulationsfähigkeit ist nicht zu erkennen. Der Beklagte war im Termin am 11. Januar 2006 im Sinne von § 78 Abs. 1 ZPO a. F. ordnungsgemäß vertreten. Nach § 81 Halbs. 2 ZPO a. F. umfasste die Rechtsanwalt Rnn vom Beklagten zu 1) unstreitig erteilte Prozessvollmacht auch die Befugnis, für einzelne Handlungen eine andere am Kammergericht zugelassene Rechtsanwältin als Unterbevollmächtigte für die Wahrnehmung des Termins zu bestellen. Diese Prozessvollmacht war nach § 83 ZPO a. F. nur in engen Grenzen beschränkbar. § 83 Abs. 1, Abs. 2 ZPO a. F. gibt einer Prozessvollmacht in einem Anwaltsprozess im Außenverhältnis gegenüber dem Gegner und (über seinen Wortlaut hinaus) auch gegenüber dem Gericht (BGH NJW 2001, 1356; Bork in Stein/Jonas, 22. Aufl. 2004, § 83 ZPO Rn 5) einen relativ weiten und zwingenden Inhalt, soweit nicht - anders als hier - gerade die Anwendung von § 83 ZPO a. F. eine Interessenskollision zwischen Anwalt und Mandant begründet (BGH NJW 1991, 1176, 1177). Der Beklagte konnte nach § 83 Abs. 1 ZPO a. F. die seinem Bevollmächtigten erteilte Prozessvollmacht gegenüber dem Kläger und dem Kammergericht nicht wirksam dahin beschränken, dass der Bevollmächtigte zu einer Bestellung eines Terminsvertreters nicht (mehr) berechtigt war. Dies galt auch dann, wenn - wie hier - dem Gericht und dem Gegner die im Innenverhältnis zulässige Beschränkung der Prozessvollmacht bekannt geworden war (BGH NJW 2001, 1356; NJW 1991, 1176, 1177).

2) Für die beantragte Verlegung des Termins gab es keinen Anlass. Der Beklagte zu 1) machte keinen gesetzlich anerkannten erheblichen Grund i. S. v. § 227 Abs. 1 ZPO a. F. geltend. Wie ohne weiteres aus § 81 Halbs. 2 ZPO a. F. folgt, liegt allein in der Vertretung durch einen Terminsvertreter kein Grund, einen Termin zu verlegen.

II.

Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) jedenfalls einen Anspruch auf Wandlung aus §§ 462 BGB a. F., 465 BGB a. F., 459 BGB a. F., 467 BGB a. F., 346 BGB a. F., 348 BGB a. F. auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Gemälde.

1) a) Die dem Kläger in 1994 verkauften vier Bilder sind mangelhaft, weil sie nicht von ihren angeblichen Schöpfern herrühren und keine Originale sind. Ein Bild, das nicht von seinem Schöpfer stammt, als dessen Werk es verkauft worden ist, weist einen Fehler im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB a. F. auf (BGH JZ 1989, 41, 42; Westerholt/Graupner NJW 1978, 794). Es entspricht gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, dass es sich bei der Unechtheit eines Kunstwerkes um einen Fehler i. S. d. § 459 Abs. 1 BGB a. F. handelt, der Gewährleistungsansprüche und insbesondere eine Wandlungsbefugnis auslösen kann (BGH NJW 1995, 1673, 1674; NJW 1980, 1619; BGHZ 63, 369 , 371 f. m. w. Nachw.). Wird ein Bild als von einem bestimmten Künstler stammend, also "als echtes", verkauft, ist seine Echtheit ein vertraglich vereinbartes Beschaffenheitsmerkmal, seine Unechtheit mithin ein Fehler (OLG München OLGReport München 2002, 97; OLG Saarbrücken OLGReport Saarbrücken 2001, 145) und keine Falschlieferung.

b) Keines der vier Gemälde stammt von den ihnen jeweils zugeschriebenen Künstlern. Der Senat stützt seine eigene Überzeugung in dieser Frage vor allem, aber nicht nur, auf die Feststellungen des Landgerichts Berlin im Urteil vom 12. April 2002 ([510] 5 Wi Js 158/96 Kls [26/96]). Er geht nach den von der Strafkammer des Landgerichts Berlin erhobenen Beweisen, den dort vom Beklagten zu 1) gemachten Teilgeständnis und dem umfassenden Geständnis des Beklagten zu 2) davon aus, dass sämtliche Bilder gefälscht sind. Ein strafgerichtliches Urteil entfaltet zwar für den Zivilprozess keine Bindungswirkung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO). Gleichwohl können die in einem Strafurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Zivilprozess als Beweismittel verwertet werden (OLG Koblenz NJW-RR 1995, 727). Bereits das Reichsgericht hat die Verwertung von Feststellungen in einem vorausgegangenen Strafurteil in mehreren Entscheidungen für zulässig erachtet (RG JW 1885, 182; RG Gruchot 52, 446, 448). Die spätere Rechtsprechung hat sich dieser Auffassung angeschlossen (BGH WM 1973, 561; BayObLGZ 1959, 115; LG Essen MDR 1947, 68, 69). Angesichts der Identität des den Gegenstand dieses Rechtsstreits und den des Strafverfahrens bildenden Sachverhalts darf daher einerseits das rechtskräftige Strafurteil und dürfen andererseits die urkundlich zu verwertenden Aussagen der Beklagten nicht unberücksichtigt bleiben. Zwar hat sich der Zivilrichter seine Überzeugung grundsätzlich selbst zu bilden und ist daher an die Tatsachenfeststellungen eines Strafurteils nicht gebunden. Das enthebt ihn jedoch nicht der Pflicht, sich jedenfalls mit den im Strafurteil getroffenen Feststellungen gründlich auseinander zu setzen, soweit diese für die eigene Beweiswürdigung relevant sind (BGH BGHR EGZPO § 14 Abs. 2 Nr. 1 Strafurteil 1; OLG Koblenz AnwBl 1990, 215). Dabei wird in der Regel den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit von den Parteien vorgebracht werden (OLG Köln FamRZ 1991, 580 ff. m.w.N.).

c) aa) Solche Gründe legt der Beklagte zu 1) nicht dar; sie sind auch im Übrigen nicht zu erkennen. Insbesondere behauptete der Beklagte zu 1) bis zum Termin nicht, dass sein oder das Geständnis des Beklagten zu 2), dass für diesen von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten abgegeben worden war, falsch seien oder unter Zwang abgegeben worden sind. Dass der Beklagte zu 1) mit einem dem Gericht erst am 12. Januar 2006 bekannt gewordenem Fax (das angeblich vom 6. Dezember 2005 stammt) und auch im Termin vortrug, sein "3/5 Geständnis" mittlerweile widerrufen zu haben, ist ebenso wie die unstreitige Tatsache, dass das Geständnis des Beklagten zu 2), des Kaufmanns Knn Bnnn , von dessen Rechtsanwalt abgegeben worden war, prozessual unerheblich. Die Erklärung des Beklagten zu 2) konnte im Strafverfahren auch von dessen Rechtsanwalt eingeführt werden. Sollte es sich hingegen als wahr erweisen, dass sich der Beklagte zu 1) von seinem Geständnis lösen will, könnte diese Hilfstatsache jedenfalls solange nicht berücksichtigt werden - und würde den Feststellungen des Strafurteils nicht entgegen stehen -, wie das Strafverfahren zu Gunsten des Beklagten zu 1) nicht gem. § 359 StPO wenigstens wieder aufgenommen worden ist.

bb) Diese Fragen können hier im Ergebnis freilich auch offen bleiben. Denn auch ein Widerruf des oder der Geständnisse führte letztlich zu keiner anderen Bewertung der Sachlage. Die chemischen Untersuchungen von Frau Dr. Hnnnn (PTU Berlin) und die vom Senat und der Strafkammer eingeholten kunsthistorischen Begutachtungen würden im Zusammenhang mit den Feststellungen der Strafkammer für die Überzeugung, dass die Gemälde keine Originale sind, im Ergebnis ausreichen. Sämtliche eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen haben stets zum Ergebnis gehabt, dass die Bilder keine Originale, sondern vielmehr zum Teil schlecht gemachte Fälschungen sind. Etwa der Gutachter Pnnnn bezeichnete das Carl Jutz zugeschriebene Gemälde als "mit absoluter Sicherheit kein Originalgemälde" und als "relativ schlechte Nachahmung". Diese Einschätzung wird vom Beklagten zu 1) auch nicht angegriffen. Es ist ferner nicht zu erkennen, dass der Gutachter keine entsprechende Sachkunde besitzt oder das Bild falsch bewertet hätte. Der Sachverständige Prof. Dr. Rnnn bekundete hingegen, dass das Lesser Ury zugeschriebene Gemälde (Pferdekutsche im Tiergarten) als Original des Künstlers "nicht bestehen" kann und dass das Walter Leistikow zugeschriebene Gemälde "Schlachtensee" eine Fälschung sei. Auch hiergegen sind keine erheblichen Einwände geltend gemacht worden oder zu erkennen. Die in der Anklageschrift genannte Sachverständige Margit Bnnn hielt alle Walter Leistikow zugeschriebenen Gemälde für falsch. Schließlich schätzten auch der Leiter der naturwissenschaftlichen Abteilung am Doerner-Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Dr. Bnnnn sowie Herr Dr. Knnn alle untersuchten Gemälde als "mit Sicherheit für falsch" ein.

cc) Zwar ist einzuräumen, dass die jeweiligen Untersuchungen für sich betrachtet teilweise unvollkommen und teilweise auch angreifbar sind. Die für § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendige Überzeugung ließe sich ggf. nicht auf ein einzelnes Gutachten oder nur eine Stellungnahme stützen. Eine Gesamtbetrachtung sämtlicher eingeholter und in den jeweiligen Verfahren bekannt gewordener Stellungnahmen lässt aber ohne weiteres den für die notwendige Überzeugung sicheren Schluss zu, dass keines der Bilder von seinem angeblichen Schöpfer stammt. Dieser Schluss ist jedenfalls dann zulässig und hier sogar geboten, wenn neben den kunsthistorischen Begutachtungen verschiedener, auf ihrem Sachgebiet jeweils besonders bedeutender Sachverständiger eine eindeutige chemische Untersuchung für drei der Gemälde (nur das Walter Leistikow zugeschriebene Aquarell war im Strafverfahren nicht begutachtet worden) vorliegt. Daneben kann bei einer freien Beweiswürdigung nicht ohne Eindruck bleiben, dass einer der Beklagten (der Beklagte zu 2, Knn Bnnn ) die Fälschungen einmal eingestanden hat, der andere Beklagte (der Beklagte zu 1) vor dem Strafgericht hingegen einräumte, die Bilder ausschließlich von diesem bezogen zu haben. Bei dieser unstreitigen Sachlage und bei der Vielzahl der bekannt gewordenen, auf eine Fälschung der jeweiligen Gemälde hinweisenden Tatsachen und Hilfstatsachen muss weiteren, möglichen Zweifeln im Ergebnis und unter sorgfältiger Abwägung aller Umstände Schweigen geboten werden.

2) Der Beklagte zu 1) ist auch nicht gem. § 222 Abs. 1 BGB a. F. berechtigt, die Leistung zu verweigern. Nach den noch anwendbaren §§ 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F., 195 BGB a. F. verjährte der Anspruch des Klägers auf Wandlung nämlich nicht vor Ablauf von dreißig Jahren. Der Beklagte zu 1) handelte arglistig, weil er in dem Kläger den Irrtum erregte, die verkauften Bilder seien Originale. Er war zu einer Aufklärung verpflichtet, weil er vom Beklagten zu 2) wusste, dass die Bilder nicht von ihren angeblichen Schöpfern stammten. Der Senat schließt sich für diese Überzeugung einerseits den Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils und den auch insoweit überzeugenden Feststellungen der Strafkammer im Urteil vom 12. April 2002 ([510] 5 Wi Js 158/96 Kls [26/96]) an. Andererseits ist auch im hiesigen Verfahren nicht deutlich geworden, worauf der Beklagte zu 1) gegenüber dem Beklagten zu 2) sein (behauptetes) Vertrauen wegen der Echtheit der Bilder gestützt hat. Von besonderer Bedeutung ist weiter, dass sich der Beklagte zu 1) für die Bilder umfangreiche "Legenden" ausgedacht hatte. Für drei der Bilder fertigte er wenigstens wegen ihrer "Provenienz" unstreitig unzutreffende Expertisen. Ferner legte er angeblich von seiner Mutter stammende Erklärungen über die jeweilige Herkunft der Bilder vor. Diese Erklärungen sind aber - wie der Beklagte zu 1) vor dem Strafgericht eingeräumt hat - falsch. Der Beklagte zu 1) hat schließlich über seinen Prozessbevollmächtigten angeblich auf den Rückseiten der Bilder befindliche "Hinweiszettel" zu den Akten gereicht. Auch diese Hinweiszettel sind aber nach der eigenen Aussage des Beklagten zu 1) gefälscht. Für alle diese falschen Herkunftsangaben und die Entwicklung der Legenden gäbe es keine vernünftige Erklärung, wenn der Beklagte zu 1) davon ausgegangen wäre, dass die Bilder Originale darstellten. Für die bewusst gewollte Verschleierung ihrer Herkunft gab es vielmehr nur dann einen Anlass, wenn der Beklagte zu 1) um die Fälschung der verkauften Bilder wusste - oder diese wenigstens billigend in Kauf nahm.

3) Der Beklagte zu 1) hat seinen Vortrag, für das angeblich von Walter Leistikow stammende Gemälde (Landschaft; Aquarell) nur maximal 15.500,00 DM erhalten zu haben, nicht weiter verfolgt. Insoweit kann für die zweite Instanz auf das erstinstanzliche Urteil und die dortigen Ausführungen sowie auf die weiteren, erst jetzt erfolgten Darlegungen des Klägers verwiesen werden. Der Beklagte zu 1) greift diesen Vortrag weiterhin nur unzureichend an. An die unstreitig mitverkauften Saphire, den Bilderrahmen und die angeblich von B. Liebig stammende Zeichnung knüpft der Beklagte zu 1) hingegen keine Rechte.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Überprüfung durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung, §§ 543 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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