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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.01.2004
Aktenzeichen: 12 U 139/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 301
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 252
BGB § 252 Satz 2
Zur Darlegungs- und Beweislast des Verdienstausfalls des Betreibers einer Imbissstube (infolge von Mietmängeln; hier: unzureichende Darlegung trotz der Erleichterungen gem. § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO, so dass Beweisaufnahme eine unzulässige Sachverhaltsausforschung wäre).
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes Teilurteil

Geschäftsnummer: 12 U 139/02

Verkündet am: 12. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2004 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 13. Februar 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin - 32 O 277/01 - wird insoweit zurückgewiesen, als sich der Beklagte mit ihr gegen die Verurteilung zur Zahlung von mehr als 2.040,26 EUR nebst anteiliger Zinsen wendet.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Mit Ausnahme der vom Landgericht zugesprochenen Mieten für die Monate März und April 2000 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung reif. Das Gericht konnte daher, wie geschehen, insoweit durch Teilurteil nach § 301 ZPO entscheiden.

1. Ohne Erfolg macht der Beklagte mit der Berufung geltend, entgegen dem Urteil des Landgerichts habe er die Mieten für die Monate März, April und Mai 2000 tatsächlich an die Hausverwaltung der Kläger gezahlt.

Hinsichtlich der Miete für die Monate März und April 2000 fehlt es nach wie vor an einem Beweisantritt des Beklagten für die behaupteten Zahlungen. Der Beklagte trägt nicht einmal vor, wann und in welcher Weise (bar/per Überweisung?) er die Zahlungen geleistet haben will. Auch dem Schreiben der Hausverwaltung vom 21. August 2000 kann nicht entnommen werden, dass die Mieten für die Monate März und April 2000 gezahlt worden seien. Dort wird lediglich geltend gemacht, dass die Mieten für die Monate Juli und August 2000 nicht gezahlt worden seien, ohne dass dem Schreiben entnommen werden könnte, dass es sich insoweit um eine vollständige Aufstellung aller noch offenen Mietzinszahlungen handeln würde. Im Gegenteil ergibt sich aus dem vom Beklagten selbst eingereichten Schreiben der Hausverwaltung vom 27. September 2000, dass die Mieten für März und April 2000 nicht gezahlt worden sind.

Hinsichtlich der Miete für Mai 2000 haben die Kläger zwar auf einen entsprechenden Vortrag des Beklagten hin eingeräumt, dass eine am 21. Juni 2000 eingegangene Zahlung des Klägers eine Zweckbestimmung für die Miete Mai 2000 aufgewiesen habe, während sie tatsächlich auf die Miete für Juni 2000 angerechnet worden sei. In der Sache ändert dies jedoch an der Höhe der Klageforderung nichts, da bei einer Verrechnung der Zahlung auf den Mietzins für Mai 2000 nunmehr der Mietzins für Juni 2000 offen sei. Die Kläger haben hinreichend deutlich gemacht, dass sie die Klageforderung nunmehr auf den Mietzins für Juni 2000 stützen wollen. Eine hierin liegende Klageänderung ist in jedem Fall sachdienlich (§ 263 ZPO zweiter Fall). Der Sache nach ist der Beklagte dem Vorbringen der Kläger, wonach für die Mieten Mai/Juni 2000 insgesamt nur eine Zahlung erfolgt ist, nicht substantiiert und unter Beweisantritt entgegen getreten. Nur der Vollständigkeithalber sei daher darauf hingewiesen, dass der entsprechende Vortrag des Beklagten erstmals in der zweiten Instanz erfolgt ist, ohne dass der Beklagte die Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 ZPO vorgetragen hat.

2. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf eine Aufrechnung mit behaupteten Gegenansprüchen wegen entgangenen Gewinn aus dem Betrieb der Imbissstube in Höhe von 4.500,00 DM sowie entgangener Einnahmen aus Spielautomaten in Höhe von 4.000,00 DM. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat das Landgericht die Beweiserleichterungen für entgangenen Gewinn gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO nicht verkannt. Zwar mindern die §§ 252 Satz 2 BGB, 287 ZPO auch die Darlegungslast (BGH VersR 1968, 888 ff.; KG DAR 2003, 168 m.w.N.), so dass eine volle Substantiierung nicht gefordert werden kann. Vielmehr genügt es, wenn der Geschädigte hinreichend Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO liefert (BGH NJW 1998, 1633, 1635; KG a.a.O.). Steht fest, dass ein der Höhe nach nicht bestimmbarer, aber erheblicher Schaden entstanden ist, ergibt sich in der Regel aus den Umständen eine hinreichende Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens (BGH NJW-RR 1996, 1077). Auch die erleichterte Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO lässt jedoch eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens nicht zu, sondern verlangt die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung (BGH NJW 2001, 684).. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den behaupteten Verdienstausfallschaden nicht hinreichend dargetan.

Weder hat der Beklagte für die Berechnung des geltend gemachten Verdienstausfallschadens einen konkreten Vergleichszeitraum genannt und die in diesem Vergleichszeitraum erzielten Umsätze sowie die tatsächlich angefallenen Kosten für Personal, Energie, Waren etc. im Einzelnen dargetan noch hat er die für den geltend gemachten Zeitraum von Anfang Februar bis Ende April 2000 angefallenen tatsächlichen Kosten der in den streitgegenständlichen Räumen befindlichen Imbissstube vorgetragen. Unter den gegebenen Umständen würde die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die vom Beklagten beantragte Vernehmung des Steuerberaters des Beklagten als Zeugen auf eine unzulässige Sachverhaltsausforschung hinauslaufen. Auch hat der Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte dargetan, die es dem Gericht ermöglichen würden, einen Mindestschaden zu schätzen. Dagegen spricht bereits, dass der Beklagte mit dem von ihm selbst als Anlage K 4 eingereichten Schreiben vom 16. Juni 2000 gegenüber der Hausverwaltung geltend gemacht hatte, es sei ihm seit dem 1. August 1995 nicht möglich gewesen, "den Laden rentabel zu bewirtschaften". Bisher sei es ihm nicht gelungen, jemals Gewinn zu erwirtschaften.

Eines rechtlichen Hinweises des Landgerichts auf die fehlende Substantiierung bedurfte es nicht, nachdem die Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2001 ausdrücklich auf das Problem hingewiesen hatten. Im Übrigen wäre das Unterlassen eines entsprechenden Hinweises des Landgerichts im ersten Rechtszug auch nicht für das Unterbleiben eines ausreichenden Vertrages seitens des Beklagten ursächlich geworden. Denn auch, nachdem das Landgericht die Frage der hinreichenden Darlegung im Urteil - wenn auch äußerst knapp - angesprochen hat, hat der Beklagte keinen Anlass gesehen, seinen Vortrag zu ergänzen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Vortrag auch dann unterblieben wäre, wenn das Landgericht dem Beklagten vor seiner Entscheidung Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens gegeben hätte.

3. Auch soweit sich der Beklagte zur Verteidigung gegen die Klageforderung auf die Aufrechnung mit nach seiner Behauptung entstandenen nutzlosen Aufwendungen "in einer Größenordnung von mindestens 10.000,00 DM" beruft, bleibt das Rechtsmittel erfolglos. Auch hier fehlt es an jeglicher Darlegung, die eine Überprüfung des Beklagtenvorbringens ermöglichen würde. Die Ausführungen zu 2. gelten entsprechend.

4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

5. Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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