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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: 12 U 143/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139
Zu den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Behauptung über den Erwerb des Eigentums an dem später durch Unfall beschädigten Fahrzeug.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 143/03

verkündet am : 15.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2005 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 26. Februar 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin - 24 O 199/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis dafür, dass er zum Zeitpunkt des streitigen Schadensereignisses am 23. Dezember 2001 Eigentümer des Pkw Audi A8 quatro mit dem amtlichen Kennzeichen B-n nn war, nicht erbracht.

a) Allerdings kann dem Landgericht nicht darin gefolgt werden, wenn es meint, der Kläger habe seine Aktivlegitimation schon nicht hinreichend dargetan.

Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen.

Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind (BGH NJW 1991, 2707, 2709; NJW RR 1996, 1402; NJW RR 1998, 1409; NJW 1999, 360; ständige Rechtsprechung; vgl. auch OLG Köln, NJW RR 1999, 1155). Das Gericht muss nur in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen oder nicht (BGH NJW 1991, 2707, 2709).

Dabei ist der Umfang der Darlegungspflicht unabhängig vom Grad der Wahrscheinlichkeit des behaupteten Vorbringens (BGH NJW RR 1993, 189). Es ist nicht Zweck der Substantiierungslast, den Gegner in die Lage zu versetzen, möglichst eingehend zu erwidern. Zwar richtet sich der Umfang der Darlegungslast grundsätzlich auch nach der Einlassung des Gegners. Eine Zergliederung der Sachdarstellung in Einzelheiten ist jedoch nicht schon dann erforderlich, weil der Gegner bestreitet (BGH NJW 1991, 2707, 2709). Vielmehr bedarf der Tatsachenvortrag einer Ergänzung nur dann, wenn er infolge der Einlassung des Gegners unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt (BGH a. a. O.).

Zur Schlüssigkeit des Parteivortrages zum Abschluss einer Vereinbarung bedarf es auch nicht der Angabe, wann und wo der Vertrag geschlossen sein soll. Denn bei der Frage des Zeitpunktes des Abschlusses einer Vereinbarung handelt es sich nur um eine Einzelheit, die für die Bejahung der Rechtsfolge und damit für die Schlüssigkeit ohne Bedeutung ist (BGH NJW RR 1996, 1212). Sie kann vom Gericht erfragt werden, wenn dies für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundung erforderlich erscheint (BGH a. a. O.).

Hier hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. August 2002 vorgetragen, der als Zeuge vernommene Ann Hnnn habe den Audi A8 im Auftrag des Klägers mit dessen Geld am 4. Juli 2000 vom Autohaus Nnn erworben habe. Der Verkäufer Annn habe Hnnn das Fahrzeug übergeben und ihm Eigentum eingeräumt. Hnnn habe das Fahrzeug zwischen dem 4. Juli und 10. Juli 2000 dem Kläger übergeben, wobei beide sich einig darüber gewesen seien, dass das Eigentum an dem Fahrzeug auf den Kläger übergehen sollte. Diesen Vortrag hat der Kläger nochmals im Schriftsatz vom 11. November 2002 auf Seite 4 unter Beweisantritt wiederholt. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast genügt.

Wenn das Landgericht beabsichtigte, abweichend von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs höhere Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen, so wäre es zudem verpflichtet gewesen, unmissverständlich auf den seiner Ansicht nach fehlenden Sachvortrag hinzuweisen. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht, indem es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt (BGH NJW 2002, 3317).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts wäre die Vernehmung des Zeugen Hnnn auch nicht auf eine unzulässige Sachverhaltsausforschung hinausgelaufen.

Von einer Ausforschung kann nur dann gesprochen werden, wenn der Antragsteller ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufstellt, um durch die Beweisaufnahme beweiserhebliche Tatsachen erst zu erfahren und sie dann zur Grundlage eines Parteivortrags zu machen; um eine Ausforschung geht es demgegenüber nicht, wenn der Antragsteller, wie hier der Kläger, die beweiserheblichen Tatsachen selbst in das Wissen des Zeugen stellt (BGH NJW 1995, 2011, 2012; ständige Rechtsprechung).

b) Der Kläger hat den ihm obliegenden Beweis für die Richtigkeit seiner Darstellung zum Eigentumserwerb an dem Audi A8 jedoch nicht erbracht. Zwar hat der Zeuge Hnnn die Sachverhaltsdarstellung der Klägers im Wesentlichen bestätigt, doch hat das Gericht Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage. So ist es schon nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum es erforderlich gewesen sein soll, dass Hnnn und nicht der Kläger selbst gegenüber dem Autohaus Nnn als Käufer aufgetreten ist. Um die nach dem Vortrag des Klägers bestehenden Verbindungen zwischen Hnnn und dem Mitarbeiter des Autohaus Nnn Annn zu nutzen, hätte es im Zweifel auch ausgereicht, wenn Hnnn lediglich als "Vermittler" aufgetreten wäre. Auch fällt auf, dass zwar ein schriftlicher Kaufvertrag zwischen dem Autohaus Nnn und Hnnn unterzeichnet wurde, nicht aber zwischen Hnnn und dem Kläger, obwohl doch im Ergebnis der Kläger Käufer des Fahrzeugs sein sollte. Es kommt hinzu, dass nach der Aussage des Zeugen Hnnn dieser das Fahrzeug in regelmäßigen Abständen unentgeltlich vom Kläger überlassen bekommt.

Auch zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Schadensereignisses war Hnnn Fahrer des Audi A8. Diese Umstände lassen es als naheliegend erscheinen, dass tatsächlich nicht der Kläger, sondern Hnnn selbst Eigentümer des Fahrzeugs werden sollte. Dazu passt auch der Umstand, dass Hnnn die Verhandlungen mit der Snnnn GmbH & Co. KG wegen der Reparatur des Audi A8 geführt hat.

Erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen Hnnn ergeben sich für das Gericht auch aus der Aussage des Zeugen Hnnn Pnnn . Dieser hat bekundet, er sei zur fraglichen Zeit für den Fuhrpark der Snnnn GmbH & Co. KG verantwortlich gewesen. Eine ihm bis dahin unbekannte Person, die sich als der Kläger ausgegeben habe, habe ihm gegenüber Gewährleistungsansprüche wegen eines Getriebeschadens an dem Audi A8 geltend gemacht und habe in diesem Zusammenhang eine - gefälschte - Rechnung vorgelegt. Später habe er, der Zeuge Pnnn , diese Person anlässlich einer Gerichtsverhandlung beim Amtsgericht Charlottenburg im Gerichtssaal gesehen. Als er ihn angesprochen habe, habe sich herausgestellt, dass es sich bei der Person, die ihm gegenüber als Bnnn Pnn aufgetreten war, um den Zeugen Hnnn gehandelt habe.

Das Gericht hat nach dem persönlichen Eindruck, den es in der mündlichen Verhandlung von dem Zeugen Pnnn , der, soweit ersichtlich, kein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, keinen Anlass, an der Richtigkeit seiner Aussage zu zweifeln. Auch die Parteien ziehen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen Pnnn nicht in Zweifel.

Wenn danach aber davon auszugehen ist, dass der Zeuge Hnnn im Geschäftsverkehr unter fremdem Namen auftritt und zudem bei seiner Vernehmung durch das Gericht trotz intensiver Befragung zu den Umständen der Auftragserteilung und der weiteren Geschehensabläufe keinen Anlass gesehen hat, diesen doch erheblichen Umstand mitzuteilen, so erwachsen hieraus Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Zudem deutet der Umstand, dass Hnnn auch nach dem Schadensereignis vom 23. Dezember 2001 im Geschäftsverkehr als Eigentümer des Audi A8 aufgetreten ist, darauf hin, dass nicht der Kläger, sondern Hnnnn Eigentümer des Fahrzeugs war.

Die sich aus den vorgenannten Umständen ergebenden Zweifel gehen zu Lasten des Klägers, der hinsichtlich der Umstände, aus denen er seine Aktivlegitimation herleitet, die volle Beweislast trifft.

Die Klage ist daher nicht begründet.

2. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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