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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 06.07.2006
Aktenzeichen: 12 U 157/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 536 Abs. 1
ZPO § 287
ZPO § 531 Abs. 2
Ist die Zufahrt zu den Gewerberäumen durchgängig halbseitig durch ein Tor verschlossen, so dass der Mieter keine Zufahrt mit einem Fahrzeuganhänger hat, so liegt ein Mangel der Mietsache vor, da zur Nutzung der Mieträume - auch ohne ausdrückliche Vereinbarung - die Zufahrt in voller Breite gehört. Trägt der Mieter nicht hinreichend konkret die Auswirkungen des halb geschlossenen Hoftores auf seinen Geschäftsbetrieb (Verkauf von Motorradteilen) vor, kann eine konkrete Minderung der Miete wegen dieses Umstands nicht festgestellt werden.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 157/05

verkündet am : 06.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 06.07.2006 durch den Richter am Kammergericht Dr. Wimmer als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 18. Juli 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 34 O 254/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6.174,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.989,10 EUR seit dem 14. Januar 2005 sowie weitere Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.185,35 EUR seit dem 30. März 2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume in Bnnn -Pnnnnn Bnn , Onnnnn Straße n , für die Zeit von Dezember 2003 bis März 2005 in Höhe von 6.174,45 EUR abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Mietzins sei wegen einer erheblichen Zufahrtsbehinderung in diesem Umfang gemindert, denn die Kläger hätten vertragswidrig das Tor zur Hofdurchfahrt seit Dezember 2003 zur Hälfte geschlossen gehalten. In diesem Zusammenhang hat es die Formel "halbes Tor - halbe Miete" verwendet. Wegen der Einzelheiten wird auf das am 18. Juli 2005 verkündete Urteil Bezug genommen.

II.

Die hiergegen form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist erfolgreich. Entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtfertigen die Darlegungen des Beklagten die von ihm beanspruchte Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB nicht.

1. Eine Mietminderung ist nicht wegen des halb geschlossenen Hoftores gerechtfertigt.

a) Zwar hat das Landgericht auf Seite 6 der Urteilsgründe einen Mangel der Mietsache dem Grunde nach insoweit rechtsfehlerfrei bejaht.

Zur im Vertrag vom 1. Juli 2000 zwischen den Parteien vereinbarten Nutzung der Gewerbemieträume gehört auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Nutzung der Zufahrt durch den Beklagten, und zwar in voller Breite. Auf die Auseinandersetzung der Parteien zu der Frage, ob das Tor bereits seit 1993 durchgängig halbseitig verschlossen war (so die Kläger) oder ob es stets offen war und die Einfahrt mit einem Fahrzeuganhänger befahren werden konnte (so der Beklagte), kommt es nicht an, denn durch eine halbseitige Schließung des Tores wäre der vertraglichen Anspruch des Beklagten auf die volle Nutzung der vorhandenen Zufahrt nicht berührt. Selbst wenn man durch den Vertrag eine Nutzung der Mietsache "wie sie liegt und steht" annehmen will, würde das nicht von vornherein zu einem Nutzungsrecht nur an der halb geöffneten Einfahrt führen. Schließlich ist ein halbgeöffnetes Tor keine unabänderliche bauliche Konstante.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte jedoch keine hinreichenden Umstände zum konkreten Ausmaß der durch die hälftige Torschließung verursachte Minderung der Tauglichkeit dargelegt; der Vortrag bietet auch keine Grundlage für eine richterliche Schätzung der Minderung entsprechend § 287 ZPO.

(1) Nach § 536 Abs. 1 BGB knüpft die Mietminderung an die Minderung oder Aufhebung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch an. Es ist Sache des Mieters, hierzu konkrete Tatsachen vorzutragen und diese bei Bestreiten zu beweisen. Das Gericht kann den Umfang der Minderung auch nach § 287 ZPO schätzen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl. 2006, § 536 BGB, Rn. 5 m.w.N., Rn. 34).

(2) An hinreichenden Darlegungen des Beklagten hierzu fehlt es. Im Schriftsatz vom 11. Februar 2006, Seite 3 ff., hat der Beklagte lediglich sehr allgemeine Ausführungen dazu gemacht, besonders schwere Teile habe er nicht oder nur unter besonderen Schwierigkeiten und mit zusätzlichen Kosten für Mitarbeiter transportieren und verkaufen können. Der "Zuspruch der Kunden" habe sich merklich reduziert. Dieses Vorbringen hat der Beklagte im Schriftsatz vom 14. Juni 2005 nur geringfügig konkretisiert und den Transportvorgang bei sperrigen Teilen bei halbgeschlossener Hoftüre geschildert. Welchen konkreten Anteil diese besonderen Teile am Geschäftsaufkommen hatten und wie sich dieses Verfahren konkret wirtschaftlich auf die Geschäftstätigkeit ausgewirkt haben soll, hat der Beklagte nicht mitgeteilt. Damit kann dahinstehen, ob man - mit dem Landgericht - dieses Verfahren als umständlich ansieht, denn jedenfalls ist seine quantitative Bedeutung für den Geschäftsbetrieb des Beklagten völlig offen. Die Ausführungen des Beklagte bieten daher keine hinreichende Grundlage für die Berechnung oder auch nur Schätzung einer Mietminderung. Keine hinreichender Berechnungsweg ist insbesondere die Formel vom "halben Tor".

Ebensowenig lässt sich das torbedingte Ausmaß der Nutzungsbeeinträchtigung an den vom Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 13. Juni 2006 mitgeteilten Zahlen zu seinen Einkünften in den Jahren 2002 bis 2004 ablesen (Bescheinigung der Steuerberaterin Hnn Knn vom 12. Juni 2006). Für die bestrittene Behauptung des Beklagten, der angegebene Rückgang der Einkünfte von 21.241,51 EUR im Jahre 2002 auf 9.399,94 EUR (Januar bis September 2004) sei auf die Sache mit dem Tor zurückzuführen, fehlt jede konkrete Darlegung. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass sich Kunden - wie behauptet - wegen der nur halb geöffneten Hoftüre haben abschrecken lassen, die Geschäftsräume des Beklagten zu betreten und dort Motorradteile zu erwerben; der Beklagte selbst führt jedoch aus, er könne hierzu nichts Konkretes darlegen. Damit scheitert er mit diesem Einwand im Prozess, ohne dass es darauf ankommt, ob das jetzige Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist.

2. Der zweite zur Rechtfertigung einer Minderung vorgetragene Tatsachenkomplex (schlechter Allgemeinzustand der Räume) ist zu vage und zu wenig auf die konkreten Mieträume und die Geschäftsabläufe bezogen, um eine Mietminderung begründen zu können. Aus dem Beklagtenvorbringen geht nicht hervor, inwieweit sich der behauptete Zustand der Räume auf die Nutzung zu den vereinbarten Mietzwecken ausgewirkt haben soll.

Es kommt daher mangels Darlegung der Minderungsvoraussetzungen insgesamt nicht darauf an, ob eine Minderung nach § 8 des Mietvertrages überhaupt zulässig war (vgl. KG, GE 2003, 952).

3. Ein Zurückbehaltungsrecht, auf das sich der Beklagten weiterhin beruft, scheidet nach Beendigung des Mietverhältnisses aus (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, a.a.O., § 320 BGB, Rn. 2).

4. Den von ihm auch in der mündlichen Verhandlung erneut behaupteten vorsätzlichen deliktischen Eingriff der Kläger in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb des Beklagten hat dieser schon tatbestandlich nicht dargelegt (unter anderem fehlen Ausführungen zum dadurch angeblich ausgelösten Schaden völlig). Jedenfalls ist aber nicht erkennbar, wie ein solcher Schadensersatzanspruch der Mietzinsforderung entgegengehalten werden soll.

5. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO sowie auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

III.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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