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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.03.2003
Aktenzeichen: 12 U 199/01
Rechtsgebiete: StVG, StVO, BGB


Vorschriften:

StVG § 7 Abs. 2 Satz 1
StVG § 17 Abs. 1
StVO § 8
StVO § 8 Abs. 2 Satz 2
StVO § 8 Abs. 2 Satz 3
StVO § 35 Abs. 1
StVO § 38 Abs. 1
StVO § 38 Abs. 2
BGB § 847
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 199/01

Verkündet am: 20. März 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2003 durch den Richter am Kammergericht Spiegel als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. Juni 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin - 17 O 306/00 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 15.350,75 € nebst 4% Zinsen seit dem 4. August 2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 21. September 1999 zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 19% und die Beklagten 81% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Berufung des Klägers und die unselbständige Anschlussberufung der Beklagten richten sich gegen das am 20. Juni 2001 verkündete Urteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere 343,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein weiteres in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 21.09.1999 zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen ihrer Anschlussberufung beantragen sie,

die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihrer Anträge wiederholen und vertiefen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Anschlussberufung war in vollem Umfang zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts haben die Beklagten dem Kläger den bei dem Unfall am 21. September 1999 entstandenen materiellen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Daneben schulden sie dem Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 DM. Auch war festzustellen, dass die Beklagten dem Kläger materielle und immaterielle zukünftige Schäden aus diesem Verkehrsunfall zu ersetzen haben.

Weder die Überschreitung der am Unfallort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um etwa 30 km/h durch das Polizeifahrzeug noch andere Umstände führen im vorliegenden Fall zu einer Mithaftung des Klägers. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs tritt hinter der schuldhaften Unfallverursachung durch den Beklagten zu 1) vollständig zurück.

Der Unfall stellt sich für keine der Parteien als unabwendbares Ereignis i. S. des § 7 Abs. 2 Satz 1 StVG dar, weil keine Partei mangels entsprechender Darlegung und Beweisführung für sich in Anspruch nehmen kann, dass sich die Fahrer der unfallbeteiligten Fahrzeuge auf ein etwaiges Fehlverhalten des jeweils anderen eingestellt hätten. Somit kommt es nach § 17 Abs. 1 StVG auf eine Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der unfallbeteiligten Fahrzeuge unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr an. Hierbei sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des Senats neben unstreitigen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen (BGH VersR 1967, 132 f.; NJ.W 1971, 2030 f.; Senat DAR 1973, 270; VersR 1973, 1049 f.; VerkMit1984, 36). Diese Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger seinen Schaden zu 100 % ersetzt bekommt.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte seinen ihn aus § 8 StVO treffenden Sorgfaltspflichten nicht gerecht geworden ist. Wer. die Vorfahrt zu beachten hat, darf nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er den Vorfahrtberechtigten weder gefährdet noch wesentlich behindert. Kann er dies nicht übersehen, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, darf er sich nach § 8 Abs. 2 Satz 3 StVO vorsichtig in die Kreuzung hineintasten, bis er Übersicht hat. "Hineintasten" bedeutet zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit, sofort anzuhalten (BGH v. 21.5.1985 - VI ZR 201/83, MDR 1985, 522 = NJW 1985, 2757; Senat NZV 1999, 85; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl. 1999, § 8 StVO Rz. 58).

Wie der Beklagte zu 1) selbst, vorträgt, war die Einsicht in den vorfahrtsberechtigte Hohenzollerndamm zur Unfallzeit durch mehrere auf dem Mittelstreifen aufgestellte Wahlplakate erheblich behindert. Die Straßenstelle war damit unübersichtlich im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Nach seinem eigenen Vorbringen ist der Beklagte zu 1) aus der Kaubstraße kommend "mit geringer Geschwindigkeit" nach links in den vorfahrtsberechtigten Hohenzollerndamm eingefahren, ohne im Bereich des die Fahrbahn trennenden Mittelstreifens anzuhalten. Hieraus folgt ohne weiteres, dass er nicht zentimeterweise, also Zentimeter für Zentimeter, vorgerollt ist bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit, sofort anzuhalten, sich also nicht i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 3 StVO "hineingetastet hat". Dies hätte nämlich bedeutet, dass er mit seinem Wagen jeweils nur wenige Zentimeter langsam vorgerollt und dann wieder angehalten und dieses Fahrmanöver über einen längeren Zeitraum mehrfach wiederholt hätte (vgl. Senat NZV 1999, 85). Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 1), wie er selbst vorgetragen bzw. in seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht ausgesagt hat, auf dem bevorrechtigten Hohenzollerndamm "in großer Entfernung zu dem späteren Kollisionsort Lichtkegel von Fahrzeugen ausmachen konnte", er aber darauf vertraute, dass diese wegen der für sie roten Ampel an der nächsten Kreuzung nicht "mit 100 km/h fahren könnten". Statt sich mithin vor Einfahrt in die nördliche Richtungsfahrbahn des Hohenzollerndamms davon zu vergewissern, dass er den bevorrechtigten Kläger weder gefährdet noch wesentlich behindert, ist er in die Kreuzung eingefahren, ohne dass er die Geschwindigkeit des von ihm bemerkten klägerischen Fahrzeugs einschätzen konnte.

Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass sich der Haftungsanteil des die Vorfahrt verletzenden mindert oder diese ganz entfällt, wenn der fließende Verkehr sich infolge überhöhter Geschwindigkeit außerstande setzt, unfallverhütend zu reagieren oder genügend Zeit hat, sich auf das Verhalten des Herausfahrenden einzurichten (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 31. Oktober 1994 - 12 U 1430/93 -, vom 10. November 1994 - 12 U 4982/92 - sowie vom 28. November 1994 - 12 U 959/93 -). Entsprechendes gilt im Verhältnis zum Vorgang des Wendens (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1995 - 12 U 5436/94 -; KG VRS 68, 190, 192).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Voraussetzungen einer Mithaftung des Klägers jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen.

Der Sachverständige Prof. ... hat in seinem im Rahmen des Strafverfahrens erstatteten Gutachten, dem der Senat folgt, festgestellt, dass die Geschwindigkeit des Klägers im Bereich zwischen 80 und 100 km/h lag. Auszugehen ist deshalb im Rahmen der hier zu beantwortenden Frage von einer Geschwindigkeit von 80 km/h.

Diese Geschwindigkeit wirkt als solche nicht haftungsbegründend, da sie keinen rechtswidrigen Verstoß gegen die am Unfallort geltende innerstädtische Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bedeutet.

Denn nach § 35 Abs. 1 StVO sind Sonderrechtsfahrzeuge, also auch Polizeimotorräder, von den Vorschriften der StVO befreit, "soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist"; diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn das Sonderrechtsfahrzeug weder Horn noch Blaulicht führt, oder diese zwar vorhanden sind, aber nicht betätigt werden (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl. 1995, § 35 Rdnr. 4). Seit der Änderung der Straßenverkehrsordnung durch Verordnung vom 19. März 1992 darf nach § 38 Abs. 2 StVO bei Einsatzfahrten auch blaues Blinklicht allein verwendet werden (vgl. Jagusch, a.a.O., § 38 Rdnr. 3, 12; vgl. auch Senat, Urteil vom 2. Mai 1996 -12 U 2664/95-; Senat, VersR 1998, 778 = VM 1998, 66 = KGR 1998, 209).

Allerdings ist blaues Blinklicht allein lediglich ein Warnzeichen und gewährt weder Vorrang noch Wegerecht, so dass bei Inanspruchnahme des Wegerechts i.S. des § 38 Abs. 1 StVO stets beide Sondersignale, Blaulicht und Martinshorn, zu betätigen sind (vgl. KG VRS 70, 432; VersR 1989, 268 sowie Senat, Urteil vom 23. November 1995 -12 U 583/94 -; Jagusch, a.a.O., § 38 Rdnr. 9).

Um derartiges geht es im vorliegenden Fall indes nicht; denn der Kläger beabsichtigte nicht, mit seinem Motorrad ein Wegerecht i.S. des § 38 Abs. 1 StVO zu beanspruchen; vielmehr befand sich das Polizeifahrzeug auf einer Vorfahrtsstraße und war daher ohnehin gegenüber dem Beklagten zu 1) bevorrechtigt.

Der Kläger befand sich mit dem von ihm geführten Polizeimotorrad unstreitig auf einer Einsatzfahrt. Zusammen mit weiteren 35 Krafträdern und 5 PKW gehörte das vom Kläger geführte Fahrzeug zur Eskorte eines auf Staatsbesuch in Berlin weilenden Premierministers. Das Vorauskommando bestand aus 20 jeweils mit drei Blaulichtern ausgestatteten Krafträdern, wobei diese Blaulichter zur Unfallzeit eingeschaltet waren. Für den Staatsbesuch war die Gefährdungsstufe 1 angeordnet worden. Aus Sicherheitsgründen fuhr die Eskorte mit einer Geschwindigkeit von rund 70 km/h. Aufgabe des als erstes Fahrzeug des Vorauskommandos fahrenden Klägers war es, die Seitenstraßen des Hohenzollerndamms abzusperren, um eine ungehinderte Weiterfahrt der Eskorte zu gewährleisten.

Dies rechtfertigt die Geschwindigkeit von 80 km/h statt zulässiger 50 km/h nach den gegebenen Umständen. Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, er habe die Sonderrechte nicht unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt (§ 35 Absatz 8 StVO). Wie sich aus dem Vortrag der Parteien ergibt, herrschte zur Unfallzeit um 20:51 Uhr auf dem Hohenzollerndamm - abgesehen von den Fahrzeugen der Eskorte - nur geringer Verkehr. Die über eine längere Strecke von mindestens 300 m gradlinig verlaufende Fahrbahn des Hohenzollerndamms war vor dem klägerischen Fahrzeug bis zur Kreuzung mit der Konstanzer Straße frei.

Aus dem gleichen Grund kann der von den Beklagten behauptete Fahrstreifenwechsel - so er denn stattgefunden hat - zu Lasten des Klägers gewertet werden. Auch zur Ausführung dieses Fahrmanövers war der Kläger zumindest aufgrund seines Einsatzes berechtigt.

Dem Fahrer des Polizeifahrzeugs kann auch nicht ein Unterlassen von akustischen Warnsignalen (Einsatzhorn) haftungsbegründend vorgeworfen werden; denn er hatte keinen Anlass, mit einem plötzlichen sorgfaltswidrigen Anfahren des Klägers zu rechnen.

Da das Polizeifahrzeug mit der Einsatzfahrt eine dringende öffentliche Aufgabe erfüllt hat und die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h auch nicht ermessenmissbräuchlich war, da nur geringer sonstiger fließender Verkehr vorhanden war und das Polizeifahrzeug sich auch nicht über fremden Vorrang hinwegsetzen wollte, liegt keine rechtswidrige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger genügend Zeit gehabt hätte, sich auf das Verhalten des wartepflichtigen Beklagten zu 1) einzustellen. Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen ..., dass der Unfall für den zulässigerweise mit 80 km/h fahrende Kläger nicht vermeidbar war.

Nach dem vorbezeichneten Unfallverlauf liegt die wesentliche Unfallursache also in der Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers, der die Vorfahrt missachtete, obwohl er die von rechts herannahenden Fahrzeuge nach seiner eigenen Aussage bemerkt hatte.

Die damit zu 100 % haftenden Beklagten haben, dem Kläger den unstreitigen Sachschaden in Höhe von 686,00 DM (350,75 €) zu ersetzen.

Des weiteren haben sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe das Berufungsgericht mit 15.000 € bemisst.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist von seiner Doppelfunktion auszugehen (vgl. BGHZ 18, 149; KG v. 17.4.1986 - 12 U 1551/85, DAR 1987, 151 = VerkMitt 1986, 69 = VRS 72, 331 [333]). Es soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung dafür schuldet, was er ihm angetan hat. Der Entschädigungs- und Ausgleichsgedanke steht im Vordergrund. Die wesentliche Grundlage für die Höhe der Bemessung des Schmerzensgeldes bilden das Maß und die Dauer der Lebensbeeinträchtigung, die Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden sowie die Dauer der Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit, die Übersehbarkeit des weiteren Krankheitsverlaufs, die Fraglichkeit der endgültigen Heilung sowie ferner der Grad des Verschuldens und die Gesamtumstände des Falles. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es eine an sich angemessene Entschädigung für nicht vermögensrechtliche Nachteile nicht gibt, da diese in Geld nicht unmittelbar messbar sind (BGH VersR 1976, 967 [968] m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion, die eine billige Entschädigung i.S.d. § 847 BGB fordert, ist auf den Einzelfall abzustellen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist auch zu berücksichtigen, was andere Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochen haben. Zwar ist das Gericht grundsätzlich nicht gehindert, die von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bisher gewährten Beträge zu unterschreiten oder über sie hinauszugehen, doch kommt dies grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn es durch die wirtschaftliche Entwicklung oder veränderte allgemeine Wertvorstellungen gerechtfertigt erscheint (BGH VersR 1976, 967 [968] m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und ausgehend von den Überlegungen des Landgerichts auf den Seiten 6 und 7 der angefochtenen Entscheidung, die die Parteien im zweiten Rechtszug im Grundsatz nicht in Frage gestellt haben, ist angesichts der vollen Haftung der Beklagten ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 € angemessen aber auch ausreichend. Die bereits von der Beklagten zu 2) gezahlten 8.000 DM waren hiervon nicht in Abzug zu bringen, da diese Zahlung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung erfolgte.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war auch dem Feststellungsantrag stattzugeben. An die Zuerkennung des Feststellungsanspruchs sind stets maßvolle Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden besteht. Dies trifft bei schweren Unfallverletzungen in aller Regel zu (BGH, DAR 1989, 379 = NZV 1989, 432 = NJW-RR 1989, 1367 = VersR 1989,1055). Der Kläger hat schwere Unfallschäden erlitten. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. ... sind weitere Schäden nicht ausgeschlossen. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbstätigkeit besteht auch z. Z. noch.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO n. F.),

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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