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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.04.2006
Aktenzeichen: 12 U 249/04
Rechtsgebiete: EStG, ZPO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
ZPO § 115 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 116 Satz 1 Nr. 2
Ein eingetragener Verein, dessen wesentlicher Vereinszweck in der "Bildung einer Religionsgesellschaft" zur Pflege und Förderung seiner religiösen Anliegen und Ziele, auch durch Betreiben von Gebetsstätten besteht, hat zur Finanzierung der Rechtsverteidigung gegen eine Klage seines Vermieters sein Vermögen einzusetzen. Unterlässt er es, in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten Rücklagen zu bilden, muss sich so behandeln lassen, als sei Vermögen vorhanden; er kann sich nicht darauf berufen, in seiner Satzung sei derartiges nicht vorgesehen, sondern sein Vermögen sei nur für unmittelbare Vereinszwecke zu verwenden. Er hat außerdem darzulegen, dass auch seine Mitglieder die Prozesskosten nicht aufbringen können (§ 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 249/04

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 13. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die undatierte, am 5. April 2006 bei Gericht eingegangene Gegenvorstellung des Antragstellers gegen die Beschlüsse vom 23. Februar 2006 und 23. März 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Senat hat den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom 9. Januar 2006 mit Beschluss vom 23. Februar 2006, zugestellt am 9. März 2006, zurückgewiesen.

Mit zwei als "Gegenvorstellungen" bezeichneten Eingaben vom 18. März 2006 zum Aktenzeichen 12 U 249/04, per Telefax eingegangen am 18. März 2006, 12.19 Uhr, und am 19. März 2006, 14.24 Uhr, hat sich der Beklagte gewandt gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Rechtsverteidigung gegen die Berufung der Klägerin sowie zur Verfolgung einer eigenen Berufung.

Er hat die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt und angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Der Senat hat die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 23. März 2006 zurückgewiesen, auf welchen Bezug genommen wird.

Am 5. April 2006 ist ein an den 20. Zivilsenat gerichtetes Faxschreiben eingegangen mit dem Betreff "In Sachen Mnnn Mnnn ./. Znnnn Knnnn ", in welchem es heißt "wir bitten erneut über die PKH Anträge zu entscheiden" und dem eine "Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vom 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005" der Tn nnn , Gnnn und Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft vom 5. April 2006 beigefügt ist.

Da zu dem angegebenen Rubrum bei dem Kammergericht lediglich zu den Berufungsverfahren 12 U 182/04 (BGH XII ZA 11/06) und 12 U 249/04 PKH-Anträge des Beklagten gestellt worden sind, bezieht der Senat die Eingabe auch auf das hiesige Verfahren 12 U 249/04.

Im Rahmen dieses Verfahrens ist die Eingabe als Gegenvorstellung gegen die Beschlüsse vom 23. Februar 2006 und 23. März 2006 aufzufassen.

II.

Die Gegenvorstellung ist als außergesetzlicher formloser Rechtsbehelf zulässig (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage 2005, Rn. 862 ff. m.w.N.).

Die zulässige Gegenvorstellung des Beklagten führt nicht zur Änderung des Beschlusses vom 23. Februar 2006 oder 23. März 2006. Nichts anderes würde gelten, würde die am 5. April 2006 eingegangene Eingabe als neuer Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verstanden.

1) Der Senat hat im Beschluss vom 23. Februar 2006 ausgeführt, der Beklagte habe nicht die für Prozesskostenhilfe für die eigene Berufung erforderliche Erfolgsaussicht des Rechtsmittels belegt. Für Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Rechtsverteidigung gegen die Berufung der Klägerin habe er nicht - wie nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO geboten - hinreichend dargelegt, dass er außerstande sei, die Kosten des Berufungsverfahrens aufzubringen, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde und dass er gemeinnützig sei; dies hat der Senat mit Beschluss vom 23. März 2006 bestätigt.

Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der am 5. April 2006 eingegangenen Eingabe fest.

a) Die wirtschaftliche Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe, dass nämlich weder der Beklagte selbst noch die an ihr wirtschaftlich Beteiligten die Prozesskosten aufbringen können (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO), kann nicht festgestellt werden.

Der Senat hatte den Beklagten mit Verfügung vom 18. Januar 2006 unter Fristsetzung von einem Monat u. a. aufgefordert, konkret darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er nicht in der Lage ist, die Kosten des Berufungsverfahrens aufzubringen.

Der Beklagte hat zu seiner wirtschaftlichen Lage daraufhin mit Schreiben vom 14. Februar 2006 lediglich vorgetragen, der Verein sei im Hinblick auf die Spenden- und Mitgliedsreduzierungen und wegen des Falls des Inn Ynn Tnn in finanzielle Not geraten. Schon daraus ergab sich für die finanzielle Lage des Beklagten nichts Konkretes.

Auch die Vorlage einer Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung 2005 führt nicht zur Feststellung der wirtschaftlichen Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Steuerberater ausdrücklich darauf hinweisen, dass die aufgrund der Angaben des Beklagten erfolgte, die nicht geprüft wurden, und der Beklagte seine Zahlen auch nicht auf andere Weise glaubhaft gemacht hat.

Denn schon die Zahlen der Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung 2005 belegen erhebliche Einnahmen, die für die Prozesskosten verwendet werden können; auf die Zumutbarkeit des Einsatzes des Aktivvermögens der juristischen Person und und der an ihr wirtschaftlich Beteiligten kommt es insoweit nicht an (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 116 Rn 5; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 116 Rn 13; Kalthoener/ Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn 70). Auch ist § 115 Abs. 3 Satz 1 nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur für natürliche Personen gilt.

Daher belegt die dem Schreiben vom 5. April 2006 beigefügte Einnahmen-/ Ausgaben-Überschussrechnung für 2005 nicht, dass der Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufbringen kann.

Vielmehr geht aus dem Zahlenwerk hervor, dass der Beklagte im Jahre 2005 Einnahmen in erheblichem Umfang hatte, die zur Finanzierung des Berufungsverfahrens eingesetzt werden konnten oder können, welches der Überprüfung des am 21. Oktober 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts dient.

So hat der Beklagte auch gegen dieses Urteil ohne Gewährung von Prozesskostenhilfe Berufung eingelegt, diese begründet, ist im Rahmen dieses Berufungsverfahrens der Berufung der Klägerin entgegengetreten und war bis zum 22. Februar 2006 anwaltlich vertreten.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Partei ist zwar der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag; gibt jedoch eine Partei Vermögenswerte weg, obwohl sie von der Notwendigkeit der Finanzierung eines Rechtsstreits weiß, oder unterläßt sie es, in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten zu deren Finanzierung Rücklagen zu bilden, muss sie sich so behandeln lassen, als sei das Vermögen noch vorhanden. Der Antragsteller, der die Notwendigkeit einer Prozessführung erkennt, hat sich auf den Prozess einzurichten und sein Vermögen zusammenzuhalten. Tut er das nicht, verhält er sich unangemessen, da die Prozesskosten in erster Linie von ihm und nicht von der Allgemeinheit zu finanzieren sind (vgl. Kalthoener u. a., a. a. O., Rn 253 m. w. N.; OLG Dresden, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 8 U 2225/03 - WM 2004, 1498 = OLGR 2005, 14; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05 - NJW 2006, 1068, 1070, nennt ein solches Verhalten "rechtsmißbräuchlich").

Der Beklagte weiß, dass er wenigstens seit dem Jahre 2000 sich mit seinem Vermieter, nämlich der Klägerin oder deren Rechtsvorgängerin, im Streit befindet (vgl. Verfahren vor dem Senat 12 U 276/01). Er ist ferner an einer Vielzahl von anderen Rechtsstreitigkeiten vor dem Kammergericht als Partei beteiligt oder beteiligt gewesen, und zwar sowohl bei dem Senat (12 U 105/04; 12 U 182/04; 12 U 215/05) als auch bei anderen Spruchkörpern des Hauses (1 W 322/02; 8 U 4735/98; 8 U 312/02; 8 W 73/05; 8 W 100/05; 9 U 262/03; 9 W 119/03; 9 W 211/03; 10 U 241/03; 15 W 12/05; 28 W 93/02).

Der Beklagte hätte seinen Haushalt also entsprechend einrichten müssen, was ausweislich der jetzt vorgelegten Zahlen nicht geschehen ist; dass er angesichts der Notwendigkeit der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten erhebliche Beträge für andere Zwecke (z. B. im Jahre 2005 18.000 EUR als "Beiträge für gemeinnützige Vereine") ausgegeben hat, kann ihn nicht entlasten.

Auch die Möglichkeit einer Kreditaufnahme muss geprüft und ausgeschöpft werden (vgl. Zöller, a. a. O., § 116 Rn 12).

Nach wie vor ist auch nicht dargetan, dass die Mitglieder des Beklagten die Prozesskosten nicht aufbringen können (vgl. zu diesem Erfordernis KG, Beschluss vom 28. November 2005 - 20 U 82/04 -).

b) Ferner kann nach wie vor nicht festgestellt werden, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

Insoweit wird auf den Inhalt der Beschlüsse vom 23. Februar 2006 und 23. März 2006 Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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