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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 16.08.2004
Aktenzeichen: 12 U 310/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 536 Abs. 1
BGB § 278 Satz 1
BGB § 254
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 310/03

verkündet am: 16. August 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Kammergericht Hinze und die Richterin am Kammergericht Zillmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin - 34 O 343/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die am 11. Dezember 2003 eingelegte und mit einem am 22. Januar 2004 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 13. November 2003 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 2003 auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung der rückständigen Miete und die Abweisung der Widerklage insgesamt und trägt mit der Berufung vor:

1. Das Landgericht habe die Frage, ob die Beklagte von der Durchnässung des Bodenuntergrundes vor Übergabe der Mieträume Kenntnis gehabt habe, zu Unrecht als nicht entscheidungserheblich dahinstehen lassen. Es hätte die angebotenen Beweise erheben müssen. Tatsächlich habe die Beklagte den Mangel nicht zu vertreten, da sie keine Kenntnis von der Durchfeuchtung gehabt habe. Das Landgericht sei zudem nicht darauf eingegangen, dass der Wassereinbruch durch die Generalunternehmerin, die nnnn GmbH, als Erfüllungsgehilfin der Klägerin verschuldet worden sei. Dabei habe das Landgericht übersehen, dass bei der Aufbringung des hier verwendeten Bodenbelags auf einen trockenen Untergrund die fraglichen Schäden nicht entstanden wären.

2. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass die am Bodenbelag und am Bodenuntergrund eingetretenen Schäden nach den Ausführungen des Sachverständigen nn auch entstanden wären, wenn der ursprünglich vorgesehene Nadelfilz-Bodenbelag verlegt worden wäre. Bereits auf Grund der fehlenden Schälfestigkeit, die auch durch Trocknungsmaßnahmen nicht mehr behoben worden wäre, war der völlig durchfeuchtete Boden nicht mehr für die Verlegung geeignet. Damit sei die Kausalität des ausgewählten Bodenbelags für den Mangel in Frage gestellt. Dem hätte das Landgericht nachgehen müssen. Die Beklagte bietet erneut die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Klärung dieser Frage an.

3. Bereits auf Grund der vorhandenen Durchfeuchtung des Bodenuntergrunds habe die Mietsache, unabhängig von den später eingetretenen Schäden am Bodenbelag, einen anfänglichen Mangel gehabt. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin weder die Übergabe der Räume zum 1. November 1995, noch die Übergabe in einem Zustand geschuldet habe, der den Einsatz von Flurfördergeräten (Palettenhubwagen) erlaube. Die Klägerin schuldete die Übergabe der Räume in mangelfreiem Zustand und nach Auslegung des Mietvertrages auch mit der Eignung zum Einsatz von Flurfördergeräten.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des am 30.10.2003 verkündeten Urteils des LG Berlin - Aktenzeichen 34 O 343/03 - wird die Klage insgesamt abgewiesen,

2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird festgestellt, dass die Beklagte, Widerklägerin und Berufungsklägerin berechtigt war, den monatlichen Mietzins (für die) von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten mit Vertrag vom 28.7.1995 gemieteten Geschäftsräume im Objekt nnnnnnnnnnn nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn , in der Zeit 1.1.2000 bis zum 31.12.2000 um 30 % zu mindern,

3. unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird festgestellt, dass die Beklagte, Widerklägerin und Berufungsklägerin berechtigt ist, 20 % des monatlichen Nettomietzinses für die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten mit Vertrag vom gemieteten Geschäftsräume im Objekt nnnnnnnnnn nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn , für den Zeitraum vom 1.1. 2000 bis zum 31.12.2000 einzubehalten, bis die Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte die Mängel am Fußbodenuntergrund- und belag in den Geschäftsräumen (ca. 1000 m² Verkaufs- und Ausstellungsfläche, ca. 300 m² Lagerfläche sowie jeweils ca. 15² m Büro- und Pausenraumfläche), die im Einzelnen aus der im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Anlage B 0 rot umrandet ersichtlich sind, beseitigt hat, indem sie den Unterboden saniert, so dass dieser sich nicht mehr aufwölbt und die Räume mit einem qualitativ dem Somplan NW 27 entsprechenden Fußbodenbelag versieht, der sich nicht vom Unterboden ablöst.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und weist darauf hin, dass für das vorliegende Schadensbild entscheidend gewesen sei, dass der Kunststoffboden verlegt wurde, obwohl der Estrich noch vollkommen durchnässt war. Deshalb spiele es letztlich auch keine Rolle mehr, dass die Durchfeuchtung des Bodens selbst möglicherweise durch die Klägerin zu vertreten war. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des selbständigen Beweisverfahrens. Ob der Schaden auch bei Verwendung des textilen Bodenbelags eingetreten wäre sei für sich genommen irrelevant. Die Beklagte hätte vielmehr darlegen und beweisen müssen, dass das Schadensbild auch dann eingetreten wäre, wenn die nnnn GbR vor der Verlegung den Untergrund vollständig getrocknet hätte, anstelle eines diffusionsdichten einen diffusionsoffenen Belag und einen geeigneten Haftvoranstrich verwendet hätte. Ob es bei Verwendung eines textilen Bodenbelages bei Einsatz von Palettenhubwagen ebenfalls zur Ablösung des Belages gekommen wäre, sei, unabhängig davon, dass es sich um eine bloße Vermutung des Sachverständigen handelte, bereits deshalb unerheblich, weil es sich dabei um ein völlig anderes Schadensbild handele.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteil, dessen zutreffender Begründung der Senat folgt und die durch das Vorbringen der Berufung nicht erschüttert wird, die Beklagte zu Recht zur Zahlung des rückständigen Mietzinses für den Zeitraum vom 1. Juni 1999 bis zum 31. Dezember 1999 für das Mietobjekt nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn verurteilt und die Widerklage abgewiesen.

A. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte sich auf den Mangel, den die Mietsache unstreitig zur Zeit der Überlassung durch die Klägerin als Vermieterin hatte, nicht berufen kann und deshalb auch die Miete nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB mindern konnte, da sie den Mangel selbst zu vertreten hatte.

1. Der Mangel der Mietsache, den das Landgericht richtig in der Aufwölbung des Asphaltbodens und in den eingetretenen Schäden an dem verlegten pvc-freien Kunststoffbelag gesehen hat, war auf eine nicht fachgerechte Verlegung dieses Bodenbelags durch die von der Generalunternehmerin, der nnnn GmbH, beauftragte nnnn GbR zurückzuführen. Hierzu hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass das Aufbringen des dampfdichten Bodenbelags auf den nicht ausreichend getrockneten Unterboden ausweislich des in dem Beweisverfahren 21 OH 18/01 eingeholten Gutachtens des Sachverständigen nn nicht fachgerecht war. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Dass die nnnn GbR ausweislich des Gutachtens zudem noch einen falschen Voranstrich verwendet hatte, verstärkte die später aufgetretene Ablösung des Belags von dem nassen Untergrund noch weiter.

Weiterhin ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beklagte diese Versäumnisse der nnnn GmbH und der nnn GbR gemäß § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen muss, da sie alleinige Auftraggeberin der Generalunternehmerin hinsichtlich der Bodenbelagarbeiten war. Den Urteilsgründen des Landgerichts ist insoweit lediglich noch hinzuzufügen, dass auch die Beklagte bereits in dem Beweisverfahren 21 OH 18/01 davon ausgegangen war, selbst Auftraggeberin der Bodenbelagarbeiten gewesen zu sein (vgl. dort Seite 4 der Antragsschrift vom 14. Juni 2001 und Seite 1 des Schriftsatzes vom 23. Januar 2002).

2. Unstreitig war der Generalunternehmerin bekannt, dass der Bodenaufbau vor den Verlegearbeiten tagelang unter Wasser gestanden hatte. Ob dies der die Arbeiten letztlich ausführenden nnnn GbR ebenfalls bekannt war und ob sie dies gegebenenfalls hätte erkennen können, ist im Hinblick auf die Kenntnis der sie beauftragenden nnnn GmbH nicht entscheidend. Ebenfalls nicht entscheidend ist, ob die Beklagte selbst Kenntnis von der Durchfeuchtung des Bodens gehabt hatte. Das Vertretenmüssen des Mangels im Verhältnis zur Klägerin beruht nicht darauf, dass die Beklagte selbst Kenntnis von der Durchfeuchtung gehabt hätte, sondern darauf, dass die von ihr beauftragte nnnnn GmbH in Kenntnis dieses Umstands die Bodenbelagsarbeiten ohne ausreichende Trocknungsmaßnahmen hat durchführen lassen. Dieses muss die Beklagte sich als Auftraggeberin zurechnen lassen, § 278 BGB.

Dass die nnnn GmbH den Wassereintritt nach dem unbestrittenen Berufungsvorbringen als auch die Dachöffnung ausführende Generalunternehmerin ihrerseits selbst verschuldet hatte und insoweit als Erfüllungsgehilfin der Klägerin tätig geworden war, ändert an dem eben Ausgeführten nichts. Soweit die Beklagte hierzu meint, die Klägerin habe bereits durch die Bereitstellung eines Mietobjekts mit einem feuchten Bodenaufbau ihre Vermieterpflichten verletzt, berücksichtig sie nicht ausreichend, dass der hier fragliche Mangel nicht allein auf dem feuchten Bodenaufbau beruhte, sondern erst durch die Verlegung des Bodenbelags auf dem noch nicht ausgetrockneten Untergrund entstand. Zu kurz gegriffen ist deshalb die Annahme der Beklagten, der Mangel wäre ohne den feuchten Bodenaufbau nicht eingetreten, so dass die Klägerin als Vermieterin den Mangel zu vertreten habe. Die Bodenfeuchtigkeit als solche stellt nach dem Vorbringen der Parteien und nach dem Inhalt der eingeholten Gutachten keinen Mangel dar.

Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, dass die nnnnn GmbH auch als Erfüllungsgehilfin der Klägerin aufgrund der von ihr zu vertretenden Durchfeuchtung des Estrichs eine rechtlich relevante Ursache für den Schaden gesetzt hat, überwiegt der ursächliche Beitrag der nnnnn GmbH als Erfüllungsgehilfin der Beklagten (Verlegung des diffusionsdichten Fußbodens ohne hinreichende Abtrocknung des Untergrunds) im Wege der Abwägung nach § 254 BGB so stark, dass der erste, von der Klägerin zu vertretenden Beitrag, bei wertender Betrachtung völlig zurücktritt. Dies folgt daraus, dass die nnnn GmbH als Erfüllungsgehilfin der Beklagten in Kenntnis der Feuchtigkeit vor vollständigem Austrocknen die Fußbodenarbeiten durch die nnnn GbR durchführen ließ.

Soweit schließlich aufgrund des Gutachtens im Beweissicherungsverfahren feststeht, dass die Bodenfeuchtigkeit bei Verlegung eines dampfoffenen Belags in überschaubarer Zeit ausgetrocknet wäre, wie auch das Landgericht rechtlich nicht angreifbar angenommen hat, folgt daraus nicht, dass die Auswahl des diffusionsdichten Belags durch die Beklagte für das Auftreten des Schadens rechtlich relevant gewesen wäre. Denn das Schaden stiftende Ereignis war nicht die Entscheidung der Beklagten über die Art des zu verlegenden Bodenbelags, sondern das nicht fachgerechte Vorgehen ihrer Erfüllungsgehilfen bei der Verlegung.

3. Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, ausweislich des Gutachtensnnn sei davon auszugehen, dass auch bei Verlegung des ursprünglich geplanten Nadelfilzes sich dieser vom Unterboden gelöst hätte, weil er im Zusammenhang mit dem vorhandenen Bodenaufbau den gestellten Anforderungen an eine Verkaufsfläche in einem Kaufhaus nicht gewachsen gewesen wäre, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg.

Wäre es bei der ursprünglich geplanten Aufbringung des Nadelfilzes allein im Auftrag der Klägerin geblieben und hätte sich dieser später gelöst, wäre es in der Tat Sache der Klägerin gewesen, diesen Belag zu erneuern bzw. der Beklagten eine Mietminderung zu gewähren und/oder einen daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Ein derartiger Verlauf ist jedoch nicht gegeben; zur Aufbringung des Nadelfilzes in der Verantwortung der Klägerin kam es nicht. Zwar hat der Gutachter nn ausgeführt hat, dass eine Ablösung des Nadelfilzbelags wegen dessen Ungeeignetheit zur von der Beklagten beabsichtigten Nutzung des Mietobjekts (Palettenhubwageneinsatz) zu befürchten gewesen wäre. Ob die Ungeeignetheit des vorgefundenen Unterbodenaufbaus im Zusammenhang mit dem ursprünglich geplanten textilen Belag überhaupt im Zusammenhang mit dem Wassereinbruch und damit der Feuchtigkeit stand, lässt sich dem Gutachten so jedenfalls nicht entnehmen. Dieses kann vielmehr, vor allem im Zusammenhang mit der ergänzenden Beurteilung durch das Berliner Institut für Baustoffprüfung auch dahin verstanden werden, dass der (nur) mit einem Textilbelag belegte Unterboden der hier vorliegenden Art generell für den vorgesehenen Einsatz nicht geeignet wäre. Diese Frage musste das Landgericht jedoch nicht klären und auch im Berufungsverfahren ist insoweit das von der Beklagten beantragte Sachverständigengutachten nicht einzuholen, denn es handelt sich um einen hypothetischen Verlauf für einen Fall, den die Beklagte nach eigenem Willensentschluss nicht wollte, nicht aber um einen Fall der so genanten hypothetischen Schadensursache (vgl. dazu, Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., vor § 249 BGB, Rn. 96-103).

B. Ebenfalls zutreffend sind die Ausführungen des Landgerichts zur Widerklage.

Da, wie ausgeführt, die Beklagte der Klägerin einen anfänglichen Mangel der Mietsache nicht entgegenhalten kann, war sie nicht berechtigt, die Miete für den Zeitraum vom 1.1. 2000 bis zum 31. 12. 2000 um 30 % zu mindern. Gleiches gilt hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Betrags von weiteren 20 %, hinsichtlich derer die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete meint geltend machen zu können.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

D. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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