Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.10.2006
Aktenzeichen: 12 U 32/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 529
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 32/06

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und die Richterin am Kammergericht Zillmann am 24. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Berufungskläger erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen dafür vorliegt, dass es sich nicht um ein zufälliges Schadensereignis, sondern einen verabredetes Geschehen, mithin keinen Unfall handelt.

Dabei hat das Landgericht unter Angabe der einschlägigen Rechtsprechung auch des Senats richtig darauf hingewiesen, dass es insoweit auf die Gesamtheit der vorliegenden Indizien ankommt, die im Zusammenspiel eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines kollusiven Zusammenwirkens von Unfallverursacher und (vermeintlichem) Opfer bewirken (st. Respr, zuletzt Senat, Urteil vom 12. Januar 2006 - 12 U 228/04 - NZV 2006, 377 = KGR 2006, 526 L = VRS 110, 350; vgl. hierzu auch KG, Urteil vom 8.9.2005 - 22 U 233/04; OLG Koblenz, Urteil vom 4.10.05 - 12 U 1114/04 - NJW-RR 2006, 96).

Als grundsätzlich geeignete, da in Fällen vorgetäuschter zufälliger Schadensereignisse immer wieder vorkommend, hat das Landgericht richtig folgende Indizien angesehen:

- Opferfahrzeug mit bereits erheblicher Laufleistung

- schädigendes Fahrzeug ist Mietfahrzeug

- Vorfall ereignete sich zur Nachtzeit, mithin bei Dunkelheit

- ungewöhnlicher Unfallhergang, der nur durch absichtliches Handeln zu erklären ist

- Grund für die Kollision sei ein Fußgänger/Kind/Radfahrer/Tier dem ausgewichen werden musste, der/das aber nicht mehr vorzufinden ist, gewesen

- Vorschäden, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sind werden mit abgerechnet.

Dem Senat, der als Spezialsenat seit Jahren mit Verkehrsunfallsachen befasst ist, sind insbesondere die oben genannten Indizien aus einer Vielzahl von Fällen mit vorgetäuschten Verkehrsunfällen immer wieder bekannt geworden.

Hinzu kommen ergänzend noch folgende weitere Punkte:

Der Kläger rechnet auf Gutachtenbasis ab und verkauft das Fahrzeug kurz nach dem Unfall privat.

Das Fahrzeug des Klägers wurde beschädigt, als dieses geparkt am Fahrbahnrand stand und der Kläger nicht zugegen war (im Zusammenhang mit gestohlenen Fahrzeugen bekannt als "Berliner Modell").

Die Verhältnisse des Fahrers des schädigenden Fahrzeuges sind unklar. Vorliegend ist sogar unklar, wer von zwei am Tatort Anwesenden Fahrern das Schädigerfahrzeug tatsächlich geführt hat.

Es gibt keinerlei Erklärung dafür, warum der zunächst verklagte frühere Beklagte Ünn Enn, dessen Vater das Fahrzeug am Tag des Schadensereignisses in Niemegk angemietet hatte, mit diesem gegen 21.00 Uhr in Berlin unterwegs war, obwohl das Fahrzeug noch am selben Abend um 23.00 Uhr in Niemegk zurückzugeben war.

Der Mieter selbst war offenbar wenige Tage vor dem hiesigen Ereignis mit einem weiteren Fahrzeug in ein Unfallgeschehen verwickelt.

Soweit die Berufung einzelne Indizien als für sich genommen unauffällig darstellt, steht dies der zutreffenden Würdigung des Landgerichts, die Indizien lassen in ihrer Gesamtheit die Überzeugung einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein abgesprochenes Vorgehen zu, nicht entgegen. Wie bereits oben ausgeführt, liegt hier, anders als die Berufung dies darstellen will, nicht nur eine erhebliche Häufung von Beweisanzeichen vor; es handelt sich zum Teil vielmehr auch um solche von besonderer Werthaltigkeit. Hierzu gehört insbesondere die offensichtlich absichtliche Lenkbewegung des Fahrers des Schädigerfahrzeugs, die dieser mit "einer Katze oder so" erklären will. Diese Einlassung ist in hohem Maße typisch, da nicht nachprüfbar und auch schwer widerlegbar (vgl. hierzu bspw. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2003 - 12 U 291/01 - VersR 2004, 1018 = KGR 2004, 133 sowie die zu 12 U 257/03, 12 U 190/03, 12 U 318/03 entschiedenen Fälle).

Hinsichtlich der an der rechten Seite des geschädigten Fahrzeugs vorhandenen Beschädigungen kommt es entgegen den Ausführungen der Berufung nicht darauf an, in welcher Höhe diese offensichtlich nicht aus dem schädigenden Ereignis herrührenden Beschädigungen in dem eingereichten Gutachten berücksichtigt sind, sondern darauf, dass diese vom Kläger wider besseren Wissens überhaupt miteinbezogen wurden bzw. er dem Gutachter Jnn diese Vorschäden nicht angegeben hat.

Die Ausführungen der Berufung schließlich dazu, weshalb es sich bei den beiden Fahrern des Mietwagens, den früheren Beklagten zu 1) und 3), nicht um Normalfahrer sondern jugendliche Rowdys gehandelt habe, weshalb das vorliegende Fahrmanöver für diese eben doch normal sei, ist ebenfalls nicht weiterführend. Insbesondere spricht nichts für die von der Berufung aufgestellte Vermutung, es habe sich bei dem Ereignis um eine missglückte Wende gehandelt, die zu rasant durchgeführt worden sei. Vielmehr hat der Sachverständige Hnn nachvollziehbar dargelegt und skizziert, wie es zu dem vorliegenden Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge kam. Dieser erfolgte, nachdem das schädigende Fahrzeug auf der geraden, übersichtlichen einspurigen Straße aus nicht nachvollziehbaren Gründen (eben "Katze oder so") plötzlich nach rechts gelenkt worden ist. Anhaltspunkte dazu, weshalb die Ausführungen des Sachverständigen nicht zutreffend sein sollten, ergeben sich weder aus dem Gutachten, noch hat der Kläger erstinstanzlich solche erhoben. Die diesbezüglichen Ausführungen hinsichtlich der Verwertung von Gutachten aus dem Sachverständigenbüro Wnnnn sind weder Fall bezogen, noch ist ersichtlich, welche Ausführungen des Sachverständigen Hnn hiermit angegriffen werden sollen.

2. Nach alledem dürfte die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben, weshalb anheim gestellt wird, deren weitere Durchführung zu überdenken.

Ende der Entscheidung

Zurück