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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 03.01.2002
Aktenzeichen: 12 U 4708/00
Rechtsgebiete: StVO, BGB, ZPO


Vorschriften:

StVO § 1 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 842
BGB § 847 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2 a.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 4708/00

Verkündet am: 3. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzanspruchs aus Kraftverkehrsunfall

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Januar 2002 durch den Richter am Kammergericht Philipp als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Mai 2000 verkündete, durch Beschluss vom 12. Juli 2000 berichtigte Urteil, der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 14.185,00 DM.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger überquerte am 9. Januar 1999 gegen 1.05 Uhr in Berlin-Kreuzberg östlich des kreuzenden Straßenzuges L Straße/K Straße die südliche Richtungsfahrbahn der Hasenheide in südlicher Richtung, und zwar etwa 20 bis 25 Meter östlich der Fußgängerampel - vom östlichen Bereich des genannten Kreuzungsbereichs aus gesehen, wie es in dem angefochtenen Urteil heißt (UA S. 4). Die südliche Richtungsfahrbahn der Hasenheide ist von der nördlichen Richtungsfahrbahn durch einen Mittelstreifen getrennt; davor - westlich, aber noch vor der Kreuzung - befindet sich ein Mittelstreifendurchbruch zum Wenden. Etwa 20 bis 25 Meter östlich der Kreuzung besteht die südliche Richtungsfahrbahn der Hasenheide aus 3 Fahrstreifen.

Zur genannten Zeit befuhr der Beklagte zu 1. mit seinem bei der Beklagten zu 2. gegen Haftpflicht versicherten Personenkraftwagen BMW Cabrio 320 mit dem amtlichen Kennzeichen die südliche Richtungsfahrbahn der Hasenheide in östlicher Richtung und erfasste mit seinem Fahrzeug vorn rechts den Kläger. Letzterer erlitt einen Emenentiaausriss am rechten Knie, einen knöchernen Ausriss des vorderen Kreuzbandes und einen Riss des medialen Seitenbandes am rechten Knie (vgl. Berichte der Ärzte Dr. vom 28. April 1999 und Dr. vom 29. April 1999, Bl. 34 ff.).

1. Zutreffend hat das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung jede Haftung der Beklagten für den unfallbedingten, bereits eingetretenen materiellen sowie für den immateriellen Schaden, ferner für jeden künftigen materiellen Schaden abgelehnt.

Die Haftung des Beklagten zu 1. für den gegenwärtigen und künftigen materiellen Schaden des Klägers ergibt sich nicht schon daraus, dass sich der Unfall bei dem Betrieb des von ihm geführten Personenkraftwagens ereignet hat (vgl. § 7 Abs. 1 StVG, § 256 ZPO). Insbesondere hat der Kläger nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 1. dessen Körperschaden fahrlässig verschuldet hat (vgl. §§ 823 Abs. 1, 842 BGB), weshalb ihm ferner kein Schmerzensgeld zusteht (vgl. §§ 823, 847 Abs. 1 BGB). Doch selbst wenn den Beklagten zu 1. ein geringfügiges Mitverschulden treffen sollte, stünde diesem Umstand und der Haftung allein aus Betriebsgefahr - Letzteres bezieht sich lediglich auf den materiellen Schaden - das Ausmaß des Mitverschuldens des Klägers (§§ 9 StVG, 254 BGB bezüglich des materiellen Schadens und § 254 BGB allein hinsichtlich des immateriellen Schadens) entgegen. Mangels Haftung des Beklagten zu 1. entfällt auch diejenige der Beklagten zu 2. als Haftpflichtversicherer (vgl. § 3 Nr. 1 und Nr. 2 Pflichtversicherungsgesetz).

2. Für die Beurteilung des Verursachungsanteils des Beklagten zu 1. und des Mitverschuldens des Klägers ist Folgendes maßgebend:

Der Kraftfahrer hat im Straßenverkehr die gesamte vor ihm liegende Fahrbahn zu beobachten (BGH NJW 1987, 2377 = VerkMitt 1987, 82; KG, Urteil vom 6. März 1989 -12 U 3045/88 -). Dabei ist zu berücksichtigen, ob seine Sicht auf den Fußgänger durch am Fahrbahnrand abgestellte oder zum fließenden Verkehr zu rechnende Fahrzeuge beeinträchtigt ist. Von den sich aus § 1 Abs. 2 StVO ergebenden Sorgfaltspflichten ist der Kraftfahrer nicht schon dadurch entbunden, dass der Fußgänger beim Überschreiten der Fahrbahn außerhalb geschützter Stellen (vgl. § 26 StVO) besonders sorgfältig sein muss; dieser hat sowohl beim Betreten als auch beim Überschreiten der Fahrbahn auf sich nähernde Fahrzeuge zu achten und den fließenden Verkehr zu berücksichtigen (§ 25 Abs. 3 StVO; KG DAR 1978, 107, 108; VerkMitt 1985, 3, 4; 1985, 68). Der Fußgänger hat also vor dem Betreten und beim Überschreiten der Fahrbahn besondere Vorsicht walten zu lassen. Denn der Fahrdamm dient in erster Linie dem Kraftfahrzeugverkehr. Der Fußgänger muss auf diesen achten und auf ihn Rücksicht nehmen. Er muss darauf bedacht sein, nicht in die Fahrbahn eines sich nähernden Fahrzeuges zu geraten (vgl. BGH VersR 1964, 846, 847; VRS 65, 338, 340 = NJW 1984, 50 = DAR 1983, 389; KG VerkMitt 1992, 27 NR. 30; KG, Urteile vom 6. März 1989 - 12 U 3045/88 -; 25. Mai 1998 - 12 U 3288/95 -). Wenn ein Fußgänger sich nicht entsprechend einrichtet, handelt er in der Regel grob fahrlässig (vgl. BGH VersR 1964, 846, 847; 1967, 608; KG VersR 1981, 263). Die Haftung des Kraftfahrers kann in einer derartigen Situation nur dann nicht vollständig zurücktreten, wenn er freie Sicht auf den Fußgänger hat (vgl. KG VerkMitt 1987, 86).

Das Verschulden eines Kraftfahrers kann ferner dann als gering zu beurteilen sein oder gar vollständig hinter dem Mitverschulden eines Geschädigten zurücktreten, wenn dieser es versäumt hat, einen in unmittelbarer Nähe gelegenen, durch eine Lichtzeichenanlage geregelten Überweg zu benutzen (vgl. KG, Urteil vom 13. April 2000 - 12 U 7999/97 -). So handelt der Fußgänger grob fahrlässig, wenn er innerhalb einer Ortschaft die Fahrbahn einer Straße bei Dunkelheit in einer Entfernung von 20 Metern von einem ampelgeregelten Überweg überschreitet; er hat infolge alleinigen Verschuldens den erlittenen Schaden selbst zu tragen (KG VersR 1979, 355, 356). Gleiches gilt, wenn der Fußgänger etwa 10 Meter von einer Lichtzeichenanlage entfernt den Fahrdamm überquert (KG, Urteil vom 13. Februar 1989 - 12 U 388/88 -). Überhaupt ist der Fußgänger verpflichtet, die Fahrbahn an dem ampelgeregelten Überweg zu überqueren, welcher 40 Meter entfernt liegt, wenn es die Verkehrslage erfordert (vgl. KG VerkMitt 1979, 80; DAR 1978, 107). Wenn dies erforderlich ist, hat der Fußgänger den Schaden selbst zu tragen (KG VerkMitt 1989, 61 Nr. 69; KG, Urteil vom 25. April 1994 - 12 U 3385/92 -). Es kommt also auf den Einzelfall an.

3. Unter Berücksichtigung der voranstehenden Ausführungen hat der Kläger allen seinen unfallbedingten Schaden selbst zu tragen. In diesem Zusammenhang ist zu wiederholen, dass der Kläger darzutun und zu beweisen hat, dass der Beklagte zu 1. den Unfall fahrlässig verursacht und verschuldet hat, wenn er ihn nach §§ 823, 842, 847 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen will. Diesen Beweis hat er nicht geführt, wie nachfolgend auszuführen ist. Aus Betriebsgefahr (§ 7 Abs. 1 StVG) kann der Kläger den Beklagten zu 1. nur wegen materieller Schäden, also nicht wegen Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch nehmen. Auch diese Haftung entfällt, weil wegen des groben Verschuldens des Klägers die vom Fahrzeug des Beklagten zu 1. ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktritt.

a. Eine schuldhafte Unaufmerksamkeit des Beklagten zu 1. ergibt sich nicht daraus, dass er eine kurze Strecke hinter dem östlichen Teil der Lichtzeichenanlage der Kreuzung H/L Straße mit dem Personenkraftwagen gegen den Kläger geraten ist. Der Beklagte zu 1. überquerte die Kreuzung während der Grünphase. Dies steht auf Grund der glaubhaften Bekundungen des vom Kläger benannten Zeugen anlässlich seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 19. April 2000 (Bl. 54) fest. Er wollte wie der Kläger an derselben Stelle die südliche Richtungsfahrbahn der Hasenheide in südlicher Richtung überqueren. Wie es der in der von ihm gefertigten Verkehrsunfallskizze festgehalten hat, hat er die Skizze nach Angaben der Beteiligten und der Zeugen gefertigt; er hat den Standort des Fahrzeuges bei seinem Eintreffen in die Skizze eingetragen. Darin ist auch die Laufrichtung des Klägers eingetragen. Die Anstoßstelle hat der Kläger nicht in Frage gestellt; offensichtlich deshalb zieht er seine in der Skizze vermerkte Laufrichtung nicht in Zweifel. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass der Zeuge von seinem Standpunkt aus gerade noch die Fußgängerampel an der südlichen Seite der Hasenheide einsehen konnte. Von diesem seinen Standpunkt aus nahm er rotes Licht an der Fußgängerampel wahr. Auf Grund der glaubhaften Angaben gerade dieses Zeugen ist entgegen der Ansicht des Klägers dem Zeugen zu folgen, dass der Beklagte zu 1. die Kreuzung während einer Grünphase überquert hat. Dann brauchte der Beklagte zu 1. nicht damit zu rechnen und sich nicht darauf einzustellen, dass wenige Meter hinter der Kreuzung ein Fußgänger noch über die Fahrbahn rennen würde.

Diese Feststellungen vermag der Kläger nicht mit seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 3. Juli 2000 (Bl. 119 f.) in Frage zu stellen. Einmal wird davon ausgegangen, dass der Kläger in leicht östlicher Richtung, also in "Schrägrichtung" die Fahrbahn überquert hat. Deshalb hat es sich erübrigt, hierzu auf Antrag des Klägers die und den als Zeugen zu vernehmen (vgl. Bl. 120). Wie erwähnt, zweifelt der Kläger nicht an, dass in der Verkehsunfallskizze seine Laufrichtung richtig eingetragen worden ist. Dann ergibt die Auswertung dieser Skizze, dass sich der Kläger auf dem Mittelstreifen weit weniger als 25 Meter von dem genannten Fußgängerüberweg entfernt befunden hatte; es können 20 bis 22 Meter gewesen sein.

Ferner erfolglos bezieht sich der Kläger auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 23. September 1999 zu Nr. II nebst Beweisantritten (Bl. 120). Er meint offensichtlich seinen Schriftsatz vom 23. Dezember 1999 (Bl. 28 f.). Dort hat er die Vernehmung seines Vaters als Zeugen dazu beantragt, dass dieser etwa zwischen 2.00 Uhr und 2.30 Uhr eingetroffen sei und die Lichtzeichenanlage ausgeschaltet gewesen sei. Dies kann als richtig unterstelle werden. Damit kann der Kläger nicht beweisen, dass die Lichtzeichenanlage bereits zur Unfallzeit ausgeschaltet gewesen sein könnte.

Zwar weist der Kläger auf S. 2 seines Schriftsatzes vom 3. Juli 2000 (Bl. 120) zutreffend darauf hin, dass in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige vom 9. Januar 1999 die Rubrik "Verkehrsregelung" keine Eintragungen enthält. Doch ist dies richtig, da sich der Unfall nicht auf der Kreuzung ereignet hat und deshalb keine Eintragungen bezüglich der Lichtzeichenanlage erforderlich waren.

Weil bereits den Angaben des Zeugen zu entnehmen ist, dass der Beklagte zu 1. bei "Grün" die Kreuzung überquert hat, er also die Richtigkeit der Aussage des Zeugen bestätigt hat, kommt es nicht weiter auf die Überlegungen des Klägers auf S. 2 f. der Berufungsbegründung (Bl. 99 f.) an, weshalb aus seiner Sicht dem Zeugen nicht gefolgt werden könne.

Der Zeuge hat vor dem Landgericht ferner bekundet und bereits in seiner schriftlichen Aussage vom 15. Januar 1999 zu dem Verfahren 404 Ds 465/99 des Amtsgerichts Tiergarten (= BA Bl. 10 R) erklärt, der Kläger sei sehr schnell gerannt; er, der Zeuge, habe allerdings gewartet und beabsichtigt, nach den Fahrzeugen die Straße zu überqueren. Dass der Kläger dunkel - dunkelblau - gekleidet war, ist unstreitig.

Der am 16. April 1981 geborene Kläger war zur Unfallzeit am 9. Januar 1999 knapp 18 Jahre alt. Dem Senat liegt eine Tabelle über Bewegungsgeschwindigkeiten von weiblichen Fußgängern aus dem Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. vor. Danach legt eine rennende Frau im Alter von 15 bis 20 Jahren etwa 5,8 Meter in der Sekunde zurück. Es ist davon auszugehen, dass ein junger rennender Mann eine größere Strecke in derselben Zeit zurücklegt. Außerdem ist der Kläger schnell gerannt. Deshalb ist von 6,3 Metern in der Sekunde auszugehen (§ 287 ZPO).

Zu Gunsten des Klägers wird angenommen, dass der Anstoß an der südlichen unterbrochenen Linie des zweiten Fahrstreifen erfolgt ist. Dieser Fahrstreifen und der dritte Fahrstreifen sind zusammen ausweislich der polizeilichen Verkehrsunfallskizze allenfalls 6 Meter breit. Da der Kläger leicht in östlicher Richtung gelaufen ist und er die in der Skizze eingetragene Laufrichtung nicht angezweifelt hat, hat er bis zur Unfallstelle allenfalls 6,4 Meter zurückgelegt. Dazu benötigte bei der zuvor genannten Geschwindigkeit unwesentlich mehr als 1 Sekunde.

Die Reaktionszeit eines Kraftfahrers und die Bremsanschwellzeit des Fahrzeuges beträgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats 1 Sekunde. Es sind keine Umstände ersichtlich, die dafür angeführt werden könnten, dass der Beklagte zu 1. noch unfallverhütend reagieren konnte, bevor der Kläger die Fahrbahn betrat. Hierzu hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen und auch nicht unter Beweis gestellt. Deshalb kann nur davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 1. erst zu reagieren beginnen konnte und dies auch tat, als der Kläger auf die Fahrbahn rannte, dann aber der Personenkraftwagen in der einen Sekunde nicht mehr vor dem Kläger zum Stillstand abgebremst werden konnte. Die Bremswirkung konnte erst in Höhe der Unfallstelle oder unmittelbar davor eintreten. Von dieser Stelle aus hätte der Bremsweg aus einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei einer Bremsverzögerung von maximal 8,5 m/sec2 immer noch 11,3 Meter betragen (vgl. Kuckuk/Werny, Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. 1996, S. 1339). Selbst wenn zu Gunsten des Klägers nur eine Laufgeschwindigkeit von 6 m/sec angenommen wird, hätte die Bremswirkung noch vor der Kollision eintreten können, ohne dass der Beklagte zu 1. sie hätte vermeiden können.

Letzteres würde auch dann gelten, falls von einer Reaktions- und Bremsansprechzeit von 0,8 Sekunden ausgegangen wird.

Nur wenn sich feststellen ließe, dass der Unfall vermieden worden wäre, wenn ein Kraftfahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte, wäre nach ständiger Rechtsprechung des Senats davon auszugehen, dass eine höhere Geschwindigkeit sich unfallursächlich ausgewirkt haben könnte. Derartiges lässt sich jedoch auf Grund der voranstehenden Ausführungen nicht feststellen. Schon deshalb erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers aus S. 3 f. der Berufungsbegründung (Bl. 100), dem Zeugen sei zu folgen, dass der Beklagte zu 1. schneller als 50 km/h gefahren sei. Doch selbst wenn darauf einmal eingegangen wird, ist nicht erkennbar, welche Geschwindigkeitsüberschreitung der Kläger dargetan haben könnte und wie sie sich unfallursächlich ausgewirkt hätte. Mangels entsprechender Tatsachen sind diese Überlegungen des Klägers keiner Beweisaufnahme etwa durch Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens zugänglich.

In diesem Zusammenhang bezieht sich der Kläger erfolglos auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 1989 (NJW-RR 1989, 531, 532). Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall war anders gelagert. Der verunglückte Fußgänger beschritt außerorts eine Straße in Fahrtrichtung des Kraftfahrers, der ihn im Scheinwerferlicht längere Zeit wahrnehmen konnte. Deshalb ist es in jenem Fall angezeigt gewesen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dagegen ergibt sich aus den voranstehenden Ausführungen nicht, dass der Beklagte zu 1. die Absicht des Klägers vorausahnen konnte, die Fahrbahn plötzlich zu betreten und rennend zu überqueren. Die Laufgeschwindigkeit des Klägers betrug 6,4 m/sec, zumindest 6 m/sec. Der Beklagte zu 1. konnte auch bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 50 km/h den Personenkraftwagen nicht mehr vor dem Kläger bis zum Stillstand abbremsen. Dem gegenteiligen Vorbringen des Klägers auf S. 4 f. (Bl. 101 f.) der Berufungsbegründung ist nicht zu folgen.

Letzteres gilt ferner für den Vortrag des Klägers auf S. 6 der Berufungsbegründung. Dort führt er zwar zutreffend die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der zuvor genannten Entscheidung an, dass der Aufprall eines Kraftfahrzeuges auf ein Hindernis in seiner Fahrbahn erfahrungsgemäß für ein Verschulden des Fahrers spricht. Doch betrifft diese Rechtsprechung die Fälle von Hindernissen auf der Fahrbahn, die der Fahrer bei der gebotenen Aufmerksamkeit noch rechtzeitig erkennen kann, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, zu reagieren und eine Kollision zu vermeiden. So liegt es hier schon deshalb nicht, weil sich der Kläger während der Annäherungsphase des Beklagten zu 1. noch nicht auf der Fahrbahn befunden hat (so BGH a.a.O.).

Damit hat der Kläger nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte zu 1. den Unfall - fahrlässig - verschuldet hätte. Das hat zur Folge, dass der Kläger den Unfall allein verschuldet hat, und zwar grob fahrlässig, wie ausgeführt worden ist. Deshalb tritt die vom Fahrzeug des Beklagten zu 1. ausgehende Betriebsgefahr nach der Rechtsprechung des Senats vollständig zurück (vgl. § 7 Abs. 1 StVG).

4. Hiernach genügt der Hinweis, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten gleichfalls nicht deren Inanspruchnahme rechtfertigt.

5. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO a.F.. Davon abgesehen hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen. Es liegt keine Rechtssache von grundlegender Bedeutung vor. Es ist kein Fall gegeben, der eine Fortbildung des Rechts eröffnen könnte. Von der einheitlichen Rechtsprechung ist nicht abgewichen worden (vgl. § 543 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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