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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.06.2007
Aktenzeichen: 12 W 17/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 148
Im Rahmen des gegen eine Verfahrensaussetzung gerichteten Beschwerdeverfahrens ist überprüfbar, ob die tatbestandliche Voraussetzung für eine Aussetzung nach § 148 ZPO, nämlich eine Vorgreiflichtkeit vorliegt. Hat das Landgericht durch Teilurteil die wirksame Beendigung eines Gewerbemietverhältnisses durch eine Kündigung der Kläger vom 24. Juni 2005 nicht vor Ablauf des 31. Oktober 2009 festgestellt, so ist der Ausgang des Berufungsverfahrens betr. dieses Teilurteils nicht vorgreiflich für den - vom Landgericht noch nicht entschiedenen - Streit der Parteien über die wirksame Beendigung desselben Mietverhältnisses durch eine in einem Widerklageschriftsatz der Beklagten vom 23. Februar 2006 enthaltene fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 17/07

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Dr. Wnnn als Einzelrichter am 11. Juni 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 20. Februar 2007 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 1. Februar 2007 betreffend die Aussetzung des Verfahrens über die Widerklage (ursprüngliches Az. 32 O 445/07, jetziges Az. 32 O 264/07) aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietverhältnis sowie um dessen Fortbestand.

1. Die Kläger haben vor dem Landgericht mit Klageschrift vom 10. August 2005 sowie mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 gegen die Beklagten Zahlung von Mietzins in Höhe von 11.226,57 EUR nebst anteiligen Zinsen für Gewerberäume in der Tnnn allee nn in Berlin sowie Zahlung weiterer 474,45 EUR nebst anteiligen Zinsen für zwei PKW-Stellplätze geltend gemacht sowie die Feststellung verlangt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2005 das Gewerbemietverhältnis (Mietvertrag vom 28. April 1999) nicht vor Ablauf des 31. Oktober 2009 beendet hat.

Die Beklagten haben widerklagend mit Schriftsatz vom 7. November 2006 die Feststellung begehrt, die Kündigung vom 23. Februar 2006 habe das Gewerbemietverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet.

2. Das Landgericht hat durch am 2. und 5. Dezember 2005 zugestelltes und am 6. Dezember 2005 berichtigtes Anerkenntnisteilurteil über einen Teil der Mietzinsforderungen entschieden.

Durch ein zweites Teilurteil hat das Landgericht am 31. August 2006 festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2005 das Gewerbemietverhältnis entsprechend dem Mietvertrag vom 28. April 1999 nicht vor Ablauf des 31. Oktober 2009 beendet habe.

Durch ein drittes Teilurteil vom 1. Februar 2007 hat es über die restlichen Mietzinsforderungen entschieden.

Gegen die Teilurteile vom 31. August 2006 und vom 1. Februar 2007 haben die Beklagten Berufung zum Kammergericht eingelegt.

3. Mit Beschluss vom 1. Februar 2007 hat das Landgericht das Verfahren bezüglich der Widerklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kammergerichts ausgesetzt mit der Begründung, die Entscheidung im Teilurteil vom 31. August 2006 zur Beendigung des Mietverhältnisses sei vorgreiflich gegenüber der mit der Widerklage begehrten Feststellung einer Beendigung schon durch Kündigung vom 24. Juni 2005.

Gegen diesen ihnen am 6. Februar 2007 zugegangenen Beschluss wenden sich die Beklagten mit der am 21. Februar 2007 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 20. Februar 2007, unter anderem mit der Begründung, eine Aussetzung sei schon deshalb nicht statthaft, weil es sich um dasselbe Verfahren handele. Auf die Begründung der Beschwerde sowie auf den Schriftsatz vom 10. Mai 2007 wird Bezug genommen.

4. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 15. April 2007 die Widerklage zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und im Hinblick darauf der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gegen die Aussetzung gerichtete sofortige Beschwerde ist nach §§ 252, 567 ZPO zulässig (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 65. Aufl. 2007, 65. Aufl. 2007, § 148 ZPO, Rn. 38 m. w. N.). Sie ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens liegen auch unter Berücksichtigung des Abtrennungsbeschlusses vom 15. April 2007 nicht vor.

1. Der Ausgang des Berufungsverfahrens über das Teilurteil vom 31. August 2006 über die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2005 ist für die noch offene Entscheidung des Landgerichts über die Widerklageforderung, betreffend die Kündigung vom 23. Februar 2006, nicht vorgreiflich i. S. d. § 148 ZPO.

a) Voraussetzung für eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO ist, dass die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet.

b) Diese Voraussetzung lässt sich hier nicht feststellen. Die Entscheidung über die Kündigung vom 23. Februar 2006 hängt nicht von der Berufungsentscheidung über die Kündigung vom 24. Juni 2005 ab.

Die im Schriftsatz vom 23. Februar 2006 enthaltene Kündigung ist "fristlos mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt" ausgesprochen worden.

Das Landgericht hat zur Kündigung vom 24. Juni 2005 festgestellt, dass diese das Mietverhältnis nicht vor Ablauf des 31. Oktober 2009 beendet hat.

Damit ergeben sich auf die Berufung der Beklagten zwei Möglichkeiten:

Entweder die Berufung ist erfolglos. Dann steht zwischen den Parteien rechtskräftig nur die tenorierte Wirkung der streitgegenständlichen Kündigung vom 24. Juni 2005 fest. Dies wäre nicht vorgreiflich für die zur Entscheidung des Landgerichts gestellte Frage, ob die als fristlos oder zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung vom 23. Februar 2006 zu einer früheren Beendigung als zum 31. Oktober 2009 geführt hat. Die rechtskräftige Entscheidung würde nicht ausschließen, dass das Mietverhältnis schon durch eine andere Kündigung mit früherem Zeitpunkt zu Ende gegangen ist. Umgekehrt würde eine spätere rechtskräftige Entscheidung zugunsten eines früheren Beendigungszeitpunktes durch eine anderen Kündigungserklärung allenfalls das spätere Urteil gegenstandslos werden lassen.

Oder die Berufung ist erfolgreich, und die Klage mit dem entsprechenden Feststellungsbegehren würde abgewiesen. Dann wäre dies auch ohne Einfluss auf die Entscheidung darüber, ob das Mietverhältnis jedenfalls durch eine andere als die streitgegenständliche Kündigung zu Ende gegangen ist.

Damit hängt die Entscheidung über die Kündigung vom 23. Februar 2006 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vom Ausgang des Berufungsverfahrens ab, so dass die angefochtene Aussetzungsentscheidung nicht gerechtfertigt war.

Auf die weiter umstrittene Frage, ob das Landgericht das Widerklageverfahren abtrennen durfte, kommt es daher nicht an.

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nicht veranlasst (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, KV 1812, Rn. 3).

Ende der Entscheidung

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