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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 12 W 21/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 320
BGB § 536
BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3 a)
BGB § 854
BGB § 858
BGB § 862
ZPO § 575
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 W 21/04

verkündet am: 08.07.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Hinze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten wird die einstweilige Verfügung vom 4. Mai 2004 - 12 W 21/04 - aufgehoben.

Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Der Verfügungskläger mietete mit Vertrag vom 23. Februar/3. März 1994 Gewerberäume in der Bnnnn straße nn im Umfang von 70 m² für den Betrieb einer Massagepraxis. Nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages hatte der Verfügungskläger an die Verfügungsbeklagte u.a. die Kosten für die Wasserversorgung an die Verfügungsbeklagte zu zahlen. Der monatliche Mietzins betrug zuletzt 1.293,48 EUR. Bis Oktober 2002 zahlte der Verfügungskläger die vereinbarte Miete nur teilweise. Seit Oktober 2002 erbringt er keine Leistungen mehr. Im Jahr 2000 hat er ein Schuldanerkenntnis über offene Mietzinsforderungen von ca. 12.000,-- DM unterzeichnet. Im März 2004 betrugen die Mietrück-stände über 50.000,-- EUR.

Unter dem 7. November 2003 hat die Verfügungsbeklagte das Mietverhältnis wegen der dama-ligen Mietrückstände von 31.370,47 EUR fristlos gekündigt. Mit Schreiben vom 27. April 2004 hat sie angekündigt, wegen offener Mietzinsforderungen ihr Zurückbehaltungsrecht geltend zu ma-chen und das Wasser abzusperren. Am 29. April 2004, 10.00Uhr, hat die Verfügungsbeklagte die Wasserzufuhr zu den streitgegenständlichen Räumen abgesperrt.

Der Verfügungskläger hat erklärt, er sei bereit, für die Wasserversorgung einen monatlichen Vor-schuss zu zahlen. Weiter hat er geltend gemacht, nach Absperrung der Wasserversorgung sei er nicht mehr in der Lage, in den streitgegenständlichen Räumen Massagen durchzuführen, da für Fangopackungen etc. Wasser benötigt werde. Im April 2004 begonnene Behandlungen von Pa-tienten seien erst Mitte Juni 2004 abgeschlossen.

Die Parteien streiten um die Rechtsfrage, ob die Verfügungsbeklagte aufgrund eines ihr zuste-henden Zurückbehaltungsrechts die Wasserzufuhr absperren darf oder ob dies eine verbotene Eigenmacht im Sinne der §§ 858, 862 BGB darstellt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 29. April 2004 den Antrag des Verfügungsklägers, die Beklagte zur Wiederherstellung der Wasserzufuhr zu verpflichten, zurückgewiesen. Auf die Be-schwerde des Verfügungsklägers vom 1. Mai 2004 hat der 9. Zivilsenat als Vertretersenat mit Beschluss vom 4. Mai 2004 eine einstweilige Verfügung erlassen und darin die Verfügungs-beklagte verpflichtet, die Wasserzufuhr wiederherzustellen, sofern der Verfügungskläger nach-weist, für Mai und Juni 2004 jeweils 50,00 EUR Wasserkostenvorschuss an die Verfügungs-beklagte gezahlt zu haben. Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte am 4. Mai 2004 Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Kammergerichts vom 4. Mai 2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

den Widerspruch zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 34 AR 6/04 des Landgerichts Berlin haben zu Informationszwecken vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

1. Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats vom 4. Mai 2004 ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Das Kammergericht ist auch für die Entschei-dung über den Widerspruch zuständig. Zwar wird in Rechtsprechung und Schrifttum wohl über-wiegend die Auffassung vertreten, dass dann, wenn das Beschwerdegericht den Arrest oder die einstweilige Verfügung erlassen hat, für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens die erste Instanz zuständig sei (OLG Düsseldorf, MDR 1984, 324; OLG Hamm, OLGZ 1987, 493; OLG Dresden, JUR Büro 2000, 138, 139; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 924 Rdnr. 6; MüKo/Heinze, ZPO, 2. Aufl., § 924 Rdnr. 13 m.w.N.). Dies wird in erster Linie mit der Beendi-gung der Beschwerdeinstanz durch die Entscheidung in der Sache und mit der Notwendigkeit, den Erlass des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung durch das Beschwerdegericht und die Übertragung der Anordnung auf das Erstinstanzgericht gemäß § 575 ZPO gleich zu behandeln, begründet, so wie mit der Stellung des Beschwerdegerichts als "Ersatzgericht" der ersten Instanz.

Der Senat vermag sich dieser Auffassung jedoch nicht anzuschließen. Gegen sie spricht insbesondere der Eilcharakter des Arrestverfahrens. Zudem würde die Gegenmeinung dazu führen, dass das erstinstanzliche Gericht in seiner Entscheidung über den Widerspruch die Arrestanordnung des übergeordneten Gerichts aufheben könnte. Streiten die Parteien, wie im vorliegenden Fall, ausschließlich um Rechtsfragen, so wäre zudem damit zu rechnen, dass dann, wenn das Gericht erster Instanz im Widerspruchsverfahren an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält, die zweite Instanz - nunmehr als Berufungsgericht - die Entscheidung erster Instanz erneut abändert, so dass es im Ergebnis zu einer Vielzahl sich widersprechender Entscheidungen kommt, was weder dem Interesse der Parteien dient, noch prozessökonomisch ist. Auch der Zweck des Widerspruchs, wonach das Gericht, welches den Arrest oder die einstweilige Verfügung angeordnet hat, seine eigene Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nochmals überprüfen soll, spricht für eine Zuständigkeit des Beschwerdegerichts zur Entscheidung über den Widerspruch, zumal dieses mit der Sache bereits vertraut ist ( Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 2. Aufl., § 924 ZPO Rdnr. 9 m.w.N.). Diese Auffassung entspricht im Übrigen einer im Bereich des Kammergerichts verbreiteten Praxis.

2. a) Ein Anspruch auf Wiederherstellung der Wasserzufuhr ergibt sich entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers nicht aus den Regelungen in § 5 Abs. 2a) des Mietvertrages. Ein vertraglicher Anspruch des Verfügungsklägers auf Wiederherstellung der Wasserzufuhr scheidet schon deshalb aus, weil die Verfügungsbeklagte den Mietvertrag vom 23.Februar/3. März 1994 nach ihrem unwidersprochenen Vorbringen mit Schreiben vom November 2003 wegen erheblicher Zahlungsrückstände des Verfügungsklägers gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB wirksam gekündigt hat.

b) Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Kündigung kann der Verfügungskläger nicht von der Verfügungsbeklagten verlangen, dass diese die streitgegenständlichen Mieträume - auf ihre Kosten - mit Wasser versorgt, weil der Verfügungsbeklagten ein Zurückbehal-tungsrecht nach § 320 BGB zusteht, auf das sie sich mit ihrem Schreiben vom 27. April 2004 berufen hat. Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes ist auch in dem hier vorliegenden Fall eines Dauerschuldverhältnisses nicht ausgeschlossen.

Zwar trifft es zu, dass die Wasserversorgung für den Zeitraum, für den sie unterbrochen worden ist, nicht nachträglich nachgeholt werden kann, doch ist ein genereller Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts bei Dauerschuldverhältnissen oder Sukzessivlieferungsverträgen mit dem Gesetz nicht vereinbar (Beuermann, GE 1996, 1306 m.w.N.; im Ergebnis ebenso Schmidt: Miete und Mietprozess, 4. Aufl., 10-19).

Dem Verfügungskläger kann auch nicht gefolgt werden, wenn er unter Berufung auf Schmidt-Futterer (Mietrecht 8. Aufl., § 546 BGB Rdnr. 145) meint, durch das Zulassen einer Versorgungssperre seitens des Vermieters würde das gesamte Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht, insbesondere der Vollstreckungsschutz unterlaufen werden. Zum einen verkennt der Verfügungskläger, dass durch die Absperrung der Wasserzufuhr allenfalls die Möglichkeit der weiteren Nutzung der streitgegenständlichen Mieträume durch den Mieter beeinträchtigt wird, während ihm der Besitz hieran durch die beanstandete Maßnahme nicht entzogen wird (so schon KG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 8 U 7247/98 -). Zum anderen übersieht der Verfügungskläger, dass der Mieter in Fällen der vorliegenden Art die Möglichkeit hat, die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts hinsichtlich der Versorgungsleistungen mit Wasser, Strom, Heizung etc. dadurch abzuwenden, dass er die - im vorliegenden Fall unstreitigen - Mietzinsrückstände ausgleicht. Er wird also nicht dazu gezwungen, die vermieteten Räume zu räumen. Richtig ist zwar, dass der Vermieter dadurch, dass er Versorungsleistungen mit Wasser, Strom oder Heizung zurückhält, auf den Mieter Druck dahingehend ausüben kann, die von ihm geschuldete Gegenleistung, nämlich den Mietzins, nunmehr zu erbringen. Dies ist jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers gerade Sinn und Zweck des Zurückbehaltungsrechts nach § 320 BGB (MK Emmerich, BGB, 4. Aufl., § 320 Rdnr. 2; im Ergebnis ebenso OLG Hamm, MDR 1994, 163 ff.).

c) Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Verfügungsbeklagte ist - das Fortbestehen des Mietvertrags unterstellt - im vorliegenden Fall auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 115, 99, 102) für möglich erachtet, dass die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch ein Versorgungsunternehmen gegen Treu und Glauben verstoßen könnte. Der dortige Sachverhalt ist mit dem hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht vergleichbar. In dem vom Bundesge-richtshof zu entscheidenden Fall hatte das Versorgungsunternehmen die Stromversorgung für die Wohnräume eines Mieters unterbrochen, weil dieser Stromrechnungen für in einem anderen Gebäude befindliche Gewerberäume nicht ausgeglichen hatte. Dabei bestand die Besonderheit, dass der vollständige Mietzins für die Wohnräume regelmäßig vom Sozial-amt ausgeglichen worden war. Im vorliegenden Fall sind demgegenüber keine Anhalts-punkte ersichtlich, die die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Ver-fügungsbeklagte als treuwidrig erscheinen lassen könnten, zumal erhebliche Mietrück- stände aufgelaufen sind, die eine Kündigung rechtfertigen und die Sperre zuvor angekün-digt wurde.

d) Die Unterbrechung der Wasserversorgung durch die Verfügungsbeklagte stellt sich auch nicht als verbotene Eigenmacht in der Form der Besitzstörung hinsichtlich der vom Verfügungskläger ursprünglich angemieteten Gewerberäume im Sinne der §§ 858, 862 BGB dar.

aa) Allerdings steht es der Annahme einer verbotenen Eigenmacht durch Absperrung der Wasserversorgung seitens der Verfügungsbeklagten nicht entgegen, dass der ur-sprüngliche Mietvertrag von der Verfügungsbeklagten wirksam gekündigt worden ist und dieser im Übrigen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB hinsichtlich der Wasserlieferung zusteht. Denn gegenüber einem etwaigen Anspruch des Verfügungs-klägers aus § 862 BGB kann die Verfügungsbeklagte nur geltend machen, dass die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht ist (§ 863 BGB). Sogenannte petitorische Einwendungen, also Einwendungen, die nicht auf Besitzrecht beruhen, sind gegenüber dem possessorischen Anspruch auf Besitzschutz ausgeschlossen (LG Berlin, WUM 03, 508, 509; Beuermann a.a.O., S. 1398; Darleder NZM 2000, 1098, 1100: Palandt-Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 863 Rdnr. 1).

bb) Nach Auffassung des Senats stellt jedoch in Fällen der vorliegenden Art, bei denen vertragliche Beziehungen nur zwischen dem Mieter und dem Vermieter von Gewerbe-raum einerseits sowie zwischen dem Vermieter und dem Versorgungsunternehmen andererseits bestehen, nicht aber unmittelbar zwischen Mieter und Versorgungs-unternehmen, das Absperren der Wasserzufuhr keine Besitzstörung im Sinne der §§ 858, 862 BGB dar.

(1) Es erscheint bereits möglich, das vom Verfügungskläger beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten bei wertender Betrachtung als Unterlassen einzustufen. Zwar setzt das Absperren der Wasserversorgung zunächst ein aktives Tun voraus, nämlich das Schließen der Versorgungsleitung. Der Schwerpunkt des Verhaltens der Verfügungsbeklagten dürfte jedoch darin liegen, dass diese die vom Verfügungskläger innegehaltenen Räume nicht weiterhin mit Wasser versorgt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Verfügungsbeklagte denselben Erfolg, nämlich die Unterbrechung der Wasserzufuhr zu den streitgegen-ständlichen Räumen, auch dadurch hätte erreichen können, dass sie ihrerseits keine Zahlungen mehr an die Wasserbetriebe leistete. In diesem Fall hätten die Wasserwerke die Versorgung eingestellt. Stuft man aber das Verhalten der Verfü-gungsbeklagten als Unterlassen ein, so könnte eine verbotene Eigenmacht im Sinne der §§ 858 ff. BGB nur dann angenommen werden, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestünde (vgl. Beuermann a.a.O. Seite 1398). Dies ist hier nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen zu a) verwiesen.

(2) Aber auch wenn man das beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes als aktives Tun einstuft, führt dies nach Auffassung des Senats nicht zum Vorwurf der verbotenen Eigenmacht. Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum hiervon abweichend teilweise die Auffassung vertreten wird, die Unterbrechung der Versorgung von Räumen mit Wasser, Strom, Gas etc. Stelle der Sache nach eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht dar (OLG Köln, NZM OO, 1026 für Wohnungseigen-tümergemeinschaft; LG Berlin, WUM 03, 508, 509; AG Siegen, WUM 96, 707; wohl auch LG Kassel, WUM 79, 51 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 862 Rdnr. 5 m.w.N.; Beuermann a.a.O., S. 1398), beruht dies nach Auffassung des Senats darauf, dass nicht hinreichend zwischen dem Besitz im Sinne des § 854 BGB und dem Mietgebrauch im Sinne des § 536 BGB unterschieden wird (so schon KG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 8 U 7247/98 -; im Ergebnis auch OLG Hamm, MDR 94, 163 ff. für Wohnungseigentümergemeinschaft; sowie KG, NZM 01, 761, 762, ebenfalls für Wohnungseigentümergemeinschaft). So hat der 8. Zivilsenat des KG, a.a.O., zutreffend ausgeführt:

"Es ist zu unterscheiden zwischen dem Besitz des Mieters an der Mietsache und dem Gebrauch der Mietsache, den der Vermieter dem Mieter aufgrund des Mietvertrages nach § 536 BGB schuldet. Im Rahmen der Gebrauchsgewährung nach § 536 BGB ist der Vermieter auch zur Erbringung der vereinbarten Neben-leistungen (Heizung, Wasser) verpflichtet, wofür der Mieter die vereinbarten Nebenkostenvorschüsse zu zahlen hat. Nach Beendigung des Mietverhältnisses entfällt die Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsgewährung nach § 536 BGB. Damit entfällt auch die Verpflichtung des Vermieters zur Erbringung der im Mietvertrag vereinbarten Nebenleistungen. Ob dies bei Wohnraummietverhält-nissen innerhalb der Räumungsfrist anders zu bewerten ist, kann dahingestellt bleiben. Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Vermieter also grundsätzlich die Erbringung der Nebenleistungen einstellen. Dadurch wird der Mieter zwar in dem Gebrauch der Mietsache, zu der er nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr berechtigt ist, beeinträchtigt, sein Besitz an der Mietsache wird aber damit nicht gestört. Denn Besitz im Sinne von § 858 BGB ist die tatsächliche Sachherrschaft. Darin wird der Mieter durch die Einstellung der Nebenleistungen (hier die Abstellung des Frischwassers) nicht gestört. Die Einstellung von Nebenleistungen ist keine Einwirkung, sondern eine bloße Gebrauchshinderung ohne Eingriff in die Sachherrschaft."

Die zeitlich unbegrenzte Fortsetzung von Lieferungen mit Wasser etc. ist kein Element des Besitzes des Mieters an den Geschäftsräumen (Darleder, NZM 00, 1098, 1100; ebenso Schmidt a.a.O., 10/19; Bub-Treier-v.Martius, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III, Rdnr. 1152). Dementsprechend hat der BGH (a.a.O.) und ihm folgend das OLG Hamm (a.a.O.) die Geltendmachung eines ZBR durch ein Versorgungsunternehmen grundsätzlich als zulässig ange-sehen, obwohl nach der oben genannten Rechtsmeinung stets eine Besitzstörung im Sinne der §§ 858, 862 BGB vorläge.

Ob die Frage einer verbotenen Eigenmacht anders zu beurteilen ist, wenn der Vermieter bei Bestehen einer direkten Vertragsbeziehung zwischen Mieter und Versorgungsunternehmen die Versorgung mit Wasser, Strom, Gas etc. unter-bricht, hat der Senat ebenso wenig zu entscheiden wie die weitere Frage, ob die Besonderheiten des Wohnraummietrechtes eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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