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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: 12 W 25/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 567

Entscheidung wurde am 25.08.2005 korrigiert: der Entscheidung wurde ein Leitsatz hinzugefügt
Aus einem etwaigen Beratungsverschulden der Bank kann sich grundsätzlich kein Anspruch des Kunden auf Abschluss eines anderen, ihm günstigeren Vertrages ergeben; vielmehr ist der Anspruch grundsätzlich auf Ersatz des Vertrauensschaden gerichtet. Zum Beratungsverschulden der Bank im Zusammenhang mit der Finanzierung einer Windmühle.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 25/04

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 7. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, die Richterin am Kammergericht Zillmann sowie den Richter am Kammergericht Hinze beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 19. Mai 2004 gegen den Beschluss der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin vom 4. Mai 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Senat folgt den im wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses. Im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde weist er ergänzend auf folgendes hin:

a) Hinsichtlich des vom Antragsteller angekündigten Hauptantrages, die Antragsgegnerin dazu zu verurteilen, mit ihm einen Darlehensvertrag zu bestimmten Konditionen abzuschließen, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung schon deshalb keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil es an einer Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch fehlt.

aa) Einen gesetzlichen Anspruch eines Kreditsuchenden gegenüber einem Kreditinstitut auf Abschluss eines Darlehensvertrages, noch dazu zu bestimmten, ausschließlich vom Kreditsuchenden festgelegten Konditionen, kennt das deutsche Zivilrecht nicht. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Durchfinanzierungsbestätigung der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2000 / 27. Juni 2001. Zwar hat die Antragsgegnerin sich darin bereit erklärt, die Zwischenfinanzierung bei Gesamtausgaben in Höhe von 2.145.000 DM zu übernehmen, jedoch nicht zu den vom Antragsteller begehrten Konditionen. So hat die Antragsgegnerin in der Durchfinanzierungsbestätigung nur ein bzw. zwei statt der vom Antragsteller begehrten drei tilgungsfreien Jahre zugesagt. Der Zinssatz sollte 5,36 % bzw. 5,98 % statt der vom Antragsteller begehrt 5,25 % betragen. Bezüglich der Laufzeit hat die Antragsgegnerin nur 15 statt der vom Antragsteller begehrten 20 Jahre zugesagt. Auch hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller der Durchgangsfinanzierungsbestätigung vom 9. Oktober 2000 entsprechendes Darlehen eingeräumt. Eine Rechtsgrundlage, aufgrund derer der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Einräumung eines Darlehens zu den von ihm gewünschten Konditionen verlangen konnte, ist nicht ersichtlich.

bb) Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus einem vom Antragsteller behaupteten Beratungsverschulden der Antragsgegnerin. Abgesehen davon, dass ein Beratungsverschulden der Antragsgegnerin nicht feststellbar ist (dazu unten b), würde sich aus einem entsprechenden Verschulden kein Anspruch des Antragstellers auf Abschluss eines anderen, ihm günstigeren Vertrages ergeben. Grundsätzlich ist ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses (Vertrauensschaden) gerichtet. Das bedeutet, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte (vgl. BGH NJW 1998, 2900, 2901). Nur ausnahmsweise ist nach den Grundsätzen über das Verschulden bei Vertragsschluss das Interesse an der Erfüllung eines nicht zustande gekommenen Vertrages zu ersetzen. Dies gilt etwa dann, wenn ohne das schuldhafte Verhalten ein Vertrag zu den von dem Geschädigten angestrebten, für ihn günstigeren Bedingungen mit einem Dritten zustande gekommen wäre (BGH a.a.O.). Einen derartigen Sachverhalt behauptet der Antragsteller hier jedoch nicht.

Weiter kommt ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Erfüllungsinteresses dann in Betracht, wenn im Einzelfall feststeht, dass die Vertragspartner ohne das schuldhafte Verhalten statt des abgeschlossenen Vertrages einen anderen, für den Geschädigten günstigeren Vertrag abgeschlossen hätten (BGH NJW 1988, 2234; NJW 1998, 2900). Dabei ist zu beachten, dass der Schädiger grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, einen Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen abzuschließen (BGH NJW 1998, 2900, 2901). Denn es besteht kein Kontrahierungszwang. Besondere Umstände, aufgrund derer im konkreten Fall davon auszugehen wäre, dass die Antragsgegnerin bereit gewesen wäre, dem Antragsteller ein Darlehen auch zu für ihn günstigeren, als in der Durchgangsfinanzierungsbestätigung vom 9. Oktober 2000 zugesagten Bedingungen einzuräumen, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

b) Auch hinsichtlich des angekündigten Hilfsantrages bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht, denn ein etwaiges Beratungsverschulden der Antragsgegnerin, welches zu einer Unrechtmäßigkeit der erklärten Kündigung sowie zu einer Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz führen könnte, ist nicht feststellbar.

aa) Ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verschulden der Antragsgegnerin lässt sich nicht damit begründen, diese habe vom Antragsteller verlangt, dass er sein Eigenkapital in Höhe von ca. 350.000 DM nicht zur Finanzierung des beabsichtigten Kaufvertrages einsetzt, sondern Fondsanteile erwirbt, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob der Antragsteller seine Sachverhaltsdarstellung hinreichend unter Beweis gestellt hat.

Ein schuldhaftes Verhalten der Antragsgegnerin scheidet insoweit schon deshalb aus, weil der Antragsteller auf Seite 20 seiner Antragsschrift selbst vorträgt, es hätte der Antragsgegnerin oblegen, Kapital (des Antragstellers), welches zur Finanzierung nicht benötigt würde, in Fondsvermögen anzulegen. Genau dies ist im Ergebnis auch geschehen. Letztlich versucht der Antragsteller lediglich, das wirtschaftliche Risiko, welches mit einer Fondsanlage verbunden ist, nachdem sich diese im Nachhinein als unvorteilhaft herausgestellt hat, auf die Antragsgegnerin abzuwälzen, ohne dass die Voraussetzungen, unter denen bei Anlagegeschäften ausnahmsweise eine Schadensersatzpflicht in Betracht kommt (vgl. dazu Palandt/ Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 280 Rdnr. 48 ff.) festgestellt werden könnten. Im Übrigen hätte es dem Antragsteller grundsätzlich freigestanden, das vorhandene Eigenkapital einzusetzen und entsprechend geringere Darlehen zu beantragen. Wenn die Antragsgegnerin hiermit nicht einverstanden gewesen wäre, hätte er mit anderen Kreditinstituten in Verhandlungen eintreten und versuchen können, das gewünschte Darlehen zu für ihn günstigeren Konditionen auszuhandeln. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend macht, er habe sich in einer Zwangslage befunden, kann dies der Antragsgegnerin nicht zugerechnet werden. Wenn sich der Antragsteller in einer Zwangslage befunden haben sollte, so wäre dies darauf zurückzuführen, dass er den Kaufvertrag über die teurere Windmühle Enercon E 58 bereits am 25. August 2000 abgeschlossen hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt keine Finanzierungsbestätigung der Antragsgegnerin über ein Darlehen zu den von ihm, dem Antragsteller, gewünschten Konditionen vorlag. Soweit der Antragsteller der in der Beschwerdebegründung geltend macht, der Erwerb der Windmühle E 58 sei mit der Antragsgegnerin abgestimmt gewesen, fehlt es sowohl an einem substantiierten Vortrag, als auch einem Beweisantritt dafür, dass die Antragsgegnerin vor Abschluss des Kaufvertrages vom 25. August 2000 verbindlich die Einräumung einer Finanzierung zu dem vom Antragsteller gewünschten Konditionen zugesagt hätte.

bb) Ein Beratungsverschulden der Antragsgegnerin lässt sich auch nicht damit begründen, diese hätte bei der Berechnung der Finanzierung nichtöffentliche Fördermittel in Höhe von 200.000 DM berücksichtigen dürfen, da der Antragsteller mehrfach darauf hingewiesen habe, dass er nicht förderungswürdig sei. Wenn dem Antragsteller, wie er selbst geltend macht, bekannt war, dass die Voraussetzungen für einen Zuschuss in Höhe von 200.000 DM aus öffentlichen Mitteln nicht vorlagen, so hätte er sich auf eine derartige Finanzierung nicht einlassen dürfen. Dass die Antragsgegnerin ihm gegenüber über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt hätte, der ausnahmsweise zu einer Haftung der Antragsgegnerin führen könnte (vgl. von Heilmann, NJW 1999, 1577, 1583 m.w.N.), kann nach der Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers ausgeschlossen werden.

cc) Dem Antragsteller kann auch nicht gefolgt werden, wenn er meint, ein Beratungsverschulden der Antragsgegnerin liege deshalb vor, weil die geplante Finanzierung nicht durchführbar gewesen sei. Der Antragsteller hat weder substantiiert dargetan noch unter Beweis gestellt, aufgrund welcher konkreter Tatsachen der Antragsgegnerin hätte bekannt sein müssen, dass der Antragsteller nicht dazu in der Lage sein würde, die zur Finanzierung erforderlichen Raten aufzubringen. Soweit der Antragsteller zu meinen scheint, sein Risiko läge allein darin, dass die für die Windmühle prognostizierte Einspeiseleistung voll erbracht wird (Seite 2 der Beschwerdebegründung), während die übrigen Risiken im Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin lägen, verkennt er, dass nach allgemeiner Meinung das Risiko einer sachgerechten Verwendung des Kredites vom Kreditnehmer, hier also dem Antragsteller, zu tragen ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 280 Rdnr 63, m.w.N.). Der Antragsteller trägt nicht nur das Risiko, das die erworbene Windmühle nicht die erwartete Einspeiseleistung erbringt, sondern auch das Risiko dafür, dass sein Unternehmen insgesamt nicht rentabel arbeitet, so dass er nicht dazu in der Lage ist, die Kreditraten aufzubringen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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