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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 28.04.2007
Aktenzeichen: 12 W 35/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 9
Der Gebührenstreitwert einer Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum nach beendetem Mietvertrag bis zum - unbekannten - Zeitpunkt der Räumung ist nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bestimmen. In einfach gelagerten Fällen ist dieser Streitwert auf den 12fachen Betrag der geforderten monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen. (Bestätigung der Auffassung des Senats im Beschluss vom 22. Dezember 2005 - 12 W 46/05 - und vom 20. Dezember 2006 - 12 W 66/06 -).
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 35/07

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß als Einzelrichter am 28. April 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 21. März 2007, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird Streitwertbeschluss der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin vom 12. April 2007 teilweise abgeändert:

Der Streitwert wird auf 16.588,64 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die nach § 68 Abs. 1 GKG, § 32 Abs. 2 RVG zulässige Beschwerde hat bezüglich des Wertes des Antrags zu 3. (Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung) Erfolg; im Übrigen ist sie aus den zutreffenden Gründen des Nicht-Abhilfe-Beschlusses des Landgerichts vom 12. April 2006, denen nichts hinzuzufügen ist, zurückzuweisen.

1. Das Landgericht hat - abweichend von den Angaben der Kläger auf S. 7 der Klageschrift (12 Bruttowarmmieten) den Streitwert für den Antrag zu 3., die Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum nach beendetem Mietvertrag bis zum - unbekannten Zeitpunkt der Räumung - lediglich mit dem sechsfachen Betrag der Nutzungsentschädigung angesetzt.

Dies hält der Überprüfung nicht stand; der Senat schätzt den Streitwert in ähnlich gelagerten Fällen nach § 3 ZPO regelmäßig auf den 12fachen Betrag der monatlichen Nutzungsentschädigung (vgl. Beschlüsse vom 22. Dezember 2005 - 12 W 46/05 - KGR 2006, 459 = GE 2006, 188 = ZMR 2006, 207 = GuT 2006, 84 = MDR 2006, 957 und vom 20. Dezember 2006 - 12 W 66/06 - GE 2007, 292).

Mit der ganz herrschenden Meinung geht der Senat, a.a.O., davon aus, dass die Bestimmung des Streitwertes gemäß § 3 ZPO und nicht nach § 9 ZPO zu erfolgen hat (so auch die Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin, GE 2005, 237; OLG Frankfurt, OLGR 2004, 201; Kammergericht, KGR Berlin 2000, 234; OLG Frankfurt, MDR 1980, 761; a. A. OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 1303: § 9 ZPO).

a) Entgegen der von dem OLG Stuttgart (a.a.O.) vertretenen Ansicht ist § 9 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden nicht anzuwenden. Es ist zwar zutreffend, dass es sich bei der vom Mieter bis zur Räumung zu zahlenden Nutzungsentschädigung um eine wiederkehrende Leistung von ungewisser Dauer handelt, doch reicht dies allein für eine Anwendung von § 9 ZPO nicht aus. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Grundsätze, die von den Vereinigten Zivilsenaten des Reichsgerichts in RGZ 24, 373, 377 über Sinn und Zweck sowie über die Anwendung des § 9 ZPO entwickelt worden sind (bestätigt in RGZ 37, 383 und BGHZ 36, 144). Hiernach betrifft § 9 nur solche Rechte, die ihrer Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von - aus heutiger Sicht - wenigstens 42 Monaten haben oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunktes, wann das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben können (BGH, a.a.O.). Es steht aber außer Zweifel, dass jedenfalls in einfach gelagerten Räumungsrechtstreiten wie dem vorliegenden zwischen der Einreichung der Klage und der Räumung der Mieträume in aller Regel ein Zeitraum von weniger als 42 Monaten liegt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. März 2004 (MDR 2004, 1437= BGHReport 2004, 1055) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Diese Entscheidung betraf nämlich einen Sachverhalt, in dem das Mietverhältnis nach der Darstellung des Klägers in der Klageschrift nicht beendet war. Gleiches gilt für eine Entscheidung der Zivilkammer 65 des Landgerichts vom 1. Oktober 2002 (ZMR 2003, 264), in der der Vermieter bei weiter bestehendem Mietverhältnis wegen einer Mietminderung eine Klage auf Zahlung künftig fällig werdender Mieten erhoben hatte.

b) Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Dies muss in einfach gelagerten Fällen wie dem vorliegenden dazu führen, den Gebührenstreitwert auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen (so st. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 22. Dezember 2005 - 12 W 46/05 - KGR 2006, 459 = GE 2006, 188 = ZMR 2006, 207 = GuT 2006, 84 = MDR 2006, 957 und vom 20. Dezember 2006 - 12 W 66/06 - GE 2007, 292; im Ergebnis auch OLG Frankfurt, OLGR 2004, 201).

Die Kläger haben in der Klageschrift vorgetragen, dass über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Oktober 2005 bis November 2006) keine Mietzahlungen erfolgt sind und auch die Kaution nicht entrichtet wurde, ohne dass der Mieter Einwände gegen seine Pflicht zur Zahlung vorgebracht hätte. Deshalb ist nicht ersichtlich, dass die von den Klägern im Zeitpunkt der Klageeinreichung zu erwartende Herausgabe der Mieträume durch den Beklagten für einen kürzeren Zeitraum als den von 12 Monaten erfolgen werde.

Anhaltspunkte, welche die Annahme eines längeren Zeitraums bis zur Herausgabe rechtfertigen, ergeben sich aus den Akten ebenso wenig wie Anhaltspunkte für eine Herausgabe zu einem früheren Zeitpunkt.

Die von der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin in der angefochtenen Entscheidung in Ansatz gebrachten sechs Monatsmieten erscheinen für den Zeitraum von der Einreichung der Klageschrift am 28. November 2006, seit dem bereits fünf Monate verstrichen sind, bis zur voraussichtlichen Räumung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten als zu gering.

Im Übrigen sind keine Rechtsfehler oder Ermessensfehler der angefochtenen Entscheidung festzustellen.

Der Streitwert ist daher insgesamt auf 16.588,64 EUR festzusetzen

Antrag zu 1., Räumung: 4.601,64 EUR (12 x 383,47 EUR),

Antrag zu 2., Zahlung : 6.990,32 EUR,

Antrag zu 3., künftige Nutzungsentschädigung: 4.996,68 EUR (12 x 416,39 EUR),

Antrag zu 4. , Anwaltskosten: 0,-- EUR.

2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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