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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 19.06.2001
Aktenzeichen: 13 UF 59/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1579 Nr. 7
ZPO § 253
ZPO § 260
ZPO § 713
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 253 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 13 UF 59/01

Verkündet am: 19. Juni 2001

In der Familiensache

hat der 13. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Hochgräber und der Richterinnen am Kammergericht Scheer und Freymuth-Brumby auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (Familiengericht) vom 17. Januar 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Soweit der Kläger sein Auskunftsbegehren im Wege der Stufenklage geltend macht, ist es unzulässig.

Die Stufenklage (§ 254 ZPO) ist im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Regelung über die Erfordernisse der Klageschrift in § 253 ZPO zu sehen. Nach § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bedarf es zur Zulässigkeit der Klage grundsätzlich eines bestimmten Antrags. Die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, kann nur vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. Sowohl der Wortlaut wie die systematische Einordnung der gesetzlichen Regelung der Stufenklage machen daher deutlich, "dass die Besonderheit dieser Klageart nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage liegt, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO" (BGH MDR 2000, 717 m. w. N.). Diese Auskunft ist im Verbund der Stufenklage daher nur als Hilfsmittel zu sehen, um die noch fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH a. a. O.; s. auch Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., Rdn. 4 zu § 254). Daraus folgt weiter, dass die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch dagegen nicht zur Verfügung steht, wenn die Auskunft nicht unmittelbar dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht im Zusammenhang stehende Informationen für seine Rechtsverfolgung schaffen soll. So liegt der Fall hier.

Nach seinem eigenen Vorbringen will der Kläger mit dem Auskunftsantrag zunächst nur in Erfahrung bringen, ob die Beklagte mit einem anderen Partner eine eheähnliche Verbindung begründet hat. Erst wenn sie die Frage bejaht, will er die Umstände recherchieren, aus denen möglicherweise gefolgert werden kann, dass sich aufgrund der eheähnlichen Partnerschaft die Bedürftigkeit der Beklagten verringert hat. Die begehrte Auskunft soll damit nicht unmittelbar der Bezifferung des abzuändernden Unterhalts dienen, sondern mittelbar ein Ansatzpunkt für ein weiteres Auskunftsbegehren des Klägers sein, z. B. für die Frage, welches Einkommen der neue Partner hat, ob die Beklagte mit ihm zusammen wohnt, mit welchen Kostenbeiträgen er zum gemeinsamen Haushalt beiträgt usw. Wenn aber, wie der Kläger richtig erkennt, erst diese Angaben ihn zur Bezifferung des abgeänderten Unterhalts befähigen, dann war die Auskunftsklage auf diese Angaben zu richten. In der vorliegenden Form ist die Stufenklage unzulässig.

Der Umstand, dass der Auskunftsanspruch nicht im Wege der Stufenklage zulässig ist, schließt jedoch die Zulässigkeit des Auskunftsbegehrens außerhalb des Stufenverbunds nicht aus; das Klagebegehren könnte insbesondere in eine zulässige Klagehäufung nach § 260 ZPO umgedeutet werden. Das Auskunftsbegehren ist also darauf zu prüfen, ob es selbständig durch ein Rechtsschutzinteresse getragen wird.

Das ist hier allerdings deswegen zweifelhaft, weil das auf die Mitteilung des Bestehens oder Nichtbestehens eines eheähnlichen Verhältnisses gerichtete Auskunftsbegehren auf die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs gerichtet ist. Denn der Begriff der eheähnlichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht anhand feststehender Kriterien so bestimmt, dass er aufgrund allgemein bekannter und akzeptierter Beurteilungsmaßstäbe gesellschaftliches Gemeingut geworden wäre und ihn ein Auskunftspflichtiger ohne weiteres ausfüllen kann. Der Begriff unterliegt vielmehr dem Wandel gesellschaftlicher und politischer Anschauungen, wie auch die Definition durch Festlegung von Beurteilungsmaßstäben in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts beispielhaft zeigen (BVerfGE FamRZ 1993, 164 ff., 168 und BVerwG NJW 1995, 2802 f.).

Selbst wenn man diese Bedenken hintanstellt und die anwaltlich vertretene und beratene Beklagte zu der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs und damit zu der Auskunft grundsätzlich in der Lage sieht, ist das Auskunftsbegehren nicht begründet. Denn die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs über ein möglicherweise ab 1995 - das ist nach der Trennung, aber vor der Scheidung der Parteien - bestehendes eheähnliches Verhältnis zu einem Dritten sind weder vom Kläger dargelegt noch sonst ersichtlich. Der Kläger macht damit für die Zeit noch bestehender Ehe, aber nach der am 3. Januar 1995 erfolgten Trennung (lt. notariell beurkundetem "Ehevertrag und Scheidungsvereinbarung" vom 5. Januar 1995) einen Auskunftsanspruch geltend. Ein solcher besteht nicht. Dabei ist zunächst von dem zeitlichen Umfang des Auskunftsanspruchs auszugehen. Selbst wenn im Jahre 1995 eine außereheliche Beziehung der Beklagten bestanden und ihr aus Haushaltsführung Einkünfte erbracht hätte, hätten diese keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch gegen den Kläger. Denn nach Nr. 7 der Unterhaltsvereinbarung vom 5. Januar 1995 war eine Anrechnung tatsächlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit auf den Unterhalt bis zum 1. Januar 1999 überhaupt nicht vorgesehen, während ab 1. Januar 1999 ihr tatsächlich erzieltes Nettoeinkommen oder - fiktiv - die Hälfte des Nettogehalts einer Arzthelferin im Alter der Beklagten angerechnet werden soll. D. h., dass auch bei Einkünften aus Haushaltsführung, die wirtschaftlich einem Erwerbseinkommen entsprechen, diese bis zum 1. Januar 1999 nicht zu berücksichtigen sind.

Selbst wenn man für die Zeit seit dem 1. Januar 1999 eine - eheähnliche - Beziehung der Beklagten unterstellt, aus der sie Einkünfte aus Haushaltsführung, Mietzinsteilung und Ähnliches hat, so ist nicht dargetan, dass diese Einkünfte die Hälfte eines Arzthelfergehalts erreichen, geschweige denn übersteigen. Die Hälfte eines Vollzeit-Arzthelfergehalts muss sie sich jedoch ohnehin auf den ihr geschuldeten Unterhaltsbetrag anrechnen lassen. Damit ist die Obergrenze eines fiktiven Einkommens festgelegt, ohne dass es auf die Quelle des fiktiven Einkommens ankäme. Damit entfällt eine Pflicht zur ungefragten Information, aber auch eine Pflicht zur Auskunftserteilung auf entsprechendes Verlangen besteht nicht.

Etwas anderes könne allenfalls unter der Voraussetzung des § 1579 Nr. 7 BGB gelten. Eine Bloßstellung des Klägers oder Schädigung in seinem Ansehen durch eine etwaige außer- oder nacheheliche Beziehung der Beklagten scheidet ebenfalls aus, und zwar schon wegen der vom Kläger angeführten räumlichen Entfernung der Lebenskreise, die der Kläger selbst als Grund für sein Auskunftsbegehren anführt.

Für den weiter vom BGH (FamRZ 1989, 487 ff., 490) anerkannten Härtegrund i. S. v. § 1579 Nr. 7 BGB, dass der Unterhaltsberechtigte von einer Eheschließung mit seinem neuen Partner nur deshalb absieht, weil er den Unterhaltsanspruch gegen seinen geschiedenen Ehegatten nicht verlieren will, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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