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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.10.2004
Aktenzeichen: 14 U 101/04
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 185 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 14 U 101/04

verkündet am : 12. Oktober 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, den Richter am Kammergericht Jaeschke und den Richter am Kammergericht Schlecht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 15. April 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 27 O 101/04 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 10. Februar 2004 - 27 O 101/04 - wird aufgehoben und der Antrag des Verfügungsklägers auf ihren Erlass vom 9. Februar 2004 zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Verfügungskläger begehrt die Unterlassung der vom Landgericht untersagten Äußerungen, die die Verfügungsbeklagte in ihrem Nachrichtenmagazin nnnn in der Ausgabe nnnn unter der Überschrift "nnnnnnnnnn " (Anlage E1) verbreitet hat.

Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf die im einzelnen verwiesen wird, seine einstweilige Unterlassungsverfügung vom 10. Februar 2004 bestätigt.

Gegen dieses am 15. April 2004 verkündete und ihr am 12. Mai 2004 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte am 10. Juni 2004 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum gleichen Tage am 12. August 2004 begründet.

Die Verfügungsbeklagte wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzliches Vorbringens gegen die angefochtene Entscheidung.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Unterlassungsverfügung vom 10. Februar 2004 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger macht geltend, die Verfügungsbeklagte habe die zeitlich etwa zwei Jahre zurückliegende Äußerung, die zudem nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei, nicht veröffentlichen dürfen, und tritt der Berufung entgegen

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach §§ 1004 Abs.1 S.2 BGB analog, § 823 Abs.1, 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG sind nicht gegeben. Die fragliche Veröffentlichung verletzt den Verfügungskläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Insoweit gebieten die nach §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Aufgrund der widerspruchsfreien und in sich schlüssigen eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen Bnn , Snn und Snnnnn ist zur Überzeugung des Senats hinreichend glaubhaft gemacht, dass sich der Verfügungsbeklagte anlässlich des nnnn -Festes vom 26. Februar 2002 so, wie in dem fraglichen Artikel wiedergegeben, wörtlich geäußert hat. Gegen die Glaubhaftigkeit dieser eidesstattlichen Versicherungen sind ebensowenig Zweifel ersichtlich wie gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Allein der Zeitablauf zwischen der Äußerung und deren Veröffentlichung rechtfertigt derartige Zweifel nicht, da gerade derart plastische Formulierungen, wie sie der Verfügungsbeklagte vorliegend gebraucht hat, sich erfahrungsgemäß gerade besonders nachhaltig in der Erinnerung einprägen. Dass die Zeugen damals aufgrund des Genusses alkoholischer Getränke in ihrem Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen wären, hat der Verfügungsbeklagte nur vollkommen vage in den Raum gestellt, so dass sein Vorbringen hierzu, das er zudem auch nicht glaubhaft gemacht hat, vollkommen unsubstantiiert und damit unbeachtlich ist.

Die wörtliche Wiedergabe dieser glaubhaft gemachten Äußerung verletzt den Verfügungskläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht. Vielmehr kann sich die Verfügungsbeklagte hinsichtlich ihrer Veröffentlichung insoweit auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen, Art. 5 GG.

Dass er gegenüber seinen damaligen Gesprächspartnern, den vorgenannten Zeugen Bnn , Snnn und Snnnnn einen Autorisierungsvorbehalt vereinbart hätte, hat der Verfügungskläger erstinstanzlich nicht geltend gemacht, §§ 529, 531 ZPO.

Auch nach Ziffer 2.4 des Pressekodex des Deutschen Presserates, der - ohne Rechtsnorm zu sein - lediglich publizistische Grundsätze konkretisiert, war die zutreffende Wiedergabe der fraglichen Äußerung nicht zu beanstanden, da hiernach ein Anspruch des Interviewten auf vorherige Autorisierung seiner zur Veröffentlichung bestimmten Äußerungen nicht verbrieft ist.

Allein der Zeitablauf zwischen Äußerung und Veröffentlichung gebietet ebenfalls keine Untersagung der Veröffentlichung, zumal sich der fragliche Artikel ersichtlich auch im übrigen mit zeitlich bereits weit zurückliegenden Vorgängen befasst, so dass ihm nicht zu entnehmen ist, die beanstandete Äußerung des Verfügungsklägers seit zeitnah zur Veröffentlichung gefallen.

Soweit der Verfügungskläger beanstandet, die veröffentlichte Äußerung lasse den Schluss zu, er verstecke sich bei seinen Personalentscheidungen hinter der von ihm hinzugezogenen Beraterfirma, muss er sich entgegen halten lassen, dass dieser Eindruck, der nicht zwingend ist, allein der fraglichen Äußerung und damit ausschließlich ihm selbst zuzuschreiben ist. Denn die Äußerung lässt bei einem unbefangenen, objektiven Leser ohne weiteres auch den Schluss zu, dass der Verfügungskläger mit seinen gewählten Formulierungen die Arbeitsweise der hinzugezogenen Berater plastisch darstellen und dabei zugleich in ironisch überspitzter Form kritisieren wollte. Der bei einigen Lesern möglicherweise entstandene Eindruck, der Verfügungskläger habe die Berater zugleich beauftragt, ihm die Namen konkreter Mitarbeiter zu benennen, deren Stellen zu rationalisieren seien, ist damit nicht zwingend. Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten darf sich das Gericht im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG jedoch nicht für die zur Verurteilung führende Alternative entscheiden, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten - wie dies hier der Fall ist - nicht ausgeschlossen sind (BVerfG NJW 1994, 2943), zumal bei mehreren Deutungsmöglichkeiten diejenige der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen ist, die dem in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt (BGH NJW 2004, 598, 599).

Soweit sich der Verfügungskläger durch seine ersichtlich nicht wörtlich gemeinte und damit nur ironisch zu verstehende Äußerung in Teilen der Öffentlichkeit falsch verstanden sieht, ist es nicht Aufgabe des Unterlassungsverfahrens, dem entgegen zu wirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711, 713 ZPO. Gegen dieses Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO die Revision nicht statthaft.



Ende der Entscheidung

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