Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 30.03.2004
Aktenzeichen: 14 U 155/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 166 Abs. 1
BGB § 406
ZPO § 513
ZPO § 529
ZPO § 546
Zu den Aufklärungspflichten einer Bank bei der Gewährung eines Kredites an einen geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft.

Zur Frage, in welchem Umfang sich eine Kommanditgesellschaft sich das Wissen ihrer gesetzlichen Vertreter zurechnen lassen muss.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 14 U 155/02

verkündet am: 30. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, den Richter am Kammergericht Schlecht und die Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. März 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 93 O 147/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Streithelferin hat ihre Kosten selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin erhielt als geschlossener Immobilienfonds von der Beklagten zu 2) im Jahr 1994 Darlehen bewilligt und ausgezahlt, mit denen das Projekt "Tabakmoschee Dresden" - Umbau und Ausbau der denkmalgeschützten Tabakfabrik Yenidze - finanziert werden sollte. Die jeweils befristeten Darlehensverträge, die zunächst der Zwischenfinanzierung dienten, wurden zuletzt im Jahr 1998 bis 2007 verlängert, nachdem die Bnnnn nnnnnn nn nnnnnnnn AG nnnnnn die Endfinanzierungszusage (vgl. Anlagen B2 und B3) zurückgezogen hatte. Die Beklagte zu 2) trat ihre Rechte aus den Darlehensverträgen ebenso wie eine auf dem Grundstück der Klägerin lastende Grundschuld in Höhe von 62 Millionen DM an die Beklagte zu 1) ab, die die Darlehensverträge im Jahr 2001 kündigte, nachdem die Klägerin keine Zahlungen mehr leistete.

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin weiterhin verpflichtet ist, die offene Darlehensvaluta nebst Zinsen zurückzuzahlen, oder ob die Ansprüche der Beklagten wegen eines eigenen Schadensersatzanspruchs der Klägerin aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung seitens der Beklagten zu 2) nicht mehr durchsetzbar sind.

Die Klägerin hat in der ersten Instanz im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Darlehensverträge seien sittenwidrig und sie schulde deswegen nicht die Rückzahlung der Darlehensvaluta. Hilfsweise rechnete sie mit eigenen Schadensersatzansprüchen auf. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz und ihrer dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem am 14. März 2002 verkündeten Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Sittenwidrigkeit der Darlehensverträge nicht ersichtlich sei, da ein kollusives Zusammenwirken der Vertreter der Klägerin und der Vertreter der Beklagten zu 2) bei Abschluss der Verträge nicht vorgelegen habe. Die Verfolgung sittenwidriger Zwecke bei der Darlehensbewilligung sei nicht dargetan. Auch ein sittenwidriges Schneeballsystem bei der Finanzierung könne nicht angenommen werden. Die Ansprüche aus den Darlehensverträgen seien auch nicht wegen der von der Klägerin erklärten hilfsweisen Aufrechnung erloschen, da eine besondere Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin nicht bestanden habe. Die engen Voraussetzungen unter denen eine entsprechende Aufklärungsverpflichtung gegeben sein könnte, lägen nicht vor, da die Beklagte zu 2) an der Planung und Durchführung des Projektes nicht beteiligt gewesen sei. Ebensowenig sei ein besonderer Gefährdungstatbestand zu Lasten der Klägerin geschaffen worden und die Beklagte zu 2) habe sich nicht in einem Interessenkonflikt befunden oder einen besonderen Wissensvorsprung gehabt. Schließlich habe die Klägerin auch einen Schaden nicht konkret dargetan, da sie den angegebenen Schadensbetrag in Höhe von 57.128.383,51 DM lediglich mit dem Darlehensrückforderungsanspruch und dem Verlust des Eigenkapitals begründet habe, ohne die Verwirklichung des Projektes zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Die Klägerin könne aus den genannten Gründen auch nicht die Rückzahlung der bereits an die Beklagte zu 2) geleisteten Darlehenszinsen verlangen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 17. Mai 2002 zugestellte Urteil am 17. Juni 2002 Berufung eingelegt und diese mit einem am 19. August 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ihre Klage mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen, soweit sie zunächst hilfsweise die Feststellung einer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach betreffend die Beklagte zu 2) und die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld über 62 Millionen DM zugunsten der Beklagten zu 1) begehrt hat.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Begehren weiter, soweit sie die Klage nicht zurückgenommen hat, stützt die Begründung der Ansprüche aber nur noch darauf, dass der Beklagten zu 2) eine Verletzung von Aufklärungspflichten zur Last falle, die einen Schadensersatzanspruch begründen würden, mit dem sie die Aufrechnung gegenüber den Ansprüchen aus den Darlehensverträgen erklären könne. Sie meint, die Beklagte zu 2) habe ihr gegenüber bestehende Aufklärungspflichten verletzt. Die Beklagte zu 2) habe einen Wissensvorsprung gehabt, weil ihr bekannt gewesen sei, dass die Hauptvertragspartner der Klägerin - im Wesentlichen die Gesellschaften der Enn -Gruppe - nicht leistungsfähig gewesen seien, sondern wegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Initiatoren eine über das Maß eines allgemeinen wirtschaftlichen Risikos hinausgehende Gefährdung der Klägerin bestanden habe. Die Liquiditätsprobleme seien insbesondere in den internen Vermerken der Beklagten zu 2) (K 13, K 14, K 15, K 17) zum Ausdruck gekommen. Die Krise der Enn -Gruppe sei zudem durch die Prüfberichte der Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft (K 6 und K 7) bestätigt. Die Beklagte zu 2) habe sich auch in einem Interessenkonflikt befunden, da die Kreditbewilligung zugunsten der Klägerin den anderen Gesellschaften der Enn -Gruppe Liquidität verschafft habe, die wiederum zur Sicherung anderer ungesicherter Kredite der Beklagten zu 2) verwandt worden seien. Eine Aufklärungspflichtverletzung entfalle auch nicht deswegen, weil die Aufklärungsempfänger, im Wesentlichen der geschäftsführende Kommanditist der Klägerin Pnn Snnnn , sämtliche der Kreditbewilligung zugrunde liegende Tatsachen kannte und die Klägerin sich dieses Wissen gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse. Denn dem Sinn und Zweck der Aufklärungspflicht könne man nur gerecht werden, wenn man verlange, dass die Aufklärungspflicht nicht gegenüber dem nicht aufklärungsfähigen Vertretungsorgan sondern in dieser Situation gegenüber der Gesellschafterversammlung erfüllt werden müsse. Der Schaden könne jedenfalls pauschal berechnet werden und sei ausreichend dargetan.

Die Streithelferin meint, das Landgericht habe Schadensersatzansprüche der Klägerin fehlerhaft verneint, da die Mitarbeiter der Beklagten zu 2) in kollusivem Zusammenwirken mit Herrn Snnnn die Anleger getäuscht hätten.

Die Klägerin beantragt,

1) gegenüber der Beklagten zu 1) festzustellen, dass ihr aus abgetretenem Recht keine Ansprüche gegen die Klägerin aus den mit der Beklagten zu 2) abgeschlossenen Darlehensverträgen vom 14. August 1998 (Bearbeitungszeichen jeweils KVO-B2/yu) auf Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta und auf Zahlung von Zinsen zustehen;

2) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 2.664.903,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 2.656.876,30 EUR seit dem 01. November 2001 und aus weiteren 8.027,13 EUR seit dem 21. Dezember 2001 zu zahlen.

Die Streithelferin schließt sich den Anträgen der Klägerin an.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie ist der Meinung, eine Aufklärungspflicht habe nicht bestanden und könne auch nicht verletzt sein, da die für die Klägerin handelnden Personen jedenfalls mindestens den gleichen Wissensstand wie sie selbst gehabt hätten und die Klägerin sich deren Kenntnis gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse. Ein Schaden sei nicht ausreichend dargetan.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Das Landgericht hat zunächst zutreffend und mit überzeugender Begründung erkannt, dass die Darlehensverträge nicht sittenwidrig und nichtig sind. Die Klägerin greift diese Ausführungen des Landgerichts auch ersichtlich mit der Berufung nicht mehr an. Soweit die Streithelferin weiterhin ein kollusives Zusammenwirken der beteiligten Mitarbeiter der Beklagten zu 2) mit den verantwortlichen Vertretern der Klägerin behauptet, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die durch das Vorbringen der Streithelferin nicht entkräftet werden, Bezug genommen.

Das Landgericht hat darüber hinaus zutreffend das Vorliegen einer Aufklärungspflichtverletzung seitens der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin verneint, so dass der Klägerin im Ergebnis keine aufrechenbaren Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung oder einem anderen Rechtsgrund in Verbindung mit § 406 BGB gegenüber der Beklagten zu 1) zustehen und die begehrte Feststellung nicht ausgesprochen werden kann.

Grundsätzlich ist eine kreditgebende Bank nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären. Insbesondere muss die Bank einen Verhandlungspartner, der für ein Geschäft mit einem anderen Kunden der Bank einen Kredit aufnehmen will, regelmäßig weder über die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Kunden unterrichten noch auf die Risiken des finanzierenden Geschäfts hinweisen (vgl. BGH, Urt. v. 24. April 1990, NJW-RR 1990, 876). Die Beklagte zu 2) war somit grundsätzlich nicht verpflichtet, die Klägerin über die wirtschaftliche Situation der geplanten Vertragspartner der Klägerin für die Umsetzung des Projektes "Tabakmoschee" aufzuklären.

Eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2) bestand auch nicht ausnahmsweise wegen eines besonderen Schutzbedürfnisses der Klägerin als Kreditnehmerin, da die Beklagte zu 2) weder einen besonderen Gefährdungstatbestand zu Lasten der Klägerin geschaffen hat, ein konkreter Wissensvorsprung nicht vorgelegen hat und schließlich auch ein Interessenkonflikt der Beklagten zu 2) nicht festgestellt werden kann (vgl. zu den eine Aufklärungspflicht begründenden Ausnahmen z.B. BGH, Urt. v. 27. November 1990, ZIP 1991, 90; ders., Urt. v. 17.12.1991, ZIP 1992, 163; ders., Urt. v. 28.04.1992, WM 1992, 1310).

Ein besonderer Gefährdungstatbestand zu Lasten der Klägerin kann nicht darin gesehen werden, dass ihre Vertragspartner zur Verwirklichung des Projektes nicht ausreichend leistungsfähig gewesen seien. Das Landgericht hat insofern zutreffend ausgeführt, dass ein Scheitern des Projektes gerade nicht vorhersehbar war und die einzelnen Gesellschaften der Enn -Gruppe sich auch noch nicht in einem Stadium der Insolvenzreife befunden hätten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob letztlich aus einer späteren Betrachtung heraus schon insgesamt eine Überschuldung der Gruppe vorgelegen hat, wie den unterschiedlichen Wertungen der Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft (Anlage K 6 und K 7) entnommen werden kann. Die Prüfvermerke werden allerdings durch das Gutachten der Wnn (Anlage B 5) im Einzelnen wieder in Frage gestellt und eine einheitliche übereinstimmende Betrachtungsweise auch dahingehend, ob die Gruppe als Ganzes oder lediglich jede einzelne Gesellschaft für sich genommen hinsichtlich ihres Überschuldungsstatus zu überprüfen gewesen wäre, wird auch von der Klägerin nicht in einer dem Beweis zugänglichen Weise vorgetragen. Entscheidend ist, dass die Beklagte zu 2) zum Zeitpunkt der Kreditvergabe noch von der Realisierung des Projektes - die ja auch heute abgesehen von dem nicht gebauten Neubau nicht in Frage steht - ausgehen durfte. Allerdings ergibt sich tatsächlich aus den Vermerken der Beklagten zu 2), dass die Entscheidung für das Kreditengagement das Ergebnis eines langen Abwägungs- und Prüfungsprozesses war und die Gesellschaften der Enn -Gruppe sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation und in einem Liquiditätsengpass befunden haben. Die Beklagte zu 2) hat nicht zuletzt wegen dieser angespannten Situation die unabhängige C&L Treuarbeit Deutsche Revision mit der Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Enn -Gruppe beauftragt (vgl. Anlage K 16) und sich erst daraufhin zu einer weiteren Kreditzusage entschlossen. Diese weitere Darlehensbewilligung zugunsten einer anderen Gesellschaft der Enn -Gruppe, nämlich der Klägerin, begründete aber keine besondere Gefährdungslage zu Lasten der Klägerin, denn die der Klägerin bewilligten Mittel waren projektgebunden und das Projekt - die Klägerin selbst - barg (lediglich) die typischen mit ihm verbundenen wirtschaftlichen Risiken in sich. Eine besondere Gefährdungslage ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin im Wesentlichen schon vor der Kreditbewilligung der Beklagten zu 2) Verträge mit anderen Gesellschaften der Enn -Gruppe abgeschlossen hat und einen wesentlichen Teil der Darlehensvaluta für Leistungen dieser Vertragspartner investiert hat. Soweit die Klägerin Verträge anführt, die wirtschaftlich sinnlos gewesen seien, weil die vertraglich vereinbarten Leistungen auch direkt von den für sie handelnden Personen hätten erbracht werden können, lässt sich hieraus eine besondere Gefährdungssituation nicht herleiten, die eine Aufklärungspflicht der Beklagten nach sich hätte ziehen können, denn die Beklagte zu 2) war in die Verwirklichung und Abwicklung des Projektes abgesehen von ihrer Rolle als Kreditgeberin in keiner Weise involviert und nicht gehalten, die Wirtschaftlichkeit der abgeschlossenen Verträge zu kennen oder zu prüfen. Es kommt insofern nicht im Einzelnen darauf an, welche Verträge die Klägerin zur Verwirklichung des Projektes abgeschlossen hat und ob diese wirtschaftlich sinnvoll waren. Die Beklagte war gerade nicht damit befasst, die wirtschaftlich sinnvollste Umsetzung des Projektes zu gewährleisten oder zu empfehlen, zumal die Verträge - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - maßgeblich bereits vor der Kreditbewilligung abgeschlossen worden waren. Zudem entsprach die von der Klägerin praktizierte Verfahrensweise - zu Beginn des Projektes möglichst hohe Kosten zu produzieren, um in den Genuss der Steuervorteile zu gelangen - den Gepflogenheiten bei der Verwirklichung des Projektes des geschlossenen Immobilienfonds und ist für sich genommen keine besondere Gefährdung. Schließlich führte auch die Abtretung sämtlicher Ansprüche der Klägerin gegen die Kommanditisten auf die erhöhte Haftsumme, die einer Verdoppelung der Pflichteinlage entsprach, nicht zu einem besonderen Gefährdungstatbestand für die Klägerin, sondern genügte in legitimer Weise dem Sicherungsinteresse der Beklagten zu 2) und war ebenfalls im Rahmen der Umsetzung des geschlossenen Immobilienfonds eine typische Gestaltung. Hinzu kommt, dass nicht die Beklagte zu 2) selbst, sondern die seinerzeit endfinanzierende Bank, die Bnnnn , dieses Sicherungsbedürfnis aufgestellt und durchgesetzt hatte und die Beklagte zu 2) zunächst als Zwischenfinanziererin ebenfalls auf diese Sicherheiten zugreifen konnte. Außerdem war dieses Kriterium in jeder Hinsicht offen gelegt und bedurfte keiner besonderen Aufklärung der Klägerin, zumal bereits in dem Verkaufsprospekt der Klägerin sogar die einzelnen Anleger auf diesen Umstand hingewiesen worden waren (vgl. Anlage K 3).

Eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2) ergibt sich auch nicht wegen eines konkreten Wissensvorsprunges. Im Gegenteil beruft sich die Beklagte zu 2) zu Recht darauf, dass die Klägerin sich das Wissen ihrer geschäftsführenden Kommanditisten gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss. Bei einer GmbH & Co KG ist grundsätzlich auf die Kenntnis des vertretungsberechtigen Gesellschafters, also auf die Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1996, NJW 1996, 1205). Die Klägerin war zwar entgegen der gesetzlichen Regelung zur Zeit der Kreditvergabe nicht durch ihre Komplementärin, die Enn Immobilienfonds GmbH, vertreten, da diese aufgrund des Gesellschaftsvertrages unter § 8 von der Geschäftsführung ausgeschlossen war. Als Vertreter der Klägerin handelten vielmehr die geschäftsführenden Kommanditisten, die allerdings zeitweise auch gleichzeitig die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gewesen sind. Die Regelung des § 166 Abs. 1 BGB gilt jedoch für alle Vertreter, sowohl gesetzliche als auch rechtsgeschäftlich bestellte und ebenfalls für die Organe juristischer Personen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage 2004, § 166 Rn. 2), so dass auf die hier unstreitig vorhandene Kenntnis der geschäftsführenden Kommanditisten von sämtlichen die Kreditvergabe betreffenden Umständen abzustellen ist.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. November 1990 (ZIP 1991, 90 ff.) das Wissen eines für den Darlehensnehmer auftretenden Treuhänders dem Darlehensnehmer nicht gemäß § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet habe. Denn abgesehen davon, dass der Bundesgerichtshof sich in der vorgenannten Entscheidung gar nicht zu der Frage der Zurechenbarkeit der Kenntnis von Tatsachen geäußert hat, lag dort eine nicht vergleichbare Fallkonstellation vor, weil der Darlehensnehmer ein von dem Treuhänder und dem mit diesem verflochtenen Bauträger unabhängiger Dritter war, während hier die Klägerin selbst die Darlehensnehmerin ist und die Finanzierung vertreten durch die für sie handelnden Personen für sich selbst in Anspruch genommen hat. Zu unterscheiden ist somit in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall eine Kombination von drei beteiligten Personengruppen, nämlich Bauträger/Treuhänder, Darlehensnehmer/Investor und Bank, während sich hier lediglich die Klägerin und die Beklagte zu 2) gegenüberstehen. Die Finanzierung erfolgte hier nur zugunsten der dem Bauträger vergleichbaren Klägerin und nicht zugunsten eines dritten Investors. Während es im ersten Fall um den Kredit geht, mit dem die Bank dem Kapitalanleger/Investor mit der Gewährung eines Kredits die Beteiligung an dem Projekt des Bauträgers ermöglicht, ist hier ein davon unabhängiges Darlehen einer Bank an den Bauträger selbst im Streit. In dieser Fallkonstellation bleibt es dabei, dass ein Wissensvorsprung der Beklagten zu 2) nicht festgestellt werden kann, da die für die Klägerin handelnden Personen selbst über sämtliches Wissen betreffend die finanzielle Ausstattung der Klägerin und der Gesellschaften der Enn -Gruppe verfügten.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beklagte zu 2) einer Aufklärungspflicht gegenüber der Gesellschafterversammlung der Klägerin hätte genügen müssen. Abgesehen davon, dass zwischen den einzelnen Anlegern, also sämtlichen Kommanditisten der Klägerin und der Beklagten zu 2) gar kein Vertragsverhältnis bestand - eine Finanzierung der einzelnen Kapitaleinlagen der Kommanditisten seitens der Beklagten zu 2) wird von keiner der Parteien behauptet - lässt sich eine Aufklärungsverpflichtung gegenüber der Gesellschafterversammlung nicht begründen. Denn die Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft ist kein gegenüber Dritten zum Handeln berechtigtes Organ, so dass der Beklagten zu 2) schon aus formalen Gründen eine entsprechende Verpflichtung nicht oblegen haben kann. Darüber hinaus war die Beklagte zu 2) lediglich als Kreditgeberin für die Klägerin an dem Projekt beteiligt und gehörte weder zu den Initiatoren des Fonds noch war sie in irgendeiner Weise in die Vorbereitung der Vermarktung des Fonds und die Abfassung des Verkaufsprospektes involviert, was letztlich die Klägerin auch nicht in Abrede stellt. Eine Verpflichtung der Beklagten zu 2) zur Aufklärung gegenüber den einzelnen Gesellschaftern bzw. einer Gesellschafterversammlung lässt sich somit nicht begründen.

Schließlich verstößt es auch nicht gegen Treu und Glauben, dass die Beklagte zu 2) sich auf die Kenntnis der für die Klägerin handelnden Personen gemäß § 166 Abs. 1 BGB beruft. Zwar kann eine Zurechnung des Wissens des Vertreters unter Umständen nicht in Betracht kommen, wenn der Vertreter bewusst zum Nachteil des Vertretenen gehandelt hat und der Geschäftspartner hiervon Kenntnis hatte (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 28.01.2000, NJW 2000, 1405). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor, da die Beklagte zu 2) keine Veranlassung hatte, das Handeln der Vertreter der Klägerin als nachteilig für die Klägerin anzusehen und eine Kenntnis einer Nachteilsabsicht der Vertreter im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens gerade nicht vorgelegen hat, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Schließlich kann eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2) auch nicht aus einem Interessenkonflikt hergeleitet werden. Ein solcher Interessenkonflikt kann darin liegen, dass die kreditgewährende Bank ihr eigenes finanzielles Engagement gegenüber der Initiatorengruppe durch die Kreditbewilligung zurückführen will und auf diese Weise ihr eigenes wirtschaftliches Wagnis auf die Kunden verlagert und diese mit einem Risiko belastet, das über die mit der Beteiligung an einem solchen Projekt normalerweise verbundenen Gefahren deutlich hinausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1992, WM 92, 1310). Dies war hier nicht der Fall. Es trifft allerdings zu, dass die Beklagte die Enn -Gruppe mit einem Kreditvolumen von ca. 125 Millionen DM unterstützte und es sich dabei teilweise auch um ungesicherte Kredite gehandelt hat. Die Beklagte zu 2) war jedoch nicht die einzige Kreditgeberin der Gruppe, sondern diese nahm Kredit in einem Volumen von über 300 Millionen DM in Anspruch. Allein eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung der Beklagten zu 2) zu anderen Gesellschaften der Gruppe, der ja auch die Klägerin angehört, stellt aber noch keine Überschreitung der Kreditgeberrolle dar und begründetebenso wenig wie die bloße Zusammenarbeit der Bank mit anderen Gesellschaften der Enn -Gruppe eine Aufklärungspflicht wegen eines Interessenkonfliktes (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2003, BKR 2004, 108).

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass der der Klägerin bewilligte Kredit zur Rückführung der bereits im Übrigen an die Enn -Gruppe gewährten Kredite verwandt worden wäre und sich die Beklagte zu 2) dadurch in einem Interessenkonflikt befunden hätte. Denn dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin mit anderen Gesellschaften der Gruppe Verträge abgeschlossen und die vereinbarten Leistungen vertragsgemäß vergütet hat. Denn dies entspricht üblichem wirtschaftlichem Gebaren und stellt für sich genommen keinen Nutzen der Beklagten zu 2) dar. Es ist auch nicht angreifbar, dass die Kreditbewilligung mittelbar dadurch Nutzen entfaltet, dass die anderen Gesellschaften weiterhin Aufträge erhalten und dadurch am Markt tätig sind. Denn entscheidend ist hier doch, dass die Klägerin als Projekt nicht eine Scheininvestition war, sondern das Grundstück mit der Tabakmoschee tatsächlich erworben wurde und die vorhandenen Gebäude dem Konzept entsprechend umgebaut und einer neuen Nutzung zugeführt wurden. Der Umstand, dass aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und der entgegen der ursprünglichen Kalkulation nicht erzielbaren Mieteinnahmen eine Verwirklichung des geplanten Neubaus als Projektbestandteil nicht erfolgt ist, ist für die Frage des Bestehens einer Aufklärungspflicht nicht wesentlich.

Die Kreditgewährung erfolgte auch nicht allein zur Aufrechterhaltung der ohne dieses Projekt bereits konkursreifen Gesellschaften zur Vermeidung einer Insolvenz der gesamten Gruppe. Zunächst ist bereits nicht ersichtlich, dass tatsächlich zur Zeit der Kreditbewilligung eine Insolvenz auch nur einer der Gesellschaften der Enn -Gruppe konkret bevorgestanden hätte. Die wirtschaftlich angespannte Situation, die ja insbesondere auch in den eigenen Vermerken der Beklagten zu 2) zum Ausdruck gekommen ist, reicht allein nicht für die Annahme eines Interessenkonfliktes seitens der Beklagten. Denn es fehlt insoweit an dem erforderlichen Kriterium, dass die Kreditgewährung an die Klägerin zu einer Rückführung der anderen Gesellschaften der Gruppe bewilligten Kredite geführt hätte. Abgesehen davon, dass hierzu konkreter Vortrag der Klägerin im Einzelnen fehlt, entspricht die Abtretung von Forderungen der anderen Gesellschaften an die Beklagte zu 2), die diese Gesellschaften gegen die Klägerin erworben haben, nicht einer Rückführung der diesen Gesellschaften gewährten Kredite. Es fehlt insoweit auch jeglicher Vortrag zu den im Einzelnen mit anderen Gesellschaften der Gruppe bestehenden Kreditverhältnissen, in welcher Höhe diese valutierten, um welche Kredite es sich gehandelt hat und wie diese gegebenenfalls hätten zurückgeführt werden sollen. Ein Interessenkonflikt könnte doch nur entstehen, wenn sich die Beklagte zu 2) durch die Kreditgewährung an die Klägerin unvorhergesehene, vertraglich zunächst nicht vereinbarte Vorteile bei den zurückzugewährenden Krediten der anderen Gesellschaften erhofft hätte. Allein die Abtretung von Forderungen zur Sicherheit reicht dafür nicht, zumal bei normalem, in diesem Stadium zu erwartendem wirtschaftlichen Ablauf eine Rückführung der Kredite durch eine Sicherheitenverwertung nicht geplant war und im Übrigen die abgetretenen Forderungen auch nur einen geringen Teil der bewilligten Darlehensvaluta ausmachten. Dies gilt auch für die Forderung aus dem Generalübernehmervertrag zugunsten der An mit einem Volumen von über 20 Millionen DM, da diese Forderung selbstverständlich auch im Rahmen einer Sicherheitenverwertung nicht in dieser Höhe zu realisieren sein würde, sondern vielmehr nur abhängig von den seitens der An zu erfüllenden Leistungsverpflichtungen nebst möglicher Gewinnanteile werthaltig sein würde.

Da die Verletzung einer Aufklärungspflicht nicht festgestellt werden kann, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Schaden hinreichend dargetan hat. Allerdings bestehen insofern erhebliche Bedenken, da das Landgericht zutreffend darauf hinweist, dass die Klägerin bei der Schadensberechnung in keiner Weise berücksichtigt hat, dass das Projekt letztlich bis auf den nicht ausgeführten Neubau umgesetzt worden ist, sie Eigentümerin des Grundstücks ist und Mieteinnahmen für die vermieteten Flächen erzielen kann. Aus den vorgenannten Gründen kann die Klägerin von der Beklagten zu 2) auch nicht die Rückzahlung der geleisteten Darlehenszinsen verlangen, denn die Klägerin hat die Zahlungen mit rechtlichem Grund geleistet und ihrerseits keinen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu 2) in Höhe der geleisteten Beträge. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß §§ 26 Nr. 7 EGZPO, 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Es ist insbesondere auch keine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verletzung von Aufklärungspflichten einer Bank festzustellen, da die entschiedenen Fälle jeweils andere, nicht vergleichbare Sachverhalte betrafen.

Ende der Entscheidung

Zurück