Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.11.2009
Aktenzeichen: 14 W 56/09
Rechtsgebiete: VV RVG


Vorschriften:

VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3
Für Einigungsgespräche i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV ist notwendig, dass eine Partei ihre Interessen und Wünsche zu nicht rechtshängigen Ansprüchen mit dem Einverständnis der anderen Partei eingebracht hat und erwartete und erwarten durfte, dass hierüber potenziell Erfolg versprechende Gespräche geführt werden würden.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 14 W 56/09

25.11.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts durch Richter am Kammergericht Dr. Elzer als Einzelrichter am 25. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin - 31 O 481/07 - vom 15. Juli 2009 in Fassung des Beschlusses vom 19. August 2009 abgeändert und der Gebührenstreitwert auf 146.322,00 EUR festgesetzt.

Der Antrag der Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit Klage vom 30. November 2007 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner Klage auf Zahlung von 146.322,00 EUR wegen Rückzahlung eines Darlehns. Nach schriftlichen Vorverfahren fand am 19. Mai 2008 Termin statt. Den Termin nahmen die Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin wahr. Nach dem Termin ordnete das Landgericht das Ruhen des Verfahrens an und ersuchte eine auf Wunsch der Parteien der Klage mit einer Mediation betraute Richterin in entsprechender Anwendung von §§ 278 Abs. 5 Satz 1, 362 ZPO, auf Wunsch der Parteien der Klage nach Beendigung der Mediation das Verfahren wieder aufzurufen und eine Güteverhandlung einschließlich der Protokollierung eines ggf. abzuschließenden Vergleichs durchzuführen. Die mit der Mediation betraute Richterin führte am 11. und 14. Juli 2008 Mediationsgespräche. Die Parteien der Klage trafen dort für ihre gemeinsame Tochter eine Umgangsregelung. Ein Gesamtvergleich kam nicht zustande, sodass das Landgericht das Verfahren wieder aufnahm. Unter Ziffer IV eines Gedächtnisprotokolls über die Termine vermerkte die Mediatorin im Gespräch benannte "Interessen/Wertvorstellungen" der Parteien der Klage.

Nach Abschluss der Mediationsgespräche bat die Vertreterin des Beschwerdegegners um Festsetzung des Streitwerts für den Teilvergleich. Mit Schriftsatz vom 17. April 2009 baten auch die Beschwerdeführer um Festsetzung des Streitwerts, allerdings "unter Berücksichtigung von Ziffer IV des Gedächtnisprotokolls". Mit Beschluss vom 22. Mai 2009 entschied das Landgericht, dass der Wert des Teilvergleichs den Streitwert um 3.000,00 EUR übersteigt. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2009 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er die Festsetzung des Streitwerts für die Terminsgebühr begehrt habe. Mit Beschluss vom 15. Juli 2009 setzte das Landgericht darauf hin unter Nutzung der Angaben der Ziffer IV des Gedächtnisprotokolls den Wert für die Terminsgebühren des Mediationsgesprächs auf 475.489,50 EUR fest. Mit Schreiben vom 7. August 2009 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die im Gedächtnisprotokoll angegebenen Werte ihrer Ansicht nach unzutreffend seien und widersprach dem Beschluss. Dem traten die Beschwerdeführer entgegen. Für den Fall, dass das Landgericht einen anderen Wert festsetze, legten sie Anschlussbeschwerde ein. Mit Beschluss vom 19. August 2009 half das Landgericht der Beschwerde der Beschwerdeführerin ab und setzte den Wert für die Terminsgebühren auf 308.632,00 EUR fest. Die Anschlussbeschwerde verwarf es als unzulässig.

Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit bei Gericht am 14. September 2009 eingegangenem Schreiben, die Beschwerdeführer hingegen mit bei Gericht am 15. September 2009 eingegangenem Fax Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin rügt, dass das gesprochene Wort in der Mediation als Ansatz für eine Terminsgebühr nicht tauge. Die Beschwerdeführer rügen, dass das Gericht bei der Abhilfe einseitig Angaben der Beschwerdeführerin gefolgt sei.

II.

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, zulässig und begründet.

a) Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 Satz 3 zwar nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Eine Zustellung ist aber nicht feststellbar. Der Senat muss daher davon ausgehen, dass die Beschwerdefrist gewahrt ist.

b) Gemäß § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz RVG kann ein Rechtsanwalt eine Terminsgebühr in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen. Mit der Terminsgebühr sind sämtliche Vertretungsfälle nach Vorb. 3 III Teil 3 RVG VV abgegolten. Die Terminsgebühr für den Termin am 19. Mai 2008 betrug 146.322,00 EUR. Sie erhöhte sich nicht durch die Teilnahme an Mediationsgespräch.

aa) Die Terminsgebühr richtet sich zwar nach dem höchsten Gegenstandswert während des Prozessauftrags (Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl. 2007, Teil 8 Rdn. 272). Und die Teilnahme am Mediationsgespräch war nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV auch "Termin", wobei offen bleiben kann, ob man das gerichtliche Mediationsverfahren gebührenrechtlich als Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens ansieht (vgl. OLG Celle v. 5.12.2008 - 2 W 261/08, NJW 2009, 1219; OLG Rostock v. 12.10.2006 - 8 W 27/06, OLGReport Rostock 2007, 159 [161]; OVG Greifswald v. 6.6.2006 - 1 O 51/06, NordÖR 2006, 299; Greger, ZKM 2003, 240 [244]) oder als Tätigkeit im Rahmen der Justizverwaltung.

bb) Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Terminsgebühr für das Mediationsgespräch die bislang verdiente übersteigt. Zwar ist vorstellbar, dass in einem Mediationstermin für die Festsetzung des Gegenstandswerts auch nicht rechtshängige Ansprüche zu berücksichtigen sind (OLG Celle v. 5.12.2008 - 2 W 261/08, NJW 2009, 1219; OLG Stuttgart v. 15.8.2006 - 8 W 327/06, NJOZ 2006, 3723). Nicht rechtshängige Ansprüche sind allerdings für eine Festsetzung nur zu berücksichtigen, wenn über diese Punkte auch Einigungsgespräche i.S.v. VV 3104 RVG stattgefunden haben.

Als Einigungsgespräche sind Gespräche der Parteien über nicht rechtshängige Ansprüche zu verstehen, bei dem beide Parteien die Vorstellung hatten, über sie ggf. eine Einigung zu erzielen. Dass es Gespräche dieser Art gegeben hat, lässt sich nicht mit der notwendigen Klarheit feststellen. Notwendig ist, dass eine Partei ihre Interessen und Wünsche zu nicht rechtshängigen Ansprüchen mit dem Einverständnis der anderen Partei eingebracht hat und erwartete und erwarten durfte, dass hierüber potenziell Erfolg versprechende Gespräche geführt werden würden (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, 18. Aufl. 2008, VV 3104 Rdn. 73 und Rdn. 91). Hierzu reicht es noch nicht aus, dass die Parteien - wie es im Gedächtnisprotokoll heißt - "Interessen/Wertvorstellungen" äußerten bzw. "Lösungsoptionen/Vorschläge" erarbeiteten. Es muss vielmehr erkennbar sein, dass die andere Seite deutlich signalisierte, den Interessen/Wertvorstellungen/Opitionen/Vorschlägen auch nähertreten zu wollen. Hieran fehlt es. Alle Vorschläge blieben offen. Denn die Parteien wollten nach dem Gedächtnisprotokoll bis Ende September 2008 erst klären, ob sie den Vorschlägen näher treten.

Im Übrigen fehlt es an einer ausreichenden Grundlage, um die von den Parteien im Mediationstermin angesprochenen Punkte ihrem Wert nach zu bestimmen. Der Beschwerdeführer kam der Auflage des Gerichts, Werte zu benennen, die den Vorstellungen sämtlicher Beteiligter entsprachen, nicht nach. Es muss auch danach bei einem Wert von 146.322,00 EUR bleiben.

2. Die nach §§ 567, 569 statthafte und zulässige, auch fristgemäß eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführer ist nach Ziff. 1) unbegründet.

Ende der Entscheidung

Zurück