Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: 16 WF 383/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 652 Abs. 2 Satz 1
Bei dem Einwand des Zusammenlebens des Unterhaltspflichtigen mit dem Unterhaltsberechtigten Kind handelt es sich um eine die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffende Einwendungen, die auch noch uneingeschränkt im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden kann (§§ 652 Abs. 2 Satz 1, 648 Abs. 1 ZPO). Ziehen das Kind und der Antragsgegner während des vereinfachten Verfahrens in denselben Haushalt, so wird das Verfahren von dem Einzug an unzulässig, für den Zeitraum davor bleibt es jedoch zulässig.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 16 WF 383/08

11.06.2009

In der Familiensache

hat der 16. Zivilsenat des Kammergerichts als Senat für Familiensachen durch den Richter am Kammergericht Helmers als Einzelrichter beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des Amtsgerichts Pankow/ Weißensee vom 22. Oktober 2008 geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Unterhalt für das Kind ... , geboren am ... , den der Antragsgegner gemäß § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) an den Antragsteller zu zahlen hat, wird im vereinfachten Verfahren wie folgt festgesetzt:

- rückständiger Unterhalt für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.7.2008 auf 875 €;

- laufender Unterhalt für die Zeit vom 1.8.2008 bis 15.9.2008 auf 187,50 €.

Im Übrigen wird der Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Antragsgegner zu 4/9 und der Antragsteller zu 5/9. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.375,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Pankow/ Weißensee vom 22.10. 2008 ist teilweise begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Soweit der Antragsgegner seine sofortige Beschwerde auf den Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit gestützt hat, kann dieser Einwand im vereinfachten Verfahren allerdings keine Berücksichtigung finden. Denn gemäß § 652 Abs. 2 Satz 2 ZPO kann die sofortige Beschwerde nicht auf Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO - und dazu gehört der Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit - gestützt werden, wenn diese nicht bereits erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt war. Der Antragsgegner wurde schon mit der Verfügung des Senats vom 22 12. 2008 darauf hingewiesen, dass er seine behauptete Leistungsunfähigkeit erstinstanzlich nicht in berücksichtigungsfähiger Weise dargetan hat und er diese Einwendung nur noch im Abänderungsverfahren nach § 654 ZPO vor dem Familiengericht geltend machen kann.

Die sofortige Beschwerde hat dagegen Erfolg, soweit sie darauf gestützt ist, dass der Antragsgegner - unstreitig - seit dem 15.9.2008 mit seinen Sohn ... und dessen Mutter in einem Haushalt zusammenlebt. Ab diesem Zeitpunkt besteht kein Anspruch des Kindes auf Barunterhalt gegen den Antragsgegner mehr. Bei dem Einwand des Zusammenlebens des Antragsgegners mit dem unterhaltsberechtigten Kind handelt es sich um eine die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffende Einwendung (§§ 645 Abs. 1, 648 Abs. 1 Nr 1 ZPO), die auch noch uneingeschränkt im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden kann (§ 652 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Daran ändert auch der Umstand, dass der Antragsgegner den Einwand erst nach dem Erlass des angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vorgebracht hat, nichts, da die Beschwerde auch auf neue Tatsachen gestützt werden kann (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO, vgl. auch Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 652 Rn. 3 m.w.N.).

Da der Antragsgegner seit dem 15.9.2008 wieder mit seinem Sohn in einem Haushalt zusammenlebt, ist die Unterhaltsfestsetzung für den nachfolgenden Zeitraum nicht mehr gerechtfertigt. Allerdings führt der vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses erfolgte Wechsel des Antragsgegners in den Haushalt der Kindesmutter auch nicht dazu, dass das vereinfachte Verfahren insgesamt unzulässig würde. Vielmehr wird es erst vom Zeitpunkt des Einzugs an unzulässig; für die Zeit davor bleibt es zulässig (ebenso Zöller-Philippi, a.a.O., § 645 Rn. 1b; Schmitz in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 7. Aufl., § 10 Rn. 332). Der entgegenstehenden Ansicht des OLG Celle (FamRZ 2003, 1475) vermag der Senat nicht zu folgen. Sie erscheint nicht sachgerecht und dürfte inzwischen auch überholt sein, nachdem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.12.2005 (FamRZ 2006, 402 ff.) betreffend die ähnlich gelagerte Fallkonstellation, dass das Kind zwischen der Antragstellung im vereinfachten Verfahren und der Entscheidung über den Festsetzungsantrag volljährig wird, entschieden hat, dass der Eintritt der Volljährigkeit die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht entfallen lässt, sondern Unterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit festgesetzt werden kann.

Soweit der übergegangene rückständiger Unterhalt für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.7.2008 betroffen ist, verbleibt es daher bei der vom Familiengericht vorgenommenen Festsetzung auf insgesamt 875 Euro (7 x 125,- Euro). Laufender Unterhalt konnte dagegen nur noch für die Zeit vom 1.8.2008 bis 15.9.2008 in Höhe von 187,50 € festgesetzt werden. Hinsichtlich des nachfolgenden Zeitraums war der Unterhaltsfestsetzungsantrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren dem Antragsgegner insgesamt aufzuerlegen, weil er den Einwand des Zusammenlebens mit seinem Sohn, der zum teilweisem Obsiegen geführt hat, erst in der Beschwerdeinstanz vorgebracht hat, obwohl er ihn bereits in der ersten Instanz hätte vorbringen können.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 42 Abs. 1 und 5 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück