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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 18 U 48/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 128
BGB § 130
BGB § 152
1. Macht der Kläger Rechte einer in England registrierten Gesellschaft aus abgetretenem Recht geltend, so reicht es zum Nachweis der Aktivlegitimation aus, wenn er die Vertretungsbefugnis der für die Gesellschaft handelnden Personen entsprechend den englischen Gepflogenheiten durch die so genannten "annual returns" belegt, wenn darin durchgehend dieselben Personen als vertretungsbefugt bezeichnet werden. Ein Nachweis der Vertretungsbefugnis dieser Personen (auch) für den konkreten Tag, an dem die Abtretungsurkunde unterzeichnet worden ist, ist nicht erforderlich.

2. Wird in einem Angebot zum Abschluß eines Kaufvertrages die Beurkundung der Annahmeerklärung durch einen Notar sowie der Zugang der Erklärung bei einem der Anbietenden zur Voraussetzung gemacht, so reicht es nicht aus, wenn dem Anbietenden eine beglaubigte Abschrift der Annahmeerklärung übersandt wird. Erforderlich für den wirksamen Zugang einer Willenserklärung ist in diesem Fall vielmehr der Zugang einer Ausfertigung der Annahmeerklärung.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 18 U 48/04

verkündet am: 10.05.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 18. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte und die Richterinnen am Kammergericht Dr. Ehinger und Steuerwald-Schlecht auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 1. Juli 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 23 O 487/03 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des klägerischen Streithelfers, die dieser selbst trägt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

und

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten wollten ein Motorschiff kaufen, das einer auf der Isle of Man registrierten Gesellschaft gehörte und streiten nunmehr - der Kläger aus abgetretenem Recht - um Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung einschließlich der dort dargestellten Sachanträge verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und diese begründet. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.000.- EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 4. September 2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und gehen weiterhin davon aus, dass ein Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Kläger kann von den Beklagten nicht aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.

Zunächst ist aber festzuhalten, dass der Kläger seine Aktivlegitimation hinreichend nachgewiesen hat. Er legt hierzu vor die Abtretungsurkunde in englischer Sprache vom 22. September 2003 (K 12), die von den beiden Direktoren der C.... and T.... Limited (zukünftig der Gesellschaft) M..... und H..... unterschrieben ist. Die Beklagten bestreiten weder die Echtheit der Unterschrift noch der Urkunde, sondern die Vertretungsbefugnis der beiden Direktoren. Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Gesellschaft rechtsgeschäftlich durch zwei Direktoren oder einen Direktor und einen Sekretär vertreten werden kann. Ausweislich der Anlage K 22 war im Februar 2002 H...... bereits Direktor der Gesellschaft und M...... ist an diesem Tage bei einer Gesellschafterversammlung zur Direktorin bestellt worden. Ausweislich der in der Berufungsinstanz vorgelegten annual returns der Gesellschaft, mit denen etwaige Veränderungen bei der Gesellschaft zum Handelsregister der Isle of Man angemeldet werden und deren Echtheit von den Beklagten nicht bestritten wird, waren zum 14. Juni 2002, zum 14. Juni 2003 und bis zur Auflösung der Gesellschaft am 23. Dezember 2003 jedenfalls diese beiden Direktoren durchgängig weiterhin zu Direktoren der Gesellschaft bestellt und damit vertretungsbefugt. Den Beklagten, die einer ausländischen Gesellschaft ein Kaufangebot unterbreitet haben, war bereits zur Zeit der Abgabe des Angebots bewusst, dass diese Gesellschaft durch ihre Direktoren vertreten wird, denn auf Seite 4 des Kaufangebots werden die Direktoren Ho........., Le P........ und R..... ausdrücklich namentlich bezeichnet und es wird die Nummer ausdrücklich erwähnt, unter der die Gesellschaft im Handelsregister der Isle of Man registriert ist. Unter diesen Umständen ist das Bestreiten der Vertretungsbefugnis der Direktoren seitens der Beklagten nicht hinreichend substantiiert. Deren Vertretungsbefugnis ergibt sich wie bei einer deutschen Kapitalgesellschaft aus einem in England geführten öffentlichen Handelsregister. Dieses Register weist zu bestimmten Eckdaten, die den Bestimmungen des englischen Rechts entsprechen, keine anderweitige Vertretungsbefugnis aus. Beide Direktoren waren am 14. Juni 2003 bis zur Auflösung der Gesellschaft am 23. Dezember 2003 vertretungsbefugt. Dann ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte, die auch von den Beklagten nicht benannt werden, davon auszugehen, dass diese Direktoren auch zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Abtretungserklärung an den Kläger befugt waren, die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu vertreten.

Jedenfalls ist zwischen der Gesellschaft und den Beklagten kein wirksamer Kaufvertrag über das Motorschiff "Z..... K" zum Preis von 1,3 Mio EUR zustande gekommen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den Beklagten und der Gesellschaft deutsches Recht anzuwenden ist.

Die Beklagten haben der Gesellschaft unter dem 9. Mai 2001 ein notarielles Kaufangebot für das Schiff gemacht, das ausweislich § 2 Ziff. 1 des Angebots bis zum 31. Dezember 2002 befristet und bis dahin unwiderruflich war. Gemäß § 2 Ziff. 2 des Angebots sollte der Kaufvertrag durch Beurkundung der Annahmeerklärung durch einen Notar und dem Zugang der Erklärung bei einem der Beklagten zustande kommen. Dieses Angebot hat die Gesellschaft, vertreten durch W........ F....., nicht wirksam mit notarieller Beurkundung vom 5. Juli 2002 angenommen.

Der Kaufvertrag ist nicht formwirksam zustande gekommen. Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein formwirksames Angebot der Beklagten vorliegt, weil die Beklagten dieses nur in beglaubigter Fotokopie übersandt haben. Jedenfalls ist die Annahme seitens der Gesellschaft formunwirksam. Ausweislich des Angebots war Voraussetzung für die wirksame Annahme, die Beurkundung der Annahmeerklärung und deren Zugang bei einem der Beklagten. Daraus folgt, dass die Beklagten für die Annahme des Kaufvertrages über das Motorboot die notarielle Beurkundung wollten. Dann ist die Annahmeerklärung seitens der Gesellschaft an die Beklagten nicht wirksam erfolgt. Denn der die Annahme beurkundende Notar hat den Beklagten lediglich eine beglaubigte Abschrift und keine Ausfertigung der Erklärung zugesandt. Darin liegt ein entscheidender Formfehler. Ist durch das Gesetz die notarielle Beurkundung eines Vertrages vorgeschrieben, so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags von einem Notar beurkundet wird (§ 128 BGB). Auf die rechtsgeschäftlich vereinbarte Beurkundung ist § 128 BGB im Zweifel entsprechend anzuwenden (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 128, Rdnr. 2), so dass es in aller Regel nicht erforderlich ist, dass die Erklärung dem anderen Teil auch zugeht (§ 152 Satz 1 BGB), es sei denn, die Parteien haben ein anderes vereinbart, denn § 152 BGB ist ohne weiteres abdingbar (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 152 Rdnr. 2). Vorliegend ist dem notariellen Angebot der Beklagten nicht nur zu entnehmen, dass die Annahmeerklärung notarieller Beurkundung bedarf, sondern es bedarf auch des Zugangs der Erklärung bei einem der beiden Beklagten. Der Zugang einer Willenserklärung erfolgt in der Form, die für ihre Abgabe vorgeschrieben ist (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 130, Rdnr. 30 mit Hinweis auf BGHZ 121, 224). Bei einer notariellen Beurkundung genügt der Zugang einer Ausfertigung, ist aber auch zwingend erforderlich (vgl. BGHZ 31, 5; BGHZ 48, 374; BGHZ 130, 71; vgl. auch OLG Hamm, FamRZ 1991, 1486 zum Widerruf eines notariellen Berliner Testaments), denn die Ausfertigung ersetzt im Rechtsverkehr gemäß § 47 BeurkG die Urschrift. Nicht hingegen genügt der Zugang einer beglaubigten Abschrift, denn diese tritt nicht an die Stelle der Erklärung. In der Übersendung einer beglaubigten Abschrift einer Urkunde kann grundsätzlich nicht der Zugang einer wirksamen Willenserklärung gesehen werden. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wirksamwerden von Rechtsgeschäften, die der notariellen Beurkundung bedürfen (BGHZ 31,5,6 f; BGHZ 36, 201, 204 f; BGHZ 48, 374, 377 f; BGH NJW 1981, 2197, 2198 = WM 1981, 313) und gilt entsprechend für Rechtsgeschäfte, die nach dem Willen der Parteien notariell beurkundet werden sollen. Zwar können die Parteien von § 130 BGB abweichende Regelungen treffen und beispielsweise vereinbaren, dass der Zugang einer beglaubigten Abschrift genügt (vgl. BGHZ 130, 71). Vorliegend ist dem Angebot der Beklagten aber keine abweichende Regelung zu entnehmen, denn dort heißt es lediglich, dass der Vertrag mit der Beurkundung der Annahmeerklärung und deren Zugang bei einem der Erschienenen zustande kommt. Unter diesen Umständen ist für die wirksame Annahme des Angebots der Zugang einer Ausfertigung der Annahmeerklärung erforderlich gewesen. Dem hat die mit Anschreiben vom 5. Juli 2002 erfolgte Übersendung der Annahmeerklärung nicht entsprochen, so dass schon deshalb kein formwirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Zwar haben die Beklagten der Gesellschaft ihr notarielles Angebot ebenfalls lediglich in beglaubigter Fotokopie übersandt. Dies ist aber nicht als Verzicht auf die Übersendung einer Ausfertigung der Annahmeerklärung zu deuten. In dem notariellen Angebot wird ausdrücklich der Zugang der Annahmeerklärung für das Zustandekommen des Vertrages vorausgesetzt, ohne dass die Einschränkung gemacht wird, der Zugang einer beglaubigten Abschrift solle genügen. Immerhin haben die Beklagten ihr Angebot an eine ausländische Gesellschaft gerichtet, so dass deshalb auch ein besonderes Interesse und Bedürfnis am Nachweis des Zugangs der Annahme bestanden haben. Vielmehr sprechen die sich durch den Schriftwechsel der Parteien ziehenden Versuche der Beklagten, doch nicht vertraglich gebunden zu werden bzw. ihr Angebot vor Fristablauf zu widerrufen, deutlich gegen einen Verzicht auf die Wahrung der nun einmal vereinbarten Form.

Hinzu kommt, dass der Übersendung dieser Urkunde mit Notarschreiben vom 5. Juli 2002 nicht das Original der Vollmacht der Gesellschaft für den Vertreter W..... F..... beigefügt gewesen ist, so dass die Beklagten ebenfalls zu Recht die Erklärung nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen haben. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Vertreter einem anderen gegenüber vornimmt, ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Vorliegend ist der beglaubigten Abschrift der Annahmeerklärung unstreitig lediglich eine Kopie der Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen. Dies reicht ebenfalls nicht aus. Eine Vollmachtsurkunde muß regelmäßig im Original beigefügt werden; beglaubigte Abschriften, Fotokopien, Faxkopien etc. pp. reichen nicht aus (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 174 Rdnr. 2; BGH NJW 1994, 1472; OLG Frankfurt/M., NJW-RR 1996, 10). Daran fehlt es hier. Die Beklagten haben in der Zurückweisung lediglich die unzulängliche Vollmacht beanstandet. Dies ist vorliegend aber ausreichend, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner erkennbar ist (vgl. BGH NJW 1981, 2375). So ist es hier, denn schon aus dem Anschreiben des Notars ergibt sich, dass keine Originalvollmacht, sondern lediglich eine beglaubigte Fotokopie übersandt wird. Die Vorlage des Originals der Vollmacht war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der beurkundende Notar, der Streithelfer des Klägers, in der Urkunde bestätigt hat, dass die Vollmacht im Original vorgelegen hat. Auch das reicht nicht aus, wenn - wie vorliegend - ausdrücklich nicht nur die Beurkundung der Erklärung, sondern auch deren Zugang Voraussetzung ist. Denn dann müssen die Beklagten durch die Vorlage des Originals der Urkunde selbst in die Lage versetzt werden, die Echtheit der Vollmacht zu prüfen. Danach ist mit den Erklärungen vom 9. Mai 2001/5. Juli 2002 kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.

Hieran ändert sich im Ergebnis nichts dadurch, dass nach der Zurückweisung der ersten Annahmeerklärung die Beurkundung unter dem 22. August 2002 unter Vorlage einer weiteren Vollmacht an den Vertreter F..... mit Notarschreiben vom 26. August 2002 wiederholt worden ist und diesmal den Beklagten das Original der Vollmacht nebst Beglaubigung durch einen englischen Notar und Apostille (Überbeglaubigung) zugegangen ist. Diesmal ist die Vorlage der Vollmacht zwar nicht zu beanstanden, allerdings hat der Notar erneut keine Ausfertigung der Annahmeerklärung, sondern wiederum lediglich eine beglaubigte Fotokopie übersandt, was nach vorstehenden Ausführungen formunwirksam ist, also einen Zugang der Annahmeerklärung nicht bewirkt hat. Der Senat verweist dazu auf die obigen Ausführungen. Danach ist die Berufung schon mangels Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 letzter Halbsatz ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 543 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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