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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: 18 UF 418/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1577 Abs. 3
BGB § 1602 Abs. 2
BGB § 1615 I
BGB § 1615 I Abs. 2
BGB § 1615 I Abs. 3 S. 1
ZPO § 139 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 18 UF 418/02

Verkündet am: 24. Juni 2003

hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Kammergerichts durch die Richterinnen am Kammergericht Dr. Ehinger und Steuerwald-Schlecht sowie den Richter am Kammergericht Dr. Lehmbruck auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 24. September 2002 - 158 F 10437/99 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 01.06.1999 bis zum 30.09.2000 in Höhe von 18.341, 00 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 90%, die Klägerin 10%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist im Streit, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 I BGB zu zahlen.

Die Parteien sind nicht miteinander verheiratet und haben eine gemeinsame Tochter Anna-Luise, geboren am 20.09.1997.

Seit der Geburt zahlt der Beklagte für die Tochter Unterhalt. Für die Klägerin, die nach der Geburt Erziehungsurlaub nahm, zahlte er in der Zeit vom Februar 1998 bis April 1999 eine monatliche Unterhaltsrente von 1.000 DM. Danach kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten u.a. auch wegen des Umgangs mit dem Kind, mit der Folge, dass der Beklagte die Zahlungen für die Klägerin einstellte.

Die Klägerin, die vor der Geburt ganztags erwerbstätig war und ein Jahresbrutto von ca. 55.728 DM erzielte, beziffert ihren Unterhaltsbedarf für die Zeit vom 01.06.1999 bis zum 30.09.2000 mit monatlich 2.482, 19 DM (1.269,12 EUR), und verlangt insgesamt für 16 Monate 39.715,04 DM (20.305,98 EUR). Auf ihren Bedarf rechnet sie mtl. Zinseinkünfte in Höhe von 176,56 DM bedarfsdeckend an.

Sie verfügt über ein Vermögen, das aus einem Sparguthaben und einem Wertpapierdepot mit Telekom-Aktien besteht. Das Sparguthaben betrug 1999 27.691, 01 DM und in 2000 18.879,60 DM. Der Wert des Aktiendepots betrug zum 31.12. 1999 47.437,69 DM.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei aufgrund ihres eigenen Vermögens nicht außerstande, sich selbst zu unterhalten. Die Verweisung des § 1615 I Abs. 3 S. 1 BGB auf die Vorschriften zum Verwandtenunterhalt (§§ 1601 ff BGB) bedeute auch, dass die Klägerin wie ein volljähriges Kind die Bedürftigkeit durch die Verwertung vorhandenen Vermögens zu beseitigen habe. Die Klägerin sei mit einem Vermögen von 75.128 DM auch unter Berücksichtigung eines Notgroschens von ca. 10.000,00 DM in der Lage gewesen, ihren Bedarf in Höhe von 38.412,69 DM durch eigenes Vermögen abzudecken.

Die Klägerin hat gegen das am 25. Oktober 2002 zugestellte Urteil am 20. November 2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15. Januar 2003 am 14. Januar 2003 begründet.

Sie verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und ist der Auffassung, dass die Anforderungen an die Verwertbarkeit des Vermögens bei der Mutter eines nichtehelichen Kindes andere seien als bei einem volljährigen Kind, das Unterhalt von seinen Eltern verlange. Die Eltern würden dem Kind oftmals mehr als 18 Jahre Unterhalt leisten, bei § 1615 I BGB hingegen sei der Anspruch auf 3 Jahre begrenzt, so dass der Anspruch vielmehr dem Trennungsunterhaltsanspruch zwischen Ehegatten ähnele. Dort habe die Rechtsprechung die Zumutbarkeitsgrenzen für die Verwertung des eigenen Vermögens weiter ausgelegt. Es sei grob unbillig, sie auf ihr erspartes Vermögen, das sie für ihre Alterssicherung vorgesehen habe, zu verweisen, zumal sie nach Ablauf der ersten drei Lebensjahre jetzt nur eine Teilzeitbeschäftigung ausübe, um das Kind zu betreuen. Hinzu komme, dass der Beklagte über ein weitaus höheres Einkommen und Vermögen verfüge.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, - 158 F 10437/99 - vom 24.09., wird der Beklagte und Berufungsbeklagte verurteilt, an sie für die Zeit vom 01.06.1999 - 30.09.2000 Unterhalt in Höhe von insgesamt 39.715, 04 DM = 20.305,98 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, das Gesetz verweise ausdrücklich in § 1615 I Abs. 3 S. 1 BGB auf die Vorschriften, die den Verwandtenunterhalt regeln, so dass sich die entsprechende Anwendung der weniger strengen Anforderungen an die Verwertung von Vermögen, wie sie zwischen Ehegatten gelten (§ 1577 Abs. 2 BGB), verbiete, zumal sich die Parteien eben gerade nicht für die Ehe entschieden hätten. Er bestreitet, dass die Klägerin das Vermögen für ihre Alterssicherung angespart habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten für die Zeit vom 1. Juni 1999 bis zum 30. September 2000 einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt in Höhe von mtl. 2.242 DM, so dass sich für den hier geltend gemachten Zeitraum ein Anspruch in Höhe von insgesamt 35.872 DM = 18.341 EUR ergibt. Die weitergehende Klage ist als unbegründet abzuweisen.

1.

Der Klägerin steht als Mutter eines nichtehelichen Kindes gemäß § 1615 I Abs. 2 BGB ein Unterhaltsanspruch wegen Betreuung während der ersten drei Lebensjahre des Kindes zu, wenn von ihr eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Das bedeutet im Regelfall, dass den Elternteil, der das Kind betreut, keine Erwerbspflicht trifft. Nur in Ausnahmefällen kann aufgrund besonderer Umstände, wie z.B. bei einer gemeinsamen Lebensplanung im Rahmen eines nichtehelichen Lebensgemeinschaft und wirtschaftlich engen Verhältnissen eine Erwerbspflicht in Betracht kommen. Solche besonderen Umstände hat der Beklagte, der für das Vorliegen einer Erwerbsobliegenheit darlegungs- und beweispflichtig ist, jedoch nicht vorgetragen. Auch wenn er einen Teil der Betreuung hätte übernehmen können und ein Betriebskindergartenplatz zur Verfügung gestanden hätte, so dass die Mutter in die Lage versetzt worden wäre, eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben, reichen diese Tatsachen nicht aus, eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin zu begründen. Der Beklagte hat weder geltend gemacht nicht leistungsfähig zu sein, noch ergeben sich Anforderungen an eine Rücksichtnahme auf die finanziellen Belange des Beklagten aufgrund einer gemeinsamen Zukunftsplanung. Der Beklagte hat im Gegenteil hervorgehoben, dass die Parteien noch nicht einmal in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt hätten.

2.

Der Bedarf der Klägerin richtet sich nach ihrer eigenen Lebensstellung, die sie vor der Geburt des Kindes hatte. Insoweit sind die Vorschriften zum Verwandtenunterhalt maßgeblich (§§ 1615 I Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. 1610 Abs. 1 BGB). Eine Teilhabe an der Lebensstellung des Kindesvaters besteht nicht (OLG Koblenz NJW 2000, 669, OLG Naumburg FamRZ 2001, 1321).

Die Klägerin, die vor der Geburt voll erwerbstätig war, hat einen monatlichen Barbedarf von 2.867,50 DM, von dem sie nur 2.482,19 DM geltend macht.

Ihr Bedarf ergibt sich aus folgendem Rechenwerk:

Sie erzielte 1997 ein Bruttoeinkommen von 55.728,19 DM, 4.644,00 DM monatlich (vgl. die Bezügemitteilung von Dezember 1997).

Nach Abzug von Lohnsteuer (11.621,81 DM), Solidaritätszuschlag (845,41 DM), Kirchensteuer (1.022,34 DM), vermögenswirksame Leistungen (637,00 DM), Krankenversicherung (2.496,90 DM) und Pflegeversicherung (901,61 DM) verbleiben 38.203,12 DM, so dass ihr mtl. Nettoeinkommen 3.183,59 DM betrug.

Nach Abzug von 5 % berufbedingte Aufwendungen (159,18 DM) und Zinseinkünften (156,91 DM) verbleibt ein bereinigtes Netto von 2.867,50 DM. Hiervon macht die Klägerin 2.482,19 DM geltend. Dieser Betrag ist nicht überhöht, zumal mit dem gekürzten Betrag auch dem Umstand Rechnung getragen wird, dass meist bei gehobeneren Einkommen ein Teil des Geldes nicht der Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs dient, sondern in die Vermögensbildung fließt.

2.1

Die Klägerin ist in Höhe des geltend gemachten Betrags auch bedürftig, denn weder das Kindererziehungsgeld mindert ihren Bedarf, noch ist sie gehalten, ihren Vermögensstamm zur Bedarfsdeckung einzusetzen:

Das Kindererziehungsgeld ist eine staatliche Sozialleistung, die aufgrund ihrer familienpolitischen Zweckbestimmung nach dem Willens des Gesetzgebers nicht als Einkommen gilt (§ 9 S. 1 BErzGG).

2.2

Die Klägerin muss nicht ihren Vermögensstamm durch Verbrauch des Spargeldes oder Verwertung des Aktiendepots einsetzen, um ihren Bedarf zu decken, denn sie benötigt das Vermögen zum Ausgleich der Einbußen, die sie in ihrer Altersversorgung dadurch erleidet, dass sie das gemeinsame Kind betreut und ihre Erwerbstätigkeit zu diesem Zweck für drei Jahre unterbrochen und danach reduziert hat. Die Abwägung der Belange beider Parteien ergibt, dass es dem Gerechtigkeitsgefühl in unerträglicher Weise widersprechen würde, wenn die Klägerin ihr kleines Vermögen aufzehren müsste, um ihren angemessenen Lebensbedarf zu bestreiten und darüber hinaus noch langfristig wirkende Einbußen ihrer Altersversorgung hinzunehmen hätte, während der Beklagte, der in sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, sein Vermögen dadurch vermehren könnte, weil er keinen Unterhalt an die Klägerin zu zahlen hätte.

Auch wenn man mit dem Amtsgericht davon ausgeht, dass die Klägerin innerhalb des maßgeblichen Zeitraums über eigenes Vermögen in Höhe von durchschnittlich 75.128 DM verfügte, was der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr angegriffen hat, wäre hier eine Pflicht zum Einsatz des Vermögensstammes für die Deckung des Unterhaltsbedarfs unzumutbar.

Zwar gilt im Verwandtenunterhalt für Unterhaltsbedürftige, die volljährig sind, dass sie vor der Inanspruchnahme eines Verwandten zunächst gehalten sind, ihren Bedarf durch Einkünfte aus Vermögen, aber auch durch Einsatz des Vermögensstammes zu decken (BGH FamRZ 1998, 367, 369). Während das Gesetz in § 1602 Abs. 2 BGB für unterhaltsbedürftige Minderjährige regelt, dass diese nur die Einkünfte aus Vermögen zur Bedarfsdeckung verwenden müssen, fehlt eine entsprechende Regelung für volljährige Unterhaltsbedürftige, so dass nach übereinstimmender Auffassung in Lehre und Schrifttum im Umkehrschluss daraus geschlussfolgert wird, dass volljährige Berechtigte nicht nur verpflichtet sind, die Einkünfte bedarfsdeckend zu verwenden, sondern eigenes Vermögen zu verwerten haben(BGH a.a.O.). Die Verwertungspflicht besteht jedoch nicht uneingeschränkt, sondern entfällt, wenn sie unzumutbar ist.

Während § 1577 Abs. 3 BGB für den Ehegattenunterhalt bestimmt, dass der Berechtigte sein Vermögen nicht zu verwerten braucht, wenn dies unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung beiderseitiger wirtschaftlicher Verhältnisse unbillig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung im Verwandtenunterhaltsrecht. Gleichwohl gilt auch hier, dass mindestens dann keine Pflicht zum Einsatz des Vermögensstammes besteht, wenn dies wegen grober Unbilligkeit unzumutbar wäre (BGH FamRZ 1998, 367, 369). Dabei ist eine umfassende Zumutbarkeitsabwägung, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt, anzustellen. Ob vorliegend der weniger strenge Maßstab des § 1577 Abs. 3 BGB auf das Unterhaltsrechtsverhältnis des § 1615 I BGB anzuwenden ist, bedarf hier keiner Entscheidung, denn für die Klägerin wäre der Einsatz des Vermögens auch nach den strengeren Anforderungen des Verwandtschaftsunterhalts unzumutbar, denn er wäre grob unbillig:

Wäre die Klägerin gehalten, ihr Spargeld zu verbrauchen und die Aktien zu verwerten, müsste sie einen Teil ihrer Alterssicherung aufzehren, mit dem sie die Nachteile ausgleichen könnte, die ihr dadurch entstehen, dass sie in den ersten drei Jahren Erziehungsurlaub genommen hat, um das Kind zu betreuen. Auch wenn ihr für die Dauer der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit versorgungsrechtlich Kindererziehungszeiten gutgeschrieben werden, entsprechen diese in der Höhe nicht annähernd dem Wert, den die Klägerin bei fortdauernder Vollbeschäftigung erworben hätte. Nicht zweifelhaft ist, dass Geld auf einem Sparkonto, aber auch Wertpapiere eine geeignete Art der Altersvorsorge sind (BGH NJW 2003, 1660, 1662). Auch wenn bei Wertpapieren ein damit verbundenes Risiko eher dagegen sprechen kann, es als angemessene Art der Alterssicherung zu bewerten, ist dies letztlich ein Risiko, das nur die Klägerin trifft und nicht den Beklagten, der nach dem Gesetz nur für drei Jahre zur Zahlung von Unterhalt an die Klägerin verpflichtet ist.

Der Einsatz des Vermögensstammes ist für die Klägerin aber auch unzumutbar unter Berücksichtigung der über das 3. Lebensjahr hinaus fortdauernden finanziellen Einbußen, die die Betreuung und Verantwortung für das Kind als Alleinerziehende mit sich bringen.

Zwar konnte die Klägerin nach dem Erziehungsurlaub in ihre alte Anstellung zurückkehren, sie arbeitet jedoch nur noch 30 Stunden in der Woche, um als Alleinerziehende die Betreuung des Kindes bewerkstelligen zu können. Trotz der Teilzeitbeschäftigung muss sie sich noch der Hilfe einer Betreuungsperson bedienen, um im Schichtdienst arbeiten zu können.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich ihr Vermögen angespart hat mit dem Ziel, ihre Alterssicherung zu verbessern. Auf diese zwischen den Parteien streitige Frage kommt es für die Entscheidung nicht an, denn mindestens durch die Geburt des Kindes und das Scheitern der Ehepläne ist die Klägerin nunmehr auf den Erhalt des kleinen Vermögens zur Kompensation der finanziellen Nachteile, die sich aus der Kindesbetreuung und dem Aussetzen bzw. der Verringerung der Erwerbstätigkeit ergeben, angewiesen, um ihre Altersversorgung aufzustocken. Diese Situation hat sich zwischenzeitlich durch die Kürzungen der Beamtenversorgungen noch verschärft.

Dieser Bewertung stehen die Belange des Beklagten nicht entgegen, denn er ist wirtschaftlich deutlich besser gestellt als die Klägerin:

So erzielte er 1999 ein Bruttoeinkommen von gerundet 125.000 DM, welches das Einkommen der Klägerin vor der Geburt des Kindes 1997 um mehr als das Doppelte übersteigt. Hinzu kommt, dass er Eigentümer von zwei Eigentumswohnungen ist, für die er nach seinen Angaben zwar hohe mtl. Belastungen zu tragen hat, die aber der Vermögensbildung dienen.

3.

Der Anspruch der Klägerin ist jedoch auf mtl. 2.242 DM (x 16 Monate = 35.872 DM = 18341 EUR) zu kürzen, da dem Beklagten ein eigener angemessener Unterhalt zu verbleiben hat. Auch dem Unterhaltspflichtigen steht ein nach seiner Lebensstellung angemessener Unterhalt als Eigenbedarf zu (§ 1603 Abs. 1 BGB).

Der Beklagte verfügte 1999 nach der Verdienstabrechnung für Dezember 1999 über ein Bruttoeinkommen von 124.966 DM. Hiervon sind Lohnsteuern (40.154,49 DM), Solidaritätszuschlag (2.208,42 DM), Rentenversicherung (10.047,00 DM) Arbeitslosenversicherung (3.315,00 DM), Pflegeversicherung (687,20) und Krankenversicherung (7.053,08 DM) abzusetzen. Das Jahresnettoeinkommen betrug 61.500,81 DM, mithin 5.125,07 DM. Hiervon sind 5 % berufsbedingte Aufwendungen (256,26 DM) und Kindesunterhalt (629 DM) abzuziehen und Zinseinkünfte in Höhe von 243,47 DM hinzuzurechnen. Steuerersparnisse aber auch die Belastungen aufgrund des Erwerbs von zwei Eigentumswohnungen bleiben außer Betracht, denn der Unterhaltspflichtige ist nicht berechtigt, zu Lasten des Unterhaltsberechtigten Vermögen zu bilden (BGH FamRZ 1987, 36 ff.).

Von dem verbleibenden Einkommen in Höhe von 4.483,28 DM ist ihm im Rahmen eine Angemessenheitskontrolle der hälftige Betrag, mithin der Betrag über 2.242 DM zu belassen. Zwar beträgt der angemessene Selbstbehalt nach den Leitlinien nur 1000 EUR. Insoweit handelt es sich aber um einen Mindestbetrag, der zu erhöhen ist, wenn ansonsten der Verpflichtete nach Befriedigung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten bedürftiger wäre als dieser (vgl. dazu Ehinger/Rasch, Unterhaltsrecht, 4. Aufl., Rn. 313, 314).

II.

Dem Beklagten war nach der mündlichen Verhandlung keine Einlassungsfrist gemäß § 139 Abs. 5 ZPO zu gewähren, da die Erörterung der Zumutbarkeit der Vermögensverwertung kein neuer rechtlicher Gesichtspunkt im Sinne dieser Vorschrift war.

Der Beklagte konnte diesen Gesichtspunkt nicht übersehen oder für unerheblich halten, da bereits im Urteil des Amtsgerichts die Frage der Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung angesprochen wurde.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr.8, 713, 543 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 9 EGZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung zur Anwendung des Begriffs der groben Unbilligkeit handelt, die weder grundsätzliche Bedeutung hat noch zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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