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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: 19 U 10/08
Rechtsgebiete: SachenRBerG


Vorschriften:

SachenRBerG § 12
SachenRBerG § 12 Abs. 3
SachenRBerG § 14 Abs. 2
SachenRBerG § 14 Abs. 3
SachenRBerG § 29 Abs. 1 Nr. 2
1. Ein unselbständiger Anbau eines Gebäudes, der auf einer Nachbargrundstück errichtet worden ist, ist eine bauliche Anlage im Sinne von § 12 Abs. 3 SachenRBerG.

2. Wenn Bereinigungsansprüche bereits in der Person des früheren Nutzers entstanden sind, bedarf es nach Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes zu ihrer Geltendmachung durch Dritte einer Übertragung des Anspruchs nach § 14 Abs. 2, 3 SachenRBerG.

3. Ein Bereinigungsanspruch geht nicht als Folge der Rückübertragung des Grundstücks nach dem Vermögensgesetz auf den Rückerstattungsberechtigten über.

4. Die Einrede des § 29 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG kann erhoben werden, wenn der derzeitige Nutzer keine Nutzung beabsichtigt, wie sie der Genehmigung der Baumaßnahme zugrunde lag.

5. Zum Begriff der "Bebauung" i. S. v. § 12 SachenRberG.

6. Eine Grunddienstbarkeit über ein Geh- und Fahrrecht erfasst grundsätzlich auch den Platz der zum Öffnen einer Tür benötigt wird. Die auf den Weg hinausführt.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 19 U 10/08

verkündet am: 20.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Tucholski sowie die Richter am Kammergericht Hartung und Feskorn auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 2. April 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 1 O 62/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge, der tatbestandlichen Feststellungen sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. April 2008 Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Das Landgericht habe zu Unrecht trotz des von ihm festgestellten Auseinanderfallens des Eigentums an Anbau und dazugehörigem Grundstück einen Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz verneint. Herr K habe die gesamten Räumlichkeiten aufgrund des Vertrages mit dem VEB K W (KWV) genutzt. In diesen Vertrag sei er eingetreten und habe nach Kündigung einen Räumungstitel hinsichtlich des gesamten Werkstattgebäudes erstritten. Eine Übertragung der Berechtigung nach §§ 14 ff SachenRBerG habe also bereits im Zuge der Übergabe des Grundstücks auf ihn stattgefunden. Die Wohnungsverwaltung habe sämtliche Rechte aus der Nutzungsvereinbarung, auch hinsichtlich des Anbaus, auf ihn übertragen. Herr K habe dem durch jahrelange Zahlung des Nutzungsentgeltes zugestimmt. Er habe offensichtlich den Nutzungsvertrag mit ihm, dem Kläger, fortsetzen und gerade keine eigenen Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz geltend machen wollen. Darin liege die konkludente Erklärung der Übertragung entsprechender Ansprüche auf ihn. Die Einrede des § 31 Abs. 1 SachenRBerG sei nicht gerechtfertigt, da ausweislich der von ihm vorgelegten Stellungnahme des Architekten die Restnutzungsdauer bei etwa 33 Jahren liege. Hinsichtlich der übrigen Flächen des Grundstücks bestehe ebenfalls ein Anspruch auf Ankauf, da dies der tatsächlichen Nutzung durch Herrn K als Stahllager sowie der Einfriedung mittels eines Zaunes entspreche. Der Weg sei zur Erschließung notwendig, wie bereits im Rechtsstreit auf Eintragung der Grunddienstbarkeit festgestellt. Die Fläche vor dem Gebäude sei erforderlich, um die nach außen anschlagenden Flügel des Tores öffnen zu können.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Sie vertieft ihren Sachvortrag zu der von ihr geltend gemachten geringen Restnutzungsdauer des Anbaus.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig, da ein Feststellungsinteresse nach § 108 SachenRBerG besteht. Die Beklagte bestreitet die Anspruchsberechtigung. Eine Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 SachenRBerG ist mit dem Feststellungsantrag noch nicht erforderlich (vgl. Tropf in: Czub SachenRBerG § 108 Rn 5).

Die Klage ist aber nicht begründet, da dem Kläger ein Recht auf Ankauf oder Bestellung eines Erbbaurechts nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 SachenRBerG nicht zusteht.

1. Klageantrag zu 1 (Grundfläche des Anbaus)

Der Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ist nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 c) eröffnet, da das Grundstück der Beklagten von dem früheren Nutzer für bauliche Zwecke in Anspruch genommen wurde, indem auf ihm der Anbau errichtet worden ist. Die von dem früheren Nutzer K tatsächlich vorgenommene Erweiterung seines Werkstattgebäudes ist seitens der staatlichen Stellen gebilligt worden. Die vertragliche Vereinbarung mit dem VEB KWV vom 20. Oktober 1980 (Anlage K 2) gewährte zwar nur die Befugnis zur Errichtung eines Lagerraums (= Anbau); es ist fraglich, ob die tatsächlich vorgenommene konstruktive Erweiterung des bestehenden Gebäudes davon umfasst gewesen ist. Da die tatsächliche Baumaßnahme aber der Bauzeichnung (Anlage K 7) zu entnehmen ist, wurde sie durch die Baugenehmigung vom 12. Februar 1981 (Anlage K 11) gebilligt. Wie sich aus der Zustimmung zur Errichtung des Bauwerks vom 12. Februar 1981 ergibt, war von dieser auch die Inanspruchnahme des in Rechtsträgerschaft der Kommunalen Wohnungsverwaltung K stehenden Grundstücks umfasst. Der bautechnische Erläuterungsbericht enthält unter Nr. 1 den Hinweis, dass Rechtsträger des Grundstücks nicht der Antragsteller, sondern die Kommunale Wohnungsverwaltung ist. Unabhängig davon würde sich aus der Baugenehmigung gemäß § 10 Abs. 2 SachenRBerG die Vermutung der Billigung staatlicher Stellen ergeben, die nicht widerlegt ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG ist dieses Gesetz grundsätzlich nicht anzuwenden, wenn das Grundstück aufgrund eines Mietvertrages, Pachtvertrages oder sonstigen Nutzungsvertrages bebaut worden ist. Dies ist hier der Fall, da der frühere Nutzer sowohl die Zufahrt wie die Fläche zur Errichtung des Lagerraums aufgrund vertraglicher Vereinbarung vom 20. Oktober 1980 zur Verfügung gestellt erhalten hat. Von diesem Grundsatz wiederum ausgenommen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) SachenRBerG der Fall, dass der Nutzer eine bauliche Investition im Sinne der §§ 5 bis 7 SachenRBerG vorgenommen hat. Hier in Betracht kommt allein eine bauliche Nutzung nach § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG; die zeitliche Begrenzung nach § 8 Nr. 3 SachenRBerG ist gewahrt.

Maßgebend ist allein der Anbau, da es nur um ein Recht an dem für ihn benötigten Grundstück geht. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG erfüllt, da Herr K als Handwerker für die Ausübung seines Berufes den Anbau auf einem vormals volkseigenen Grundstück errichtet hat. Eine Bebauung im Sinne von § 12 Abs. 1 SachenRBerG liegt nicht vor, da weder ein Gebäude neu errichtet noch in der Art und Weise verändert worden ist, dass es einer Neuerrichtung entspricht. Der Anbau selbst ist kein Gebäude. Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz verwendet den Begriff des Gebäudes in der allgemein üblichen Bedeutung, dass nämlich ein Gebäude ein Bauwerk ist, das durch Umfriedung Mensch und/oder Sachen Schutz gewährt (Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache 12/5992, S. 111, 112). Da der Anbau für sich nicht abgeschlossen ist, kann er nicht als Gebäude angesehen werden. Bei ihm handelt sich aber um eine bauliche Anlage im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 SachenRBerG. Denn die Fläche, auf der der Anbau errichtet wurde, ist, wie sich aus der Baugenehmigung ergibt, selbstständig baulich nutzbar gewesen. Die Teilfläche des Grundstücks ist nach dem unstreitigen Sachvortrag des Klägers auch vom Grundstück abtrennbar im Sinne von § 13 SachenRBerG.

Anspruchsberechtigt nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist grundsätzlich derjenige, der die entsprechenden Maßnahmen vorgenommen hat, da durch die Sachenrechtsbereinigung die getätigten Investitionen erhalten bleiben sollen. Der Bereinigungsanspruch kann auch auf einen Rechtsnachfolger übergehen. Sofern es sich aber nicht um einen Gesamtrechtsnachfolger handelt, was hier nicht der Fall ist, bedarf es eines Übertragungsaktes. Herr K war Nutzer im Sinne von § 3 SachenRBerG (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 SachenRBerG), da er mit Billigung staatlicher Stellen den Anbau errichtet hat. Der Kläger ist nicht sein Rechtsnachfolger nach § 9 Abs. 2 SachenRBerG, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht auch festgestellt, dass der Kläger diesen Anspruch nicht kraft Übertragung geltend machen kann.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts reicht eine Übertragung der Nutzung und Verantwortlichkeit für das Gebäude, die es zutreffend verneint hat, nicht aus. Die im angefochtenen Urteil angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betrafen Fälle, in denen die Übertragung vor Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes stattgefunden hat. Für die Fälle, in denen die Ansprüche nach Inkrafttreten des Gesetzes übertragen werden sollen, enthält § 14 SachenRBerG in Abs. 2 und 3 ausdrückliche Regelungen. Diese lassen für eine Handhabung, wie sie für die Zeit davor anerkannt ist, keinen Raum mehr. Nach der Entscheidung des Gesetzgebers ist neben der Übertragung des Besitzes an dem errichteten Gebäude eine Übertragung des Anspruchs nach dem SachenRBerG erforderlich (vgl. auch BGH VIZ 2002, 642).

Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist am 1. Oktober 1994 in Kraft getreten (Art. 3 des Sachenrechtsänderungsgesetzes, BGBl Teil I, S. 2457 ff.). Das Grundstück S W Nr. ist der Mutter des Klägers mit Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 27. Dezember 1994 rückübertragen worden. Dieser Bescheid wirkt nicht rückwirkend, sondern erst ab Rechtskraft (§ 34 Abs. 1 VermG). Die Übergabe der Werkstatt fand nach Durchführung des Räumungsrechtsstreits erst im Mai 1997 und somit ebenfalls nach Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes statt. Auf Seiten des früheren Nutzers war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Bereinigungstatbestand (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG) entstanden, der ihn zur Geltendmachung der Rechte nach § 3 Abs. 1 SachenRBerG berechtigt hat.

Dieser Anspruch hätte an den Kläger (oder zunächst seine Mutter) seitens des früheren Nutzers gemäß § 14 Abs. 2 SachenRBerG abgetreten werden müssen. Er ist weder mit der Rückübertragung noch mit der Übergabe des Besitzes im Jahr 1997 kraft Gesetzes übergegangen. Im Gesetzgebungsverfahren ist erwogen worden, die Abtretbarkeit der Ansprüche nach dem SachenRBerG generell auszuschließen und entsprechend § 401 BGB als Nebenrechte auf den Erwerber eines Grundstücks übergehen zu lassen. Der Gesetzgeber hat sich aber für das Erfordernis einer Abtretung der Ansprüche entschieden (Bundestagsdrucksache 12/5092, Seite 113). An dieser fehlt es. Eine Abtretungserklärung von Ansprüchen nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz seitens des Herrn K ist nicht erkennbar. Eine ausdrückliche Erklärung liegt nicht vor. Das Verhalten des Herrn K kann auch nicht als Abtretungserklärung ausgelegt werden. Es ist bereits nicht erkennbar, dass dem Kläger oder Herrn K das Vorhandensein entsprechender Ansprüche - zumindest der Sache nach - überhaupt bekannt gewesen sind. Das wäre aber erforderlich, damit Herr K erkennen konnte, dass sein Verhalten als Abtretungserklärung aufgefasst werden konnte, und der Kläger es tatsächlich auch so verstanden hat (zu diesen Voraussetzungen BGH NJW 1990, 454). Die von dem Kläger angeführten Handlungen lassen auch nicht erkennen, dass Herr K dem Kläger irgendwelche Rechte übertragen wollte. Im Zusammenhang mit der Räumung des Grundstücks hat es einen Kontakt zwischen dem Kläger und Herrn K nicht gegeben. Allein die Übergabe der Räumlichkeiten durch seine Ehefrau kann nicht dahingehend verstanden werden, dass dem Kläger (oder dessen Mutter) über den Besitz an den Räumlichkeiten hinaus weiter gehende Rechte eingeräumt werden sollten. Unabhängig davon hat das Landgericht mit Recht - und insoweit unangegriffen - die Feststellung einer Bevollmächtigung der Ehefrau des Herrn K nicht treffen können. Es kann offen bleiben, ob in der Übergabe der Unterlagen für den Anbau eine Abtretung der darauf bezogenen Ansprüche gesehen werden könnte. Die Zeugin hat die Behauptung des Klägers, sie habe ihm diese Unterlagen anlässlich der Räumung übergeben, nicht bestätigt. Die Einräumung des Besitzes an dem Anbau war (kumulativ) gemäß § 14 Abs. 2 SachenRBerG erforderlich, konnte aber die Abtretungserklärung nicht ersetzen. Die vom Kläger in der Berufungsinstanz erstmals vorgebrachten Mietzahlungen sind neuer Sachvortrag, der gemäß §§ 529, 531 BGB nicht berücksichtigt werden kann. Unabhängig davon würden auch sie keine andere Beurteilung in der Sache rechtfertigen. In der Zahlung von Mietzins kann die Abtretung von Ansprüchen nicht gesehen werden. Anderweitige, die Feststellung einer Abtretung des Anspruchs rechtfertigende Umstände sind von dem Kläger auch im Rahmen der eingehenden Erörterung dieser Frage im Termin vom 20. November 2008 nicht dargetan worden.

Ein Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist nicht auf die Mutter des Klägers als Folge der Rückübertragung des Grundstücks übergegangen. Nach § 16 Abs. 1, 2 i.V.m. § 34 Abs. 1 VermG gehen mit der Rückübertragung die aus dem Eigentum folgenden Rechte und Pflichten auf den Berechtigten über. Hierunter fallen alle Rechtspositionen, die sich aus der Inhaberschaft des restituierten Vermögenswerts ergeben. Danach gehen im Fall der Rückübertragung eines Grundstücks auch sämtliche Rechtsverhältnisse über, die Leistungen beinhalten, die in einem nicht trennbaren Bezug zu dem Grundstück stehen (BGH NJW-RR 2006, 158). Dazu gehört aber ein Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht, da es sich nach der aus § 14 SachenRBerG erkennbaren Entscheidung des Gesetzgebers um kein dem Eigentum an dem "herrschenden" Grundstück akzessorisches Recht handelt, es vielmehr seiner gesonderten Abtretung bedarf. Eine Akzessorietät besteht gemäß § 14 Abs. 2 SachenRBerG allein zwischen dem Besitz an dem errichteten Gebäude und dem Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.

Selbst wenn eine Abtretung vorliegen sollte, wäre diese nur wirksam, wenn mit ihr auch der Besitz an dem Anbau übertragen worden wäre, § 14 Abs. 2 SachenRBerG. Dies ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zu verneinen. Allein der Umstand, dass der Kläger nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VIZ 2004, 130) Eigentümer des Werkstattanbaus geworden sein könnte, eröffnet nicht die Sachenrechtsbereinigung. Einer erweiternden Auslegung des Gesetzes im Sinne des Klägers steht bereits entgegen, dass die Verneinung eines Bereinigungstatbestandes mit dem Gesetzeszweck in Übereinstimmung steht. Durch die Sachenrechtsbereinigung sollen Investitionen ausgeglichen werden, die der Nutzer im Vertrauen auf den Bestand der tatsächlichen Verhältnisse in der DDR, die mit der Eigentumslage nicht immer übereinstimmten, getätigt hatte. Für eine Beteiligung desjenigen, der das Grundstück, zu dem früher dieser Gebäudeteil nicht gehört hat, rückübertragen erhält (oder seines Rechtsnachfolgers), fehlt es an einer Rechtfertigung, sofern der Nutzer den Anspruch ihm nicht - ggf. gegen Zahlung eines Entgeltes - abgetreten hat.

Selbst wenn ein Anspruch auf den Kläger übergegangen wäre, würde seiner Geltendmachung der von der Beklagten erhobene Einwand des § 29 SachenRBerG entgegenstehen. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG kann der Eigentümer des Grundstücks den Verkauf und die Bestellung eines Erbbaurechts verweigern, wenn das Gebäude oder die bauliche Anlage nicht mehr genutzt wird und mit einem Gebrauch nicht mehr zu rechnen ist. Es kann offen bleiben, ob der frühere Nutzer K vor der Räumung des Grundstücks den Anbau nicht mehr genutzt hat. Es kommt darauf an, ob in der Person des (nunmehr anspruchsberechtigten) derzeitigen Nutzers, also des Klägers, die genannten Voraussetzungen vorliegen. Daher ist dem Grundstückseigentümer die Einrede eröffnet, der Rechtsnachfolger des ursprünglichen Nutzers übe die Nutzung nicht mehr aus und werde diese auch nicht mehr aufnehmen. Nutzt dieser dagegen das übernommene Gebäude oder beabsichtigt er eine zukünftige Nutzung, so kann sich der Grundstückseigentümer auch dann nicht auf die Einrede des § 29 Abs. 1 SachenRBerG berufen, wenn der frühere Nutzer die Nutzung aufgegeben hatte (BGH VIZ 2002, 642).

Hier ist davon auszugehen, dass der Kläger eine Nutzung des Anbaus, der sich faktisch als Bestandteil des Werkstattgebäudes darstellt, zumindest nach Klärung der Rechtslage beabsichtigt. Dies reicht aber nicht aus. Vielmehr muss er eine Nutzung vornehmen oder anstreben, die der ursprünglich vorgesehenen entspricht. Zweck der Regelung in § 29 Abs. 1 SachenRBerG ist u.a., dass eine Nutzung nicht zu schützen ist, für die kein Nutzungsrecht hätte bestellt werden können oder ein bestelltes hätte entzogen werden müssen (Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache 12/5992, Seite 128). Damit wird an die Regelung z.B. in §§ 288 Abs. 1, 290 ZGB angeknüpft, wonach das volkseigene Grundstück bestimmungsgemäß zu nutzen ist und anderenfalls ein Nutzungsrecht entzogen werden kann. Hier ist zwar dem früheren Nutzer K kein Nutzungsrecht i.S. des ZGB verliehen worden. Die Berechtigung zur Bebauung auf allein vertraglicher Grundlage war aber rechtlich schwächer ausgestaltet (z.B. kein Eigentumserwerb der Aufbauten und Anpflanzungen wie nach § 288 Abs. 4 ZGB), so dass keine Bedenken bestehen, die ein Nutzungsrecht betreffenden Regelungen zu Lasten des Klägers entsprechend anzuwenden.

Nach der vertraglichen Vereinbarung mit dem VEB KWV vom 20. Oktober 1980 und dem Bauantrag vom 24. Oktober 1980 war dem Nutzer K der Anbau auf dem Nachbargrundstück als Lagerraum für den von ihm betriebenen handwerklichen Betrieb der Bauschlosserei genehmigt worden. Eine solche Nutzung wird von dem Kläger weder derzeit vorgenommen noch beabsichtigt. Vielmehr bezieht sich sein Nutzungsinteresse allein auf seine künstlerische Tätigkeit, mag diese nach seiner Behauptung auch die Metallbearbeitung umfassen. Für einen solchen Zweck war der Anbau nicht genehmigt.

2. Klageantrag zu 2 und 3

Da ein Anspruch hinsichtlich des Grundstückteils, auf dem sich der Anbau befindet, nicht besteht, ist die Klage hinsichtlich der von dem Klageantrag zu 2 und 3 erfassten Wege- und Freiflächen bereits deshalb unbegründet. Für eine isolierte Berechtigung des Klägers hinsichtlich dieser Grundstücksteile fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Unabhängig davon wäre die Klage insoweit auch bei unterstelltem Anspruch des Klägers hinsichtlich des Grundstücksteils, auf dem der Anbau errichtet wurde, unbegründet. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung festgestellt, dass insoweit bereits der frühere Nutzer K nicht anspruchsberechtigt i. S. der §§ 14 ff SachenRBerG gewesen ist, sodass auch der Kläger ein solches Recht nicht geltend machen kann. Es fehlt an schutzwürdigen Investitionen des früheren Nutzers auf diesen Grundstücksflächen.

Der Grund und Boden steht grundsätzlich den Eigentümern zu. Andererseits haben die Nutzer, die fremde Grundstücke mit staatlicher Billigung bebaut haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 c SachenRBerG), wirtschaftliche Werte geschaffen. Die Nutzer sollen deshalb gegenüber etwaigen Herausgabeverlangen der Eigentümer abgesichert werden, soweit dies aus dem Gedanken des Investitionsschutzes berechtigt ist. Der notwendige Interessenausgleich erfolgt vor allem dadurch, dass dem Nutzer Ansprüche auf Erwerb des Grundstücks oder eines Erbbaurechts zur Hälfte des Bodenwerts bzw. des üblichen Zinses eingeräumt werden (vgl. §§ 43, 68 SachenRBerG). Diese Regelung, mit der der Nutzer an dem Bodenwert beteiligt wird, ist nur gerechtfertigt, wenn der Nutzer eine erhebliche Investition erbracht hat (BGH VIZ 1996, 27). Dies ist im Rahmen der Auslegung des Begriffs der "Bebauung" im Sinne von § 12 SachRBerG zu berücksichtigen, worunter also nur Baumaßnahmen mit einem nicht nur geringen Investitionsvolumen fallen. Solche hat Herr K nicht vorgenommen.

Hinsichtlich des Weges fehlt es an jeder baulichen Maßnahme. Hinsichtlich des Platzes vor dem Werkstattgebäude hat das Landgericht mit zutreffenden, insoweit auch von der Berufung nicht angegriffenen Erwägungen festgestellt, dass der geringe Umfang der baulichen Investitionen das begehrte Ankaufsrecht nicht zu rechtfertigen vermag. Die vorgenommenen Maßnahmen zur Befestigung usw. können nicht als Bauwerk im o. g. Sinne angesehen werden. Die unterirdische Regenentwässerung war außerdem weder Bestandteil der Baugenehmigung - danach Dachentwässerung durch Fallrohr mit freiem Auslauf - noch des Überlassungsvertrages; auch die nachträgliche Vereinbarung aus dem Jahr 1987 verhält sich dazu nicht. Da es insoweit an einer staatlichen Genehmigung fehlt, kann ein Bereinigungsanspruch auf diese Baumaßnahme nicht gestützt werden. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Zweck von § 12 Abs. 3 SachenRBerG darin besteht, für untergeordnete Bebauungen, die üblicherweise durch Dienstbarkeiten abgesichert werden können, keine Ansprüche des Nutzers auf Ankauf oder Bestellung eines Erbbaurechts zu begründen (Bundestagsdrucksache 12/5992, S. 112). Hier ist das Wegerecht bereits durch eine Dienstbarkeit gesichert.

Ebenfalls mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht festgestellt, dass ein Ankauf der Nebenflächen auch nicht über Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB i. V. m. § 25 SachenRBerG verlangt werden kann; da § 24 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG eine Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB entsprechende Regelung enthält, ist eine nähere Begründung entbehrlich, warum § 24 SachenRBerG hier keine Anwendung findet. Nach Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB i. V. m. § 25 SachenRBerG würde sich das Recht auf Ankauf/Erbbaurechtsbestellung auch auf den Teil des Grundstücks erstrecken, der dem für Gebäude der errichteten Art zweckentsprechenden ortsüblichen Umfang entspricht. Anders als in den Regelfällen, die der Entscheidung des Gesetzgebers zu Grunde lagen, handelt es sich vorliegend nicht um ein Gebäude, das zur sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung weiterer Grundstücksflächen bedarf. Vielmehr handelt es sich um den als Lagerraum gedachten Anbau zu einer Werkstatt, die auf einem insgesamt über 1000 Quadratmeter großen Grundstück (Schriftsatz der Beklagten vom 16.10.2007, unstreitig) gelegen ist, somit über genügend Frei-, Lager- und Verkehrsflächen verfügt. Unerheblich ist, dass der frühere Nutzer den an den Anbau angrenzenden Teil des Grundstücks als Lagerfläche genutzt hat. Die Frage der üblichen Nutzung i.S.v. Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB ist nach dem Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem Ankauf oder Erbbaurechtsbestellung begehrt werden.

Auch mit der Berufung zeigt der Kläger nicht auf, dass er zu der üblichen Nutzung des Anbaus auf ein Eigentum an den Nebenflächen angewiesen ist. Der Zugang und die Zufahrt sind über das Geh- und Fahrrecht gewährleistet. Davon umfasst ist auch die Möglichkeit des Öffnens und Schließens der Tore. Für den Umfang einer Grunddienstbarkeit ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung anzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BGH NJW 1985, 385). Hier enthält der gemäß § 894 ZPO maßgebende Tenor des Urteils des Landgerichts Berlin vom 14.11.2001 - 36 O 602/99 - keine Einschränkung. Da das Wegerecht dem Erreichen und Verlassen des Anbaus der Werkstatt dient, gehört zu seinem notwendigen Umfang die Möglichkeit, die nach außen führenden Torflügel zu öffnen. Zu den bei der Auslegung einer Grundbucheintragung zu berücksichtigenden ohne weiteres erkennbaren Umständen gehören die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Grundstücke, insbesondere die Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstücks (BGH NJW-RR 2003, 1235), hier also Lage und Öffnungsmöglichkeit der Tore. Auch insoweit bedarf es daher eines Eigentumserwerbs seitens des Klägers nicht. Als üblich anzusehen ist im Übrigen die Möglichkeit, einen Lagerraum auch mit einem Fahrzeug zu erreichen, nicht hingegen, dass dieser Zuweg im Eigentum des Eigentümers des Lagerraums steht.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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