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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 19 U 6873/98
Rechtsgebiete: BGB, BeurkG, WEG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 463 Satz 2
BGB § 463
BGB § 119
BGB § 121
BGB § 122
BGB § 456 Abs. 1
BGB § 459 ff.
BGB § 459 Abs. 1
BGB § 459 Abs. 2
BGB § 459 Abs. 2 Satz 2
BGB § 459 Abs. 1 Satz 2
BGB § 826
BGB § 249 Satz 1
BGB § 251
BeurkG § 13 a
WEG § 1 Abs. 3
WEG § 10 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

19 U 6873/98

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 26. Oktober 2000

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder und die Richter am Kammergericht Hartung und Feskorn auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. Juni 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 40.000,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten wird nachgelassen, Sicherheit durch schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 30. Juni 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin. Auf dieses Urteil wird wegen des unstreitigen sowie erstinstanzlichen Parteivortrages, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der von dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte zur Zahlung von 588.906,72 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückauflassung des von den Klägern erworbenen Miteigentumsanteils an dem Grundstück, verbunden mit dem dazugehörigen Sondereigentum, unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt. Es hat auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte die Kläger über die beiden Änderungen der Teilungserklärung (vom 25. Oktober 1993 und 7. März 1994) arglistig nicht informiert habe, so dass den Klägern ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 463 Satz 2 BGB zustünde. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 12. August 1998 zugestellt worden, sie hat dagegen am 11. September 1998 Berufung eingelegt und diese mit am 9. Oktober 1998 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die neu hinzukommende gewerbliche Nutzung anderer Wohnungen einen Sachmangel begründen könne. Auch hätte die Beklagte nicht vertragswidrig die Änderung der Teilungserklärung vom 7. März 1994 herbeigeführt, da die Kläger in § 9 des Kaufvertrages Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung erteilt hätten und am 7. März 1994 die Eintragung der Wohnungseigentümer im Grundbuch noch nicht erfolgt gewesen sei. Ferner habe das Landgericht den unter Beweisantritt gestellten Sachvortrag zu einer Kenntnis insbesondere des Klägers zu 2. über die beabsichtigte gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss nicht berücksichtigt. Schließlich habe das Landgericht bei der Beweiswürdigung verkannt, dass für eine Kenntnis der Kläger von der Urkunde vom 25. Oktober 1993 deutlich der notarielle Kaufvertrag spreche. Zumindest hätte die Verurteilung zur Zahlung nur Zug um Zug auch gegen Herausgabe der Wohnung ausgesprochen werden dürfen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 30. Juni 1998 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil, insbesondere zur Würdigung der erhobenen Beweise, und vertiefen und wiederholen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie halten die Klage bereits wegen der arglistig herbeigeführten nachträglichen Änderung der Teilungserklärung für gerechtfertigt, da die Kläger dadurch sowohl in ihrer Rechtsposition in der Eigentümergemeinschaft - durch erhöhten Verbrauch und schlechtere Verkäuflichkeit - als auch in dem Gebrauch der Sache benachteiligt seien, nämlich durch Belästigung durch ständigen Patientenverkehr in der Psychotherapiepraxis im Erdgeschoss. Die Kläger hätten von der ersten Änderung der Teilungserklärung vom 25. Oktober 1993 keine Kenntnis gehabt, der Hinweis auf diese Urkunde in der notariellen Kaufvertragsverhandlung habe gegen § 13 a Beurkundungsgesetz verstoßen. Die Kläger verweisen ferner darauf, dass zwischenzeitlich die Wohneinheit Nr. 4 mit Vertrag vom 29. Januar 1994 für die Nutzung als Gemeindezentrum verkauft worden sei, während die Teilungserklärung die Räumlichkeiten als Laden ausweisen würde und außerdem nach der Teilungserklärung Gastronomiegewerbe ausgeschlossen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß seinem Beschluss vom 7. Dezember 1999, auf den Bezug genommen wird, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen W. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 23. März 2000 und für die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen auf die Sitzungsniederschrift vom 26. Oktober 2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg, da den Klägern der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht zusteht.

Dieser ist nicht aus § 463 BGB gerechtfertigt. Für diesen vertraglichen Anspruch würde bereits jede Rechtfertigung fehlen, wenn die Kläger den Vertrag wirksam angefochten hätten. In dem Schreiben vom 19. Juni 1996 hat ihr Prozessbevollmächtigter die "Anfechtung bzw. Wandlung des Kaufvertrages" erklärt. Da er aber im gleichen Absatz Schadenersatz verlangt auf "Rückgängigmachung des Vertrages nebst sämtlicher mit der Vertragsbegründung entstandenen Kosten" ist dies nach Auffassung des Senats interessengerecht dahin auszulegen, dass der Vertrag nicht durch Anfechtung vernichtet werden sollte. Das Wahlrecht zwischen Wandlung und Schadenersatz wäre erst mit Rechtskraft des Urteils oder dem Einverständnis der Beklagten mit der Wandlung erloschen (vgl. nur Palandt-Putzo, 58. Aufl. § 463 Rdn. 4), so dass die Kläger sich mit der Klage noch auf Schadenersatz festlegen konnten.

Als Haftungsgrund nach § 463 BGB kommt nur ein "arglistiges Verschweigen" eines Fehlers in Betracht, da die Beklagte hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeit der Wohneinheiten in dem Kaufvertrag keine Zusicherung abgegeben hat. Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich der Sachmängelgewährleistung eröffnet, da es sich bei der anderweitigen Ausweisung eines Sondereigentums als Teileigentum statt als Wohnungseigentum um einen Fehler im Sinne von § 459 BGB handelt.

Bei der von der Teilungserklärung eingeräumten Nutzungsmöglichkeit der einzelnen Wohnungen im Haus handelt es sich grundsätzlich um einen wertbildenden Faktor auch für die anderen Wohnungen. Es liegt auf der Hand, dass eine gewerbliche Nutzung wegen der damit einhergehenden zumindest potentiellen Störungen und möglichen Mehrkosten infolge erhöhten Gebrauchs und Abnutzung den (Wohn-)Wert mindern kann. Der Einordnung als Fehler steht nicht entgegen, dass Umweltbeziehungen und äußere Umstände nur sehr eingeschränkt als Sachmangel anzusehen sind (vgl. z. B. Soergel-Huber, 12. Aufl. § 459 BGB Rdn. 33 ff.). Denn hier sind die Kläger den anderen Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten als Miteigentümer verbunden, betroffen ist auch das Gemeinschaftseigentum aller, so dass es sich nicht um "äußere Umstände" in dem genannten Sinne handelt. Außerdem hat der Bundesgerichtshof (NJW 1993, 1223) auch eine sich aus der Lage und den Bebauungsplänen ergebende Nichtbebaubarkeit des Nachbargrundstücks als Beschaffenheit im Sinne von § 459 BGB angesehen. Vergleichbares hat hier zu gelten.

Die tatsächliche Nutzung der Einheiten, auf die die Kläger vorrangig abstellen, ist hingegen für die Frage des Vorliegens eines Sachmangels unerheblich. Soweit sich diese Nutzung im Rahmen der Teilungserklärung hält, müssen die Kläger auch eine Änderung hinnehmen, unabhängig davon, ob dies vor oder nach Abschluss des Kaufvertrages oder ihrer Eintragung im Grundbuch geschieht. Sie haben insoweit keinen Bestandsschutz, vielmehr wohnt das Risiko einer Nutzungsänderung in diesem Rahmen der Teilungserklärung inne. Sie können allenfalls gegenüber den anderen Eigentümern oder der Verwaltung im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz gegen eine die Grenzen des Zulässigen überschreitende Nutzung vorgehen. Daher ist es z. B. unerheblich, ob die Nutzung der Wohneinheit 6 als Praxis oder die der Wohneinheit 4 als Gemeindezentrum von der Teilungserklärung gedeckt sind. Ebenso wenig kommt es auf die Kenntnis der Kläger von der beim Kauf bereits vorhanden gewesenen gewerblichen Nutzung an.

Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass in der Ergänzung der Teilungserklärung vom 25. Oktober 1993, wonach die Einheiten Nr. 5 und 18 Teileigentum sein sollten, eine negative Abweichung im Sinne von § 459 BGB von dem Zustand nach der ursprünglichen Teilungserklärung, die diese Wohneinheiten als Wohnung, also grundsätzlich zu Wohnzwecken auswies, liegt. Durch die Bezeichnung als Teileigentum ist das Sondereigentum nach § 1 Abs. 3 WEG sowie II der Teilungserklärung dahin bestimmt, dass die Räume nicht zu Wohnzwecken dienen. Dies wirkt mit der Eintragung im Grundbuch nach § 10 Abs. 2 WEG gegenüber allen Rechtsnachfolgern. Da irgendwelche Beschränkungen nicht aufgenommen wurden, wäre auch erheblich störende Nutzung zulässig, die in einer "Wohnung" nicht geduldet werden müsste.

Der Senat vermag sich aber nicht der Ansicht des Landgerichts anzuschließen, dass die Beklagte diese Änderungen den Klägern arglistig verschwiegen hätte. Die Beweislast für das arglistige Verschweigen haben die Kläger (BGH NJW 1990, 42), somit auch für die unterbliebene Aufklärung. Diese Aufklärung ergibt sich bereits aus der notariellen Kaufvertragsurkunde, in der die Änderung der Teilungserklärung vom 25. Oktober 1993 ausdrücklich angeführt ist. Selbst wenn die Beklagte den Klägern in den vorhergehenden Vertragsverhandlungen diese Änderung nicht in Kopie ausgehändigt haben sollte, hat sie zumindest durch Bezugnahme in der Beurkundung auf sie hingewiesen. Auch wenn die Kläger daraus nicht die erforderlichen Konsequenzen gezogen haben sollten, nämlich dass ihnen diese Urkunde unbekannt war, kann man bereits begrifflich nach Auffassung des Senats nicht mehr von einem Verschweigen der Beklagten sprechen. Zumindest kann ihr keine Arglist unterstellt werden. Diese erfordert einen Täuschungswillen (vgl. Palandt-Heinrichs, 58. Aufl. § 123 Rdn. 11), Für diesen ist kein Raum, wenn die Urkunde ausdrücklich in der notariellen Verhandlung genannt wird und der für die Beklagte auftretende Vertreter nicht etwa falsche Angaben zum Inhalt der Urkunde macht, was hier nicht ersichtlich ist.

Die Änderung vom 25. Oktober 1993 ist vielmehr Vertragsbestandteil zwischen den Parteien geworden. Die Änderungsurkunde ist nach Datum und Urkundennummer in dem Kaufvertrag genannt, sie ergänzt die Teilungserklärung vom 9. September 1993, die die Grundlage für den Kaufvertrag bildet. Die Willenserklärung der Kläger, die unter Nennung dieser Urkunde beschriebene, aus der Teilung hervorgegangene Wohnung zu erwerben, kann nicht anders aufgefasst werden, als dass sie auch die genannte Änderung der Teilungserklärung umfasste. Ob ihnen der Inhalt der Urkunde tatsächlich bekannt war, ist angesichts des objektiven Erklärungsgehalts der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages durch sie unerheblich. In Betracht käme allenfalls eine Anfechtung wegen Erklärungsirrtums nach § 119 BGB. Diese hätte aber nach § 121 BGB unverzüglich nach Kenntnis erklärt werden müssen. Nach ihrem eigenen Sachvortrag erhielten sie auf Grund des Gesprächs mit dem Steuerberater T am 20. Mai 1996 Kenntnis. Das anwaltliche Schreiben vom 19. Juni 1996 wahrt nach einem Monat nicht mehr die Anfechtungsfrist. Es zielt außerdem nach seinem gesamten Inhalt nicht auf eine Vernichtung der Willenserklärung der Kläger nach § 119 BGB wegen Irrtums; auf die obigen Ausführungen zur Auslegung dieses Schreibens wird Bezug genommen. Die Anfechtungserklärung hätte außerdem nach § 122 BGB gegebenenfalls eine Schadenersatzpflicht ihrerseits zur Folge, was deutlich nicht den Intentionen des Schreibens vom 19.6.1996 entsprach.

Somit kommt als nach § 463 BGB haftungsauslösend nur die nachträgliche Änderung durch Ergänzung der Teilungserklärung vom 7. März 1994 in Betracht, worin statt der Einheit Nr. 18 die Einheit Nr. 6 als Teileigentum qualifiziert wird. Ein Verschweigen dieser Änderung bei Abschluss des Kaufvertrages vom 10. Dezember 1993 ist angesichts des Zeitablaufs begrifflich nicht möglich. Außerdem setzt § 463 BGB einen Fehler zum Zeitpunkt des Kaufs voraus, während hier der für den Fehlerbegriff maßgebliche Gefahrübergang bereits einen Monat zuvor durch Übergabe nach § 456 Abs. 1 BGB stattgefunden hatte. Es ist hingegen nicht gerechtfertigt, eine nachträglich durch den Verkäufer herbeigeführte Verschlechterung des Kaufgegenstandes generell sanktionslos bleiben zu lassen. In Betracht käme eine Haftung des Verkäufers aus positiver Forderungsverletzung oder eine entsprechende Anwendung der Sachmängelgewährleistungsvorschriften, insbesondere von § 463 BGB, die für den - hier geltend gemachten - unmittelbaren Mangelschaden eine Anwendung der Grundsätze der positiven Forderungsverletzung ausschließt. Der Senat erachtet eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung für sachgerecht (ebenso z. B. OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 87 f.; Soergel-Huber 12. Aufl. § 446 BGB Rdn. 35; Staudinger-Honsell, 13. Bearbeitung § 463 Rdn. 10). Die Vorschriften der §§ 459 ff. BGB enthalten eine ins Einzelne gehende Regelung des Gesetzgebers, welche Rechtsfolgen eintreten und welche Ansprüche von dem Erwerber geltend gemacht werden können, wenn der vertraglich geschuldete Gegenstand nicht die nach dem Vertrag vorgesehene Qualität gehabt hat. Sofern der Verkäufer noch im Rahmen der vertraglichen Abwicklung - wie hier vor Umschreibung des Eigentums - auf den Kaufgegenstand einwirkt, erscheint eine Anwendung der von dem Gesetz für diesen Fall vorgesehenen Regelungen auch dann gerechtfertigt, wenn die Änderung erst nachträglich geschieht. Eine Anwendung der Regelungen der positiven Forderungsverletzung würde hingegen zu zufälligen Ergebnissen hinsichtlich der Rechtsfolgen führen. Wenn die Beklagte die erst mit Erklärung vom 7. März 1994 vorgenommene Änderung bereits vor Abschluss des Kaufvertrages mit den Klägern vorgenommen hätte, diese aber bei Abschluss des Vertrages arglistig verschwiegen hätte, würde sie nach §§ 459 ff. BGB haften, während eine spätere Änderung dann zu einer Anwendung der Grundsätze der positiven Forderungsverletzung führen würde. Für eine derartige Differenzierung in der rechtlichen Beurteilung besteht nach Auffassung des Senats - auch angesichts der Interessenlage der Kläger - keine Rechtfertigung.

Der Anwendungsbereich von § 463 BGB ist daher eröffnet. Die Beklagte war nach Abschluss des Kaufvertrages zu einer einseitigen weitergehenden Änderung im Verhältnis zu den Klägern nicht befugt. Dies stellte eine (gegenüber dem Grundbuchamt vor Eintragung wirksame, vgl. Weitnauer, WEG, 8. Aufl. § 8 Rdn. 17) einseitige Einwirkung auf den nach dem Vertrag geschuldeten Kaufgegenstand dar, die auch unter dem Gesichtspunkt eines Schreibversehens nicht gerechtfertigt gewesen wäre; allenfalls hätte die Beklagte die Kläger auf Zustimmung - notfalls gerichtlich - in Anspruch nehmen können. Außerdem hat das Landgericht zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ein Versehen für nicht gegeben erachtet. Die Beklagte konnte sich auch nicht auf § 9 des Kaufvertrages berufen. Zum einen ist die dortige Vollmacht "zur Genehmigung etwaiger weiterer Änderungen der Teilungserklärung" nur den Notarangestellten und nicht der Beklagten erteilt. Zum anderen handelte es sich erkennbar um eine Außenvollmacht zum reibungslosen Grundbuchvollzug. Für die Annahme einer materiell-rechtlichen Ermächtigung der Beklagten zur beliebigen Änderung der Teilungserklärung fehlt jede Grundlage.

Der Anspruch der Kläger scheitert aber daran, dass nur eine unerhebliche Minderung des Wertes ihrer Wohnung vorliegt. Zwar wird teilweise die Ansicht vertreten, dass diese Bagatellgrenze bei arglistiger Täuschung nicht gelte (so OLG Köln, NJW-RR 1986, 988; Staudinger-Honsel 13. Bearbeitung § 463 Rdn. 12; offengelassen von BGH LM Nr. 8 zu § 463 BGB und Kammergericht NJW-RR 1989, 972). Für diese nur mit der Gleichstellung mit dem Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft begründeten Auffassung besteht aber keine Rechtfertigung (ebenso Reichsgericht SeuffA A 83 Nr. 66 unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte; Soergel-Huber § 463 Rdn. 22; Reinking-Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl. Rdn. 1853), da § 463 BGB den Fehlerbegriff des § 459 Abs. 1 BGB voraussetzt, der aber unerhebliche Beeinträchtigungen nicht zum Gegenstand von Gewährleistungsansprüchen machen will. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Verkäufer das Verschweigen eines Mangels schaden soll, für den er nicht haften würde. Dies würde auf eine dem Gewährleistungsrecht fremde Sanktionierung allein der Täuschungshandlung hinauslaufen. Der Vergleich mit der Zusicherung ist nicht tragfähig, da für diese nach § 459 Abs. 2 BGB gerade keine Bagatellgrenze gilt. Die Verweisung in § 463 Satz 2 BGB bezieht sich erkennbar nur auf die Rechtsfolgenseite (so bereits Reichsgericht a.a.O.).

Für die Frage, ob durch die Änderung der Teilungserklärung vom 7. März 1994 Wert und Tauglichkeit im Sinne von § 459 Abs. 2 Satz 2 BGB mehr als unerheblich beeinträchtigt worden sind, kommt es aus oben genannten Gründen auf den Vergleich zwischen einem - gewerblich nutzbaren - Teileigentum an der Wohnung Nr. 18 im 3. Obergeschoss (Fassung vom 25.10.1993) und einem Teileigentum an der Wohnung Nr. 6 im Erdgeschoss an. Für diese Änderung hat der Sachverständige in seinem nachvollziehbaren und überzeugenden schriftlichen Gutachten eine Wertminderung von ca. 0,57 % ermittelt. Damit ist die Minderung als nicht erheblich im Sinne von § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB anzusehen.

Die Einwendungen der Kläger gegen das Gutachten greifen nicht durch. Entgegen ihrer Annahme hat der Sachverständige berücksichtigt, dass die heutige - und generell eine erhöhte - Frequenz der Nutzung der Gewerbeeinheit im Hochparterre nur deshalb möglich ist, weil die Räume nicht im schlechter erreichbaren 3. Obergeschoss liegen. Zwar hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass pro Besucher kein höherer Stromverbrauch eintritt, er hat aber einen Mehrverbrauch durch eine stärkerer Frequentierung der Einheit Nr. 6 für möglich gehalten und einen von ihm geschätzten Wert seiner Berechnung auf S. 42 des Gutachtens zu Grunde gelegt. Ebenso ist er hinsichtlich des erhöhten Wasserverbrauchs und des stärkeren Verschleißes der Eingangstür des Hauses verfahren. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, insbesondere konnte der Sachverständige mangels zuverlässiger Daten für die Nutzung im Erdgeschoss - die Alternativnutzung im 3. Obergeschoss wäre sowieso nicht exakt zu ermitteln gewesen - auf die von ihm gewählte Schätzung zurückgreifen. Dass diese Schätzung gewisse Toleranzbreiten nach oben und nach unten hat, wie der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat erklärt hat, liegt in der Notwendigkeit einer Schätzung begründet und rechtfertigt keine Bedenken gegen die ermittelten Beträge, zumal ein Minderwert von 0,57 % deutlich unterhalb der erforderlichen Erheblichkeitsgrenze liegt.

Hinsichtlich der Benutzung der Klingel- und Gegensprechanlage hat der Sachverständige eine höhere Beeinträchtigung durch den häufigeren Gebrauch nicht berücksichtigt. Dies liegt nach seiner Erläuterung darin begründet, dass andererseits die Wohnung der Kläger im 3. Obergeschoss geringeren Emissionen ausgesetzt ist, wenn nicht die Nachbarwohnung als Gewerbe genutzt werden kann. Vergleichbares gilt hinsichtlich der Abnutzung des Treppenhauses. Hier hat der Sachverständige ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch bei starker Frequentierung einer Praxis, wie sie nunmehr im Erdgeschoss betrieben wird, Gebrauchserscheinungen wie die Verschmutzung des Treppenhauses oder die Abnutzung der Wand- und Fußbodenbeläge sowie Geräuschbeeinträchtigungen sich - bezogen auf das Objekt der Kläger im 3. Obergeschoss - in deutlich geringerem Maße niederschlagen, als wenn eine gewerbliche Nutzung im 3. Obergeschoss erfolgen würde. Damit hat der Sachverständige den Umstand einer deutlich höheren Nutzung von Gewerberäumen im Erdgeschoss berücksichtigt. Die darin liegende Bewertung des Sachverständigen ist überzeugend und nicht angreifbar.

Entgegen der Ansicht der Kläger ist der Sachverständige bei der Ermittlung des Minderungsbetrages nicht davon ausgegangen, dass für gewerblich genutzte Einheiten ein Vorwegabzug der Betriebskosten vorgenommen werde. Bei seiner diesbezüglichen Bemerkung auf S. 41 des Gutachtens handelt es sich lediglich um einen Hinweis, der in seiner Wertermittlung ersichtlich keinen Niederschlag gefunden hat, da anderenfalls in seiner Berechnung der Minderung auf S. 42 die entsprechenden Kosten nicht als wertmindernd hätten angesetzt werden können. Dies hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat auch nochmals deutlich gemacht.

Auch im Übrigen ist das Gutachten überzeugend, der Sachverständige hat eine nachvollziehbare und sachgerechte Methode gewählt, um den durch die Änderung der Teilungserklärung sich ergebenden Minderwert zu ermitteln. Die Berechnungsmethode im Einzelnen wird von den Parteien auch nicht angegriffen. Allein durch den Umstand, dass nunmehr statt im 3. Obergeschoss im Erdgeschoss eine gewerbliche Nutzung möglich ist, hat das Haus nach der Einschätzung des Sachverständigen in seiner Anhörung vordem Senat nicht eine Qualitätsänderung in dem Sinne erfahren, dass das Gebäude sich nunmehr noch mehr als Gewerbeobjekt darstellt und dadurch einen Verkaufspreis der Wohnung der Kläger reduzieren würde. Die generell von den Klägern beklagte Prägung des Gebäudes durch gewerbliche Nutzung war bereits durch die Teilungserklärung ermöglicht, wie sie Gegenstand des notariellen Kaufvertrags war.

Die Kläger können ihren Anspruch auch nicht auf § 826 BGB stützen. Dann müsste die Beklagte Rechte der Kläger bewusst durchkreuzt haben, um ihnen vorsätzlich Schaden zuzufügen (vgl. MünchKomm-Mertens, 3. Aufl. § 826 BGB Rdn. 121). Zum Vorsatz gehört das Bewusstsein des schädigenden Erfolgs, wobei es neben der positiven Kenntnis reicht, dass die Beklagte sich dieser Kenntnis verschlossen hätte (BGH NJW 1994, 2289, 2291). Einen solchen Vorsatz vermag der Senat nicht anzunehmen. Die Einlassung der Beklagten (Schriftsatz vom 6. Mai 1997), wonach sie davon ausging, dass sich für die Kläger die Verlegung der Gewerberäume von ihrer Etage weg nicht nachteilig auswirken würde, erscheint nachvollziehbar. Auch erreicht der vom Sachverständigen ermittelte Minderwert keine so erhebliche Größenordnung, dass sich für die im Immobiliengewerbe tätige Beklagte das Entstehen eines messbaren Schadens aufdrängen musste.

Zumindest könnten die Kläger nach § 826 BGB nicht den geltend gemachten Kaufpreis nebst Nebenkosten und Zinsen verlangen. Ihr Anspruch geht nach § 249 Satz 1 BGB auf den Zustand, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, hier also darauf, dass wieder die Wohneinheit Nr. 18 statt der Nr. 6 als Teileigentum ausgewiesen werden würde. Sofern eine solche Änderung an der fehlenden Mitwirkung der übrigen Miteigentümer scheitern sollte, stünde den Klägern nach § 251 BGB eine entsprechende Geldentschädigung zu. Diese hat aber nur den durch die Änderung der Teilungserklärung entstandenen Schaden auszugleichen, also den vom Sachverständigen ermittelten Minderwert. Dieser ist aber nicht Gegenstand der Klage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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