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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: 19 U 71/03
Rechtsgebiete: WpHG, BGB, EGBGB, StGB, BRAO, StBerG


Vorschriften:

WpHG § 31
WpHG § 31 Abs. 2
WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 2
WpHG § 32
WpHG § 37 a
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 203
BGB § 558 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 852 a.F.
EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2
StGB § 263
BRAO § 51 b
StBerG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 19 U 71/03

verkündet am : 11. März 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Feskorn und Hartung auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 9. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin - 19 U 71/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Berlin Bezug genommen.

Der Kläger verlangt mit der Berufung nunmehr in erster Linie die Zahlung von 49.266,59 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere des Depots mit der Nr. 0138283205. Das Landgericht sei unzutreffend von der Verjährung der Schadensersatzansprüche ausgegangen, wobei es insoweit zutreffend ein Beratungsverschulden der Beklagte angenommen habe. Das Landgericht habe nicht gewürdigt, daß die Pflichten der Beklagten aus dem Beratungsverhältnis nicht am 8. Februar 2000 endeten oder sich in der Anlageempfehlung erschöpften. Auf Grund des nach Ansicht des Klägers bedingt vorsätzlichen Verhaltens der Beklagten hätte diese der Zedentin einen Warnhinweis geben müssen, als die negative Kursentwicklung absehbar gewesen sei. Dies hätte dann deutlich nach Februar 2000 der Fall sein müssen. Der sich aus dem pflichtwidrig unterlassenen Warnhinweis ergebende Schadensersatzanspruch sei somit ersichtlich nicht verjährt. Nicht berücksichtigt habe das Landgericht, daß am 8. Februar 2000 noch kein Schaden eingetreten sei. Es könne von dem Kläger nicht verlangt werden, einen fiktiven oder gar nur theoretischen Schaden zu einem bestimmten Zeitpunkt zu berechnen. Das Landgericht habe sich nicht mit dem Argument auseinandergesetzt, daß der Sekundäranspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt beginne.

Weiterhin habe das Landgericht die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG fehlinterpretiert. Es habe darauf abgestellt, daß es für den Beginn der Verjährung nicht auf die Kenntnis des Anlegers vom Schadenseintritt ankomme. Nach dem Wortlaut der Vorschrift setze diese andererseits auch nicht die Unkenntnis des Anlegers voraus. Dem Landgericht sei ferner nicht darin zu folgen, daß die Regelung des § 37 a WpHG auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung erfasse. Es wäre widersinnig, den "unerlaubt Handelnden" allein deshalb besser zu stellen, weil ein Vertrag bestehe. Darüber hinaus sei davon auszugehen, daß die Mitarbeiter der Beklagten angewiesen seien, aus Provisionsgründen die risikoreicheren Anlagevarianten zu empfehlen. Das rechtfertige die Annahme, daß der Anlageberater mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt habe.

Schließlich habe das Landgericht das Schreiben der Beklagten vom 5. Februar 2001 unzureichend gewürdigt. Dieses sei aus der Sicht des Empfängers auszulegen. Danach hätte die Zedentin das Schreiben als Anzeige der Bereitschaft der Beklagten verstehen dürfen, sich in Vergleichsverhandlungen zu begeben. Die eingangs des Schreibens erfolgte Zurückweisung von Ansprüchen sei lediglich "formelhaft", weil die Beklagte den Anschein eines Anerkenntnisses habe vermeiden wollen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.266,59 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 8. Februar 2000 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übertragung der mit dem vorerwähnten Anlagebetrag erworbenen Wertpapiere des Depots mit der Nr. 0138283205;

hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.771,52 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (25. März 2003) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat im Endergebnis keinen Erfolg, weil ein etwaiger (abgetretener) Schadensersatzanspruch des Klägers verjährt ist.

1. Es ist dem Grunde nach aber davon auszugehen, daß der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus pVV oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG wegen Verletzung von Beratungspflichten schlüssig dargetan hat. Inhalt und Umfang von Aufklärungspflichten sowie die Form ihrer Erfüllung hängen nicht nur vom Anleger, insbesondere seiner Aufklärungsbedürftigkeit, und vom Anlageobjekt, insbesondere seinen spezifischen Risiken ab, sondern auch vom Partner des Anlegers, also der Bank, und ihrem Verhalten. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG, der auch anlegerschützende Funktion und damit Bedeutung für Inhalt und Umfang der (vor-)vertraglichen Aufklärungspflicht hat, sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist (siehe BGH, NJW 2000, 359, 361 mit weiteren Nachweisen). Das Beratungsverschulden ist - ausgehend von der Richtigkeit der Behauptung des Klägers - darin zu sehen, daß die Beklagte bzw. ihr Anlageberater, der Zeuge Wnnn , die Zedentin, Frau Pnn , nicht hinreichend über die mit ihrer Anlageentscheidung verbundenen Risiken aufgeklärt haben. Der Zeuge Wnnn habe insbesondere den Hinweis unterlassen, daß es sich bei den gezeichneten Anteilen um Aktienfonds handelte. Erklärtes Anlageziel der Zedentin sei es gewesen, neben ihrer Rente weitergehende Kapitaleinkünfte zu erzielen, um so die Differenz zu ihren Einkünften zu Zeiten ihrer Erwerbstätigkeit auszugleichen.. Entscheidend sei es ihr aber auf die Sicherheit der Anlageform bzw. den Erhalt des Kapitals angekommen.

Einer Beweiserhebung über diese von der Beklagten bestrittene Behauptung durch den erkennenden Senat bedurfte es aber gleichwohl nicht.

2. Ein etwaiger vertraglicher Anspruch hinsichtlich der Beratung bzw. unterbliebenen ausreichenden Beratung aus c.i.c., deren Grundsätze gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auf das hier zu beurteilende Schuldverhältnis anzuwenden sind, anläßlich des Erwerbs der Fondsanteile am 8. Februar 2000 ist jedoch verjährt. Dieser verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Dies folgt aus § 37 a WpHG. Der "historische Gesetzgeber" hat diese Verjährungsvorschrift insbesondere deshalb geschaffen, weil er die bei In-Kraft-Treten der Regelung geltende regelmäßige dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB (a.F.) für die Haftung von Pflichten aus Informations- und Beratungsverträgen sowie von Schutzpflichten aus c.i.c. als zu lang angesehen hat (siehe Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, § 37 a Rn 6). a) Mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Wertpapiere am 8. Februar 2000 ist der Schaden entstanden, die Verjährungsfrist begann daher zu diesem Zeitpunkt (vgl. z.B. Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, § 37 a Rn 7). Ein Vermögensschaden entsteht auch bei objektiver Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung bereits dann, wenn jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages gebracht wird, den er sonst nicht abgeschlossen hätte, und die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH NJW 1998, 302, 303). Daher ist in den Fällen, in denen ein Bankkunde risikoreiche und daher seinen Bedürfnissen nicht entsprechende Wertpapiere kauft, bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Schaden entstanden. Eine solche Konstellation behauptet hier der Kläger. Er macht geltend, die Zeugin Pnn hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung die hier streitigen Papiere nicht erworben, da derart spekulative Anlagen nicht ihren Interessen und Erwartungen an eine Geldanlage entsprochen hätten, sie vielmehr eine sicherheitsorientierte Anlagestrategie verfolgt habe. Das Argument des Klägers, ein Schaden sei erst eingetreten, wenn tatsächlich Kursverluste eingetreten seien, verfängt nicht. Es müßte dann konsequenterweise schon bei der Beurteilung, ob ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach besteht, und nicht erst bei der Frage der Verjährung darauf abgestellt werden. Dies würde weiter dazu führen, daß erst nach Ablauf des vorgesehenen Anlagezeitraums wegen einer möglichen Kurserholung beurteilt werden könnte, ob und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist. Der Kunde hätte es in der Hand, die weitere Kursentwicklung abzuwarten, ohne Gefahr zu laufen, daß sein Schadensersatzanspruch verjährt. Entscheidend spricht weiter gegen die Argumentation des Klägers, daß der von ihm geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Gegenstand hat, den infolge des - behaupteten - Beratungsverschuldens zustande gekommenen Vertrag rückgängig zu machen. Bei unterstelltem Beratungsverschulden liegen die Voraussetzungen dafür bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere vor, ohne daß es auf die Kursentwicklung ankommt.

b) Die Verjährung war auch nicht nach § 203 BGB gehemmt. Die Vorschrift ist schon wegen der Übergangsregelung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nicht anwendbar. Eine Hemmung der Verjährung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wegen zwischenzeitlicher Vergleichsverhandlungen anzunehmen. Eine Hemmung der Verjährung setzt danach voraus, daß zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt werden. Wenn auch der Begriff der Verhandlungen weit auszulegen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 203 RdNr. 2) und bereits die Bereitschaft des Schuldners ausreicht, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken (BGH, NJW 2001, 1723), liegen die Voraussetzungen des § 203 BGB nicht vor. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 5. Februar 2001, auf das sich der Kläger bezieht, der Zedentin mitgeteilt, daß nach Prüfung des Sachverhalts die erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen würden. Das Schreiben enthält weder Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte den Sachverhalt weiter klären wollte oder gar konkrete Vergleichsverhandlungen beginnen wollte. Der am Ende des Schreibens geäußerte Wunsch, die geschilderten Vorkommnisse zu erläutern, zeigt ebenfalls keine Vergleichsbereitschaft an. Die Erklärung kann unter Berücksichtigung der vorangestellten Zurückweisung nur so verstanden werden, daß die Beklagte ihre Entscheidung der Zedentin nochmals mündlich erläutern wollte. Soweit in dem Schreiben der Zedentin in Aussicht gestellt wird, in dem Gespräch auch Möglichkeiten zu erörtern, die von der Zedentin in ihrem vorangegangenen Schreiben vom 30. Januar 2001 angedeuteten finanziellen Schwierigkeiten abzuwenden, läßt die Beklagte ebenfalls keine Bereitschaft erkennen, wegen des Schadensersatzverlangens in Vergleichsgespräche einzutreten. Diese Erklärung bezieht sich darauf, daß die Zedentin in ihrem Schreiben erwähnt hat, sie müsse wegen der erlittenen Verluste möglicherweise ihre in Kleinmachnow gelegene Immobilie veräußern. Dies möglicherweise abzuwenden sollte, so ist das Schreiben der Beklagten zu verstehen, besprochen werden.

Aber selbst wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen von einer Hemmung der Verjährung auf Grund des Schreibens ausginge, änderte dies an dem Eintritt der Verjährung vor Erhebung der Klage nichts. Denn die Zedentin hat auf das Schreiben der Beklagten nicht reagiert; jedenfalls ist dies nicht vorgetragen. Wenn in dem Schreiben eine Bereitschaft zu Vergleichsgesprächen angedeutet wäre, käme eine Hemmung der Verjährung nur für die Zeit in Betracht, in der die Beklagte ein Tätigwerden der Zedentin erwarten durfte. Als angemessen wären allenfalls zwei Wochen anzunehmen. Dies hätte zur Folge, daß Verjährung nicht bereits am 8. Februar 2003, sondern erst am 24. Februar 2003 eingetreten wäre. Die Klage ist per Telefax am 28. Februar 2003 beim Landgericht eingegangen und konnte somit die Verjährung nicht mehr unterbrechen.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers steht ihm aus abgetretenem Recht auch kein "Sekundäran-spruch" auf Schadensersatz zu, weil es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, der Zedentin einen Warnhinweis wegen der negativen Kursentwicklung zu erteilen, damit diese das Depot noch rechtzeitig bzw. mit geringerem Verlust hätte umschichten können. Eine entsprechende Pflicht der Beklagten bestand nicht. Zwischen den Parteien besteht kein eigener Vermögensverwaltungsvertrag, kraft dessen die Beklagte speziell verpflichtet wäre, für die richtige Anlage auch in Wertpapieren zu sorgen. Es kommt im vorliegenden Fall weiter hinzu, daß die Zedentin den Kursverfall der in ihrem Depot befindlichen Wertpapiere selbst erkannt hat. Dies ergibt sich ohne Zweifel aus ihrem Schreiben vom 30. Januar 2001 an die Beklagte (Anlage K 4). Gleichwohl hat die Zedentin den Kursverfall nicht zum Anlaß genommen, die von ihr gehaltenen Wertpapiere (teilweise) zwecks Vermeidung von weitergehenden Verlusten zu veräußern.

4. Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfaßt auch eventuelle konkurrierende Deliktsansprüche wegen fahrlässiger Falschberatung (Koller in: Assmann/Schneider, § 37 a Rn 6; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, § 37 a RdNr. 7; a.A. z.B. Ellenberger, WM 2001, Sonderbeilage 1, S. 16; Hackenberg/Roller, VuR 2004, 46). Diese könnten sich insbesondere aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 31 Abs. 2 WpHG ergeben.

a) Bei dem Zusammentreffen von Schadensersatzansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung, die beide aus demselben Sachverhalt hergeleitet werden, handelt es sich zwar um eine echte Anspruchskonkurrenz, so daß grundsätzlich auch jeder Anspruch seiner eigenen Verjährungsfrist unterliegt (BGHZ 66, 315 (318 ff.); BGHZ 67, 359 (362 f.) = NJW 1977, 379, BGHZ 100, 190 (200) = NJW 1987, 2008). Ein Schuldner, der nicht nur seine Vertragspflichten sondern auch seine gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Pflichten verletzt und daher unter Umständen auch Dritten gegenüber ersatzpflichtig werden kann, darf nämlich nicht gegenüber denjenigen Opfern privilegiert werden, die mit ihm einen Vertrag abgeschlossen haben (BGH, NJW-RR 1993, 1113). Etwas anderes gilt aber dann, wenn und soweit die Befugnis des Geschädigten, nach Verjährung vertraglicher Schadensersatzansprüche auf die aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Ansprüche ausweichen zu können, den Zweck der besonders kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfristen vereiteln und die gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (BGH, a.a.O.). Unter diesem Gesichtspunkt werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs z. B. Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der vermieteten Sache auch insoweit der kurzen Verjährungsfrist des § 558 Abs. 1 BGB unterstellt, als sie aus unerlaubter Handlung hergeleitet werden können (BGHZ 47, 53, 55 ; BGHZ 71, 175, 179 ; BGH, NJW 1985, 798, 799). Dies kann auch bei der Anspruchskonkurrenz zwischen Kaufvertrags- und Deliktshaftung so sein, wenn das Integritätsinteresse des Käufers völlig deckungsgleich mit seinem Äquivalenzinteresse ist (BGH NJW-RR 1993 , 1113).

Ein vergleichbarer Fall ist hier gegeben. Die der Beklagten aus dem Beratungsvertrag und aus §§ 31, 32 WpHG entstehenden Verpflichtungen sind gleich und schützen dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung usw. Ein Verstoß gegen die §§ 31, 32 WpHG kann keinen unbeteiligten Dritten schädigen, wie sonst im Deliktsrecht, sondern allein die Partner des Beratungsvertrages. Für dieses Verhältnis soll nach der Entscheidung des Gesetzgebers, sofern kein - hier nicht in Betracht kommendes - vorsätzliches Verhalten vorliegt, die kurze Verjährung des § 37 a WpHG eingreifen. Der Wille des Gesetzgebers ging ausweislich der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 605/97, Bl. II 186) dahin, die 30jährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB a.F. für eine Falschberatung aus pVV oder c.i.c. abzukürzen, bezog sich also primär auf den vertraglichen Anspruch. Die langen Fristen wurden als im internationalen Vergleich unüblich bezeichnet sowie als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen. Diese Erwägungen tragen auch eine Einbeziehung der deliktischen Ansprüche. Diese verjähren zwar auch nur in drei Jahren, sind aber ähnlich unkalkulierbar. Der Verjährungsbeginn und damit mittelbar das Ende der Frist hingen nach § 852 BGB a.F. von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab, nämlich der Kenntnis vom Eintritt des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen. Insbesondere die Kenntnis vom Schaden kann erst lange nach der Beratung eintreten, auch wenn man als Schadensereignis bereits den Abschluß des nachteiligen Erwerbesvorgangs ansieht. Eine Kenntnis von dieser Nachteiligkeit kann bei dem Kunden erst Jahre später eintreten, wie es auch hier z.B. vom Kläger behauptet wird. Hinzu kommt, daß die Voraussetzungen des Verjährungsbeginns von der Bank darzulegen und zu beweisen wären, was ihr bei den subjektiven Voraussetzungen des § 852 BGB a.F. bzw. der §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB anders als bei § 37 a WpHG nur sehr schwer möglich wäre. Hinzu kommt ein weiteres Argument. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung kann - abgesehen von den Fällen einer betrügerischen Anlageberatung im Sinne des § 263 StGB und der sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) - regelmäßig nur in Verbindung mit § 31 WpHG als Schutzgesetz entstehen. Vorliegend ergibt sich dabei die Besonderheit, daß das Schutzgesetz eine selbständige Verjährungsregelung enthält. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es gerechtfertigt, auf den Anspruch aus unerlaubter Handlung grundsätzlich die Verjährungsregel aus dem Schutzgesetz anzuwenden. Dabei wird hier zu Gunsten des Klägers unterstellt, daß § 32 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist.

b) Der Kläger hat auch keinen sogenannten Sekundäranspruch, der nach dem Grundsatz der Naturalrestitution und entsprechend der Rechtssprechung des BGH zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet wäre, daß sich die Beklagte hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf die Verjährungseinrede berufen könnte. Diese Grundsätze sind auf § 37 a WpHG nicht anwendbar. Zwar legt die Gesetzesbegründung, die ausdrücklich auf die beiden vorgenannten Regelungen der BRAO und dem StBerG hinweist, nahe, daß auch im Fall des § 37 a WpHG die Grundsätze der Sekundärverjährung entsprechend anzuwenden wären (Ellenberger, a.a.O., Seite 15; Hackenberg/Roller, a.a.O., Seite 48). Dem ist aber nicht zu folgen. Wie das Landgericht Stuttgart im Urteil vom 23. Januar 2003 (Anlage B 7) zutreffend ausgeführt hat, hätte der Gesetzgeber die Sekundärverjährung zusammen mit der Vorschrift des § 37 a WpHG eingeführt, wenn er diese hätte anwenden wollen. Mit der Einführung des § 37 a WpHG war vom Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - die Verkürzung der als zu lang angesehenen Verjährung beabsichtigt. Im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung kann dann nicht die Intention des Gesetzgebers in das Gegenteil verkehrt werden. Die entsprechende Anwendung der Grundsätze über die Sekundärverjährung würde zumindest voraussetzen, daß sich aus dem Gesetzeswortlaut selbst oder aus der Entstehungsgeschichte ein Anhaltspunkt dafür ergäbe. Der bloße Verweis auf §§ 51 b BRAO, 68 StBerG ist insoweit nicht ausreichend. Denn mit dem Wortlaut der Vorschriften ist die Sekundärverjährung ebenfalls nicht vereinbar (siehe Henseler/Prütting, BRAO, 2. Aufl., § 51 b RdNr. 66).

c) Es ist schließlich auch nicht ausnahmsweise für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis der Zedentin vom Schaden abzustellen, weil die Beklagte nach Ansicht des Klägers vorsätzlich gehandelt habe. Der Kläger ist darlegungspflichtig für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten. Der bloße Hinweis darauf, dass der Zeuge Wnnn in Kenntnis des Sicherheitsbedürfnisses der Zedentin dieser gleichwohl risikoreiche Geldanlagen empfohlen habe, genügt zur Annahme eines zumindest bedingten Vorsatzes nicht. Der Kläger müßte zur schlüssigen Darlegung eines (bedingten) Vorsatzes vortragen, daß sich der Zeuge Wnnn bewußt über vorgegebene Anlagekriterien der Zedentin hinweggesetzt und diese für die Anlageentscheidung erforderliche Angaben gezielt nicht bzw. unzutreffend gemacht hätte. Dafür fehlt jedweder Anhaltspunkt. Erst recht ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht einmal ansatzweise ein konkreter Anhaltspunkt, was den Vorwurf einer betrügerischen Handlung des Anlageberaters der Beklagten nahelegen könnte. Ebenso verhält es sich mit den tatsächlichen Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB.

III. Aus den vorgenannten Gründen ist auch der vom Kläger hilfsweise geltend gemachte Schadensersatz, den er auf den in der Zeit vom 8. Februar 2001 bis 31. Dezember 2002 angeblich eingetretenen Wertverlust stützt, jedenfalls auch verjährt.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Über den Antrag des Klägers, Sicherheit durch geeignete Bürgschaft leisten zu dürfen, bedurfte es im Hinblick auf die geänderte Fassung des § 108 ZPO keiner Entscheidung des Senats.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen und bislang durch den Bundesgerichtshof nicht geklärten Fragen, ob von der Regelung des § 37 a WpHG auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung erfaßt werden, gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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