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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.08.2000
Aktenzeichen: 19 WF 1668/00
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 577
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 567 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Beschluss

19 WF 1668/00

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Feskorn und Hartung am 17. August 2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 17. Januar 2000 abgeändert:

Nach dem Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 3. November 1999 sind von der Antragstellerin dem Antragsgegner 1.722,40 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11. Januar 2000 zu erstatten.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 2.279,60 DM.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Der angegriffene Beschluß ist bereits verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, indem die Rechtspflegerin der Antragstellerin vor ihrer Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt hat (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Antragstellerin ist der Antrag des Antragsgegners vom 11. Januar 2000 auf Kostenfestsetzung betreffend die Folgesache nachehelicher Unterhalt zugleich mit dem angefochtenen Beschluß zugestellt worden. Diese Verfahrensweise ist jedenfalls nach der zum 1. Oktober 1998 in Kraft getretenen Änderung des Rechtspflegergesetzes (siehe das dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6. August 1998; BGBl. I 2030) unzulässig. Der Rechtspfleger hat in den Fällen des § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2, 577 ZPO nach der von den zuständigen Kostensenaten des Kammergerichts - soweit ersichtlich - einhellig vertretenen Auffassung, der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat, keine Abhilfemöglichkeit. Unter diesen Umständen ist es nicht (mehr) angängig, gegnerische Anträge und/oder Kostenrechnungen erst zugleich mit dem Kostenausgleichungs- bzw. Kostenfestsetzungsbeschluß der Gegenseite zur Kenntnis zu bringen. Der Senat sieht vorliegend ausnahmsweise von einer Aufhebung und Zurückverweisung (§ 539 ZPO analog) ab und entscheidet in der Sache selbst, weil dies hier sachdienlich ist (§ 540 ZPO).

Auch in der Sache selbst ist der Kostenfestsetzungsbeschluß fehlerhaft. Scheidungs- und Folgesachen bilden auch nach Abtrennung eine einheitliche Gebührenangelegenheit mit der Folge, daß die Streitwerte zusammenzurechnen sind (KG, JurBüro, 1981, 545; OLG München, AnwBl. 1984, 203; Gerald / Schmidt/ v. Eicken / Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 7 RdNr. 5 mit weiteren Nachweisen). Daher können die Kosten für die Folgesache nicht gesondert nach einem Gebührenstreitwert von 60.900,-- DM festgesetzt werden. Es sind vielmehr zunächst die für das gesamte Scheidungsverbundverfahren auf der Grundlage des Gesamtstreitwertes angefallenen Kosten zu errechnen und hiervon die Kosten abzusetzen, die auf die Scheidungssache selbst und die zusammen mit der Scheidungssache rechtskräftig abgeschlossenen Folgesachen entfallen. Hierbei sind die abzusetzenden Kosten nicht nach der Quote zu berechnen, die sich aus dem Verhältnis des Gesamtstreitwerts des Scheidungsverbunds zu dem auf die Scheidungssache selbst und die gleichzeitig entschiedenen Folgesachen entfallenden Teilstreitwerts ergibt. Es sind vielmehr die Kosten ohne eine solche Quotelung auf der Grundlage des auf die Scheidungssache und die gleichzeitig entschiedenen Folgesachen entfallenden Teilstreitwert zu errechnen. Von den Kosten für die abgetrennte Folgesache nachehelicher Unterhalt ist nach dieser Differenzmethode nur noch der Teil auszugleichen, der nach dem Abzug der auf die Scheidungssache selbst und die gleichzeitig entschiedenen Folgesachen entfallenden Kosten von den aus dem Gesamtstreitwert errechneten Kosten verbleiben (OLG Koblenz, JurBüro 1990, 73; Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 628 RdNr. 21; a.A. OLG München, a.a.O.).

Auf der Grundlage des Streitwertbeschlusses vom 30. Dezember 1998 unter Berücksichtigung des Abhilfebeschlusses vom 29. März 1999 sowie des Beschlusses des Kammergerichts vom 16. Juni 1999 berechnen sich die Gebühren nach einem Gesamtstreitwert von 212.831,-- DM (Scheidung: 48.375,-- DM; elterliche Sorge: 1.500,-- DM; Zugewinn: 100.000,-- DM; Versorgungsausgleich: 2.056,-- DM; nachehelicher Unterhalt: 60.900,-- DM). Weiter kommen die Kosten hinzu, die auf die einstweiligen Anordnungen entfallen, die gebührenrechtlich als besondere Angelegenheiten gelten (Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 620 a RdNr. 35). Die Gebührenstreitwerte sind für die einstweiligen Anordnungen I und II auf jeweils 1.000,-- DM und für die einstweilige Anordnung III (UE) auf 15.000,-- DM festgesetzt worden.

Die anwaltlichen Gebühren nach einem Streitwert von 212.831,-- DM betragen vorliegend 6.461,20 DM (2 x 2.765,-- DM + 40,-- DM = 5.570,-- DM zzgl. 16% Umsatzsteuer); die nach einem Streitwert von 1.000,-- DM jeweils 120,06 DM (90,-- DM zuzüglich 13,50 DM gemäß § 26 BRAGO = 103.50 DM zuzüglich 16% Umsatzsteuer); die nach einem Streitwert von 15.000,-- DM: 980,20 DM (805,-- DM + 40,-- DM zuzüglich 16% Umsatzsteuer). Die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren betragen danach 7.681,52 DM.

Entsprechend den obigen Ausführungen sind von den nach einem Gebührenstreitwert von 212.831,-- DM entstandenen Kosten von 6.461,-- DM sind die Kosten abzusetzen, die nach einem Teilstreitwert von 151.931,-- DM (Scheidung und Folgesachen elterliche Sorge, Zugewinn sowie Versorgungsausgleich) entstanden sind. Das sind 5.718,80 DM (2 x 2.445,-- DM + 40,-- DM zuzüglich 16% Umsatzsteuer). Es verbleibt ein Betrag von 742,20 DM, der auf die Folgesache nachehelicher Unterhalt entfällt. Dieser Betrag zuzüglich der Kosten für die einstweilige Anordnung III (UE) von 980,20 DM, die ebenfalls von der Kostenentscheidung in dem Schlußurteil vom 3. November 1999 erfaßt sind, d.h. insgesamt 1.722,40 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11. Januar 2000 sind von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu erstatten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert bemißt sich nach der Differenz zwischen dem vom Amtsgericht festgesetzten Betrag von 4.002,-- DM und dem nach der Differenzmethode festzusetzenden Betrag von 1.722,40 DM. Wie sich aus der Begründung der sofortigen Beschwerde ergibt, hat die Antragstellerin die Herabsetzung der von ihr zu erstattenden Gebühren unter Anwendung der Differenzmethode erstrebt.

Ende der Entscheidung

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