Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: 2 W 232/08
Rechtsgebiete: RVG-VV


Vorschriften:

RVG-VV Nr. 3309
1. Haben die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin ihren Sitz in einer anderen Stadt als die Schuldner, kann neben der Verfahrensgebühr des Erkenntnisverfahrens eine Gebühr (Nr. 3309 RVG-VV) für die Zustellung durch ein weiteres Rechtsanwaltsbüro erstattungsfähig sein, wenn ein anerkennungswürdiges Interesse daran besteht, die einstweilige Verfügung so schnell wie möglich zuzustellen.

2. Rechtsanwaltskanzleien, die zueinander ein Kooperationsverhältnis unterhalten, sind erstattungsrechtlich nicht als überörtliche Anwaltssozietäten zu behandeln, sondern behalten ihre Selbstständigkeit.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 232/08

11.06.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Steinecke als Einzelrichter am 11. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 19. August 2008 - 37 O 281/08 - abgeändert:

Die nach dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Mai 2008 - 37 O 281/08 - von den Schuldnern an die Gläubigerin zu erstattenden Zustellkosten werden auf 327,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2008 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Schuldner zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 225,86 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin nahm die Schuldner auf Unterlassung von Äußerungen in Anspruch. Mit Beschluss vom 7. Mai 2008 gab das Landgericht Berlin dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt, auferlegte den Schuldnern die Kosten des Verfahrens jeweils zu 1/8 und setzte den Gegenstandswert auf 15.000 € fest.

Auf das Gesuch der Gläubigerin hat das Landgericht Berlin die zu erstattenden Kosten zunächst mit Beschluss vom 22. Mai 2008 auf 899,44 € (8 x 112,43 €) festgesetzt. Mit einem weiteren Antrag hat die Gläubigerin die Kosten geltend gemacht, die dadurch entstanden sind, dass ein weiteres Rechtsanwaltsbüro in Berlin die Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Schuldner vermittelt hat (0,3 Verfahrensgebühr gemäß Nummer 3309 VV RVG zuzüglich Kommunikationspauschale und Gerichtsvollzieherkosten). Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht nur die Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 102,00 € festgesetzt und im Übrigen darauf verwiesen, dass die Rechtsanwaltsbüros ähnlich einer überörtlichen Sozietät miteinander verbunden seinen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin, mit der sie geltend macht, dass zwischen den Büros lediglich eine Kooperation besteht.

II.

Das Rechtsmittel der Gläubigerin ist als sofortige Beschwerde zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg, denn die von der Gläubigerin geltend gemachte Verfahrensgebühr nach Nummer 3309 VV RVG ist entstanden und auch erstattungsfähig.

Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Zustellung der einstweiligen Verfügung dann durch die vorher verdiente Verfahrensgebühr abgegolten ist, wenn der Rechtsanwalt schon während des Erkenntnisverfahrens Verfahrensbevollmächtigter war (OLG Frankfurt, Rpfleger 1990, 270). Erhält dagegen der Rechtsanwalt einen Auftrag, der nur auf die Zustellung beschränkt ist, verdient er eine 0,3 Gebühr (Gerold/Schmidt, RVG, 18. Auflage, VV 3309 Rn. 376). Diese Gebühr ist auch neben der Verfahrensgebühr des Erkenntnisverfahrens erstattungsfähig, wenn - wie hier - ein anerkennungswürdiges Interesse daran besteht, die einstweilige Verfügung so schnell wie möglich zuzustellen und die Verfahrensbevollmächtigten ihren Sitz in einer anderen Stadt als die Schuldner haben (OLG Celle, NJW-RR 2008, 1600). Entgegen der Ansicht des Landgerichtes können die beiden für die Gläubigerin tätig gewordenen Rechtsanwaltsbüros nicht als überörtliche Anwaltssozietät behandelt werden, denn tatsächlich befinden sich die Büros nur in einem Kooperationsverhältnis, wie dem von den Verfahrensbevollmächtigten des Erkenntnisverfahrens verwandten Briefkopf eindeutig zu entnehmen ist. Bei einer Kooperation behalten die Rechtsanwaltsbüros aber ihre rechtliche Selbstständigkeit und sind dementsprechend auch erstattungsrechtlich als selbstständig zu behandeln. Dabei ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Für eine Korrektur nach Rechtsscheingrundsätzen ist dabei kein Raum.

Demnach war der bereits festgesetzte Betrag in Höhe von 102,00 € um weitere 225, 86 € zu erhöhen, so dass sich der neue Festsetzungsbetrag mit 327,86 € ergab.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück