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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.04.2004
Aktenzeichen: 20 U 57/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 411
Auf Antrag einer Partei ist das Gericht grundsätzlich zur Vorladung des Sachverständigen verpflichtet. Dabei hat der Sachverständige, der vom Gericht ausgewählt und persönlich beauftragt wurde und das Gutachten selbst und eigenverantwortlich zu erstatten hat, auch die mündliche Erläuterung vorzunehmen. Die Übertragung der mündlichen Erläuterung des Gutachtens auf den Mitarbeiter ist unzulässig. Seine Ausführungen im Verhandlungstermin dürfen daher bei der Entscheidung auch nicht verwerten werden.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 20 U 57/03

verkündet am: 26.04.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 20. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2004 durch seine Richter Budde, Baldszuhn und Balschun

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin werden das am 30. Januar 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 6 des Landgerichts Berlin sowie teilweise das zu Grunde liegende Verfahren, soweit die mündliche Erläuterung des Gutachtens betroffen ist, aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung, auch hinsichtlich der Berufung, bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes W... B... von den Beklagten als Gesamtschuldner die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 10.225,84 EUR wegen der tödlichen Folgen einer am 25.2.1997 durchgeführten Herz-Lungen-Operation, den Ersatz von Beerdigungskosten in Höhe von 4.965,34 EUR sowie den Ersatz des Unterhaltsschadens im Zeitraum 2.4.1997 bis 31.3.2000 in Höhe von 7.695,21 EUR. Ferner verlangt sie die Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger Schäden, insbesondere des Unterhaltsschadens, hilfsweise die Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente in Höhe von 213,76 EUR ab 1.4.2000.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens erster Instanz, der dort gestellten Anträge und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch am 30.1.2003 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Klägerin macht mit der rechtzeitigen Berufung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen geltend, dass das Landgericht eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen habe, denn eine absolute Indikation zur Operation des kavernösen Lungenbezirks habe angesichts des schweren Lungenschadens des Erblassers nicht bestanden. Insoweit habe das Landgericht den angebotenen Zeugenbeweis verfahrensfehlerhaft nicht erhoben. Der Zeuge Dr. med. PBB KBB hätte als behandelnder Lungenfacharzt bestätigt, dass eine solche Indikation nicht bestanden habe, zumindest hätte aber ein lungenfachärztliches Gutachten eingeholt werden müssen.

Das Landgericht sei unzutreffend auf Grund des Gutachtens von Prof. Dr. P... K... davon ausgegangen, dass der Gefahr einer Streuung des Mycobacterium malmoense aus der Kaverne mit der Folge einer lebensgefährlichen Lungenentzündung wegen einer durch die Herzoperation verursachten vorübergehenden Immunschwäche nur durch die operative Entfernung des erkrankten Lungenabschnitts begegnet werden könne. Prof. Dr. Dr. K... habe dagegen ausgeführt, dass auch eine Prophylaxe mit einem Antibiotikum wirksam sei und bei Verwirklichung der Gefahr, eine Chemotherapie hätte durchgeführt werden können. Soweit der Sachverständige Dr. S... der Auffassung gewesen sei, nur eine langfristige Chemotherapie, die erhebliche Nebenwirkungen aufweise, könne die Ausbreitung des Mycobacterium malmoense zum Stillstand bringen, habe es das Landgericht versäumt, die Art der Nebenwirkungen festzustellen und eine Risikoabwägung im konkreten Einzelfall vorzunehmen. Erhebliche Nebenwirkungen seien jedenfalls bei der von Dr. K... monatelang durchgeführten Chemotherapie, die zum Erfolg geführt habe, nicht eingetreten. Die von Dr. S... aufgeführten Krankheitsfälle seien auch nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Prof. Dr. Dr. K... habe in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12.11.2002 folgende Umstände genannt, die gegen eine Indikation zur Entfernung der Kaverne sprächen:

- keine offene tuberkulöse Kaverne

- fakultative pathogene Infektion mit Mycobacterium malmoense ohne Krankheitssym ptome

Die Abwehrsituation sei zudem im Zeitpunkt der Herzoperation nicht geschwächt gewesen, denn die Kavernengröße sei konstant geblieben und es habe sich ein Narbensaum um diesen Lungenbereich gebildet, der eine Verbindung zum Bronchialsystem und zum Blutkreislauf unterbrochen habe.

Weder die Sachverständigen noch das Landgericht hätten diskutiert, warum die Herzoperation nicht unter Chemo-Antibiotika-Therapie-Schutz hätte vorgenommen werden können. Prof. Dr. K... habe auch nicht klar herausgestellt, dass hinsichtlich der Lebensgefährlichkeit zwischen einer generalisierenden Infektion (Lungenentzündung) und einem kavernös abgekapselten Prozess zu unterscheiden ist. Dazu sei ein Lungenfacharzt zu befragen. Vor der Operation sei jedenfalls die Meinung eines Pulmologen über die tatsächliche Gefährlichkeit einer mit Mycobacterium malmoense belasteten Kaverne einzuholen gewesen. Ob der Zeuge Dr. E..., der an dem internistischen Konsilium teilgenommen habe, Pulmologe sei, habe das Landgericht nicht festgestellt.

Das Landgericht habe sich mit den oben angeführten Einwänden des Prof. Dr. K... in seiner Stellungnahme vom 12.11.2002 nicht bzw. nur fehlerhaft auseinandergesetzt. So sei das Landgericht nicht darauf eingegangen, dass der Eingriff an der Lunge auf Grund der Beatmung oder ausgelöst durch einen Asthmaanfall das hohe Risiko eines Nahtbruchs beinhaltet habe, das sich dann auch tatsächlich verwirklicht und zur einer erneuten Öffnung des Bauchraumes geführt habe, um den Defekt zu beheben. Die Bauchöffnung habe zu einer Verschlechterung der Atemmechanik des Patienten geführt und dazu beigetragen, dass er zu einem Langzeitbeatmungsfall geworden sei. Die Langzeitbeatmung führe nahezu immer zu einer Pneunomie, von der eine Bakteriämie ausgehen könne, die für einen immungeschwächten Patienten Lebensgefahr bedeute. Auch Prof. Dr. K... sei in seinem Gutachten vom 19.9.2000 ( S. 28 ) davon ausgegangen, dass die Entwöhnung von der Beatmung durch die atembeeinträchtigende Wirkung der Bauchhöhleneröffnung möglicherweise weiter verzögert worden sei. Das Landgericht sei auch fehlerhaft davon ausgegangen, dass das Risiko der Bildung einer Luftfistel an der Operationsnaht der rechten Lunge 3 - 5 % betragen und es sich um ein nicht vermeidbares, aber beherrsch bares Risiko gehandelt habe. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass der Erblasser unter Asthmaanfällen gelitten habe, was nahezu sicher zum Aufreißen der Operationsnaht und zu einer Luftfistel habe führen müssen.

Obwohl Dr. S... kein Lungenfacharzt sei, sei das Landgericht seiner Auffassung gefolgt, dass Lungenfachärzte und Lungenchirurgen nur deshalb den Erblasser an der Lunge für inoperabel gehalten hätten, weil sie einen seitlichen Operationszugang wählen würden, der zu einem Zerschneiden der seitlichen Brustmuskulatur, die für die Atmung notwendig sei, wählen würden. Hier sei aber der Zugang über die Brustmitte erfolgt, sodass dieses Argument der Lungenspezialisten keine Bedeutung habe.

Prof. Dr. K... sei auch entgegen der Auffassung des Landgerichts in der Bauch-, Thorax-(Lunge) und Gefäßchirurgie klinisch tätig gewesen ( Stellungnahme vom 12.11.2002, S. 1). Die wissenschaftliche Ausrichtung der Sachverständigen Prof. Dr. K... und Dr. S... sei aber nicht bekannt; im Übrigen verfüge Prof. Dr. K... über eine längere und umfassendere klinische Erfahrung im Bereich der Lungenchirurgie.

Hinsichtlich der Operationsaufklärung für die Lungenteilresektion habe das Landgericht eine unzutreffende Beweiswürdigung vorgenommen, denn es habe nicht berücksichtigt, dass sie - die Klägerin - von ihrem Ehemann auf jeden Fall bei einem weiteren Aufklärungsgespräch hinzugezogen worden wäre. Zumindest hätte der Erblasser ihr von dem Aufklärungsgespräch erzählt und diesbezüglich auch Rücksprache mit seinem Lungenfacharzt Dr. K... sowie mit ihr gehalten.

Auch die Aussage des Zeugen Dr. E... sei völlig unbrauchbar gewesen, weil dieser lediglich aus der Änderung des Operationsplanes geschlossen habe, dass der Erblasser bei dem ersten Gespräch über die Lungenteilresektion aufgeklärt worden sei und diesem Eingriff zugestimmt habe. Wann die Aufklärung und die Änderung des Operationsplanes erfolgt sei, habe der Zeuge E... nicht angeben können. Außerdem habe der Zeuge Dr. E... ausgesagt, dass für ihn und Dr. K... bereits nach dem ersten Gespräch klargewesen sei, dass auch die Lungenoperation durchgeführt werden solle, obwohl er auch ausgesagt habe, dass Dr. K... und er noch Rücksprache mit behandelnden Kollegen sowie vorhandene Röntgenaufnahmen hätten analysieren wollen. Dies wäre überflüssig gewesen, wenn bereits klar gewesen sei, dass die Lungenoperation durchgeführt werden solle. Der Zeuge habe zudem über die Risikoaufklärung nichts mehr sagen können.

Das Landgericht habe zur Rekonstruktion des Aufklärungsgesprächs eine unzulässige Beweiswürdigung eines nicht gehörten Zeugen vorgenommen, indem die bestrittene Rücksprache mit Dr. K... einfach unterstellt habe und angenommen habe, dass die Angabe 10.2. statt 17.2. im Schreiben von Dr. K... vom 2.12.1998 ein Versehen oder Druckfehler gewesen sei. Keiner der Zeugen habe auch angegeben, dass sie - die Klägerin - bei dem Aufklärungsgespräch anwesend gewesen sei.

Die Aussage des Zeugen Dr. K... sei ebenfalls unglaubhaft, weil er nicht mitteilt, wann er angeblich noch einmal mit dem behandelnden Lungenarzt Rücksprache genommen habe. Außerdem habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen Dr. P... und Dr. T... , in dem der Zeuge Dr. K... eine Aussage habe tätigen sollen, noch nicht abgeschlossen gewesen sei und er die Aussage bei der Staatsanwalt verweigert habe. Daraus könne man schließen, dass er sich sonst belastet hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Aufklärungsbogen mit unterschiedlichen Stiften ausgefüllt worden sei. Die Zweifel hätten zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten gehen müssen.

Die Klägerin rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht ohne Anhörung der Parteien und gegen ihren ausdrücklichen Antrag lediglich Dr. S... zur mündlichen Gutachtenerläuterung bestellt habe, obwohl als Sachverständiger Prof. Dr. K... bestimmt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das am 30. Januar 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin zur Geschäftsnummer 6 O 85/00 abzuändern und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld mindestens in Höhe von 10.225,84 EUR nebst 5 % Zinsen ab dem 28.6.1997 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren, künftig ab Rechtshängigkeit der Klage entstehenden Schaden, insbesondere Unterhaltsschaden, zu ersetzen, der durch die Operation des Herrn W... B... am 25.2.1997 und des dadurch bedingten Todes am 2.4.1997 entstanden ist.

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 4.965,34 EUR nebst 4% Zinsen ab Zustellung der Klageerweiterung am 6.3.2000 zu zahlen,

4. die Beklagten als Gesamtschuldner weiter zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 2.4.1997 bis einschließlich 31.3.2000 Rückstände an Unterhaltsrente in Höhe von 7.695,21 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus ab Zustellung der Klageerweiterung vom 6.3.2000 zu zahlen,

hilfsweise zu Ziff. 2.,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 1.4.2000 fortlaufend monatlich 213,76 EUR zu zahlen sowie hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass eine Indikation zur Resektion der Kaverne wegen der möglichen Streuung des Mycobacterium malmoense bestanden habe. Das Landgericht habe zu Recht auf die Vernehmung des Lungenfacharztes Dr. K... verzichtet, weil dieser seine Aussagen erkennbar darauf bezogen habe, dass eine isolierte Operation mit einem Brustzugang von der Seite nicht vertretbar sei.

Die Begutachtung durch einen Lungenfacharzt sei nicht notwenig, weil die Frage einer Operationsindikation nur durch den zuständigen Chirurgen beantwortet werden könne. Daher sei zu Recht ein Thoraxchirurg zum Sachverständigen bestellt worden.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich einer Operationsaufklärung bei Lungenteilresektion seien Fehler nicht feststellbar. Die verschiedenen Ärzte, die mit dem Erblasser vor der Operation gesprochen hätten, hätten im Kern nicht widersprechende Aussagen zum Aufklärungsgeschehen gemacht. Unsicherheiten über die Begleitumstände minderten den Wert ihrer Aussagen nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist entsprechend ihrem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag mit der Maßgabe begründet, dass das angegriffene Urteil gemäß § 538 Abs.2 Satz 1 Nr.1 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

1. Der erste Rechtszug leidet an einem wesentlichen Mangel im Verfahren, der die Anwendung des § 538 Abs.2 Satz 1 Nr.1 ZPO rechtfertigt, weil eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich ist, denn das Landgericht hat den Antrag der Klägerin auf mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. K... übergangen.

Gemäß Beweisbeschluss vom 18.12.2000 (Bd. I Bl. 228 a d. A.) hat das Landgericht Prof. Dr. K... zum Sachverständigen bestellt. Da der Sachverständige zum Verhandlungstermin verhindert war, hat das Landgericht den Beweisbeschluss in der Weise geändert, dass es den Sachverständigen Prof. Dr. K... von der Pflicht zur sachverständigen mündlichen Erläuterung seines Gutachtens entbunden und Dr. S... für die mündliche Gutachtenerläuterung zum Sachverständigen bestellt hat (Beschluss vom 26.11.2002, Bd. II Bl. 149). Die Klägerin hatte jedoch ausdrücklich innerhalb der Stellungnahmefrist die Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. K... beantragt und ihre beabsichtigten Fragen formuliert (Bd. II Bl. 107). An diesem Antrag hat sie festgehalten, indem sie gegen den Beschluss vom 26.11.2002 Beschwerde eingelegt hat, die sie nach dem rechtlichen Hinweis des Landgerichts als Gegendarstellung bezeichnet hat.

Auf Antrag einer Partei ist das Gericht aber unabhängig von § 411 Abs.3 ZPO zur Vorladung des Sachverständigen verpflichtet (Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 411 Rdnr. 5 a m. w. N.). Das Antragsrecht der Partei beruht auf § 402 i. V. m. § 397 ZPO.

Dabei hat der Sachverständige, der vom Gericht ausgewählt und persönlich beauftragt wurde und das Gutachten selbst und eigenverantwortlich zu erstatten hat, auch die mündliche Erläuterung vorzunehmen. Der Mitarbeiter des Sachverständigen Dr. S... ist nicht vom Gericht zum (zusätzlichen) Gutachter bestellt worden und trägt auch nicht die Verantwortung für das schriftliche Gutachten, für dessen Erläuterung er aber vom Landgericht zum Sachverständigen bestellt worden ist. Grundsätzlich hat der gerichtlich bestellte Sachverständige die wissenschaftliche Auswertung aller Arbeitsergebnisse selbst vorzunehmen (Zöller, a. a. O. § 404 Rdnr. 1 a, vgl. auch Stegers u. a., Der Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, Rdnr. 134 ff.). Nur er ist somit in der Lage, das Gutachten zu erläutern und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Die Übertragung der mündlichen Erläuterung des Gutachtens auf den Mitarbeiter Dr. S... ist daher unzulässig. Seine Ausführungen im Verhandlungstermin hätten bei der erstinstanzlichen Entscheidung auch nicht verwerten werden dürfen (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 407 a Rdnr.7 ).

Das Landgericht wird aus den vorgenannten Gründen die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. K... nachzuholen haben.

2. Ergänzend wird Folgendes zu beachten sein:

a) Hinsichtlich der Indikation zur Entfernung der Kaverne wird das Gutachten eines Lungenfacharztes zu der Frage einzuholen sein, ob bei dem verstorbenen Ehemann der Klägerin die Gefahr bestand, dass sich das in der Kaverne vorhandene Mycobacterium malmoense bei einer durch die Herzoperation verursachten Abwehrschwäche weiter ausbreiten würde und zu einer Lungenentzündung führen könnte und daher aus lungenfachärztlicher Sicht die Entfernung der Kaverne im Zusammenhang mit der Herzoperation indiziert war oder ob eine andere Behandlungsmethode zu wählen war.

Rügt eine Partei - wie hier die Klägerin - mangelnde Sachkunde der gutachtenden Ärzte, dann hat der Richter die sachverständige Begutachtung durch einen auf dem einschlägigen Fachgebiet erfahrenen Sachverständigen zu veranlassen (BGH NJW 1987, 2300). Es bestehen auf Grund des Schreibens des Lungenfacharztes Dr. K... vom 2.12.1998 jedenfalls Anhaltspunkte dafür, dass aus lungenfachärztlicher Sicht keine Indikation zur Lungenoperation bestand: "Die Kaverne hätte bei diesem Patienten nie und schon gar nicht als Zweitoperation an einem Zweitorgan in einer Sitzung noch dazu ohne dessen Einwilligung operiert werden dürfen; lungenfunktionell bestand Inoperabilität was resektive Maßnahmen an der Lunge anbelangt." Dabei ist nicht erkennbar, dass Dr. K... nur wegen eines angenommenen Operationszuganges von der Brustseite aus zu der Beurteilung als inoperabel gelangt ist.

b) Weiterhin wäre bei der Beurteilung der Indikation der Lungenoperation im Rahmen eines lungenfachärztlichen Gutachtens der Frage nachzugehen, ob die Operation an der Lunge auf Grund der Asthmaanfälligkeit des Erblassers mit einem hohen Risiko des Aufbruchs der Wunde, der Entstehung einer Luftfistel und der Möglichkeit einer den Patienten in seiner Atemmechanik stark beeinträchtigenden Revisionsoperation verbunden gewesen ist. Dieser Problematik ist der Sachverständige Prof. Dr. K... in seinem Gutachten nicht nachgegangen. Sie wurde auch von Dr. S... bei seiner mündlichen Erläuterung nicht angesprochen. Dr. K... ist in seinem Gutachten vom 19.9.2000 (S.28) jedenfalls der Meinung, dass möglicherweise die Entwöhnung von der Beatmung durch die atembeeinträchtigende Wirkung der Bauchhöhleneröffnung weiter verzögert worden sei. Prof. Dr. Dr. K... vertritt die Auffassung, dass der Eingriff an der Lunge auf Grund der Beatmung oder ausgelöst durch einen Asthmaanfall das hohe Risiko eines Nahtbruchs beinhaltet habe, das sich dann auch tatsächlich verwirklicht und zur einer erneuten Öffnung des Bauchraumes geführt habe, um den Defekt zu beheben. Die Bauchöffnung habe zu einer Verschlechterung der Atemmechanik des Patienten geführt und dazu beigetragen, dass er zu einem Langzeitbeatmungsfall geworden sei. Die Langzeitbeatmung führe nahezu immer zu einer Pneunomie, von der eine Bakteriämie ausgehen könne, die für einen immungeschwächten Patienten Lebensgefahr bedeute. Zu dieser Risikokette hat der Sachverständige Prof. Dr. K... bisher nicht Stellung genommen.

Es wird daher zu prüfen sein, ob die Indikationstellung zur Lungenoperation von einer zutreffenden Risikoabwägung gedeckt war.

Das lungenfachärztliche Gutachen wird gegebenenfalls dem Sachverständigen Prof. Dr. K... zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen sein, um eine Gesamtbetrachtung aus chirurgischer Sicht zu erhalten.

c) Die Frage einer ordnungsgemäßen Aufklärung über die Lungenoperation wird von dem Ergebnis der noch einzuholenden Gutachten und Stellungnahmen der Sachverständigen abhängen.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Eine Sicherheitsleistung war mangels vollstreckungsfähigem Tenor der Entscheidung nicht zu bestimmen.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO nicht zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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