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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.06.2003
Aktenzeichen: 22 U 134/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, StVG


Vorschriften:

ZPO § 543 a.F.
EGZPO § 26 Nr. 5
StVG § 7 Abs. 2 a.F.
StVG § 7 Abs. 5
1) Im Falle eines unzulässigen Fahrstreifenwechsels haftet der Fahrstreifenwechsler grundsätzlich allein für die Folgen eines in diesem Zusammenhang geschehenen Verkehrsunfalls.

2) Eine Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten kommt nur dann in Betracht, wenn der Fahrstreifenwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden dessen belegen; allein die Betriebsgefahr des unfallbeteilgten PKW rechtfertigt keine Mithaftung des anderen Verkehrsteilnehmers.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 22 U 134/02

Verkündet am: 12. Juni 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek, die Richterin am Kammergericht Schulz und den Richter am Kammergericht Schneider auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 30. Oktober 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 17 O 579/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Senat sieht von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 ZPO a.F., § 26 Nr. 5 EGZPO ab.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 25. August 2000, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einem unzulässigen Fahrstreifenwechsel des Klägers auszugehen ist und der Anschein einer -alleinigen- schuldhaften Unfallverursachung gegen ihn spricht.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Die Beklagten haben den gegen den Beklagten zu 1. als Auffahrenden sprechenden Anscheinsbeweis der -alleinigen- schuldhaften Unfallverursachung durch den Nachweis widerlegt, dass der Unfall im Zusammenhang mit einem unmittelbar vorher durchgeführten Fahrstreifenwechsel des Klägers steht. Dies steht zur sicheren Überzeugung des Senates fest aufgrund der Angaben des vor dem Landgericht vernommenen Zeugen M... und des vor dem Senat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. W... vom 4 März 2003 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 27. Mai 2003.

(Wird ausgeführt)

Rechtsfolge dieses unzulässigen Fahrstreifenwechsels durch den Kläger ist, dass der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Unfallverursachung gegen ihn und nicht mehr gegen die Beklagten spricht, da kein herkömmlicher Auffahrunfall vorliegt. Dies entspricht der Rechtsprechung der für Verkehrsunfallsachen zuständigen beiden Senate des Kammergerichts (vgl. Kammergericht, Urteil vom 11. Oktober 2001, 22 U 4787/00; Kammergericht, Urteil vom 12. Dezember 2002, 12 U 162/01) und der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (vgl. Übersicht in: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 7 StVO, Rn. 17). Es entspricht ferner der langjährigen Rechtsprechung beider Senate des Kammergerichts (aaO., vgl. ferner: Urteil vom 26. Oktober 1992, 22 U 2110/89; Urteil vom 14. Januar 1991, 12 U 7816/89 = VM 1992, 28), dass im Falle eines unzulässigen Fahrstreifenwechsels der Fahrstreifenwechsler grundsätzlich für die Folgen des Verkehrsunfalles allein haftet. Eine Mithaftung kommt erst dann in Betracht, wenn der Fahrstreifenwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des Auffahrenden belegen (z.B. Unachtsamkeit). Der Umstand alleine, dass der Unfall für den Auffahrenden nicht unabwendbar im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG a.F. war, begründet zu dessen Lasten keine Mithaftung. Ein Verkehrsteilnehmer hat gemäß § 7 Abs. 5 StVO die höchstmögliche Sorgfalt zu beachten. Danach ist ein Fahrstreifenwechsel nur zulässig, wenn nicht einmal eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu befürchten ist. Dieser hohe Sorgfaltsmaßstab gebietet es, die Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Auffahrenden bei einem auf einen unzulässigen Fahrstreifenwechsel zurückzuführenden Verkehrsunfall nicht zu berücksichtigen (so Kammergericht, Urteil vom 12. Dezember 2002, 12 U 162/01; Hentschel, § 17 StVG, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen; entgegen OLG Naumburg, OLG-Report Naumburg 2000, 462, mit Verweis auf OLG Karlsruhe, Urt. vom 17.11.1997 -10 U 128/97-).

Da der Kläger keine Umstände nachgewiesen hat, die ein Mitverschulden des Beklagten zu 1. rechtfertigen, verbleibt es dabei, dass er den gesamten Schaden des Unfalles alleine zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch aus anderen Gründen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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