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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 18.08.2003
Aktenzeichen: 22 W 226/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 568
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 22 W 226/03

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek als Einzelrichter am 18. August 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 6. Juni 2003 - 29 O 443/02 - wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 976,72 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

In der Klageschrift vom 12. August 2002 hat die Klägerin als Beklagte die T. & C. Dienstleistungen GmbH, diese vertreten d.d. Geschäftsführerin M. D., sämtlich L. Straße, B." bezeichnet und rückständigen Mietzins für Räume im Hause P. Straße, B. begehrt, die von der "F. & C. GmbH i.G." gemietet worden waren.

Wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unwidersprochen vorgetragen hat, wirkten für die Gründung der Mieterin die Beklagten und die Beteiligte in der Weise zusammen, dass der Beklagte zu 1) als Treuhänder für die Beteiligte einen Gesellschaftsanteil in Höhe von 49.000,00 DM und die Beklagte zu 2) einen Gesellschaftsanteil in Höhe von 1.000,00 DM halten sollten.

Die Gesellschaft wurde weder als "F. & C. GmbH", noch als "F. & C. Dienstleistungen GmbH" oder "F. & C. Gebäudereinigungs GmbH" in das Handelsregister eingetragen.

Die Beteiligte betreibt ein Reinigungsunternehmen mit der Bezeichnung "F. & C." unter der Anschrift L. Straße, B. Dort ist ihr die Klageschrift im Rahmen des schriftlichen Vorverfahrens zu Händen einer Mitarbeiterin zugestellt worden.

Vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten trat sie der Klage in der Sache entgegen und rügte ihre Passivlegitimation. Die Klägerin erwiderte darauf, durch Einsicht in das Handelsregister sei festgestellt worden, "... dass die hier verklagte GmbH tatsächlich nicht passivlegitimiert ist. ... Da die ... GmbH nicht zur Eintragung gekommen ist, führt dies ... zur persönlichen Haftung der die Gesellschaft gründenden Gesellschafter, mithin ... der Beklagten zu 1) und 2)."

Auf Antrag der Beteiligten hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 6. Juni 2003 der Klägerin die "in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten" der Beteiligten auferlegt. Gegen diesen am 3. Juli 2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Juli 2003 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt, die Erstattung von Rechtsanwaltskosten komme nicht in Betracht, weil die Beteiligte sofort bei Zustellung der Klageschrift habe erkennen können, dass ihr daraus keine Nachteile drohen könnten. Ihre Teilnahme am Klageverfahren sei nicht erforderlich gewesen; darauf hätte ihr Bevollmächtigter sie hinweisen müssen. In einem wie hier gelagerten Fall seien die Kosten der Scheinbeklagten nicht von ihr zu tragen, zumal dann, wenn die Beklagte eine GmbH und die Scheinbeklagte eine nach eigener Bezeichnung erfahrene Kauffrau sei, die unschwer habe erkennen können, dass eine Rechtsverteidigung nicht zu erfolgen habe.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 269 Abs. 5 ZPO analog) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 569, 571 ZPO); über sie war gemäß § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu befinden.

In der Sache ist ihr der Erfolg zu versagen.

Es ist anerkannt dass ein Prozessrechtsverhältnis nicht begründet wird, wenn Zustellungsadressat und Zustellungsempfänger verschiedene Personen sind, denn die Parteirolle kommt demjenigen zu, an den die prozessbegründende Erklärung objektiv gerichtet ist (BGH, NJW-RR 1995,764,765 mit zahlreichen Nachweisen). Durch die Zustellung der Klageschrift an sie wurde die Beteiligte deshalb nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits. Gleichwohl begründete die Zustellung die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass auf der Grundlage der zugestellten Klageschrift ein rechtskräftiger Titel geschaffen wird, wenn darauf nicht reagiert wird. Durch ihr Mitwirken an dem Versuch, die in der Klage genannte Gesellschaft zu gründen, und mit Rücksicht auf das von ihr unter der in der Klage angegebenen Adresse betriebene Unternehmen mit im Wesentlichen gleichen Namen durfte die Beteiligte annehmen, dass der Vorgang auch ihren eigenen Rechtskreis betreffen konnte.

Für den Fall, dass in dieser Weise in der Rechtskreis eines Dritten eingegriffen wird, ist ebenfalls anerkannt, dass der Zustellungsempfänger sich jedenfalls solange gegen die Klage zur Wehr setzen kann, bis klargestellt ist, dass er als Partei nicht in Betracht kommt. Nach einer entsprechenden Erklärung des Klägers hat er Anspruch darauf, förmlich aus dem Rechtsstreit entlassen zu werden und dass eine Entscheidung über die ihm durch den Vorgang entstandenen Kosten getroffen wird. Dabei sind - ohne dass weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind - die Kosten, die zur Geltendmachung der Nichtparteieigenschaft notwendig waren, dem Kläger aufzuerlegen, der diese Kosten veranlaßt hat (BGH a.a.O. mit Nachweisen; OLG München, MDR 1984, 946; Hartmann in BLAH, ZPO 61. Auflage 2003, Grdz § 50 Rdnr. 14; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Auflage 2002, vor § 50 Rdnr.8; Lindacher in Münchner Kommentar zur ZPO, 2. Auflage 2000, vor § 50, Rdnr. 18; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Auflage 1993, vor § 50, Rdnr. 11; Wieczorek, ZPO, 2. Auflage 1976, § 50, Anmerkung F III b 1).

Durch die unzutreffenden Angaben bei der Benennung der Beklagten in der Klageschrift hat die Klägerin die Zustellung der Klage an die Beteiligte veranlaßt. Auch wenn die angegebene Firma nicht vollständig identisch mit dem Namen des von der Beteiligten betriebenen Unternehmens ist, stimmen doch jedenfalls die prägenden Bestandteile "F. & C." überein. Zudem ist die Geschäftsadresse der Beteiligten als Zustelladresse genannt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beteiligte nicht etwa deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten, weil sie sich grundlos in den Rechtsstreit hinein gedrängt hätte. Es wurde bereits dargelegt, dass die Beteiligte infolge ihrer inneren Beziehung zu dem Gegenstand der Klage und wegen der weitgehenden Namensgleichheit zwischen ihrem und dem in Anspruch genommenen Unternehmen durchaus Grund hatte, nachteilige Folgen für sich zu befürchten, wenn aufgrund der bei ihr vorgenommenen Zustellung ein rechtskräftiger vollstreckbarer Titel zustande käme.

Über die Frage, in welchem Umfang die der Beteiligten entstandenen Kosten als notwendig anzuerkennen sind, insbesondere ob sie zum Zweck der Geltendmachung ihrer Nichtparteieigenschaft dem für das Landgericht grundsätzlich geltenden Anwaltszwang unterlag (streitig, verneinend z.B. Musielak/Weth, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 50 Rdnr. 10; Lindacher in Münchner Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2000, vor § 50 Rdnr. 18; bejahend z.B. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl. 1993, vor § 50, Rdnr 11), ist in dem Verfahren betreffend die Kostengrundentscheidung nicht zu befinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes erfolgte gemäß § 3 ZPO und orientiert sich an der Höhe der von der Beteiligten zur Festsetzung angemeldeten Kosten.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch aus andren gründen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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