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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: 23 U 1/02
Rechtsgebiete: AGBG, VOB/B


Vorschriften:

AGBG § 3
AGBG § 4
AGBG § 9
AGBG § 10
AGBG § 10 Nr. 1
AGBG § 11
AGBG § 13
VOB/B § 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 1/02

verkündet am : 29.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Klasse und der Richter am Kammergericht Wagner und Voß für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Juli 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 26 des Landgerichts teilweise geändert:

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als sie sich gegen Ziffer 2 Abs. 2 und Ziffer 13.1 der "Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftraggeber genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) zur VOB/B - Ausgabe April 2000 -" oder inhaltsgleiche Klauseln richtet.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Kläger zu tragen.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein Wirtschaftsverband der Bauindustrie des Landes Rheinland-Pfalz in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, der gemäß § 2 Abs. 2a seiner Satzung bezweckt, die Interessen seiner Mitglieder auf allen Gebieten der Bauwirtschaft wahrzunehmen, zu vertreten und zu fördern. Dem Kläger gehören ca. 200 Bauunternehmen an, die Bauleistungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus insbesondere auch des Eisenbahnoberbaus auch überregional erbringen. Die von den Beklagten verwendeten und von der Beklagten zu 1. auch empfohlenen "Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftraggeber genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) zur VOB/B - Ausgabe April 2000 -" (im folgenden ZVB-DB) betreffen den maßgebliche Inhalt der Bauverträge, welche die Beklagten mit den Mitgliedern des Klägers schließen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, einzelne Klauseln der ZVB-DB - insoweit wird auf den im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wiedergegeben Klageantrag verwiesen - verstießen gegen das AGBG und deshalb von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Einholung von Angeboten, bei der Beauftragung, der Durchführung oder der Abrechnung von Bauleistungen in AGB gegenüber kaufmännischen und nichtkaufmännischen Bauunternehmen diese oder inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse auf diese Klauseln zu berufen. Der Kläger hat ferner begehrt, die Beklagte zu 1. nach näherer Maßgabe des Klageantrags zur Unterlassung der Empfehlung und zum Widerruf der Empfehlung dieser Klauseln zu verurteilen, sowie ihm eine Veröffentlichungsbefugnis zuzusprechen.

Das Landgericht hat durch seine am 18. Juli 2001 verkündete Entscheidung die Beklagten unter anderem verurteilt, soweit die Klage die Ziffern 2 Abs. 2 und 13.1 der ZVB-DB betrifft und die Klage unter anderem insoweit abgewiesen, als der Kläger sich gegen die Ziffern 7.1 und 17 der ZVB-DB wendet..

Soweit die Parteien in diesem Umfang unterlegen sind, haben die Beklagten gegen das Urteil Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt .

Die Beklagten beantragen,

unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Beklagten verurteilt worden sind, es zu unterlassen, in Verträgen über Bauleistungen gegenüber kaufmännischen und nichtkaufmännischen Bauunternehmen folgende oder inhaltsgleiche Klauseln aus den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftragnehmer genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) -Ausgabe April 2000 -" zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse auf diese Klauseln zu berufen:

Auch für den Fall, dass in der Auftragssumme Eventualpositionen enthalten sind, gelten diese als noch nicht beauftragt. Die Beauftragung (Aufforderung zur Ausführung) dieser Eventualpositionen erfolgt durch den Auftraggeber gesondert. [Ziffer 2 Abs. 2]

Für Stoffe und Bauteile, die nach dem Vertrag vom Auftraggeber beizustellen sind, hat der Auftragnehmer auf Verlangen den Bedarf zu ermitteln. Er hat sie rechtzeitig abzurufen und von der in der Leistungsbeschreibung angegebenen Stelle zur Verwendungsstelle zu schaffen. [Ziffer 13.1 Satz 1 und 2]

Die Beförderung einschließlich aller zugehörigen Leistungen (Entladen, Stapeln, Zwischenlagern usw.) ist durch die Preise für die anderen Vertragsleistungen abgegolten, soweit die Leistungsbeschreibung hierfür keine besonderen Ansätze enthält. [Ziffer 13.1 Satz 3]

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts dahin zu ändern,

1. dass die Beklagten auch verurteilt werden, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, in Verträgen über Bauleistungen in AGB gegenüber kaufmännischen und nichtkaufmännischen Unternehmen folgende oder inhaltsgleiche Klauseln aus den "Zusätzlichen Vertragbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftraggeber genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) zur VOB/B - Ausgabe April 2000 -" zu verwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse auf diese Klauseln zu berufen:

a) Ziffer 7.1 -Ausführungsunterlagen (§ 3)

"Der Auftragnehmer hat - entsprechend dem Baufortschritt - dem Auftraggeber den Zeitpunkt, zu dem er die nach dem Vertrag vom Auftraggeber zu liefernde Unterlagen benötigt, so rechtzeitig anzugeben, dass die Übergabe durch den Auftraggeber ordnungsgemäß erfolgen kann."

b) Ziffer 17 - Entsorgung von nicht weiter- oder wiederverwendbarem Material (§ 4)

"Das bei der Durchführung der vertraglichen Leistungen anfallende Material, das nicht weiter- oder wiederverwendet wird, hat der Auftragnehmer nach den Vorschriften des KrW-/AbfG zu entsorgen.

Dem Auftragnehmer obliegt die Erfüllung der Pflichten eines Abfallerzeugers/-besitzers, insbesondere die Pflicht, nur zugelassene und geeignete Entsorgungsunternehmen und/oder -anlagen auszuwählen und die erforderlichen Entsorgungsnachweise zu führen. Diese hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber unverzüglich in Kopie zu übergeben. Der Auftragnehmer hat alle Auflagen und Bedingungen, die im Rahmen des Entsorgungsverfahrens von den Behörden gemacht werden, eigenverantwortlich zu erfüllen und den Auftraggeber drüber unverzüglich zu informieren.

Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die Überprüfung seiner Entsorgungsleistungen zu gestatten. Der Auftraggeber ist berechtig, jederzeit alle die Entsorgung betreffenden Unterlagen einzusehen.

2. dass die Beklagte zu 1. auch verurteilt wird, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, in Verträgen über Bauleistungen in AGB gegenüber kaufmännischen und nicht kaufmännischen Bauunternehmen auch folgende oder inhaltsgleiche Klauseln aus den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftraggeber genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) zur VOB/B - Ausgabe April 2000 -" zu empfehlen:

a) Ziffer 7.1 - Ausführungsunterlagen (§ 3)

"Der Auftragnehmer hat - entsprechend dem Baufortschritt - dem Auftraggeber den Zeitpunkt, zu dem er die nach dem Vertrag vom Auftraggeber zu liefernden Unterlagen benötigt, so rechtzeitig anzugeben, dass die Übergabe durch den Auftraggeber ordnungsgemäß erfolgen kann."

b) Ziffer 17 - Entsorgung von nicht weiter - oder wiederverwendetem Material (§ 4)

"Das bei der Durchführung der vertraglichen Leistungen anfallende Material, das nicht weiter- oder wiederverwendet wird, hat der Auftragnehmer als Abfall nach den Vorschriften des KrW-/AbfG zu entsorgen.

Dem Auftragnehmer obliegt die Erfüllung der Pflichten eines Abfallerzeugers/ -besitzers, insbesondere die Pflicht, nur zugelassene und geeignete Entsorgungsunternehmen und/oder -anlagen zu wählen und die erforderlichen Entsorgungsnachweise zu führen. Diese hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber unverzüglich in Kopie zu übergeben. Der Auftragnehmer hat alle Auflagen und Bedingungen, die im Rahmen des Entsorgungsverfahren von Behörden gemacht werden, eigenverantwortlich zu erfüllen und den Auftraggeber darüber unverzüglich zu informieren.

Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber die Überprüfung seiner Entsorgungsleistungen zu gestatten. Der Auftraggeber ist berechtigt, jederzeit alle die Entsorgung betreffenden Unterlagen einzusehen.

Der Auftragnehmer verpflichtet sich für den Fall, dass der Auftraggeber im Zusammenhang mit der Abfallentsorgung öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich in Anspruch genommen wird, den Auftraggeber von sämtlichen hierdurch entstehenden Kosten freizustellen."

3. dass die Beklagte zu 1. auch verurteilt wird, die Empfehlung dadurch zu widerrufen, dass sie den mit ihr verbundenen Unternehmen durch gesondertes Schreiben mitteilt, dass auch die vorstehend unter Ziff. 1 und 2 genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Dnnnn Bnn AG und deren verbundenen Unternehmen - nachfolgend Auftraggeber genannt - für die Ausführung von Bauleistungen (ZVB-DB) zur VOB/B - Ausgabe April 2000 -" durch Urteil für unwirksam erklärt worden sind und außerdem die Erklärung abgibt, dass die Verwendung dieser Klausel nicht mehr empfohlen wird.

Beide Seiten beantragen ferner,

das jeweils gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Anschlussberufung ist dagegen erfolglos. Keine der noch im Streit befindlichen Klauseln der ZVB-DB ist nach §§ 9 bis 11 AGBG (jetzt §§ 307 Abs. 1 und 2, 308 und 309 BGB; im folgenden werden noch die früheren Normenbezeichnungen verwendet) unwirksam. Dabei ist vorauszuschicken, dass sich bei einer Verbandsklage wie hier die Bedeutung einer Klausel, die mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, zwar nach der kundenfeindlichsten Auslegung richtet. Die Klausel muss aber tatsächlich objektiv mehrdeutig sein. Bei der Suche nach der "kundenfeindlichsten" Bedeutung einer Klausel sind deshalb nur ernsthaft in Betracht kommende Auslegungsvarianten in Betracht zu ziehen, nicht auch solche, die so fern liegen, dass eine Gefährdung des Rechtsverkehrs, dessen Schutz das Verfahren nach § 13 AGBG dienen soll, nicht mehr zu befürchten ist (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 9 Rn. 31).

I.

Berufung

Ziffer 2 Abs. 2

Ziffer 2 Abs. 2 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam. Das Landgericht hat seine Ansicht damit begründet, dass die Klausel, nach der auch für den Fall, dass in der Auftragssumme Eventualpositionen enthalten sind, diese als noch nicht beauftragt gelten, und die Beauftragung (Aufforderung zur Ausführung) dieser Eventualpositionen durch den Auftraggeber gesondert erfolgt, gegen den Grundsatz des Vorrangs von Individualvereinbarungen vor allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoße. Sie bestimme für in der Auftragssumme enthaltene Eventualpositionen uneingeschränkt, dass diese als noch nicht beauftragt gälten, obwohl die Auslegung des Vertrages ergeben könne, dass Eventualpositionen vom Auftraggeber gerade durch die Einbeziehung in die Auftragssumme hätten beauftragt werden sollen. Die Klausel sei objektiv mehrdeutig und könne von einem durchschnittlich gebildeten und erfahrenen Bauunternehmer als auch diesen Fall erfassend verstanden werden. Dem ist nicht zuzustimmen.

Der Vorrang von Individualvereinbarungen vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in § 4 AGBG festgelegt. Mit der Verbandsklage kann jedoch nur die Unwirksamkeit von Klauseln nach §§ 9 bis 11 AGBG geltend gemacht werden. Allerdings verstößt eine Klausel, die sich gezielt gegen den Grundsatz der des Vorrangs der Individualabrede wendet, gegen § 9 AGBG (BGHZ 92, 24). Ob dies bei der vom Landgericht für möglich gehaltenen, seiner Entscheidung zugrundegelegten Auslegungsvariante angenommen werden könnte, kann dahingestellt bleiben.

Denn die Klausel ist nicht objektiv mehrdeutig; die vom Landgericht gesehene Auslegungsvariante kommt nicht in Betracht. Eventualpositionen sind in dem vorangehenden Absatz 1 der Ziffer 2 klar und unmissverständlich definiert als für "...in der Leistungsbeschreibung vorgesehene nur im Bedarfsfall erforderliche Leistungen". Zwar stutzt man bei Ziffer 2 Abs. 2 zunächst, weil sich im ersten Moment die Frage stellt, wie Eventualpositionen, obgleich sie in der Auftragssumme enthalten sind, als noch nicht beauftragt gelten sollen. Der Ziffer 2.2 Abs. 2 des vom Kläger selbst eingereichten VHB (Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltung, Ausgabe 1998) - "Beträge aus Bedarfspositionen sind in die Auftragssumme grundsätzlich nicht mit einzubeziehen" - ist indes zu entnehmen, dass es in der Praxis vorkommen kann (wenn dies auch vermieden werden soll), dass Beträge aus Bedarfspositionen in die Auftragssumme einbezogen werden. (Nicht ausgeführte Bedarfs positionen sind dann bei der Abrechnung wieder herauszurechnen.) Der Sinn von Ziffer 2 Abs. 2 liegt demnach ganz eindeutig darin, klarzustellen, dass auch in einem solchen Fall Eventualpositionen, d.h. in der Leistungsbeschreibung für eine im nur Bedarfsfall erforderliche Leistung vorgesehene Positionen, ihren Charakter als Eventualpositionen nicht verlieren. Nur in diesem Sinne kann die Klausel verstanden werden, nicht auch in dem Sinn, dass sie auch den Fall ursprünglich als Bedarfspositionen angebotener, in den Auftrag aber als unbedingt ausführbare Positionen aufgenommener Leistungen regeln will.

Auch die vom Kläger für einen Verstoß gegen § 9 AGBG angeführten Gründe können den gegen Ziffer 2. Abs. 2 gerichteten Anspruch nicht tragen. Die Klausel ist unmissverständlich und klar, mag sich ihr Sinn einem nicht mit der Sachmaterie Vertrauten auch erst nach etwas Überlegen erschließen; ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt daher nicht vor. Die Klausel verhält sich in keiner Weise über Fristen irgendwelcher Art und kann daher auch nicht § 10 Nr. 1 in Verbindung mit § 9 AGBG verletzen. Ebensowenig berührt sie das Äquivalenzprinzip oder Bestimmungen des Vergaberechts.

Ziffer 13.1 Satz 1

Ziffer 13.1 Satz 1, die den Auftragnehmer verpflichtet, für Stoffe und Bauteile, die nach dem Vertrag vom Auftraggeber beizustellen sind, auf Verlangen den Bedarf zu ermitteln, verstößt nicht gegen § 9 AGBG. Die Regelung betrifft nur Stoffe und Bauteile, die nach dem Vertrag vom Auftraggeber beizustellen sind. Sie gilt also nicht, wenn - § 2 Nr. 4 VOB/B - Leistungen des Auftragnehmers vom Auftraggeber selbst übernommen werden. Der Kläger hat in der ersten Instanz seinen Angriff gegen Ziffer 13.1 Satz 1 im wesentlichen damit begründet, dass die Klausel unzulässigerweise das Massenermittlungs- und damit das Vergütungsrisiko auf den Auftragnehmer abwälze. Da die Klausel Material betrifft, für das der Auftragnehmer vom Auftraggeber ohnehin keine Vergütung verlangen kann, ist dies nicht recht nachzuvollziehen. Auch das Landgericht hat den Vortrag des Klägers offensichtlich nicht überzeugt, wie daraus zu schließen ist, dass es auf diesen in den Entscheidungsgründen seines Urteils gar nicht eingegangen ist. Es hat vielmehr sein Verdikt gegen Ziffer 13.1 Satz 1 auf einen vom Kläger gar nicht geltend gemachten Grund gestützt, nämlich darauf, dass die Bedarfsermittlungspflicht im Einzelfall den wirtschaftlichen Erfolg des Auftragnehmers gefährden könne, was der Fall sei, wenn die Bedarfsermittlung unverhältnismäßig hohe Kosten verursache. Das könne insbesondere dann sein, wenn - bei kundenfeindlicher Auslegung - der Auftragnehmer nicht nur den quantitativen, sondern auch den qualitativen Bedarf ermitteln solle. Diese Begründung, die der Kläger aufgegriffen hat, trägt die Verurteilung nicht.

Soweit es um die quantitative Bedarfsermittlung geht, also um die genaue Menge benötigter Stoffe oder Bauteile, ist nicht ersichtlich, weshalb eine derartige Bedarfsermittlung unverhältnismäßigen Aufwand soll erfordern können. Der Kläger hat kein Beispiel vorgetragen, bei dem das der Fall ist oder sein könnte. Soweit es um den qualitativen Bedarf geht, also wohl um die Art der beizustellenden Stoffe und Bauteile (falls diese in der Leistungbeschreibung nicht festgelegt ist), dürfte die Bedarfsermittlung nur dann unverhältnismäßige Aufwendungen verursachen können, wenn dafür planerische Leistungen erforderlich sind wie bei den beiden vom Kläger genannten Beispielen (Bodenuntersuchung für die Festlegung der Art des zu verwendenden Materials; Bestimmung der für ein bestimmtes Bauwerk oder Bauteil erforderlichen Betonqualität). Entsprechende Bedarfsermittlungen werden aber von der Klausel auch bei kundenfeindlicher Auslegung nicht erfasst.

Das Landgericht hat außerdem einen Verstoß gegen § 9 AGBG deshalb angenommen, weil mit der Klausel Leistungspflichten an einer Stelle geregelt würden, an der der Auftragnehmer eine solche Regelung nicht erwarte. Dies würde aber keinen Verstoß gegen § 9 AGBG darstellen, für den es auf den Inhalt der Klausel ankommt, sondern allenfalls einen Verstoß gegen § 3 AGBG, der jedoch durch Verbandsklage nicht geltend gemacht werden kann (BGH NJW 1990, 2313).

Ziffer 13.1 Satz 2

Das Landgericht hat in der Verpflichtung des Auftraggebers, vom Auftraggeber beizustellende Stoffe und Bauteile "von der in der Leistungsbeschreibung angegebenen Stelle" zur Verwendungsstelle zu schaffen, ebenfalls einen Verstoß gegen § 9 AGBG gesehen. Es hat dies im wesentlichen damit begründet, dass die in der Leistungsbeschreibung angegebene Stelle nicht zwangsläufig die tatsächliche Übergabestelle an den Auftragnehmer bestimmen müsse; es sei durchaus möglich und gerichtsbekannt, dass sich dafür in Leistungsbeschreibungen Formulierungen wie "an einen vom Auftraggeber noch zu bestimmenden Ort" oder "von einem vom Auftraggeber noch zu benennenden Lieferanten oder Ort" fänden. Bei kundenfeindlicher Auslegung müsse die in Frage stehende Verpflichtung auch auf solche Fälle bezogen werden; dann aber könnten Umfang und Kosten der Beförderungspflicht nicht sicher eingeschätzt werden, was den Auftragnehmer unangemessen benachteilige.

Dem folgt der Senat nicht. Mit der von ihm für möglich gehaltenen Auslegung überdehnt das Landgericht das Prinzip der kundenfeindlichen Auslegung. Unter einem in der Leistungsbeschreibung (bereits) "angegebenen" Ort auch einen nach der Leistungsbeschreibung vom Auftraggeber erst "noch zu bestimmenden" oder erst "noch zu benennenden" Ort anzusehen, kann nicht als eine ernsthaft in Betracht zu ziehende Auslegungsvariante angesehen werden. Die Klausel läuft daher leer, wenn in der Leistungsbeschreibung von "an einen vom Auftraggeber noch zu bestimmenden Ort" oder "von einem vom Auftraggeber noch zu benennenden Lieferanten und Ort" die Rede ist. Die Klausel besagt nicht mehr als Unterpunkt 9 des AGB-rechtlich unverdächtigen Abschnitts 4.1. der DIN 18299 in der VOB/C, nach der zu den Nebenleistungen, die auch ohne Erwähnung im Vertrag zur vertraglichen Leistung gehören, auch das "Befördern aller Stoffe und Bauteile, auch wenn sie vom Auftraggeber beigestellt sind, von der Lagerstelle auf der Baustelle bzw. von den in der Leistungsbeschreibung angegebenen Übergabestellen zu den Verwendungsstellen und etwaiges Rückbefördern" zählt.

Ziffer 13.1 Satz 3

Das Landgericht hat die Bestimmung, dass "die Beförderung einschließlich aller zugehörigen Leistungen (Entladen, Stapeln, Zwischenlagern usw.) ... durch die Preise für die anderen Vertragsleistungen abgegolten (ist), soweit die Leistungsbeschreibung hierfür keine besonderen Ansätze enthält", als gegen den Grundsatz des Vorranges der Individualvereinbarung (§ 4 AGBG) verstoßend angesehen. Denn Auftraggeber und Auftragnehmer könnten ein separates Entgelt für die Beförderung vereinbaren, ohne dass sich diese Vereinbarung in der Leistungsbeschreibung wiederfinde. Bei kundenfeindlicher Auslegung wäre dann nach der in Rede stehenden Bestimmung trotz Individualabrede kein gesonderte Entgelt zu zahlen. Dem folgt der Senat nicht. Die Regelung gibt lediglich die Selbstverständlichkeit wieder, dass die Bestimmung, dass die Beförderung aller zugehörigen Leistungen durch die Preise für die anderen Vertragsleistungen abgegolten sind, natürlich nicht gilt, soweit sich aus der Leistungsbeschreibung anderes ergibt. Sie besagt aber (auch bei kundenfeindlicher Auslegung) nicht, dass Abweichungen von dieser Regel nur durch eine andere Festlegung in der Leistungsbeschreibung vereinbart werden können. Die Klausel ist deshalb nicht vergleichbar mit einer Schriftformklausel, die gegen § 4 AGBG verstoßen kann, und bei einem solchen Verstoß auch gegen § 9 AGBG.

Ziffer 13.1 Satz 3 verstößt auch nicht, wie der Kläger meint, deshalb gegen § 9 AGBG, weil danach das Befördern einschließlich aller Nebenleistungen ohne gesonderte Vergütung erfolgt (soweit in der Leistungsbeschreibung nicht etwas anders vorgesehen ist). Denn dies entspricht ebenfalls dem Abschnitt 4.1.9 der DIN 18299. Bei dem in diesem Abschnitt nicht extra erwähnten Entladen, Stapeln und Zwischenlagern handelt es sich um Tätigkeiten, die bei natürlicher Betrachtungsweise zum Befördern dazugehören. Das Abladen der bauseits beigestellten Stoffe und Bauteile an der Lagerstelle bei der Anlieferung an der Lagerstelle und das Wiederaufladen von zuviel beigestellten Stoffen und Bauteilen wird von Ziffer 13.1 Satz 3 nicht umfasst.

II.

Anschlussberufung

Ziffer 7.1

Das Landgericht hat zutreffend in Ziffer 7.1 keinen Verstoß gegen § 9 AGBG gesehen. Dass der Auftragnehmer - entsprechend dem Baufortschritt - dem Auftraggeber den Zeitpunkt, zu dem er die nach dem Vertrag von diesem zu liefernden Unterlagen benötigt, anzugeben hat, ist interessengerecht. Eine den Geboten von Treu und Glauben zuwiderlaufende unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt nicht vor. Das gilt auch für die Regelung, dass die Zeitpunktangabe "so rechtzeitig" zu geschehen, dass "die Übergabe (bis zu dem vom Auftragnehmer genannten Zeitpunkt) ordnungsgemäß erfolgen kann". Damit wird auf den Auftragnehmer kein unkalkulierbares Risiko überwälzt. Die Regelung ist eindeutig so zu verstehen, dass die Zeitpunktangabe dann rechtzeitig ist, wenn die bereits fertigen Unterlagen bis zu dem vom Auftragnehmer genannten Zeitpunkt, zu dem er sie benötigt, ordnungsgemäß übergeben werden können. Mit der von ihm als möglich angesehenen Interpretation, in die für die Übergabe zu kalkulierende Zeit müsse auch die Zeit für eine etwa noch erforderliche Her- oder Fertigstellung der Unterlagen einbezogen werden, überstrapaziert der Kläger ganz offensichtlich den Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung. Der Auftragnehmer muss deshalb nach der vorliegenden Regelung bei der Anforderung von benötigten Unterlagen nur eine kürzere für ihn ohne weiteres kalkulierbare Frist für die "ordnungsgemäße Übergabe" ansetzen.

Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass der Wortlaut nichts dafür hergibt, dass sie den Mitverschuldenseinwand ausschließt.

Ziffer 17 Abs. 1

Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß von Ziffer 17 Abs. 1 gegen § 9 AGBG verneint. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass Ziffer 17 Abs. 1 nur das bei der Durchführung der vertraglichen Leistungen des Auftragnehmers anfallende Material betrifft. Denn der Auftragnehmer hat danach das bei der Durchführung "der" - das heißt selbstverständlich: seiner- vertraglichen Leistungen anfallende Material, das nicht weiter- oder wiederverwendet wird, nach den Vorschriften des KrW-/AbfG zu entsorgen. Der Kläger überstrapaziert auch hier das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung, indem er in die Regelung hineinlesen will, dass sich die Entsorgungspflicht auch auf Abfallmaterial des Auftraggebers oder Dritter beziehen könne. Das wäre eine völlig entlegene Auslegung. Die Regelung entspricht dem Unterpunkt 11 des Abschnitts 4.1. der DIN 18299, wonach zu den Leistungen, die auch ohne Erwähnung im Vertrag zu den vertraglichen Leistungen gehören, auch das Entsorgen von Abfall aus dem Bereich des Auftragnehmers sowie das Beseitigen der Verunreinigungen, die von den Arbeiten des Auftragnehmers herrühren, zählt. Dabei geht der Abschnitt 4.1 über Ziffer 17 Absatz 1 der ZVB-DB sogar noch hinaus, da nach Unterpunkt 12 zu diesen Nebenleistungen auch, wenn auch nur in geringem Umfang, die Entsorgung von nicht schadstoffbelastetem Abfall aus dem Bereich des Auftraggebers gehört.

Ziffer 17 Abs. 2 und 3

Die Absätze 2 und 3 der Ziffer 17 regeln lediglich Konsequenzen aus Ziffer 17 Abs. 1, gegen die auf der Grundlage deren dargelegter Auslegung nichts einzuwenden ist. Da de Auftragnehmer Erzeuger und Besitzer der bei seinen Leistungen anfallenden Abfälle ist, obliegt ihm selbstverständlich auch die Erfüllung der Pflichten eines Abfallerzeugers/-besitzers.

Ziffer 17 Abs. 4

Absatz 4 bestimmt sachgerecht und im übrigen vom Gesetz auch gar nicht abweichend, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber, falls dieser im Zusammenhang mit der im Innenverhältnis dem Auftragnehmer nach Absatz 1 bis 3 obliegenden Abfallentsorgung im Außenverhältnis in Anspruch genommen wird, von den hierdurch entstehenden Kosten freizustellen hat. Der Einwand des Mitverschuldens wird dem Auftragnehmer dadurch, dass die Möglichkeit dieses Einwands nicht ausdrücklich erwähnt ist, nicht abgeschnitten.

III.

Die Kostentscheidung folgt aus § §§ 91 und 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

In Ermangelung der erforderlichen Voraussetzungen (§ 543 Abs. 2 ZPO) lässt der Senat die Revision nicht zu.

Ende der Entscheidung

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