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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 23 U 95/08
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG


Vorschriften:

GmbHG § 47 Abs. 4 S. 2
AktG § 136 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 95/08

verkündet am: 18.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 18.12.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Domke, den Richter am Kammergericht Wagner und die Richterin am Kammergericht Gabriel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.3.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - Geschäftsnummer 102 O 199/07 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I.

Die Klägerin beteiligte sich im Jahre 1998 an der Beklagten, einem Publikumsfonds ("L -F "), deren eine Objektgesellschaft, die B I B mbH & Co. M P KG im Jahr 1997 Erbbaurechte an Wohnblöcken in B -M erworben haben sollte, die dann durch weiteren Vertrag von dem ursprünglichen Erbbaurechtsbesteller, der Wohnungsbaugesellschaft M mbH (im Folgenden: W M ), gegen Zahlung von garantierten Festbeträgen auf eigene Rechnung verwaltet werden sollten. Im Jahre 2005 entstanden Zweifel an der Wirksamkeit des Gesamtvertragswerkes, die bei Nichtigkeit zu einer Rückabwicklung der Erbbaurechtsverträge hätten führen können. Insoweit war unklar, ob und in welcher Höhe Rückforderungsansprüche der Objektgesellschaft wegen des bezahlten Kaufpreises und wegen aufgewendeter Sanierungskosten bestanden.

In der Folgezeit wurden lange Verhandlungen zwischen den Beteiligten geführt. Dabei war das Land Berlin aufgrund von Beteiligungsverhältnissen auf beiden Seiten tangiert: Die W M , ursprünglich eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, befand sich im Jahre 2007 zu fast 100 % im Eigentum der D AG, die wiederum eine Gesellschaft des L B ist. Zum gleichen Zeitpunkt hielt die F GmbH (im Folgenden: F GmbH) als Treuhänderin 13,4 % der Kommanditanteile an der Beklagten, und zwar für die L Finanzbeteiligungs- und Verwaltungs GmbH (im Folgenden: L GmbH) als Treugeberin, einer Tochtergesellschaft der B B I H GmbH, die wiederum im Eigentum des L B steht. Die L hatte zuletzt sämtliche Garantien betreffend die sich aus dem Geschäft der Beklagten ergebenden Risiken übernommen.

Im Sommer 2007 verständigten sich u.a. die Objektgesellschaft der Beklagten und die W M auf eine Rückabwicklung der Erbbaurechtsverträge gegen Zahlung von 22,12 Mio. EUR durch letztere an die Objektgesellschaft, wobei die Maximalforderung der Beklagten ursprünglich bei 28,732 Mio. EUR (vgl. I/135) gegenüber einem Anerkenntnis der W M in Höhe von 12,497 Mio. EUR gelegen hatte. Durch Gesellschafterbeschluss sollte die Geschäftsführung der Beklagten ermächtigt werden, den entsprechenden Vergleich als geschäftsführender Kommanditist der Objektgesellschaft abzuschließen.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit des in der Versammlung vom 25.07.207 zu TOP 5 gefassten entsprechenden Beschlusses. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, da aufgrund analoger Anwendung von § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG die F GmbH nicht habe abstimmen dürfen, sondern einem Stimmrechtsverbot unterlegen sei, da der Beschluss ein Rechtsgeschäft der Beklagten mit einem ihrer Gesellschafter betroffen habe. Mithin sei bei Nichtberücksichtigung der Stimmen der F GmbH die erforderliche 3/4-Mehrheit nicht erreicht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes einschließlich der dort gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte, dass das Landgericht zu Unrecht die Regelungen aus dem GmbHG herangezogen habe, zumal das Stimmrechtsverbot in § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG nicht zum gemeinsamen Kern der Stimmverbote gehöre, sondern nur für GmbH und Verein (§ 34 BGB) gelte, nicht aber für die AG (§ 136 Absatz 1 Satz 1 AktG) und die Genossenschaft (§ 43 Absatz 6 GenG).

Maßgebend seien insoweit vielmehr die Vorschriften des AktG, da eine Publikums-KG in ihrer Realstruktur mit der Aktiengesellschaft vergleichbar sei; auch der Bundesgerichtshof habe in BGHZ 155, 121 ff. aktienrechtliche Bestimmungen auf Publikumsgesellschaften angewandt. § 136 Absatz 1 AktG enthalte gerade kein Stimmrechtsverbot für Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit einem Gesellschafter.

Selbst wenn man § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG analog anwenden würde, habe das Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen dieser Norm bejaht. Weder habe der Beschluss ein Rechtsgeschäft der Beklagten, sondern das einer Tochtergesellschaft betroffen, noch habe es sich um ein Rechtsgeschäft mit einem Gesellschafter gehandelt, da die F GmbH und die WBG M nicht gleichgesetzt werden könnten. Die beiden Gesellschaften bildeten keinen Konzern, und das Land Berlin übe auch keine einheitliche Leitung aus, sondern der Vorstand der D AG leite diese Gesellschaft und damit mittelbar auch die W M GmbH in eigener Verantwortung. Dies ergebe sich auch daraus, dass - insoweit zwischen den Parteien unstreitig - die D AG formell der Senatsentwicklung für Stadtentwicklung zugeordnet ist, die F GmbH, L GmbH sowie die B GmbH dagegen der Senatsverwaltung für Finanzen. Beide Verwaltungen verfolgten jedoch unterschiedliche Interessen.

Letztlich habe das Landgericht zu Unrecht eine Zustimmungspflicht der Klägerin und der F GmbH nach den Grundsätzen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verneint. Ohne den Vergleich habe der Objektgesellschaft der Beklagten ein Ausfall von 32 Mio. EUR gedroht, wie bereits erstinstanzlich umfassend vorgetragen. Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die juristisch nicht sicher durchsetzbaren Ansprüche der Objektgesellschaft gegen die W M GmbH hätte diese ihre laufend zu leistenden Zahlungen eingestellt, und es wäre ein erheblicher Liquiditätsengpass bei der Objektgesellschaft entstanden. Auch Garantieansprüche seien aufgrund der Unwirksamkeit der Erbbaurechtsverträge nicht wirksam entstanden.

Da der Vergleich weder in die Rechtsstellung der Gesellschafter eingegriffen noch deren Rechte beschnitten habe und der Fonds auf den sofortigen Zufluss der in dem Vergleich vereinbarten Zahlung angewiesen gewesen sei, habe die Zustimmung die einzige sinnvolle Handlungsmöglichkeit dargestellt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 18.03.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - Az. 102 O 199/07 - die Klage abzuweisen

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt dem Berufungsvorbringen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unter Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung hinsichtlich der Ausführungen zu § 47 Absatz 4 GmbHG entgegen. Sie ist weiterhin der Auffassung, jedenfalls sei eine Nichtigkeit des festgestellten Beschlusses auch aufgrund der unzulässig verkürzten Ladungsfrist und aufgrund gezielter Falschinformationen in der Einladung bzw. der Versammlung gegeben.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet, da das Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG - unabhängig von der Frage der analogen Anwendbarkeit dieser Vorschrift - bejaht und deshalb die F GmbH nicht für stimmberechtigt gehalten hat.

Die Wirksamkeit des in der Versammlung vom 25.07.207 zu TOP 5 gefassten Beschlusses hängt entscheidend davon ab, ob die Stimmen der F GmbH bei der Auszählung berücksichtigt werden durften, da nur mit ihren Stimmen die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche 3/4 Mehrheit erreicht worden ist.

1. analoge Anwendbarkeit des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG

Das Landgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass das Recht der Kommanditgesellschaft nur in einigen wenigen Fallgestaltungen (vgl. z.B. § 113 Absatz 2 HGB), die hier nicht einschlägig sind, Stimmverbote vorsieht und auch im streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag Stimmrechte einzelner Gesellschafter nicht ausgeschlossen sind (vgl. insbesondere § 17 des GV).

Ebenso ist anerkannt, dass das Stimmrecht eines Gesellschafters bei Interessenkonflikten nach den übereinstimmend geltenden Grundgedanken der §§ 47 Absatz 4 GmbHG, § 34 BGB, § 136 Absatz 1 Satz 1 AktG bzw. § 43 Absatz 6 GenG ausgeschlossen sein kann, nämlich bei Beschlüssen betreffend die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen den Gesellschafter, bei Entlastung oder Befreiung von einer Verbindlichkeit. Auch diese Fallgestaltungen sind vorliegend nicht einschlägig. Insbesondere den Tatbestand der Befreiung von einer Verbindlichkeit zu Gunsten der L GmbH, für die die F GmbH als Treuhänderin aufgetreten ist, hat das Landgericht aus zutreffenden Erwägungen auf Seite 13 der Urteilsausfertigung verneint. Nachvollziehbare und konkrete Einwendungen dagegen hat die Klägerin in der Berufungserwiderung nicht vorgebracht.

Weiterhin zutreffend hat das Landgericht die analoge Anwendung des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG auf die Fälle bejaht, in denen der Beschluss ein Rechtsgeschäft der Gesellschaft mit einem Gesellschafter betrifft. Zwar ist die Reichweite eines Stimmrechtsverbotes für die Handelsgesellschaft in der Literatur umstritten, da eine einheitliche Regelung in den Vorschriften über Kapitalgesellschaften fehlt. Auch wenn die Neufassung u.a. des § 136 Absatz 1 AktG diesen Tatbestand aus dem gesetzlichen Verbot eines Stimmrechts eliminiert hat, ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts der herrschenden Meinung zu folgen, die den Stimmrechtsausschluss bei der KG und OHG auf Beschlüsse über Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erstreckt, um die Einwirkung gesellschaftsfremder Sonderinteressen auf die Entscheidungsfindung der Gesellschaft zu verhindern (OLG Hamburg NZG 2000, 421 ff., 422; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 119 Rdnr. 8; von Gerkan in Röhricht/Graf von Westfalen, HGB, 3. Aufl., § 119 Rdnr. 36; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Goette, HGB, 2. Aufl., § 119 Rdnr. 12; Ulmer in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 709 Rdnr. 70; offen BGHZ 48, 251 ff., 256; ablehnend Enzinger in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 119 Rdnr. 33 m. w. N.).

Zwar mag der Bundesgerichtshof, worauf die Klägerin verweist, in bestimmten Bereichen für eine Publikumsgesellschaft Vorschriften des Aktienrechts entsprechend angewandt haben, da ihr ebenso wie der Aktiengesellschaft regelmäßig eine unüberschaubare Zahl einander unbekannter, nicht am Ort der Gesellschaft lebender Kommanditisten angehört (so BGH in BGHZ 155, 121 ff. - II ZR 102/02). Jedoch auch unter Berücksichtigung der besonderen Struktur der Publikumsgesellschaft ist es sachgerechter, die Regelung in § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG, die ein Stimmrechtsverbot in einem solchen Fall vorsieht, auf die Gesellschaften des HGB analog anzuwenden, da die Gesellschafterversammlung von Publikums-KG und GmbH jeweils ähnliche Kompetenzen hat und insbesondere Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann (vgl. u.a. § 46 Nr. 6 GmbHG), während die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nur dann über Fragen der Geschäftsführung entscheiden kann, wenn der Vorstand dies verlangt, § 119 Absatz 2 AktG.

Insbesondere im vorliegenden Fall zeigt die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages in § 16 Nr. 1 a) in Verbindung mit § 13, dass die Gesellschafterversammlung unabhängig von dem Willen der Geschäftsführung über Maßnahmen zumindest von besonderer Bedeutung entscheiden soll, mithin Aufgaben eher in Anlehnung an das Recht der GmbH als das der AG wahrnimmt.

Schließlich reicht auch die Verweisung auf die Treuepflicht der Gesellschafter (so Enzinger a.a.O.) nicht aus, um Gesellschaft und Mitgesellschaftern den nötigen Schutz gegen die Gefahren einer einseitig beeinflussten Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters zu gewähren, da eine wirtschaftlich oder rechtlich eindeutige Situation notwendig ist und diese entsprechend dargelegt und bewiesen werden müsste.

2. Voraussetzungen des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG

Allerdings hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, der Beschluss vom 25.07.2007 zu TOP 5 betreffe ein Rechtsgeschäft, auf das die Voraussetzungen des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbH Anwendung fänden.

Es ist zu berücksichtigen, dass Partei des Vergleichsvertrages die W M als Tochtergesellschaft der D AG und damit nur mittelbar des Landes Berlin sein sollte. Bei der Frage der Stimmrechtsausübung geht es ebenfalls nicht direkt um das Land Berlin als Kommanditist der Beklagten, sondern um die F GmbH als (Treuhand-) Kommanditistin der L GmbH und damit auch nur wiederum mittelbar des Landes.

Grundsätzlich richtig mag sein, dass ein Interessenkonflikt auch dann vorliegen kann, wenn das Rechtsgeschäft eine (juristische) Person betrifft, die nicht selbst Gesellschafter der beschlussfassenden Gesellschaft ist, jedoch jenen tatsächlich vollständig beherrscht (vgl. OLG Brandenburg NZG 2001, 129 f.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch nur jede mittelbare Beteiligung ein- und derselben Person dazu führen müsste, einen Gesellschafter von seinem Stimmrecht auszuschließen, da § 47 Absatz 4 GmbHG nicht jede Interessenkollision verhindern soll (Wolff in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 2. Aufl., § 38 Rdnr. 36). Es ist zu beachten, dass vorliegend auf beiden Seiten - sowohl bei der F einerseits und der W andererseits - mehrere Gesellschaften zwischengeschaltet waren, die ihre Geschäftsführungstätigkeit jeweils eigenverantwortlich wahrnahmen, auch wenn sie gegenüber dem Land Berlin jeweils letztlich abhängig sind. Jedoch fehlt es an einer tatsächlichen Beherrschung der F GmbH gegenüber der W bzw. umgekehrt, da beide "auf gleicher Stufe stehen". Maßgebliches Kriterium ist jedoch für die Annahme einer zu verhindernden Interessenverknüpfung die tatsächliche Beherrschung (Wolff a.a.O. Rdnr. 62; vgl. auch Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Rdnr. 23: nur die Konzernspitze ist ausgeschlossen bei einem Rechtsgeschäft zwischen ihr und einem Tochterunternehmen bzw. zwischen zwei Tochterunternehmen). In der vom Landgericht zitierten Entscheidung des OLG Brandenburg in NZG 2001, 129 f. ging es dagegen um die Stimmrechte einer GmbH, deren Hauptgesellschafter der unmittelbare Vertragspartner der GmbH werden sollte.

Schließlich ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass auf einer Seite eine Aktiengesellschaft zwischengeschaltet ist, nämlich die D AG. Insoweit verweist die Beklagte zu Recht auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 05.05.2008 - II ZR 108/07 -, wonach jedenfalls bei der Aktiengesellschaft der Vorstand deren Geschäfte frei und in eigener Verantwortung leitet. Insofern ist eine konkrete Abhängigkeit durch die Möglichkeit, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen, zu verneinen im Hinblick auf § 76 Absatz 1 AktG im Gegensatz zur Regelung bei der GmbH gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG.

3. Zustimmung der anderen Gesellschafter aus Gründen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht Offen bleiben kann aufgrund der obigen Ausführungen, ob die Stimmen der sich enthaltenden bzw. ablehnenden Gesellschafter aus Gründen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht so behandelt werden müssten, als wenn jene entsprechend der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung abgegeben wären; eine vorherige Klage auf Zustimmung dieser Gesellschafter ist bei der Publikums-KG nicht erforderlich (BGH NJW 1985, 974 ff.). Es bestehen vorliegend zumindest gute Gründe, eine solche Treuepflicht zu bejahen, auch wenn der Senat dies nicht abschließend entscheiden muss:

Die Treuepflicht kann einem Gesellschafter insbesondere gebieten, Maßnahmen zuzustimmen, die mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis, insbesondere zur Erhaltung des Geschaffenen, dringend geboten und den Gesellschaftern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwerten Belange zumutbar sind. Derartige Treuepflichten bestehen auch in einer Publikumsgesellschaft. Sie mögen hier, weil die Anlagegesellschafter untereinander in keinen persönlichen Beziehungen stehen, einen anderen Inhalt haben und andere Wirkungen zeitigen. Das Treuegebot ist aber in einer Publikumsgesellschaft nicht weniger stark ausgeprägt, wenn es um die Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens geht (BGH NJW 1985, 974 ff., 975).

Dabei ist zunächst entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht auf die Gesamtsituation der Beklagten abzustellen, sondern nur auf die der Objektgesellschaft M P . Denn da der Beschluss die Zustimmung der Geschäftsführung der Beklagten als gleichzeitige Geschäftsführung der Objektgesellschaft zu dem abzuschließenden Vergleich betraf, kann auch nur auf deren finanzielle Situation abgestellt werden.

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist für die Annahme einer Zustimmungspflicht auch nicht die Reduzierung des Abstimmungsermessens auf "Null" erforderlich. Denn die im angefochtenen Urteil zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart in NZG 2003, 1025 ff. betraf den von der Hauptversammlung einer AG zu treffenden Beschluss über die Bestellung von Sonderprüfern, der sich jedoch aufgrund der Bestimmung von § 142 Absatz 1 AktG (Kann-Vorschrift, für die zusätzlich verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein müssen) wesentlich von der vorliegend nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zustimmung zu einer Geschäftsführungstätigkeit unterscheidet.

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass der Kern des Treuepflichtgedankens, soweit er im Kapitalgesellschaftsrecht allgemein Geltung beanspruchen kann, darin besteht, dass dem Maß des Einflusses des Gesellschafters das Maß seiner Verantwortung mit der sich daraus ergebenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und die gesellschaftsbezogenen Belange der Mitgesellschafter entspricht (vgl. BGH NJW 1995, 1739-1749) Für den Fall, dass eine Gesellschaft sanierungsbedürftig ist, ist daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es die Treuepflicht dem einzelnen Gesellschafter verbieten kann, eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen zu verhindern (BGH a.a.O.), sofern eine (finanzielle) Mehrbelastung der Gesellschafter dadurch nicht begründet wird. Insoweit liegt der Fall anders als bei der Klage einer Gesellschaft auf Zahlung von Nachschüssen, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Treuepflicht einen Gesellschafter regelmäßig nicht zu neuen, zum Zeitpunkt des Beitritts nicht vorhersehbaren Vermögensopfern zwingen kann (BGH Urteil vom 05.11.2007 - II ZR 230/06 - in DB 2007, 2828 ff.).

Vorliegend dagegen handelte es sich um eine Geschäftsführungsmaßnahme, die den Gesellschaftern keine Zuzahlung aus ihrem Vermögen aufbürdete. Entgegen der Ansicht der Klägerin verzichtete die Objektgesellschaft durch den Abschluss des Vergleichs auch nicht auf erhebliche Millionenbeträge aus den Garantieverträgen. Denn es dürfte davon auszugehen sein, dass die notariell beurkundeten Erbbaurechtsverträge aufgrund unterbliebenen Verlesens der Baubeschreibung, in der umfassende Sanierungspflichten dokumentiert wurden, unwirksam waren. Eine Verlesung von Anlagen ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (ausnahmsweise) nur dann entbehrlich, wenn sich jene auf die Übernahme schon rechtsgeschäftlich begründeter Verpflichtungen bezieht und diese nicht erst festlegt (BGHZ 125, 238 ff.). Begründet die Vereinbarung über die gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung der Rechtsbeziehung hinaus weitergehende Verpflichtungen, unterliegt sie dem Beurkundungs- und damit Verlesungszwang (BGH NJW-RR 2001, 953 ff.; DB 1999, 91 ff.).

So dürfte es für die Zustimmungspflicht vorliegend ausreichen, dass durch die angestrebte Geschäftsführungstätigkeit ein komplizierter und langwieriger Rechtsstreit vermieden wurde, der nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten zu einem erheblichen finanziellen Engpass der Objektgesellschaft geführt hätte. Demgegenüber besteht der Eingriff in die Rechtsstellung der Klägerin lediglich darin, dass durch den beabsichtigten Vergleich auf höchst unsichere (insbesondere was die juristische Durchsetzbarkeit betrifft) Rechtspositionen der Objektgesellschaft verzichtet wurde, da nach den obigen Ausführungen von der Unwirksamkeit der Erbbaurechtsverträge und damit auch der Garantien für das Objekt M auszugehen sein dürfte. Der Vergleich ermöglichte dagegen durch die verhandelte Lösung einen angemessenen Ausgleich und sollte gerade eine finanzielle Mehrbelastung der Beklagten verhindern. Die Darlegungen der Klägerin u.a. auf Seite 12 der Berufungserwiderung zur Höhe des "zu Lasten der Kommanditisten betriebenen Aufwands von ... 39,014 Mio. EUR" lassen den Umstand unberücksichtigt, dass die Beklagte immerhin auch Pachtzinsen von 16,864 Mio. EUR€ erhalten hat, die sie bei Unwirksamkeit der Erbbaurechtsverträge ihrerseits zurückzuzahlen hätte.

4. Mängel der Einladung und Verletzung von Informationsrechten

Das Landgericht hat - obwohl von seinem Standpunkt aus nicht notwendig - ausführlich und überzeugend dargelegt, dass der angefochtene Beschluss in seiner Wirksamkeit nicht durch etwaige Mängel im Einladungsschreiben oder die unzureichende Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung berührt wird. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu Eigen und nimmt zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen auf Seite 9-12 der Urteilsausfertigung Bezug. Zu ergänzen ist, dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich für eine Publikumsgesellschaft eine die Wochenfrist des § 51 Absatz 1 Satz 2 GmbHG wahrende Frist zur Einberufung der Versammlung für ausreichend gehalten und zusätzlich zu Lasten der Gesellschafter die Vorschrift des § 121 Absatz 4 Satz 1, 2. Halbsatz AktG für anwendbar erklärt hat, sofern lediglich die nach dem Gesellschaftsvertrag einzuhaltenden Fristen gewahrt wurden (BGH NJW 1998, 1946 ff.). Zugleich hat der Bundesgerichtshof mehrfach betont, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft - mangels entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelungen - selbst für eine analoge Anwendung der GmbH-rechtlichen Vorschriften über die Ankündigung der Beschlussgegenstände kein Raum ist (BGH a.a.O.), und zwar auch soweit es um die Anforderungen an den Inhalt der Einladung geht (BGH NJW 1995, 1353 ff., 1356 ), so dass erst Recht nicht die weitaus strengeren Vorschriften des AktG für die Einberufung und Durchführung der Hauptversammlung heranzuziehen sind.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 ZPO. Die Frage der analogen Anwendung des § 47 Absatz 4 GmbHG beurteilt der Senat - soweit bekannt - nicht in Abweichung zur Rechtsprechung anderer oberlandesgerichtlicher Senate. Ob die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen, war eine Frage des Einzelfalls.

Ende der Entscheidung

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